Schriesheimer Burgen- und Blütenwegrunde

Schriesheim, den 06. Mai 2020 – Tückisch. Nach den sattsamen Anstiegen der vorhergehenden Burgen- und Blütenwegrunde an der Bergstraße war zumindest gefühlt ein moderater Streckenverlauf zwischen Weinheim und Schriesheim zu erwarten – jedoch abgerechnet wird immer zum Schluß. Gestartet wird am Weinheimer Waldschwimmbad, in Sichtweite des Wendepunktes der vorhergehenden Ringwanderung, der Burgruine Windeck. Am östlichen Rand des Weinheimer Exotenwaldes schraubt sich der Bergsträßer Burgensteig in gemächlich anmutenden Schleifen über den Goldkopf hinauf zum Geiersberg, um oberhalb von Lützelsachsen die markante Aussichtsterasse der in diesem Abschnitt eher spärlich verteilten Weinhänge zu erreichen.

Perfekt die frühmorgendliche Uhrzeit für den gewählten Streckenverlauf. Die im Osten aufgehende Sonne versorgt die Rhein-Neckar-Ebene mit feinster Lichtqualität. Von hier aus hat man weitreichende Blicke über die Industriemetropolen Mannheim/Ludwigshafen hinweg, hinüber zum Odenwälder Rheingrabenpendant, der Pfalz. Schwenkt man den Kopf um 45 Grad nach links, so hat man die Vogesen, scheinbar zum Greifen nah, auf dem Radarschirm.

Blick auf die gegenüberliegende Weinheimer Burgruine Windeck
1887 beriet eine Waldkommission über die Herstellung von Wegweisersteinen. Mehr als 800 dieser Kulturdenkmäler gibt es in der Region
Und auch in der Postmoderne befindet man sich keineswegs auf dem Holzweg, wenn man der offiziellen Beschilderung folgt.
Der Mannheimer Fernsehturm im Vordergrund, dahinter erheben sich die Höhenzüge des Pfälzer Waldes
Oberhalb von Lützelsachsen mit Blick auf die Vogesen

Lützelsachsen, Großsachsen, Hohensachsen – drei Weinheimer Stadtteile, jedoch keine, wie man vermuten könnte, behaftet mit Beziehungen zum östlichen Teil unserer Republik. Namensursprung waren eher Ableger eines hier weitverbreiteten Familiennamens wie “Sachso” oder Sahst. In Hohensachsen führt der Burgensteig am Bergfriedhof vorbei, hier bietet es sich an, dem “Chef”, dem Architekten des Wunder von Berns, die Ehre zu erweisen. Fußball begleitete ihn, Sepp Herberger, bis zum Lebensende. Kurz nach seinem 80. Geburtstag erlitt die Trainerlegende während der Fernsehübertragung eines Länderspieles gegen Nordirland einen Herzinfarkt.

Sepp Herbergers Ruhestätte
24/365 ist der Ludwigshafener Chemiepark BASF in Betrieb

Von Sepp Herberger zur Marie. Marie in der Kohlbach, heißt das Blei- und Silberbergwerk, welches bereits im 15. Jahrhundert in Betrieb war. Im Laufe der Zeit verfeinerte man die Bergabbautechnik, jedoch nach 1,3 Tonnen Blei und 3,2 Kilogramm! Silber war das Erzvorkommen ausgebeutet. Vorbei an einem herrlich ausgebauten Waldkindergarten erreichen wir das Großsachsener Mühlental, um an der Höhe der Kunzmühle in den Höllenquellenweg einzusteigen. Herrlich die Streckenführung und offensichtlich geschichsträchtig die Namen der Wegschneisen und Pfade. Man könnte kulturhistorische Studien betreiben würde man den Ursprung der Schneisenbezeichnungen wie Margarethenruheweg, Kornbuckelweg oder Wolfsackerweg zu ergründen versuchen. Nach einigen Kilometern ist eine Informationstafel erreicht, die auf die Ruine Hirschburg hinweist. Mit Ausnahme der Infotafel sind zunächst keine steinernen Zeugen des bereits im 12. Jahrhunderts errichteten Adelsitzes auszumachen. Man sollte sich jedoch nicht scheuen einem steilen unscheinbaren Sandpfad zu folgen. Zwei vom Forstamt eingebrachte Stühle laden regelrecht ein, sich zwischen den spärlichen Burgresten zu einer Frühstückspause niederzulassen.

Hohlweg mit Briefkastenanschluß
Zwischen Mai und September wird einmal im Monat dieses Tor geöffnet…
..um die Besucher durch die Grube Marie zu führen
Hinab in das Mühlental bei Großsachsen
Historische Mühlengehöfte, wie hier die Spitzermühle, kann man entlang des Apfelbachs besichtigen
Gottlob gibt es das Waldgesetz, welches Spaziergänger und Wanderer auf das erhöhte Lebensrisiko von waldtypischen Gefahren hinweist
Die Burgruine Hirschberg, vom Burgensteig direkt so nicht zu erkennen
Klare Aufforderung…
..der wir gerne nachkommen

Von den Burgresten führt der Weg über den Hohen Waldweg durch das gleichnahmige Waldareal. Nomen est omen, weitreichende Wegeschleifen verbinden die steil abfallenden Höhenzüge und minimieren, zumindest in diesem Areal, die Steigungsbelastung. Jedoch die Tücken stecken im Detail und ab und an trotten wir den Hauptwegen, im Tiefenentspannungsmodus folgend, an einigen steil auf- beziehungsweise abwärts führenden Nebenpfaden vorbei. Den Weitertalbach querend führt der Burgensteig auf einer Steilflanke hinauf zum vielleicht spektakulärsten Abschnitt dieser Exkursion, der Spatschlucht. Im 19. Jahrhundert waren hier bis zu 100 Bergleute und Spatschneider beschäftigt, um Schwertspat abzubauen. Der Gang durch die mehr als zehn Meter hohe Schlucht beeindruckt allemal.

