Deutsch-französischer Burgenweg

Schönau, den 03. November 2024 – Man kann, aber man sollte es nicht. Man kann den grenzüberschreitenden 33 Kilometer langen und mit 1.400 Höhenmeter angereichten Wanderweg durchaus an einem Tag absolvieren. Allerdings wäre es schade rein aus sportlich motivierten Gründen durch das Bioreservat Pfälzerwald-Nordvogesen ungebremst zu fräsen. So ist es eher empfehlenswert den Weg auf zwei Passagen zu portionieren, denn es gibt zahlreiche Meilensteine auf der “steinreichen” Tour. Acht historische Burganlagen, davon fünf, die im Französischen unter dem deutlich eleganteren Begriff “Chateau” firmieren, weiterhin spektakuläre Felsformationen und den ein oder anderen Bypass, der es Wert ist, einbezogen zu werden, lohnen es innezuhalten und das Umfeld zu genießen. So waren es am langen Ende 46 Kilometer, bestückt mit 2.000 Höhenmeter, wobei noch Luft nach oben gewesen wäre, wenn am zweiten Tag nicht Hochnebel die Aussichten eingeschränkt hätte.

Los geht es in der Gemeinde Schönau, ein südwestpfälzer Grenzort, der am Rande des Dahner Felsenlandes gelegen ist. Landschaftsgerecht geht es auf den ersten drei Kilometern zunächst nur aufwärts, um oben angekommen, mit der bizarren Felsformation Schlüsselfels belohnt wird. Empfehlenswert ist es zunächst auf das ungesicherte zweihundert Meter langen Felsplateau aufsteigen. Nach der Stippvisite geht es zurück, um nördlich der Felswände auf tollen Pfaden zum nächsten Streckenhighlight, der Wegelnburg, zu wandern. Lohnenswert ist dabei ein ein Abstecher zum Kuhnenkopf mit Blick zur gegenüberliegenden Burganlage.

Schönau ist ein idealer Einstiegspunkt für diese Tour
Alleine schon die Wege sind wahre Highlights. So gilt einmal die triviale Erkenntnis: Der Weg ist das Ziel
Gratwanderung am Schlüsselfels
Indian Summer in der Südwestpfalz
Grenzsteinkürzel KW: Königlicher Wald? Keine Wirtschaft? Wie auch immer, Felshopping auf dem Schlüsselfels ist Wanderspaß pur
Wie lange wird es dauern….
..bis hier der letzte Sandstein zerbröselt ist….?
Und wenn man schon die Gelegenheit hat mit Steighilfe den ein oder anderen Fels zu erklimmen…
..dann sollte man wie hier am Kuhnenkopf die Gelegenheit auch nutzen, denn es lohnt sich immer wieder

Die höchste Burganlage der Pfalz bietet auf 572 Meter einen faszinierenden 360 Grad Rundumblick, und vielfach wird berichtet, dass, wenn man zum Sonnenaufgang hier oben ist, die Stimmung auf dem Burgplateau einfach unbeschreiblich ist. Dies lässt sich sinnvollerweise vom zwei Kilometer entfernten Wanderparkplatz Wanderparkplatz Nothweiler unproblematisch realisieren. Da Mann/Frau zu 99% auf die gewaltige Burganlage fixiert ist, vernachlässigt man dass auf einer kleinen gegenüberliegenden Anhöhe zwei beeindruckende Felsformationen, der Krötenstuhl und der Wachtfels versteckt im Wald liegen, ein Bypass der sich als Abrundung durchaus lohnt. Schlag auf Schlag geht es auf den nächsten Kilometern zu. Vorbei am Sandsteinboliden Kaiser-Wilhelms-Turm quert man die Grenze um von Chateau zu Chateau zu wandern. Chateau Hohenbourg, Chateau du Loewenstein und das gewaltige Chateau de Fleckenstein. Die Dichte der Burganlagen ist schon beeindruckend, genauso wie die kreative Verschmelzung von imposanten Sandsteinfelsen mit verbauten Maueranlagen, auch wenn, wie beispielsweise im Falle der Wegelnburg die Aufmauerungen nicht wirklich dem ursprünglichen Aussehen der Burganlagen entsprechen.

