Bad Dürkheim, den 23. März 2019 –
Es liegt in der Natur der Menschen mit blühenden Bäumen paradiesische Zustände zu verbinden. Legendär beispielsweise die japanische Kirchblüte, die Mandelblüte auf Mallorca oder die Apfelblüte in Südtirol. Aber warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Auch bei uns gibt es eine erstklassige Frühlingsadresse, die im Allgemeinen in den ersten Märzwochen aufgesucht werden kann. Unter dem Motto „Ganz schön rosa, das Land der Mandelblüte“ ebnet der 77 Kilometer lange Pfälzer Mandelweg, am sonnigen Rand des Pfälzer Waldes gelegen, den Weg in den Frühling.
Vortrefflichst und sehr verlockend die blumige Beschreibung des Pfälzer Touristenverbandes: „Auf dem Pfälzer Mandelpfad beginnt der Frühling. Und er steht sehr früh auf. Während anderenorts noch Wintergrau vorherrscht, schiebt er hier bereits rosarote Blütenwolken durchs Land. Sie machen aus Straßen Blütenalleen, setzen freche Farbtupfer in die zartgrünen Weinberge und schmücken unsere Dörfer. Erleben Sie die beeindruckende Inszenierung der malerischen Landschaft bei Tag – und eine märchenhafte rosa Lichtsinfonie bei Nacht, wenn entlang der Deutschen Weinstraße Burgen und Schlösser weithin erstrahlen. Alles rundum reagiert auf das frühe Licht des Jahres, auf die frische Luft und den feinen Duft, auf die ersten Wärmestrahlen und die aufleuchtende Farbe. Eine prickelnde Mischung, wie Sie spüren werden. Sie weckt Sinne und Lebenslust und bewegt die Beine. Dieser rosarote Zustand wird Frühlingsgefühl genannt. Das gibt es gratis, an der Deutschen Weinstraße.“
Bereits Wochen zuvor versorgt der Tourismusverband der Deutschen Weinstraße über diverse Medienkanäle die frühlingshungrige Schar mit aktuellen Wasserständen zum Blütenstand der Mandelbäume. In den Epizentren Gimmeldingen und Edenkoben, die traditionell die ersten Weinfeste des Jahres anläßlich der Mandelblüte ausrichten, wird die Festausrichtung am Blüten- und Wetterstand ausgerichtet – im allgemeinen mit einem Vorlauf von vierzehn Tagen. So sind sie eben die Pfälzer: hochflexibel und gnadenlos wenn es darum geht einen passenden Grund für die Ausrichtung eines Festes zu finden.
Gestartet wird in Bad Dürkheim, weit über die Grenzen der Region bekannt, dank dem Dürkheimer Wurstmarkt und dem Bad Dürkheimer Riesenfaß. Kostenfrei parken kann man direkt gegenüber dem größten Weinfaß der Welt, welches 1934 aus 200 jeweils 40 Meter hohen Tannen errichtet wurde. Der Faßinhalt liegt bei theoretischen 1.700.000 Litern, in der Praxis lagert lediglich das hier eingerichtete Restaurant die Weinbestände ein, die flaschenweise an die Restaurantgäste abverkauft werden.
Durch den Kurpark geht es in südlicher Richtung nach Wachenheim. Grundsätzlich ist der Mandelpfad sehr gut gekennzeichnet. Partiell sind, wie beispielsweise zwischen Bad Dürkheim und Wachenheim, Rundkurse eingearbeitet – hier heißt es „Augen auf“ bei der Wahl der Streckenführung. Oftmals ist man gut beraten den Streckenverlauf der Deutschen Alleenstraße zu folgen, da erfahrungsgemäß diese Verbindungsstraßen üppig mit Mandelbäumen bestückt sind – so auch auf der hier durchführenden Weinstraße, die man folgen sollte. Auch wenn die Sonne noch nicht aufgegangen ist, dominiert bereits im Morgengrauen die Opulenz der Mandelblüten das Landschaftsbild. Fürwahr – der Tourismusverband hat mit seiner Vorankündigung keineswegs übertrieben.
