Frankfurt, den 03. April 2022 – Es wäre mehr als inkonsequent sich in das Auto zu setzen, sich durch die Frankfurter Innenstadt zu quälen und pro Stunde 2 Euro für das Parkhaus Dom/Römer abzudrücken, um kulturbeflissen die aktuelle Ausstellung WALK! der Frankfurter Kunsthalle Schirn zu besuchen, die sich mit diversen Aspekten der natürlichsten Fortbewegungsart des Menschen, dem Gehen, auseinanderzusetzt. Allemal spannender ist es den Besuch dieser sehr zu empfehlenden Ausstellung proaktiv in die Nutzung einer bestehenden und wanderbaren Infrastruktur einzubetten. Schützenhilfe hierzu lieferte ein Promenadologe, der in Frankfurt Talk-Walks installierte, sowie der vielleicht berühmtesten Sohn der Stadt, der zudem ein leistungsstarker Wanderer war und dem ein eigener Themenweg in der Mainmetropole gewidmet ist. Doch step by step………
Gestartet wird frühmorgens am vielleicht besten Aussichtspunkt der Stadt, dem wiedererrichteten Goetheturm im Frankfurter Stadtwald. Wer frühmorgens die 196 Stufen der 43,3 Meter hohen Holzkonstruktionen aufsteigt, kann mit der Sonne im Rücken einen exzellenten Blick auf Downtown Frankfurt einfangen. Runter vom Turm und rauf zum höchsten Punkt des Stadtwaldes (in Wirklichkeit ein größerer Maulhügel), zum ehemaligen Hexeneck, dort wo eine niedergelegte Steinsäule daran erinnern soll, dass sich hier Goethe gerne aufgehalten haben soll. Weiter geht es den Goetheweg folgend durch Oberrad zur Gerbermühle, dort wo sich einst der Meister gepflegter Sprachkultur mit seiner Muse Marianne Willmer traf.
Vom Main geht es westwärts dem Mainufer folgend, und das markante Skylinepanorama vor Augen habend, gen Innenstadt. WALK! so das Leitthema dieses Blogbeitrages. Beschäftigt man sich mit dem Gehen im Allgemeinen so stellt sich oftmals die Frage welche Richtung – es sei, man ist orientierungs- und richtungslos. Jedoch empfiehlt es sich durchaus darauf zu achten, die Sonne im Rücken zu haben, denn die Lichtverhältnisse sind einfach besser. Der Goetheweg führt offiziell über den Eisernen Steg, jedoch dieser Wanderweg wird zunächst verlassen um das nächste Ziel dieser Exkursion anzusteuern, dem Mitscherlichplatz im Stadtteil Westend Nord. So geht es durch durch die Gallus- und Taunusanlage, vorbei an den Hochhausboliden der Kreditwirtschaft Richtung Grünburgpark.
Vom Goethewanderweg zum Talk Walk. Talk Walk? Talk Walk! Darauf muss man erst einmal kommen. Ein gewisser Bertram Weisshaar beschäftigt sich seit 1995 als Spaziergangsforscher der Promenadologie (englisch Strollology). Spaziergangsforschung als wissenschaftliche Disziplin der Stadt- und Landschaftsplanung. Der gehende Mensch als Fixpunkt für die Gestaltung von räumlichen Bezügen – allemal ein spannender Ansatzpunkt. Besagter Bertram Weisshaar hat in fünf deutschen Städten audiogestützte Talk-Walks, die von profunden Experten mitgestaltet wurden, als urbane Hör-Gänge konzipiert. Zwei dieser Hör-Gänge sind dabei Bestandteil dieser Tour. Die erste Runde über drei Kilometer startet mit dem Titel “Utopie Gutes Klima” am Mitscherlichplatz. Ein Platz, benannt nach dem Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich, der sich bereits in den 60er Jahren mit der Unwirtlichkeit der Städte beschäftigte und über die Leidensverteilung zwischen Fußgängern, Radfahrern und Autofahrern leidenschaftlich debattierte.
Von der Stiftsstraße geht es hinüber zum Opernplatz. Hier startet der zweite konzipierte TalkWalk mit dem Arbeitstitel “Frankfurt Innenstadt” Frankfurt wird seit Jahren geprägt von einer rasanten städtebaaulichen Dynamik. Der zweite Audiowalk dokumentiert eindrucksvoll markante Veränderungen, die bereits vollzogen wurden bzw. die noch anstehen. Stadt als gebaute Realität und als Erlebniskorridor für Menschen – so die Vision.
