
Mühlacker, den 07. August 2025 – Unterwegs auf der Deutschen Mittelgebirgsplatte vom Leinebergland in Niedersachsen bis zur Schweizer Grenze, steht nun das letzte und auch größte zusammenhängende Mittelgebirge an, dort wo mit 1.493 Meter die höchste Erhebung auf dieser bergigen Deutschland-Entdeckunstour ansteht, dort wo just vor 125 Jahren der erste Fernwanderweg Deutschlands eröffnet wurde, dort wo man außerhalb unserer Landesgrenzen vom Black Forest schwärmt und dort wo Torten, Schinken und Kirschwasser nach der Gebirgsregion benamt sind – der Schwarzwald. Und es waren die Römer, den man diesen Namen zu verdanken hat. Die Südeuropäer mieden das Gebiet, ein undurchdringlicher Wald, der das Licht absorbierte, unwegsam und am langen Ende unheimlich war. “Silva nigra” – so der sprachliche Ursprung des Schwarzen Waldes.
Gestartet wird in Mühlacker, dort wo die letzte DMT-Passage über die Eppinger Linien und dem Kloster Maulbronn endete. Noch bewegt man sich hier im Kraichgau, wie man diesenLandstrich nennt. Der Kraichgau ist das Scharnier zwischen Odenwald und dem Schwarzwald. Hier stoßen die Randplatten der beiden Mittelgebirgsregionen aufeinander und man kann sich aussuchen, auf welcher Platte man sich bewegt. Allerdings muß hier aufpassen denn Mühlacker zählt noch zum Kraichgau und Mühlacker ist noch württembergisch und nicht badisch.

Auch wenn man sich formal noch im Kraichgau bewegt, von Meter zu Meter wird man von der Aura des Schwarzwaldes eingenommen. Zielmarkierungen auf den Wanderwegen, Wegekennzeichnungen die das Emblem des rührigen Schwarzwaldvereins ausweisen – die Fährte ist gelegt. Der Weg bis nach Tiefenbronn, welches schon im Nordschwarzwald liegt und zum Badischen zählt, ist unspektakulär. Man streift durch die sanfthügelige Agrarlandschaft und rüstet sich gedanklich auf die kommenden Anstiege, für die der Schwarzwald per se bekannt ist.









Hinter Tiefenbronn wird es spannend. Langsam aber sicher geht es aufwärts. Vorbei an der Burg Steinegg und weiterführend durch die gleichnamige Ortschaft wandert man gen Neuhausen. Hier bewegt man sich noch auf dem Ostweg und schwenkt in den Verlauf des Monbaches ein um diesen zu folgen. Zweifelsohne ist dieser Abschnitt ein absolutes Highlight. Der Gang durch die Monbachtalschlucht – ein Wandererlebnis der besonderen Art. Zerklüftete Granitfelswände, bemooste Felsblöcke, der gurgelnde Monbach, verwesende Baumstämme – ein “Schwäbischer Urwald” der besonderen Art. Entsprechend betriebsam geht es auch in der Schlucht zu. Kein Wunder denn am Ende der Schlucht hat man ein ausgedehntes Freizeitareal aus dem Boden gestampft.










