Fränkischer Rotwein Wanderweg

Großostheim, den 18.10.2015

Wenn nicht jetzt wann dann? Schlichtweg prädestiniert ist der Oktober für Wanderungen durch Weinlagen. Die Trauben sind gelesen, die Weinblätter verfärben sich und die Straußenwirtschaften öffnen ihre Tore. Anreize genug im benachbarten unterfränkischen Areal, den seit 1990 aus der Taufe gehobenen Fränkischen Rotweinwanderweg zu begehen.

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Exzellente Wegekennzeichung entlang der gesamten Strecke

Offiziell beträgt die Streckenlänge, die durch Churfranken führt, 77 Kilometer, beginnend in  Großwallstadt und nach sechs offiziellen Etappen und mehr als 1.500 Höhenmetern in Bürgstadt endend. Bemerkenswert ist, dass die geografische Begrifflichkeit „Churfranken“ sinnfrei ist, da historisch nicht belegt, auch wenn Kurmainzer Fürstbischöfe diesen Landstrich zwischen Aschaffenburg und Wertheim einst verwalteten. Vielmehr handelt es sich um eine Marketingerfindung, die unter dem Signet „Churfranken – Dort wo der Main am schönsten ist“ das Gebiet touristisch aktivieren soll– eine schon bemerkenswerte Art der Geschichtsklitterung.

Entgegen der offiziellen Wegeführung wird empfohlen mit der Tour im benachbarten Großostheim zu starten und nicht in Großwallstadt, dem offiziellen Startpunkt, einzusetzen. Auch wenn Großwallstadt eine lange Weinanbautradition (vermutlich schon zu römischen Zeiten) aufweist,  so ist die Wegeführung der immerhin 17 Kilometer langen Flachlandetappe uninteressant. Einsetzend am historischen Marktplatz in Großostheim empfiehlt es sich dagegen die letzten fünf Kilometer der Erstetappe aufzunehmen, um vorbei an der Alt-Heiligkreuzkapelle über die Weinlage „Harstell“ zur Wendelinuskapelle zu wandern um von dort aus in die zweite offizielle Etappe Richtung Elsenfeld einzusteigen. Im Mittelalter reichten die Großostheimer Weinberge bis an die Stadtbefestigung. Die Weinqualität spielte damals eine untergeordnete Rolle. Oftmals  wurde er mit Gewürzen und Honig vermischt getrunken. Eine der ertragreichsten Weinlagen war der »Reischklinger«, die als erste im 13. Jahrhundert urkundlich belegt ist. Überalterung der Weinstöcke, steigender Bierkonsum und die Ausweitung der Futter- und Getreideanbauflächen sorgten für einen stetigen Rückgang des Anbaus und zum Ende im 19. Jahrhundert. 1911 starteten mutige Winzer einen neuen Versuch, der von Erfolg gekrönt war. 1930 wurde die erste Winzergenossenschaft in Großostheim gegründet. Im Jahr 2005 betrug die Rebfläche 34 Hektar mit 80% Weißwein und 20% Rotwein. Das Besondere am Großostheimer Wein ist die dem hiesigen Boden eigene Mischung von Buntsandsteinverwitterungen und des fruchtbaren Löss.

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Gestartet wird noch zu nachtschlafender Zeit am Marktplatz in Großostheim
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Schöne Ecken in dem mit Fachwerk und Sandsteinbauten durchsetzten Städtchen
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Die markante Kirchturmuhr von St. Peter und Paul
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Vorbei an der ältesten Kapelle Groß-Ostheims, die Alt-Heilgkreuzkapelle
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Und immer wieder zu bewundern – markante Bildstöcke aus dem heimischen Sandstein
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Mächtiger Weinflaschenwerbepylon
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Sanfthügelig die Landschaft im Grenzbereich zum Odenwald

Auch wenn an diesem Tag mangels direkter Sonneneinstrahlung aus dem güldenen Oktober ein bedeckter Herbsttag geworden ist, begeistert die Farbenpracht in den Weinbergen. Besonders zu empfehlen ist die gangbare Schleife über die Weinlage Lützeltal. Eingehaust und versteckt liegend in einem Waldabschnitt zwischen Dachsberg und Dörnberg befindet sich hier ein sehenswertes Areal.

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Frankentypisch dominiert hier der Müller-Thurgau
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Noch hängen die Nebelschwaden über die Weinberge
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Ausgezeichnet und aufwändig die angebrachten Beschreibungen
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Alarmgeber Rose: Wenn die Rose Mehltau bekommt, hat der Winzer noch genügend Vorlaufzeit, um seine Weinstöcke zu schützen
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Weingewächsstudie
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Baum an Weinrebe
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Früher nannte man die fränkischen Weinbauern “Häcker”, daraus leitet sich der Name der mainfränkischen Institution ab. In anderen Weinregionen bezeichnet man die Schankstuben als Besenwirtschaft, Heckenwirtschaft, Buschenschenke oder Straußwirtschaft
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Blattsymmetrie
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Wir warten auf den Eiswein…
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Herrlichste Herbstwege
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Herbstliche Farbenvielfalt
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Glänzende Aussichten von der Pferdekoppel
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Schon ziemlich heruntergekommen im Weinareal…..
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Der heilige Wendelin wurde von der katholischen Bevölkerung als Schutzpatron des Viehs und der Haustiere angesehen. Besondere Verehrung genoss er bei den Schäfern. Die abgebildete Wendelinuskapelle wurde vermutlich, wie die Jahreszahl über dem Eingang dokumentiert, 1607 erbaut.
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Kein Sonnenlicht – sondern nächtlicher Regeneintrag sorgt für den notwendigen Glanz
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Gemalt oder fotografiert?
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Bunte Vielfalt an einem Ast
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Mächtige Stimmungsbilder am Weinberg
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ob monochrom
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oder mit farblicher Opulenz – eindrucksvolle die Impressionen aus den Weinlagen