Der abnehmende Vollmond strahlt kurz vor Sonnenauftritt noch kräftig über dem Flaggenturm, der oberhalb der Weinbergsterrassen errichtet wurde. Ein mehr als gelungener Auftakt. Elanvoll geht es hinein nach Wachenheim. Franzosen und Bajuwaren übernahmen hier einstweilen die Regentschaft. Im Schloß Wachenheim ist heute eine Sektkellerei vorzufinden und über allem trohnt die Burgruine Wachtenberg, über die der Mandelpfad vorbei führt.
In der im 12. Jahrhundert errichteten Burg wird heute eine Burgschänke betrieben. Exponiert die Aussichtsmöglichkeiten von hier oben, und man braucht wenig Phantasie um sich auszumalen welch vortreffliche Einkehrstätte zu Öffnungszeiten hier oben vorzufinden ist, zudem, wie die Speisekarte eindrucksvoll dokumentiert in Mitten dieser hervorragenden Weingerion bestes Andechser Bier ausgeschenkt wird.
Auf schönen Wegen geht es durch die Wingerte der Deidesheimer Weinregion. Eingestreute Mandelbäume in den Weinhängen vermitteln markant ein beeindruckendes Landschaftsszenario. Durch Königsbach durch ist rasch Gimmeldingen erreicht, das Epizentrum der Pfälzer Mandelkultur.
Bereits seit 1934 wird jährlich im Gimmeldingen das Mandelblütenfest ausgerichtet, als erstes Weinfest in der Pfalz des noch relativ jungen Jahres. Aus nah und fern reisen in Scharen die Besucher an, um hier den Frühling standesgemäß einzuläuten. Beispielsweise mit der S-Bahn von Kaiserslautern nach Neustadt – dann mit dem Pendelbus nach Gimmeldingen. Noch ist der Tag jung, umtriebig werden die ersten Buden- und Verkaufsstände eingerichtet. Stunden später wird hier alles hoffnungslos verstopft sein. So wurden im vergangenen Jahr mehr als 20.000 Besucher gezählt. Eingepreist dabei Verkehrschaos auf den Straßen, überfüllte Busse und Züge. Wohl dem der zu Fuß unterwegs ist und den Pfälzer Mandelpfad genießt. Aus Neustadt an der Weinstraße kommend begrüßt mich ein Pärchen mit den Worten „Geht es hier zur Party?“ Ich nicke bestätigend mit dem Kopf und ziehe rasch weiter Richtung Süden um fern ab des Rummels einzutauchen in die blühende Mandelregion – hier bietet die Natur Party genug.
Den Weiler Haardt passierend erreicht man nach insgesamt zwanzig Kilometern ab Start Neustadt an der Weinstraße – eine schmuckes Städtchen mit einer adretten Altstadt. Hier fühlt man sich auf Anhieb wohl. Wäre der Mandelpfad nicht der eigentliche Wanderauftrag gewesen, sollte man diese Stadt intensiver erkunden. Gelegenheit hierzu wird sich aber an anderer Stelle bieten. Zumindest bietet es sich an in einem der zahlreichen Martktcafes zu einer Kaffeerast einzukehren, um das bunte Wochenmarkttreiben aus der ersten Reihe zu genießen. So wundert es auch nicht, dass bereits zu angemessener Morgenstunde die ersten „Schoppepetzer“ die Cafehaustische bevölkern, um bei einem Viertel des heimischen Rebensaftes über Gott und die Welt zu philosophieren. Pfalz unplugged- hier läßt es sich wahrlich gut aushalten.