Oberhalb der Nagoldtalbahn wandert man vom Schluchtenende nach Bad Liebenzell, der ersten Übernachtungsstation auf dieser Passage. Heil- und Thermalquellen verdankte man einst eine Blütezeit in der kleinen Kurstadt. Jedoch die besten Zeiten sind vorbei. Bad Liebenzell ist die höchstverschuldetste Stadt im Ländle, im Kern der Stadt kann man die Spuren des Niedergangs ablesen. Leerstehende Traditionshäuser – Gastronomiesterben einerseits – ein wunderbar gestalteter Kurpark, in dessen Nukleus eine dreihundert Jahre alte Lindenallee, steht andererseits.
Die nächste Etappe von von Bad Liebenzell nach Forchach wird sich vermutlich als eine der härtesten Etappen des Deutschen Mittelgebirgs-Trails erweisen. 43 Kilometer, 1.400 Höhenmeter aufwärts und herausfordernde 1.400 Höhenmeter im Abstieg, so die Parameter für den nächsten Wandertag. “Carpe diem” – mit dieser Tageslosung geht es aufwärts und hinein in den nördlichen Schwarzwald. Durch den sehenswerten Kurpark begleitet der sprudelnde Kollbach bei noch angenehmen morgendlichen Temperaturen den Frühaufstieg gen Zainen. Prinzipiell ist die Strecke gut tauglich auch für sommerliche Temperaturen. Denn hinter Maisenbach-Zainen wandert man kilometerlang entlang des quirligen Calmbachs der sich durch die bewaldete Gebirgslandschaft fräst. Entlang der Großen Enz schmiegen sich nahtlos die Ortschaften Calmbach und Bad Wildbad nahtlos aneinander. Augenscheinlich eine Region in der es sich gut leben lässt.




Hier kurten schon Könige und Fürrsten, jedoch im Fokus steht keine Stadtbesichtigung, denn der Wanderauftrag ist klar – quer durch die deutsche Mittelgebirgslandschaft. Sicherlich würde sich eine eingehende Stadtbesichtigung lohnen, ob der naturbelassene Kurpark, das König-Karls-Bad oder das Palais Thermal. Aber es stehen noch einige Herausforderungen an. Auch fällt an diesem Tag die Entscheidung leicht, die Aufstiegshilfe, die Sommerbergbahn zu nutzen, die in wenigen Minuten dreihundert Höhenmeter überwindet und angesichts der noch ausstehenden Höhen- und Kilometern bei sommerlichen Temperaturen das Wanderlebnis wohlgefälliger ausfallen lassen. Der Sommerberg oberhalb der Kurstadt ist ein gewaltiges Naherholungsgebiet. Sinnstiftende aber auch sinnbefreite Einrichtungen. wie beispielsweise eine Hängebrücke sind hier im großflächigen Areal vorzufinden.


Hinter der Grünhütte wird es spannend. Man taucht ein in eine andere Welt – in das Wildseemoor – ein spannendes Hochmoorgebiet auf dem Kaltenbronn. Ein Traum von Moorlandschaft, den man auf einem zwei Kilometer langen Bohlenweg erkunden kann. Man braucht keine Stadtbesichtigung oder unnütze Hängebrückenquerungen – hier atmet das Leben – kostenfrei 7/24/365 verfügbar. Jahreszeitbedingt blühen die Heideflächen und landschaftstypisch bereichert absterbendes Geäst inmitten der ausgebildeten Hornseelandschaft das Gesamtszenario. Hinter der Häusergruppe Kaltenbronn, die scheinbar in Winterzeiten ein beliebter Anlaufpunkt ist, geht es aufwärts auf die knapp 1.000 Meter hoch gelegene Moorlandschaft Hohlohmüß, dort wo am Hohloh zudem der Hohlohturm steht, und der höchste Punkt dieser Etappe erreicht ist. By the way: mittlerweile ist man hier auch auf dem legendären Westweg unterwegs.