Jeder Aufstieg wird belohnt
Hinein in de Spatschlucht
durch 140 Jahre Abbaugeschichte
Beste Info in Geo-Naturparkqualität
Imposante Ein- und Ausblicke
Im gesamten Areal wurden riesige Spatgruben hineingetrieben, zahlreiche Erdeinbrüche, die “Pingen” legen heute sichtbares Zeugnis von den umfangreichen Bergbauarbeiten ab
Und im Detail hinterlassen Stein, Holz, Moos und Flechten eindrucksvolle Impressionen

Vom Bergbauareal geht es hinab zur Talstraße, die in östlicher Richtung in das Heidelberger Hinterland führt, um auf der südlichen Gegenflanke eine ausladende Schleife, die unterhalb des Ölbergs zum Kurpfalzblick führt, zu begehen, dort wo sich die markante Strahlenburg oberhalb von Schriesheim erhebt. Hier beeeindruckt einmal mehr der Blick auf die Rheinebene. Aber auch der Blick hinüber auf die nächste Burgen- und Blütenwegpassage, Richtung Heidelberg begeistert. Weitläufige Weinhänge der Schriesheimer Weinlagen versprechen eine spannende Folgetour. Außerhalb der Pandemiezeiten ist eine Einkehr im Burgrestaurant der Strahlenburg, idealerweise unter Nutzung der Außenterasse, sehr zu empfehlen. Noch heute streiten sich die Gelehrten wann und von wem die Burg zerstört wurde. Verdächtigt wird ein Heidelberger Kurfürst einerseits und der Bayrisch-Landshuter Erbfolgekrieg andererseits. Heututage wird das bayrische Löwenbräu im Burgrestaurant ausgeschenkt. Vielleicht ein Indiz zur geschichtlichen Aufarbeitung…..

Im Auge der Sonne – eine erleuchtete Skulptur an der Talstraße
Oberhalb der Strahlenburg..
..und oberhalb von Schriesheim
Wer war der Übeltäter……
Die Burgruine nebst Restaurant
Turmhäufung: Schrisheimer Kirchentürme, Ludwigshafener Industrietürme, Mannheimer Fernsehturm und mit einem 600er Tele könnte man den Herxheimer Fernsehturm am Weilerkopf oberhalb von Bad Dürkheim heranholen
Lebensleistung Pensionär im Kreisealtenheim……..

An der Strahlenburg, ist der heutige Wendepunkt, um den Burgensteig zu verlassen und den Rückweg auf dem Blütenweg nach Weinheim anzutreten. War der Burgensteig tradionell waldlastig, so gestaltet sich der Rückweg sehr aussichtsreich. Sicherlich, die Hauptblütezeit ist vorbei. Man könnte bereits ab März die frühlingstechnisch früh startende und mächtig aufblühende Bergstraße in vollen Zügen genießen, jedoch die Wanderstrecke ist zu allen Jahreszeiten empfehlenswert. Ausladend das hiesige Weinanbaugebiet. Schon die Römer sollen hier zwischen Schriesheim und Leutershausen Weinreben gepflanzt haben. Weiter geht es, vorbei an Groß- Hohen- und Lützelsachsen hinein in den Weinheimer Exotenwald, ein Areal für das man sich hin- aus reichend Zeit, im Rahmen einer separaten Exkursion, nehmen sollte. Sechzig Hektar groß, angrenzend am im englischen Gartenstil angelegten Weinheimer Schloßpark, bestückt mit Baumexoten aus allen Herren Länder, beplankt mit drei beschilderten Rundwanderwegen. Ein Freiherr ließ hier Ende des 19.Jahrhunderts mehr als 12.000 Bäume anpflanzen. Einst waren hier mehr als 150 Baum- und Straucharten zu besichtigen, heute sind es noch fünzig. So führt die Schlußpassage unserer Tour durch den nördlichen Teil des Exotenwaldes zurück zum Ausgangspunkt. Wiederum eine bemerkenswerte Passage über 43 Kilometer und doch mehr als 1.400 Höhenmeter.

Enkelfähiger Weinbau – dem Wein Zeit lassen: Opa zahlt und baut an, der Enkel trinkt….
Beste Schriesheimer Weinlagen
Wo es blüht fühlen sich die Bienen wohl
Ein weiteres Bergbaurevier bei Großsachsen
Hier hat schon lange keiner mehr gesessen
Exotisches Gehölz im Exotenwald
Feinste Rindentextur
und mächtige Boliden

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