
Marburg, den 18. Februar 2025 – Vielleicht ist es eine Mammutaufgabe? Könnte sein. Oder hatte man nicht im 20. Jahrhundert einen Mammutknochen in den Lahnbergen gefunden? Durchaus denkbar. War da nicht ein namhafter Forscher, der am hiesigen Max-Planck-Institut die Genomensequenz des Wollhaarmammuts veröffentlichte? Auch eine Option.
Allemal beschäftigt die Namensgebung dieses Weges -auch entlang der einhundert Kilometer langen Strecke. Fünfzig Jahre nach der Gebietsreform, in der die heutigen Außenstadtteile an die Stadt Marburg angegliedert wurden, hat man einen Wanderweg kreiert, der alle Stadtteile der mittelhessischen Universitätsstadt wanderbar verbindet. Nach einer akademischen Eröffnung zum Jubiläumstag im Oktober 2024 wird dieses Jahr der nun endgültig finalisierte Weg mit einer attraktiven Wanderveranstaltung im Oktober offiziell freigegeben. Und so hat es sich angeboten auf Entdeckungsreise zu gehen, um den neuen Weg einem Wandercheck zu unterziehen.
Unerheblich, wo man einsteigt, denn der Mammutwanderweg zieht sich wie ein mäanderndes Band rund um die 74.000 Einwohner zählende Lahnstadt. So geht es per Stadtbus zunächst hinaus nach Wehrshausen, einem ländlich geprägten beschaulichen Stadtteil, der am westlichen Hang des Marburger Rückens gelegen ist. Just zum Sonnenaufgang entfaltet sich ein landschaftliches Panorama, welches typisch für den gesamten Streckenverlauf sein wird. Die umliegenden Höhenzüge des westhessischen Berglandes prägen den Charakter der Landschaft und lassen für das betrachtende Auge einen wohlgefälligen Eindruck zurück. Ideal auch die Jahreszeit der noch entblätterten Waldabschnitte. Denn die Wälder selbst sind aufgeräumt, der Baumbestand weiträumig verteilt, so dass man durchaus das Gefühl hat, durch eine Waldlandschaft der offenen Fenster zu wandern.








Aussichtsreiche Flurwege wechseln sich mit hügeligen Waldabschnitten ab, wobei in der Gesamtbetrachtung der Textur der Landschaft entsprechend die Anstiege nicht wirklich kraftraubend, dafür aber zahlreich sind. In einer ausladenden Schleife verzieht sich die Wanderstrecke in westlicher Richtung, um durch den kleinsten Außenstadtteil Marburgs, dem 170 Einwohner zählenden Dilschhausen, die sich auf vier Straßen mit 46 Hausnummern verteilen, zu führen. Auf einem Panoramaweg wandert man wiederum ostwärts gen Einhausen vorbei an einem alten Steinbruch. Gebaute Zeitzeugen der Geschichte dokumentieren dabei auch einen schleichenden Zerfall im ländlichen Raum. Die evangelische Pfarrkirche – bis auf weiteres wegen Einsturzgefahr des Dachgebälkes geschlossen. Das Areal des nebenanliegenden Barockschlosses Einhaus hat zudem auch schon bessere Zeit gesehen. Weiter geht es nach der dörflichen Stippvisite dem Verlauf des Einhäuser Wassers folgend, vorbei an den Schmauchspuren einer alten Mühle hinüber nach Hermershausen und auf aussichtsreichen Pfaden, die sich entlang eines Waldrandes schmiegen nach Haddamshausen und weiterführend nach Cyriaxweimar. Ungewöhnlich der Ortsname des letztgenannten Dörfchens, jedoch auch ein Blick in das Historische Ortslexikon bringt keine wirklich erhellende Erkenntnis hinsichtlich des Namensursprungs.












Hinter Cyriaxweimar geht es sanft auswärts hinauf zum Stadtwald, kein Wald sondern ein Teil von Marburg-Ockershausen. Auf dem Gelände der ehemaligen Tannenbergkaserne hat sich mittlerweile ein lebendiges Mischgebiet als Stadtquartier etabliert. Am nördlichen Ausläufer des Areals eröffnen sich dabei schöne Sichtachsen in die Marburger Lahnsenke. Der Rest der Passage ist Fleißarbeit, denn vom Stadtwald aus umrundet man den Weimarschen Kopf, der auf 305 Meter auskragt, um Niederweimar touchierend und Gisselberg querend entlang der Lahn zurück nach Marburg zu wandern.