Standen ab Start in Bad Liebenzell 34 Kilometer und 1.100 echte Höhenmeter (zuzüglich 300 Höhenmeter Sommerbergbahnfahrt) bis zum Hohlohturm, dem höchsten Punkt dieser Tagesetappe auf dem Tacho, so stand die eigentliche Herausforderung noch an – der Abwärtsgang zum Tagesziel Forchach. Im Normfall nicht erwähnenswert, jedoch auf diesem Westwegabschnitt durchaus zu benennen. Üblicherweise wandert man durch die Wälder entweder auf Wirtschaftswegen oder naturbelassenen Pfaden. Hier in diesem Bereich hat man jeden Auf- und damit auch Abstieg mit Granitgestein unterschiedlichster Ausprägung zugepflastert. Mag man damit im Falle des Aufstiegs noch zweckdienlich damit umgehen, so sind die Steilabstiege unter diesen Konditionen schlichtweg eine Tortur. Mag sein, dass aus Gründen der Entwässerung und oder Stabilität man sich zu dieser Form der Wegebefestigung irgendwann entschieden hat. Gerade im Bereich des Latschigfelsen, einem exponiert liegenden Aussichtspunkt, der über den Westweg und die Murgleiter zu erreichen ist, ist die Plackerei besonders ausgeprägt. Aber “Jammern” gilt nicht. Dies ist eben eingepreist wenn man im Schwarzwald auf längeren Strecken unterwegs ist.










Das Mittelgebirge ist ehrlich. Wo es rauf geht, geht es auch wieder runter – und umgekehrt. Nach dem dem Steilabstieg des Vortages geht es nach der Nachtruhe wieder aufwärts. Stramme eintausend Höhenmeter, die sich zunächst auf dem Weg gen Unterstmatt auf den ersten zehn Kilometern verdichten. Jedoch zur frühen Stunde, vor Sonnenaufgang, gestaltet sich der Aufstieg zum 1.002 Meter hoch gelegen Seekopf durchaus angenehm. Von allen Seiten rauschen kleine Bäche, angenehm der dicht belaubte Westweg, und die natürlich auch besteinten engen Kehren lassen sich durchaus angenehm und abwechslungsreich erwandern. Nach knapp sieben Kilometern ist die gewaltige Schwarzenbach-Talsperre erreicht, seit einhundert Jahren ein wichtiger Energieversorger der Region. Das Talsperrengebiet ist ein beliebtes Naherholungsgebiet. Bereits zu früher Stunde drehen Jogger ihre Runden, zerren Hunde ihre Besitzer am anderen Ende der Leine rund um den See und haben Angler ihre Fanggeräte ausgeworfen.





Hinter der Sperre ist vor der Sperre. Einmal mehr geht es aufwärts. Behend strömt der Seebach entgegen der Marschrichtung abwärts. und so schraubt sich der Westweg in Kehren aufwärts. Blöd nur, wenn man dem Aufstiegstrott folgend es schlichtweg verpennt den um die Ecke liegenden Herrenwieser See eine Stippvisite abzustatten, der zudem als einer der schönsten Karseen im Schwarzwald angepriesen wird. So geht es stramm aufwärts, erstmals das 1.000-Meter-Niveau knackend. Durch den Nationalpark Schwarzwald wandernd, dort wo einmal mehr eine Hochmoorlandschaft anzutreffen ist, geht es hinüber zur Badener Höhe. Hier ist mit 1.002,2 Meter der höchste Punkt des Baden-Badener Stadtgebietes verortert. Noch heute kann man die Spuren der beiden mächtigen Orkane aus den 90er Jahren, Wiebke und Lothar erkennen, die am langen Ende die Badener Höhe abgeräumt hatten.






Von der Badener Höhe geht es abwärts, für Schwarzwälder Verhältnisse auf einer angenehmen und sehr moderaten Strecke. Durch Sand und Hundseck, dort wo einst renommierte Kurhäuser standen, wandert man hinüber zum Hochkopf um im Anschluß zur Häusersiedlung Unterstmatt einzuschwenken, dort wo im Winter Skizirkus angesagt ist. Hier endet auch die erste Schwarzwaldpassage auf dem Deutschen Mittelgebirgs-Trail.









Einmal mehr ein bereicherndes Wandererlebnis entlang des Deutschen Mittelgebirgstrails. Noch verbleiben rund 200 Kilometer durch den Schwarzwald bis diese Mission beendet ist. Man darf gespannt sein auf herrliche Ausblicke, gewaltige Panoramen und erkenntnisreiche Eindrücke.

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