Auf gut gangbaren Pfaden geht es oberhalb von Großwallstadt weiter zur Weinlage Pitztal. Entgegen der offiziellen Streckenführung bietet es sich an  über den Pfaffenberg in die Altstadt von Obernburg zu wandern. Empfehlenswert ist eine Mittagsrast kurz vor der Mainfußgängerbrücke im hiesigen Lokal „Zum Anker“ Eine kreuzehrliche bodenständig schmackhafte Küche, dazu ein regionaler Spätburgunder als Schoppenwein, so gestählt geht es über den Main nach Elsenfeld.

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Perfekte Wegweisung
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Auch Sandsteinbrüche sind in der Nähe
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Bundeswaldgesetzüberreglierungsverfahren: ….das Fahren mit Krankenfahrstühlen………….!!!
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…dann lieber mit Klumpfüße durch den Wald..oder?
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auf der Schattenseite triste Endzeitstimmung
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und am Boden ein Schwammerlparadies
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Die alte Mark Orlis umfaßte einst den Höhenzug zwischen Plaumheim, Wenig-Umstadt, Mömlingen, Weisenbach, Großwallstadt, Niedernberg und Groß-Ostheim. Die Hügel waren mit dem heiligen Markwald bedeckt, der allen Dörfern gwmeinsam gehörte
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Sehr zu empfehlen die Begehung der Weinberganlage Lützeltal
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Was eine Farbenpracht am Weinstock
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und aufwändig gebaute Wingertshäuschen
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Flaschenreife…
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Traumhafte Aussichten
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St. Urban gilt als Schutzheiliger des Weinstocks und der Winzer
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Sehr geschäftstüchtig – Natur-Coaching – am besten mit Rebensaftbegleitung
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Grün und rot – herrliche Komplementärfarben
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Auch nett – lauschige Weinfaßhütte
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Wahre Worte…
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Ausgedörrt
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Voll im Saft dagegen das Steingewächs an der Wingertsmauer
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Mariengedenkstätte am Weinberg
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Rebsorte Domina – körperreich – vollmundig vom Geilweilerhof – nomen est omen
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und hier gehts zum Pitztal im Spessart
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Odenwaldsandstein kurz vor Obernburg
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Sandsteinbauten auf Schritt und Tritt
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man merkt schon, dass man in einer Weinregion ist
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Obernburg mit vielen schönen Ecken

Elsenfeld – Eberbach 3,5 Kilometer, so zumindest die Schildauszeichung des Radweges. Der offizielle Rotweinwanderweg beinhaltet jedoch 12 Kilometer mehr. Der ausgezeichneten Wegekennzeichung folgend geht es zunächst Richtung Elsenwald um auf schönen gangbaren Waldwegen durch die Weinlagen Rücker Schalk, Johannis.- und Jesuitenberg oberhalb von Rück zu wandern.

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Willkommen in der Weinlage Rück
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Ziemlich dürre das Geäst
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Opulenter ausgestattet dagegen die Weinreben
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Wandervielfalt im Spessart
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Ist das nicht herrlich?
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Hie und da aufgegebene Weinlagen
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Einfach grausig – das 1973 durch einen Verkehrsunfall total zerstörte historische Flurdenkmal Wennelskreuz aus dem 17.Jahrhundert wurde künstlerisch aufgearbeitet  – schön geht anders…..

 

Entlang des Elsavataals geht es zum östlichsten Punkt der heutigen Exkursion, der im 13. Jahrhundert gegründeten alten Zisterzienser-Klosteranlage Himmelthal. Jeden zweiten Sonntag werden in der hier befindlichen Weinprobierstube hier angebaute Weine kredenzt – scheinbar habe ich den falschen Sonntag erwischt. Leider ist auch die sehenswerte Klosterkirche der Anlage verschlossen.

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Schön gemacht Rück-Besinnungsweg rund um Rück
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Eingang zum Kloster Himmelthal
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und das Kloster von der Gegenseite
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Fragmente einer Kirche in Schippath die niemals errichtet wurde
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Insignien des Weines – überall anzutreffen
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Blick zurück nach Schippath/Rück

Auf angenehmen Waldwegen geht es westlich von Rück und Schippach durch den Forstwald nach Erlenbach am Main, dem Tagesendziel. 38 Kilometer und 850 Höhenmeter –eine sehr zu empfehlende gut gangbare und aussichtsreiche Strecke. So darf man gespannt sein auf den zweiten Abschnitt der in 30 Kilometern von Erlenbach nach Bürgstadt oberhalb des Mains führt.

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