Nach den beiden spannenden Talkwalks steht die Kunsthalle Schirn im Fokus, dort wo sich aktuell die Ausstellung WALK! mit dem Gehen als gesellschaftliches Phänomen im Allgemeinen und Walking Art als Kunstform im Speziellen auseinandersetzt. 40 internationale Künstler haben sich diesem Thema mit insgesamt 100 Arbeiten gewidmet. Teilweise ungewöhnliche Sichtweisen und neue Perspektiven lassen das Gehen als Fortbewegungsart, eingebettet in künstlerische Kreativität, in einem neuen Licht erscheinen.
Dieses und vieles mehr kann auf der Ausstellung in der Schirn ergründen. Raus aus der Kunsthalle und rauf auf die Wanderpiste. Der Goetheweg, der kunstvoll und hörbar unterbrochen wurde wird fortgesetzt. Über den Römer geht es zum Geburtshaus des Dichters um nach Querung des Eisernen Steges durch Sachsenhausen zurück zum morgendlichen Ausgangspunkt, dem Goetheturm zu wandern.
WALK!…….wenn praktiziertes Gehen auf Wissenschaft, Kunst, Stadtgestaltung und Klimaforschung trifft. Der Aufhänger dieser mehr als außergewöhnlichen Tour war die Kunstausstellung in der Schirn. Angereichert mit einem Dichterweg, der einem Mann gewidmet ist, der den schlichten aber genialen Satz: „Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen” in die Welt setzte, und zwei eingebetteten TalkWalk,s, die vom Spaziergangsforscher Bertram Weisshaar entwickelt wurden, strapazierten mit 33 Kilometern zwar nicht zwingend die Füße aber dafür in Marathonqualität den Kopf. Gehen als solches ist noch lange nicht zu Ende gedacht….
Frankfurt, den 1. Januar 2022 – Ungewöhnlich – aber spannend, so der diesjährige Start in das neue Wanderjahr 2022. 48 Stunden zuvor lag als Steilvorlage für diese Tour ein Zeitungsartikel über eine abendliche Lichtkunstveranstaltung im 22 Hektar großen Frankfurter Palmengarten auf dem Tisch. Der Rest – pure Fleißarbeit. Rasch war eine vorgeschaltete Wanderung durch die Mainmetropole Frankfurt zusammengestellt, der ein einziges Leitthema zugrunde lag: die Zahl 22 als Metapher für das neue Jahr und eine inspirierende Alternative um eine vertraute Umgebung unter einem neuen Blickwinkel aufzunehmen. Neujahrtag 07:45 Uhr. Die Finanzmetropole liegt noch im Koma. Regelrecht ausgestorben sind die Straßenzüge der Stadt. Autoverkehr: Fehlanzeige, Hundegänger und Jogger: Fehlanzeige. Selbst die städtischen Reinigungsfahrzeuge sind nicht auf der Piste da mangels Feuerwerksböllerei besondere Reinigungseinsätze nicht erforderlich sind. So geht es vom Startpunkt, dem Stadtteil Bockenheim, zunächst Richtung Norden auf die Jagd nach der magischen Zahl 22, die in spirituellen Kreisen auch als Engelszahl bekannt ist und nach Einschätzung von Experten höchste Schwingungsenergien besitzt. So geht es eben mit morgendlichen Schwung auf eine Entdeckungswanderung der besonderen Art. Über die Kleingärtenanlagen die im Schatten des Europaturms liegen, geht es die A66 unterquerend in südlicher Richtung stadteinwärts. Dabei geben die markanten Hochhausboliden im neuen Europaviertel, allen voran der prägnante Messeturm, die Marschrichtung vor. So ist es grundsätzlich relativ einfach sich in Frankfurt zu orientieren. “Fixer konsumieren ihre Drogen auf offener Strasse, Hotels werden zu Puffs, und Restaurants brauchen private Sicherheitsdienste” schrieb Mitte letzten Jahres die NZZ. Auch wenn das Bahnhofsviertel in den letzten Jahren durch [read more…]