Ungeachtet dieser Momentaufnahme – im Teilen ist die Streckenkennzeichnung des zertifizierten Premiumwanderweges mangelhaft
An jeder Ecke genießt man neue Eindrücke – ob im Gesamten
..oder im Detail…..
..die Wegelnburg ist in Sicht…
..einschließlich Deutschlands versifftester Streckenkennzeichnung
Blick vom Burgplateau auf Nothweiler und die herrliche Landschaft der Südwestpfalz
Und just gegenüber bezeichnet man das ohne morpholigische Trennung verlaufende Gebirge als Vogesen
Aufgemauerte Replikate der westlichen Seite der Wegelnburg
Just nebenan ist der Krötenstuhl im Wald versteckt….
…und nebenan der Wachtfels
Burgenhopping auf den nächsten Kilometern: vom Chateau Hohenburg…
geht es zum vierhundert Meter entfernten Chateau du Loewenstein
…dort wo man sich unkonventionell niederlässt…

Zwischen Chateau du Lowenstein und dem Chateau Fleckenstein passiert man den herrlichsten Felsabschnitte des gesamten Wanderweges. Die Wegeführung ist nicht ohne, teilweise unkonventionell, felsdurchsetzt an Steilhängen und nicht wirklich empfehlenswert bei Regen. Ansonsten ist diese Passage ein Erlebnis, die vorbei am Krappenfels und am Langenfels führt, um weiterführend zum Chateau de Fleckenstein zu gelangen. Auf die kostenpflichtige Besichtigung kann man hier pragmatisch betrachtet verzichten, denn die Aussichten werden nicht besser und am langen Ende überwiegt hier der Tagestourismusrummel, da zudem eine entsprechende Infrastruktur wie Cafe nebst Freizeitanlagen besteht, und man als Landschaftswanderer eher geneigt ist dem Trubel zu entrinnen.

Einmal mehr ein Felsbolide
Eine klare Einladung: Ab durch den Felsenpfad…
..der logischeweise vorbei an Felsen unterschiedlichster Ausprägungen führt
Für Kletterer ist dies ein herrliches Territorium
Dann doch lieber mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben….
..um auf Bodennähe den Durchblick zu behalten….
Ein touristischer Hotspot – Chateau de Fleckenstein

Vom Chateau de Fleckenstein wandert man abwärts zum gleichnamigen See um weiterführend zur halbhöhlenartigen Felsburg Chateau de Froensburg zu gelangen. Es ist schon spannend mit welcher Innovationskraft vor mehr als sechshundert Jahren das Mauerwerk symbiotisch mit dem Fels verbunden wurde. Heutzutage wäre auch im Elsaß unter Wahrung bauaufsichtsrechtlicher Anforderungen solch ein Bauwerk gar nicht mehr realisierbar. So kann man als durchziehender Wanderer nur über dieses bautechnische Meisterwerk staunen. Vom Chateau geht es, der Streckenteilung Rechnung tragend über den Col du Hichtenbach fernab des Premiumwanderweges hinüber in die Pfalz und unterhalb des Bruderfelsens zurück zum morgendlichen Ausgangspunkt nach Schönau.

Vorbei am Etang de Fleckenstein
Kaum zu glauben, dass hier eine Burg errichtet wurde…
..und heute fragt man sich mit welchen Mitteln seinerseits der Zugang zum Burgerinneren erschlossen wurde
und weiterhin fragt man sich wieso hier in aussichtsloser Umgebung diese Burganlage errichtete wurde
Ungeachtet dessen, spektakulär ist das Chateau Froensburg allemal

Am Folgetag geht es weiter mit der nächsten sich westlich anschließenden Rundtour, die zunächst wiederum aufwärts über einen felsdurchsetzten Zubringerweg hinauf in die Vogesenlandschaft führt. Auch wenn an diesem Tag das Diktat des störrischen Hochnebels die Regie übernimmt leidet die Stimmungslage keineswegs darunter. Spannende Felsformationen, führen vorbei am Klingenfels zum Grand und Petit Wasigenstein einer mittelalterlichen Felsenbergruine, deren optisches Highlight ein mächtiger Felsenturm mit einem natürlichen Felstor ist. Hier ist begünstigt, wer lange Beine hat. Und man fragt sich wie denn dann die Burgherren mit ihrer Ausrüstung die ungewöhnlich hoch geschnittenen Sandstufen ehemals bewältigten.