Raus aus Neustadt – weiter auf dem Mandelpfad. In einem munteren auf und ab geht es via Neustadt-Diedesfeld entlang der Großweinlage „Maikammer Mandelhöhe“. Der Name, ein Erinnerungsposten an den im 16. Jahrhundert erwähnten Gewann-Namen „In den Mandeläckern“. Seinerseits ordnete der Bischof von Speyer den Anbau von Mandeln als wichtiges Obst an und ließ ganze Äcker bepflanzen. Jedoch schon die Römer sollen die Mandelbäume aus Südeuropa mitgebracht haben, nach dem bemerkte dass es sich hier um eine besonders sonnenreiche Region handelt. Hier in diesem Abschnitt zwischen Maikammer St. Martin und Edenkoben kann man weiße und rosa blühende Mandelbäume auf Schritt und Tritt bewundern. Majestätisch trohnt das Hambacher Schloss auf einem Pfälzer Waldhügel, etwas versetzt grüßt oberhalb das markante Aussichtsplateau des Kalmits, die höchsten Erhebung des Pfälzer Waldes.
Bald ist Edenkoben erreicht, der nächste Hot-Spot in Sachen Mandelblütenfest. Auch wenn Gimmeldingen die ausgewiesene Mandelpartymeile ist, auch in Edenkoben feiert man gebührend die Mandelblüte. Im Zentrum dabei die Villastraße, eine Mandelbaumallee die mit hundert Mandelbäumen der Bittermandelsorte „Perle der Weinstraße“, bepflanzt wurde. Zur vorgerückten Mittagsstunde ist es zudem nicht verboten sich an einen der hier zum Mandelfest eingerichteten Weinstände niederzulassen um einen hervorragenden Schoppen des Pfälzer Rebensaftes bei fast 20 Grad, (und das im März) zu genießen.
So ist man gut gerüstet um dann über einen Höhenweg verlaufenden Mandelpfad die Aussicht zu genießen, um in der Folge von Weindorf zu Weindorf zum Tagesetappenziel nach Siebeldingen zu gelangen. Spektakulär der Gang hinab nach Siebeldingen durch eine prachtvoll blühende rosarote Mandelbaumallee – hier zeigt sich einmal mehr diese Tour ist ein absolutes Highlight für Wanderfreunde. Nach insgesamt 47 Kilometern und 975 Höhenmetern geht eine mehr als eindrucksvolle Tagesetappe zu Ende. Sicherlich, Glück gehört auch dazu den rechten Moment abzupassen: die Mandelblüte voll im Saft, die Wetterbedingungen ausgezeichnet und die gesamte Pfälzerregion im Feiermodus.
Tag 2 der Exkursion mit Tagesziel Wissembourg in Frankreich. Von Siebeldingen führt die Passage in das unmittelbar sich anschließende Birkweiler. Am Ortsende zieht eine östlich verlaufende Schleife aufwärts zu einem der schönsten Areale des gesamten Mandelpfades, dem Birkweiler Mandelhain. Man schrieb das Jahr 2010 als man hier auf die Idee kam hier in aussichtsreicher Lage, Einheimischen und Gästen die Patenschaft für einen Mandelbaum anzubieten. So werden zweimal jährlich, im Frühjahr und im Herbst feierlich eine der vier Pfälzer Mandelbaumsorten gesetzt.
Dabei handelt es sich um die Bittermandelspezies “Perle der Weinstraße”, die für das charakteristische Rosa der Mandelblütenzeit in der Pfalz steht, die mit weiße Blüten austreibende Süßmandelart “Palatina” mit dem sanft rötlichen Blütenkern, die ebenfalls weiße Süßmandel “Dürkheimer Krachmandel” mit Ihrer frühen Blütezeit sowie die weiße Sorte “Prinzess”. Man könnte im Mandelhain trotz früher Morgenstunde geneigt sein sich an unter den knapp 100 Mandelbäumen niederzulassen, eine Flasche Roten zu öffnen, und bei einer guten Portion Käse den Mandelpfad Mandelpfad sein zu lassen. Jedoch – mangels fehlender Ausstattung im Rucksack geht die Passage weiter, was grundsätzlich auch nicht die schlechteste Wahl ist.
Lebendig gestaltet sich die Textur der weiteren Wegeführung, Ein ständiges „Auf und ab“ gewährleistet einen abwechslungsreichen und aussichtsreichen Streckenverlauf. Leinsweiler, Eschbach, Klingenmünster. Auf Schritt und Tritt begegnet man dem Weinanbau, dem dominierenden Wirtschaftsfaktor dieser Region. Schlendert man durch die kleinen Weiler und studiert die aushängenden Karten der hier ansässigen Schankstuben und Wirtshäuser kann man aufnehmen, dass es sich hier vortrefflich leben lässt.
