Bad Orb, den 29. Juli 2018 –
Auf erdigen Pfaden durch stille Wälder wandeln, vorbei an idyllischen Weihern. Nimmt man den Spessartbogen unter die Schuhsohle, so lässt man sich ein auf eine schattige Wanderpartie in einer naturbelassenen dichtbewaldeten Region. Wald pur, so auch das Credo der zweiten Passage von Bad Orb nach Schlüchtern, letztendlich ein Idealfall für heiße Sommertage.
Seit 2012 ist der Spessartbogen als Qualitätswanderweg zertifiziert, jedoch spektakuläre Highlights, wie sie oftmals auf diesbezüglichen Qualitätswanderwegen erwartet werden, sind fehl am Platz. Es ist die Summe der Wegtextur, die den eigentlichen Reiz des Weges ausmachen. Auf gut markierten Naturwegen steht das Genußwandern im Vordergrund. Was der Japaner als Waldbaden huldigt, firmiert in unseren Gefilden als kontrollierte Entschleunigung – allemal in beiden Fällen eine galante Art der jahreszeitbedingten Hitzelethargie ein Schnippchen zu schlagen.
Frühstarter sollten die die 43 Kilometer lange Passage mit einem gut gefüllten Rucksack antreten, denn die einzigen beiden Ortschaften, die auf der Strecke liegen werden zu Uhrzeiten erreicht, an denen die dort ansässigen Gastwirtschaften noch geschlossen haben. Gestartet wird in der Kurstadt Bad Orb, die schon seit Jahrhunderten für ihre salzhaltigen Quellen bekannt ist. Rasch geht es aufwärts um auf den bewaldeten Einstieg in das Haseltal zu stoßen. Immer entlang der gemächlich vor sich hinplätschernden Hasel, vorbei an einer aufwändig gestalteten Kneipp-Anlage stösst man am Ende des Tals auf das bewirtschaftete Jagdhaus Haselruhe. Wer hier einkehren möchte, sollte jedoch in Bad Orb nicht vor 10:30 Uhr starten, was für ambitionierte Langstreckenwanderer im Regelfall nicht darstellbar ist.
Stetig aufwärts gehend geht es um den Markberg herum, bis nach insgesamt rund acht Kilometer der Sölchesweiher erreicht ist. Von hier aus führt eine weitere Waldpassage in das Jossatal hinab nach Mernes. Hier wäre nach offizieller Leseart nach insgesamt 12 Kilometern eine Etappe erfolgreich absolviert. Mangels Einkehrmöglichkeit am frühen Sonntagmorgen gilt es jedoch die Fährte auf dem Spessartbogen Richtung Schlüchtern aufzunehmen.
Von Mernes aus geht es zunächst stramm aufwärts hinauf zum Stackenberg, dort wo sich eine Heidelandschaft entfaltet, die hier oben im Spätsommer ihre Blütenpracht entfalten sollte. Offiziell führt der Spessartbogen südöstlich von Marjoß vorbei. Unter der Devise „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ wird ein Bypass über Marjoß gewählt, in der Hoffnung eine Einkehrmöglichkeit zu finden. Jedoch, auch dieser Weg war umsonst, zumindest zu früher Vormittagsstunde an einem Sonntag. Letztendlich selbst Schuld, wer sich schon um 5.45 Uhr auf die Piste begibt.
So geht es wiederum aufwärts durch das Jossatal hinauf zum Rohrbachtal bis hin zum Erbsgrundweiher, dort wo Biber deutlich sichtbare Spuren hinterlassen haben. Am Naturschutzgebiet Ratzerod verabschiedet man sich vom Sandsteinspessart um in die Region des Bergwinkels, dort woMuschelkalkformationen voezufinden sind, einzutauchen.
Bekanntermaßen geizt der Spessart mit weitreichenden Ausblicksmöglichkeiten. Dicht die Wälder, der Wegeverlauf führt oftmals gegen die Kämme. So freut man sich umso mehr, wenn hie und da wieder lichte Momente auftauchen, wie beispielsweise auf der Weiperzhöhe. Hier genießt man weitreichende Blicke in die östlich gelegene Rhön – ebenso ein tolles Wanderareal.
Drei Kilometer weiter erreicht man den Bernhaldswald, eine sagenumrankte Region angereichert mit schluchtenartigen Taleinschnitten und bizarren Felsformationen, wie das hier auf dem Weg liegende Naturdenkmal, der Wilde Tisch. Vom Bernhardswald geht es steil abwärts in das in der Talgesenke gelegene Schlüchtern. Als Strafrunde nach dieser langen Passage kann der Marsch zum Schlüchtener Bahnhof gewertet werden, insbesondere dann, wenn noch knapp zwanzig Minuten für die restlichen zwei Kilometer zu absolvieren sind und nochmals auf dem gegenüberliegenden Hang ein schöner Aufstieg bei knackigen Temperaturen zu absolvieren ist, um die Kinzigtalbahn, die oberhalb von Schlüchtern liegt pünktlich zu erreichen.
Am langen Ende ist die Passage nach 43 Kilometern und 1.250 Höhenmetern erfolgreich absolviert – und der Zug just in time erreicht. In toto ist der Spessartbogen eine stille Passage für Wanderfreunde, die den Rückzugsart Wald genießen möchten. Der 90 Kilometer lange Qualitätswanderweg ist in zwei Etappen sehr gut gangbar, allerbestens präpariert und markiert, wobei Bad Orb hierbei die ideale Drehscheibe für den öffentlichen Nahverkehr ist.
Ein wieder sehr schön geschriebener und wunderbar bebilderter Bericht! Danke!