Grenz(WERTIGES)

Bayern/Hessen , den 16. September 2022 – Aus der Wanderbrille betrachtet sind Grenzgänge immer spannend. So ist man durchaus mit einer gewissen Neugierde auf Entdeckungsreise, um historische Spuren aufzuspüren, Gemeinsamkeiten aber auch Unterschiede hüben und drüben des Grenzverlaufes zu entdecken. Wenn zudem noch kulturelle grenzüberschreitende Bande gepflegt werden ist das Wandererlebnis perfekt.

Immerhin 262 Kilometer lang ist die Binnengrenze zwischen Bayern und Hessen wobei die vielleicht markanteste Zollstation der beiden Länder im grünen Grenzbereich des Odenwaldes versteckt ist. Gestartet wird in Eulbach, einem Ortsteil von Michelstadt, dort wo vor mehr als zweihundert Jahren ein gewisser Graf Franz I. von Erbach zu Erbach ein Jagdschloss nebst Schlosspark errichten ließ. Während man im gegenüberliegenden Eulbacher Park gegen Eintrittsgebühr einige Wisente Wildschweine und Hirsche beobachten darf, kann man, wenn man der Graf-Eberhard-Allee folgt und das Wildgatter passiert, kostenfrei und ungehindert den gräflichen Jagdbestand bestaunen.

Pest Krieg und Brandschatzung zerstörte den Weiler Eulbach. 1690 errichtete die gräfliche Familie von Erbach ein Hofgut, welches im Zeitverlauf zu einem Jagdschloss nebst Parkanlage ausgebaut wurde
Durch den Wildpark Eulbach II…..
..dort wo die Bewohner keine Berührungsängste haben
Holz das in natürlicher Weise vor sich hin modert….
… trägt zur natürlichen Regeneration des Waldes bei…
Wenn jedoch wie hier in den gräflichen Liegenschaften zahlreiche Holzstapel vor sich hinrotten läuft irgend etwas aus dem Ruder…..
Alte Baumbestände markieren die gräfliche Allee

An der Kreisstraße 45 klinkt man sich ein in den siebzehn Kilometer langen Hubenweg der rund um das Hubendorf Michelstadt-Würzberg führt. Schon die Römer erkannten die strategische Lage auf diesem Höhenplateau und errichteten hier ein Kastell nebst Römerbad. Wald- und Feldzonen wechseln sich ab und am südlichsten Punkt dieser Tour unweit der bayrisch/hessischen Landesgrenze kann man den Standort der ehemaligen römischen Badeanstalt, die sogar über ein Schwitzbad verfügte, besichtigen.

Die Wegekennzeichnung im Odenwald ist vorbildlich und von hoher Qualität
Plastifizierte dystopische Stimmung am Waldesrand
Technik prägt mittlerweile alle Lebensräume, wie hier an der Sendeanlage Würzberg….
..oder bei den Amateurfunkern aus dem Mümlingtal….
….jedoch diesbezüglich ist der Odenwald scheinbar nicht mehr zu retten…..
Herbststimmung
Dort wo einst ein römischer Wachturm stand
Vorbildliche Holzbevorratung
Am ehemaligen römischen Bad
..an ausgewählten Futterstellen wird dank reicher Ernte das Wild versorgt
Der Weiße Stein – ein Grenzstein aus dem 16. Jahrhundert
Mystische Stimmung im bayrisch/hessischen Grenzgebiet
Lieber gut gesessen als schlecht gestanden – stilvolles Sitzmöbel unterhalb der östlichen Flanke von Würzberg
Stilvoll auch das Jagdgestühl
Odenwälder Brennstoffvorrat

Entlang der Landesgrenze führt der Hubenweg in Schleifen durch das Grenzgebiet, wobei offiziell der Hubenweg auf hessischem Areal verläuft. Vor dem Weiler Mangelsbach gilt es jedoch den Rundwanderweg zu verlassen, um einen Stichweg gen Boxbrunn zu folgen, dort wo ein aufwändig gestalteter Grenzübertritt realisiert wurde. Dank einer landesübergreifenden Allianz vom hessischen Würzberg und vom bayrischen Boxbrunn errichtete man in 2015 eine markante Zollstation mit traditioneller Beflaggung und entsprechender Ausgestaltung der “Zollhäuschen”. Durstige Wanderer und Radler können zudem dank eines Erdkühlers auf der bayrischen Seite nachtanken, wenn es sein muss auch mit einem apfelhaltigen Getränk.

Ein mächtiger Wolkenverbund spannt sich über das Grenzgebiet
Vorbei am “Hohlen Stein” dort wo sich angeblich auch Schinderhannes versteckt haben soll
Die vielleicht schönste Grenzstation zwischen Hessen und Bayern….
..bereichert mit einem formidablen Erdkühlschrank
Die proklamierten Verhaltensregeln erleichtern den Grenzübertritt

Just einen Kilometer nach Grenzübertritt erreicht man den Weiler Boxbrunn. Wer hier am Wochenende unterwegs ist, kann hier bereits ab 11:00 Uhr im Bayrischen Hof zur Rast einkehren. Bereits im 19. Jahrhundert übernachteten hier Besenbinder, Wegemacher, Maurer, Tüncher, Orgelspieler und – bauer, Steinklopfer, Zimmerleute und Bierbrauer, wie die Aufzeichnungen des Wirtshauses belegen. Von Boxbrunn führt ein schöner Waldweg durch die Amorbacher Gemarkung hinüber zum Englischen Garten in Eulbach, der als ältester archäologischer Park Deutschlands gilt. Der altertumsbegeisterte Erbacher Graf Franz I. ließ römische Bauteile in den Park integrieren, die bei diversen Fundstellen in der näheren Umgebung ausgegraben wurden. Rekonstruierte Mauerstücke, Kastelltore, Inschriftensteine und Säulen und eine künstliche Ruine wurden in das 400 Hektar große Areal integriert, das seinerseits im Stil eines englischen Gartens angelegt wurde. Jedoch das englische Flair will sich nicht wirklich einstellen – der Park wirkt ungepflegt, im Gegensatz zum gegenüberliegenden Jagdschloss welches sich nach einer Brandsanierung im Jahre 2018 in einem adretten Zustand befindet.

Vorbei an Boxbrunn
Wisente, Hirsche…
und Wildschweine als Träger derber Borsten bereichern den Eulbacher Park
Römische Reste wurden in den Park integriert, jedoch die Rekonstruktionen entsprechen in keiner Weise dem heutigen Kenntnisstand.
Grad Eberhard zu Erbach-Erbach e – seit 1884 in den ewigen Jagdgründen
Ein Obelisk errichtet aus den Steinen eines ehemaligen römischen Kastells
Das Eulbacher Jagdschloß
Eulbacher Park dank Mehrfachbelichtung kunstvoll in Szene gesetzt

Der 25 Kilometer lange bayrisch/hessische Grenzgang – eine abwechslungsreich und kulturell gehaltvolle Passage mit einer außergewöhnlichen Grenzstation – ein Wandererlebnis der besonderen Art.

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