Zweifelsohne ist die folgende Ortschaft Gleiszellen ein Highlight auf diesem Streckenabschnitt. Klein die Ortschaft, aber groß das Angebot an gastronomischen Einrichtungen. Ein Gang durch die Winzergasse vermittelt das wohlig weinselige Ambienbte, wie sie regionaltypisch für diese Region ist. Am Ortsende kommt man vorbei an der auf einem Weinbergshügel thronend Dionysus-Kapelle um bald den nächsten Weiler Pleisweiler-Oberhofen zu erreichen, bevor man in die Umlaufbahn von Bad Bergzabern eintritt.
Erschließt man Orte zu Fuß, so gibt es im Regelfall zwei Szenarien. Entweder fühlt man sich sofort wohl, oder man registriert mehr oder minder unbeeindruckt die Ansammlung der errichteten Liegenschaften. Oberflächlich betrachtet wirkt der Kneipp- und Kurort unstrukturiert und strahlt nicht zwingend ein homogenes städtebauliches Bild wie beispielsweise Bad Dürkheim oder Neustadt an der Weinstraße aus. Eingestreute Zweckbauten, teilweise im Form einer postmodernen Brutalarchitektur errichtet, irritieren das Auge des Betrachters. So wird die Bäderstadt zügig gequert ohne den Anflug zu haben die Stadt intensiver erkunden zu wollen.
Ursprünglich endete der Pfälzer Mandelpfad in Bad Bergzabern, wurde jedoch im Zeitverlauf erweitert bis zum Grenzort Schweigen–Rechtenbach, dort wo das monumentale Bauwerk, das Deutsche Weintor das südliche Ende des Mandelpfades markiert. Auch wenn auf dem letzten Drittel des zweiten Tages die Mandelbaumdichte spürbar abgenommen hat, so begeistert in toto die Wegeführung durch die hügelige Landschaft im grenznahen Bereich.
Von Schweigen-Rechtenbach hat man nach zwei weiteren Kilometern mit dem Gang über die grüne Grenze Frankreich erreicht. Wissembourg, das Eintrittstor zum Elsass, und allemal lohnenswert intensiver entdeckt zu werden. Im Rahmen dieser Tour wird Wissembourg nur als Eisenbahndrehscheibe genutzt um via Neustadt an der Weinstraße per Bahn nach Bad Dürkheim zurückzufahren.
Der Pfälzer Mandelpfad -speziell zur Zeit der Mandelblüte hochgradig zu empfehlen – 78 Kilometer und 1.700 Höhenmeter sind an zwei Wandertagen gut und tagesfüllend zu absolvieren. Wer geruhsamer eintauchen möchte kann diesen Trail auch auf moderate drei oder vier Exkursionstage unter Nutzung weitreichender Besichtigungs- und Einkehrmöglichkeiten strecken. Einziges Manko bezüglich der Streckenführung: überwiegend verläuft der Mandelpfad auf befestigten Wegen. Als Wanderer kann und sollte man man ab und an von der offiziellen Wegführung abweichen, um alternativ durch parallel verlaufende Flur- und Winzerwege nicht zwingend jede Kreisverbindungsstraße begleiten zu müssen. Auf jeden Fall sind hervorragende Aussichten auf weitere Exkursionen in dieser herrlichen Region zur Genüge vorhanden. Eignet sich jahreszeitbedingt der Pfälzer Mandelpfad speziell im März/April so lockt für die Winzermonate September/Oktober der Pfälzer Weinsteig, 172 Kilometer von Bockenheim nach Schweigen-Rechtenbach mit 4.870 knackigen Höhenmetern. Ein weinseliger Wanderfall vor vier- bis fünf weinselige Wandertage. Ein spannender Wanderauftrag über den zu passender Zeit zu berichten sein wird.
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