Auch am zweiten Wandertag ist Wehrhausen wiederum der Startort – jedoch an diesem Tag geht es in nordöstlicher Richtung, den Mammutwanderweg im Uhrzeigersinn folgend. Waren am Vortag die Steigungen angenehm verteilt – so wird dieser Streckenabschnitt steigungstechnisch intensiver. Langweile ist nicht vorprogrammiert, denn es geht ständig auf und ab. Wenn man zudem noch den Rucksack mit Fotoequipment beschwert, dann kann man hier von praktizierten Rucking sprechen. Einst aus dem Militärbereich kommend, wird Rucking – die Kombination aus Rucksack und Jogging- mittlerweile als ideales Workout empfohlen. Für Ultralightwanderer, die sogar die Zahnbürste abfeilen eher eine grauenhafte Vorstellung. Von der Wehrhäuser Höhe geht es abwärts unterhalb des Dammelsbergs hinab nach Marburg zur Elisabethenkirche. Im Nachgang betrachtet wäre es sogar spannender gewesen über den Schloßpark und das Schloßareal zur Kirche zu wandern. Zwischen Michaeliskapelle und Elisabethenkirche führt die Passage, den Friedrich-Seibert-Weg folgend aufwärts – hinauf zur Augustusruhe. Von dort aus wandert man oberhalb von Marburg auf einem tollen Waldabschnitt hinüber zum Gebrannten Berg.











Man kann es ja verstehen, und der Blick auf die Gesamtstrecke verdeutlicht es auch. Die Intension der Wegegestalter war klar – jeder Stadtteil Marburgs war einzubinden. Ursprünglich war die Strecke zunächst auf 84 Kilometer ausgelegt, jedoch war man bestrebt in toto 100 Kilometer zu erreichen. So wundert es nicht, wenn manch eine Schleife nicht werthaltig belegt ist, sondern offensichtlich darauf ausgelegt ist einige Kilometer herauszuholen. So hat man durchaus die geballte Faust in der Hosentasche, wenn man vom 315 Meter hohen Stumpelkopf abwärts nach Michelbach wandert, dort lediglich den Ortsrand ankratzt, um sich dann wieder steil aufwärts zum Waldabschnitt Wehrholz hoch zu quälen. Wer hier am Stumpelkopf auf der Höhe bleibt hat nichts verpasst – es sei dann, so in der Nachbetrachtung, wenn die Streckenplaner den Michelbacher Kunst- und Kulturweg eingeflanscht und anderweitig auf sinnbefreite Extraschleifen verzichtet hätten, könnte man den Michelbacher Abstecher durchaus alimentieren. Entlang einer panoramareichen Strecke wandert man abwärts zum Stadtteil Wehrla um hier die Lahn zu queren um anschließend den Anlauf hinauf zu den Lahnbergen zu nehmen.





Hinter Wehrda kommt ein unschöner aber nicht vermeidbarer Abschnitt durch das Industriegebiet Marburg Nord. Den Stadtring unterquerend gewinnt man rasch an Höhe, hinauf zum Katharinenberg und anschließend hinab nach Ginseldorf in einem munteren auf und ab. Wiederum panoramareich gestaltet sich der weitere Wegeverlauf der in Folge südwärts nach Bauerbach verschwenkt. Hier lohnt es auf jeden Fall den Streckenverlauf zu folgen und nicht die sich anbietende Abkürzung zum Fernheizwerk Lahnberge zu wählen, denn die Pfarrkirche St. Cyriakus ist ein durchaus bemerkenswerter Sakralbau.






Im Bauerbach wird auf die offizielle sinnbefreite Zusatzschleife die sich nördlich um den Stadtteil legt verzichtet, sondern direkt die Spur, vorbei an der Baubacher Schule direkt hoch zum höchsten Punkt des gesamten Wandermammutweges, dort wo das Universitätsklinikum Marburg beheimatet ist, aufgenommen. Vom Ortenberg geht es schnurgerade zum schönsten Aussichtspunkt oberhalb Marburgs, dem Plateau unterhalb des Kaiser-Wilhelm-Turms, im Volksmund auch Spiegellustturm genannt. In der Turmstube findet sich ein Cafe und der Platz ist ein beliebtes Ziel, welches man einerseits mit dem Fahrzeug andererseits nach einem kurzen knackigen Aufstieg von der Marburger Innenstadt auch zu Fuß erreichen kann. Der Rest dieses Tages ist Kür, denn es geht wiederum abwärts, diesmal über den Stroinsky-Steg die Lahn querend zurück in Marburgs Zentrum.




Die dritte Runde – auf dem Mammutwanderweg – ein entspannter Auslauf mit einem absoluten Höhepunkt im wahrsten Sinne des Wortes. Von der Innenstadt Marburgs geht es auf einer alternativen aber auch bemerkenswerten Strecke wiederum hinauf in die Lahnberge, um am Universitätscampus, dort wo man zu anständigen Zeiten den Botanischen Garten besichtigen könnte, den Verlauf des Mammutwanderweges wieder aufzunehmen. Zwei Schleifen stehen wieder auf dem Programm, um gesichtswahrend die Einbeziehung der beiden Stadtteile Schröck und Moischt zu gewährleisten. Während der Weiler Schröck lediglich gestreift wird, führt der offizielle Weg durch Moischt und das zu Recht. Denn in Moischt wird Brauchtum groß geschrieben und an einer Vielzahl von Gebäuden sind ortsgeschichtliche Hinweise angebracht, die einen Einblick in die Vergangenheit ermöglichen. Spannend auch die neuen Aussichten die sich hier eröffnen, denn hier verzieht sich ostwärts eine der größten zusammenhängenden Agrarflächen Hessens, das Amöneburger Becken.