Harz, 06. Juli 2023 – Angeblich soll der Schriftsteller Heinrich Heine, der just vor 199 Jahren im Brockenhaus übernachtete, einst diese Worte in das Brockenbuch geschrieben haben. Hatte er aber nicht. Von wem auch immer diese Bemerkung stammte, man kann diese Aussage jedoch durchaus dem höchsten Berg Norddeutschlands anheften. So stellte der Deutsche Wanderdienst einmal fest, dass lediglich an 50 bis 60 Tagen im Jahr auf dem Brocken freie Sicht herrscht. Der zweite Abschnitt der Nord-Süd-Pionierwanderung auf dem von Frank Gerbert entwickelten “Deutscher Mittelgebirgs-Trail” führt quer durch den Harz. Gestartet wird in Seesen, der nächsten Bahnstation des letzten Endpunktes Bad Gandersheim der vorhergehenden Tour durch das Leinebergerland. Wie bereits der Streckenentwickler feststellte, kann man sich die agrarisch geprägte Passage zwischen den beiden Orten schenken um Zeit und Kilometer eher in eine Streckenalternative zu investieren. Seesen – Goslar Seesen, ein Ort, der in mehrfacher Hinsicht über seine Grenzen hinaus bekannt ist. Hier wurde 1886 der umtriebige Harzklub gegründet, der sich schon damals der Erschließung von Wanderwegen, dem Schutz der Natur und der Förderung des Fremdenverkehrs widmete. Weiterhin trug ein Harzer Tischlermeister, ein gewisser Heinrich Steinweg, der sich in Seesen 1825 ansiedelte, sich auf den Bau von Klavieren spezialisierte und 25 Jahre später nach New York auswanderte, die Harzer Instrumentenbauertradition unter dem Namen “Steinway” in die Welt hinaus. Heute legt man für den teuersten Flügel der Edelfirma 190.000 Euro hin. So folge ich zunächst dem Steinway-Trail der dem berühmtesten Sohn der Stadt gewidmet ist, und von seinem Geburtsort Wolfshagen nach Seesen führt. [read more…]
Falkenstein, den 03. Mai 2021 – Einmal mehr steht der Taunus auf der Wanderagenda. Wir starten am Fuße des Taunushauptkamms, dort wo sich die größten Anhöhen des Rheinischen Schiefergebirges gen Himmel strecken. Startpunkt ist Falkenstein im Hochtaunuskreis, welches von Königstein und Kronberg eingemantelt ist, dort wo auch die höchste Millionärsdichte in Deutschland zu verzeichnen ist. Drei Gipfel, nämlich die drei Höchsten des Mittelgebirges, der 879 Meter hohe Große Feldberg, der 54 Meter niedrigere Kleine Feldberg und der benachbarte Altkönig, der mit 798,2 Meter knapp an der 800er Marke kratzt, stehen auf der heutigen Tourenliste. Noch sind die Beine frisch und es spricht nichts dagegen vom Waldparkplatz am Fuchstanzweg einen Steilanstieg zum Altkönig in Angriff zu nehmen. Dramtisch ist der Baumschwund im Taunuswald. Die Fichte, der “Brotbaum” der Forstwirtschaft, hat hier so gut wie keine Lebenschance mehr. Fast apokalyptisch die Szenerie, wenn man durch die kahlen Südhänge des Berges wandert. Einzig die neuen Blickachsen auf den untenliegenden Ballungsraum Frankfurt mögen einen Moment vergessen machen, welcher waldwirtschaftliche Niedergang sich in dieser Region breit macht. Touristisch liegt der Altkönig im Schatten des Großen Feldbergs, jedoch zu Unrecht. Im Gegenteil. Historisch, geologisch und naturräumlich ist der Berg etwas besonderes. Bereits die Kelten besiedelten die Anhöhe. Noch heute beeindrucken der innere und der äußere steinerne Ringwall. Übrigens war um das Jahr 1900 das Gipfelplateau baumfrei. So konnte man damals die weißen Steinwälle vom achtzehn Kilometer entfernten Frankfurt mit bloßem Auge erkennen. Bizarre Baumformationen beeindrucken auf dem Weg zum Gipfelplateau des Altkönigs. Die nicht gekennzeichneten Pfade [read more…]
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