Schönauer Sandsteinbauten im Schein des gaslampenanmutenden Straßenlaternenscheins kurz vor Sonnenaufgang
Wobei der Sonnenaufgang sich an diesem Tag nicht wirklich entfaltet….
..was aber einmal mehr dokumentiert…..
..der November ist ein unterschätzter Wandermonat
Political correctness am Wanderweg: Wer Probleme hat die deutsche Bezeichnung “Zigeunerfels” auszusprechen, kann alternativ die französische Variante “Le Rocher des Tziganes” wählen. Dem Fels dürfte es egal sein…
Fast schon skulpturenhaft – die Reste eines Baumstumpfs
Ein Meisterwerk des mittelalterlichen Burgenbaus
Chateau du Wasigenstein
Abenteuer Wandern: ausgetretene Sandsteinstufen und eine wackelige Absturzsicherung

Ein Abstecher führt von der Burg Wasigenstein zum gleichnamigen Waldgebiet und dem Weiler Bas-Rhin bevor man unterhalb des Wolfsfels wiederum am Premiumwanderweg andockt, der einige hundert Meter weiter zum Chateau du Petit Arnsbourg führt. Witterungsbedingt ist die Aussicht an diesem Tag nicht wirklich spannend. So wird an diesem Tag auch verzichtet einen zunächst eingeplanten und nicht direkt auf der Strecke gelegenen Bypass zum Chateau du Steinberg anzugehen. Im Nachgang eine kluge Entscheidung, da das nächste Ziel, das just gegenüber diesem Chateau liegenden Felsplateau Bayrischer Windenstein, grundsätzlich eine wesentlich bessere Aussicht ermöglicht, und man daher auf die Einbeziehung der Anhöhe auf dem Steinberg getrost verrichten kann. Einziges Manko: hinauf zum Bayrischen Windstein muss man einen Brutalo-Anstieg bewältigen.

Waldgebiet Wasigenstein – ein tolles Fleckchen Erde
Der nächste Felsendom: Chateau du Petit Arnsbourg
Und vom Burghof des Chateaus genießt man diesen Anblick
Nicht wirklich: Unterhalb des Wachtfels wurde ein Abschnitt von dreißig Metern im Wald abgesperrt. Die Alternative: ein Umweg von 2,5 Kilometern. Oder……
Immer wieder tolle Pfade…
Die grüne Grenze zwischen Frankreich und der Pfalz
Vorbei am Windsteinfelsen und dem Grenzturm (l) geht es hinauf zum Bayrischen Windstein (rechts unten) der heute just an der Grenze auf französischem Gebiet liegt. Erklärbar die Namensgebung, denn einst gehörte der Pfälzer Landstrich zu Bayern und nach dem Sturz Napoleons kam es 1826 zur Grenzregulierung.
Auf der Leiter stehend befindet man sich auf französischem Boden und zwei Schritte unterhalb des ersten Trittes ist man in der Pfalz.

Im Nachgang kann man nur sagen: blöd gelaufen. Wobei nachweislich die Ausschilderung schlichtweg falsch war. Eingeplant war am Florenberger Hals, den offiziellen Wanderwegsabschnitt, der über den Höhenfelsblock Altes Heer hinauf zum Friedenskreuz führt, zu wandern. Jedoch in Gegenden, in denen man nicht beheimatet ist gilt der Grundsatz dass, auch wenn der GPX-Track etwas anderes sagt, man im Zweifellsfall der offiziellen Wegekennzeichung folgt. So ging es mehr oder minder ungebremst und nicht wirklich ansteigend, begleitend mit offizieller Ausschilderung direkt zum Bergfried Blumenstein. Im Nachgang verschmerzbar, da wetterlagebedingt an diesem Tag die Weitsichten nicht attraktiv waren. So blieb es bei der Stippvisite von Burg Blumenstein, wobei man sich wegen eingeschränkten Aussichten den Aufstieg zur Burganlage schenken kann. Der Rest, ein entspannter Auslauf, der talabwärts durch das Wengenbachtal hinab nach Schönau führt.

Der Wald entblättert sich langsam aber sicher und farbliche Akzente findet man verstärkt in Bodennähe
Vorbei an der sogenannten Ein-Mann-Stellung (links)
Von außen attraktiver als von innen: Burgruine Blumenstein
Überschaubar ist die Aussicht vom Bergfried der Burg

Der Deutsch-französische Burgenweg – ohne Frage ein Wanderjuwel und wenn man zudem in der herbstlich eingefärbten Landschaft unterwegs ist, dann gibt es noch Sonderpunkte. So hat es sich auch bestätigt, sich bewusst Zeit zu nehmen um von Burg zu Burg zu wandern und darüber hinaus die ein oder andere verborgene Attraktion am Wegesrand zu entdecken.

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