Vorbei an Hof Capelle, einem kleinen Aussiedler-Areal in der Gemarkung Beltershausen-Frauenberg führt der aussichtsreiche Weg hinauf zum Frauenberg zur gleichnamigen Burgruine, vielleicht dem Highlight der gesamten Mammutwanderweg-Strecke. Schade dass an diesem Tag die Sonne sich hinter der aufgezogenen Bewölkung versteckt, denn von der Burgruine hat man einen außergewöhnlichen und eindrucksvollen barrierefreien 360 Grad-Blick in die mittelhessische Mittelgebirgslandschaft. Nach der Devise “Von nun an geht,s bergab” geht es von der ehemaligen mittelalterlichen Burganlage nur noch bergab, zunächst abwärts zum Stadtteil Bortshausen, um weiterführend hinter Ronhausen dem Flußverlauf der Lahn zu folgen, der zurück in die Innenstadt von Marburg führt.






Der Mammutwanderweg in Wandercheck: Eine klare Angelegenheit: Der Weg ist eine Empfehlung und das in mehrfacher Hinsicht. Einerseits hat man Gelegenheit einzutauchen in das ländliche Umfeld der Marburger Mittelgebirgsregion, wobei die Streckenführung in Gänze gelungen ist, da man viele panoramareiche Abschnitte einbezogen hat. Andererseits touchiert man weitere attraktive Wanderalternativen. So sind im Großraum Ederbergland/Burgwald alleine 21 zertifizierte Premiumrundwanderwege unter dem Arbeitstitel “Wandermärchen” aufgelegt. Und final bietet es sich an noch einen zusätzlichen Tag zu investieren, um das sehenswerte Marburg selbst zu erkunden, wobei man dann auch die Gelegenheit haben sollte, die Elisabethenkirche, die von 10 bis 16 Uhr geöffnet ist, zu besichtigen – wenn man möchte.
Der Intension geschuldet, alle Stadtteile gangbar zu verknüpfen und zudem die Schlagzahl von einhundert Wegekilometern zu erreichen, führt zwangsläufig zu der ein oder anderen Streckenstreckung die man jedoch durchaus in Kauf nehmen kann, denn was zählt ist die Bewegung in freier Natur. Ob man tatsächlich jeden Zusatzschnippel dezidiert ausläuft, darüber kann jeder mit seinen eigenen Füßen abstimmen. Die Beschilderung selbst ist gut, sollte jedoch hie und da noch nachgeschärft werden. Wenn zudem noch, was auch geplant ist, ein begleitender Flyer, der auch Hinweise auf besondere Landmarken beinhalten sollte, publiziert wird, dann ist das Paket rund.
Die hier dargestellt Streckenerkundung über insgesamt 104 Kilometer wurde in drei Abschnitten aufgedröselt, beinhaltend eine 39 Kilometer umfassende Passage, eine 36 kilometerlange intensivere Hügelstrecke und eine wohlgefällige 29 Kilometer lange Auslaufrunde – in Gänze mit 2.600 Höhenmetern konfektioniert.
Zu erhellenden Erkenntnissen hinsichtlich der Namensgebung des Mammutwanderweges kam es entlang der Strecke nicht wirklich. Zwar fand man in Europa durchaus eine respektable Anzahl von Mammutknochen, jedoch nicht in Marburg. Und es waren amerikanische Forscher – und nicht Marburger Wissenschaftler, die mehr als vier Milliarden DNA-Basen des Mammuts dekodiert hatten. Jedoch, ein Gang zur Marburger Touristeninfo brachte Erhellung. Eine freundliche Mitarbeiterin, die sogar eine Bachelorarbeit über Marburger Wanderwege erstellte, berichtete, dass man sich bei der Namensgebung an den Namen eines Großveranstalters von Extremwanderungen orientiert habe. Bleibt einzig eine Mammutaufgabe, nämlich die offizielle Eröffnungsveranstaltung der Marburger Stadt und Landtourismus GmbH am 03. Oktober 2025. Wie es beliebt, kann man 100 KM in 24 Stunden oder auch nur ausgewählte Teilpassagen zwischen 85 und 20 Kilometer erwandern. Nähere Informationen hierzu sind im Powerwalkers Wanderkalender verlinkt.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar