Wetzlar, den 31. Januar 2016
Es ist nicht verbrieft, wie lange die Heilige Elisabeth im 13. Jahrhundert benötigte um von Marburg nach Wetzlar pilgern um Ihre Tochter im Kloster Altenberg zu besuchen, jedoch ist anzunehmen, dass für die 50 Kilometer lange Fußstrecke mehr als eine Tagesreise zu veranschlagen war. Mit High-Tech-Wander-Ausrüstung des 21. Jahrhunderts sollte es jedoch machbar sein, just vier Wochen nach Absolvierung der ersten Etappe des Frankfurter Elisabethenpfades die letzte Etappe von Wetzlar zur Grabstätte der Heiligen Frau in der Elisabethenkirche in Marburg an einem Tag zu absolvieren.
Gestartet wird am Bahnhof Wetzlar – von hieraus erreicht man in zwei Kilometern den offiziellen Pfad des Elisabethenpfades im Wetzlarer Stadtteil Hermannstein. Umringt von morbiden Fachwerkhäusern ist die kleine Paulskirche, die Ende des 15. Jahrhunderts errichtet wurde, erste Station auf diesem Pilgerabschnitt. Sicherlich war die Kirche seinerseits sonntags um 08.00 Uhr geöffnet, was im 21.Jahrundert jedoch ausgeschlossen ist. Gegenüber auf dem Schwarzenberg erhebt sich die Burg Hermannstein, deren Silhouette im wolkenverhangenen Morgenduster bedingt durch die beiden mächtigen Schornsteine wie eine alte Industrieanlage wirkt.
Hinauf zum 256 Meter hoch gelegenen Simberg geht es zum Aussichtspunkt Schauinsland . Von hier aus eröffnen sich weite Blicke in den Taunus, Richtung Vogelsberg und dem Westerwald. Vorbei geht es am Steinbruch Malapertus der immer wieder im Fokus steht. So wurde letztes Jahr publik, dass angeblich Erdaushub des Stuttgarter Bahnprojektes Stuttgart 21 hier landen sollte.Durch die sanfthügelige Landschaft zwischen Lahntalsenke und dem westhessischen Bergland geht es vorbei am Hofgut Haina. Hier soll gemäß Legende die Heilige Elisabeth ihrer Tochter Gertrud die Windeln gewechselt und die nassen Windeln auf einem verkümmerten Rosenstrauch zum Trocknen aufgehängt haben. Nachdem die Windeln abgenommen waren, erblühte der eingegangene Strauch schöner denn je – so zumindest die Rosensage.
Durch Rodheim-Bieber geht es weiter unterhalb der höchsten Erhebung des Gießener Beckens, dem Dünsberg. Bereits von Wetzlar aus kann man den markanten 108 Meter hohen Fernmeldeturm sehen. Wer mehr Zeit mitbringt kann die hier oben befindliche keltische Ringwallanlage besichtigen und den mehr als 100 Jahre alten Aussichtsturm erklimmen. Zusätzliche sechs Kilometer (hin-und zurück) wären für diesen Bypass einzuplanen.
Den Elisabethenweg folgend geht es weiter nach Krumbach. Hier wird empfohlen nicht die östliche Passage der offiziellen Wegekennzeichnung zu folgen, sondern durch die Hauptstraße vorbei an der romanischen Kirche und dem 750 Jahre alten Rathaus zu wandern, um nach weiteren drei Kilometern die erste Ortschaft im Gladenbacher Bergland, Kirchvers, zu erreichen. Eine vorbeifahrende Anwohnerin erbarmt sich eines Odenwälder Wanderers, und sperrt die 700 Jahre alte Dorfkirche für eine Kurzbesichtigung auf.
Über eine Bergkuppe gehend erreicht man Weipoltshausen, dort wo die Heilige Elisabeth nach einer Überlieferung stets bei der ärmsten Frau des Weilers übernachtete. Mit Blick in die Gießener Lande geht es über aussichtsreiche Flurwege hinab nach Altenvers zur historischen Kirche aus dem 9. Jahrhundert, mit der einzigen hufeisenförmigen Apsis in Deutschland Leider war die sehr sehenswerte Kirche mit den aufwändig restaurierten Fresken und der barocken Innenausstattung verschlossen, der benachbarte Key-Holder nicht anwesend. Zu Zeiten der Elisabeth von Thüringen, die diese Kirche öfters auf der Passage Richtung Wetzlar besuchte, undenkbar.
Vorbei an einer 10.000jährigen konservierten Mooreiche die am Naturkundehaus des Weilers Damm ausgestellt ist, geht es am Ortsrand von Niederwalgern vorbei in das knapp vier Kilometer entfernte Oberweimar. Auch hier, und nicht überraschend, steht man an der barocken Martinskirche vor verschlossenen Türen.
Hügelig wird es nochmals auf der letzten Passage in das zwölf Kilometer entfernte. Die Allna querend geht es zunächst durch den Marburger Stadtwald einem besiedelten Areal, welches zum Marburger Ortsteil Ockershausen gehört. Durch den Heiligen Grund, einem Streuobstwiesenareal, geht es hinab nach Marburg/Ockershausen. Die Bezeichnung Heiliger Grund wird seit dem Mittelalter verwendet. Bis 1150 gehörte Marburg kirchenrechtlich zu Oberweimar, wo auch die Marburger Toten begraben wurden. Die Leichname wurden über den steilansteigenden Totenweg, der im Heiligen Grund verläuft, nach Oberweimar transportiert. Als Teil des Elisabethenpfades führt der Totenweg steil hinab nach Marburg. Rund vier Kilometer, quer durch die historische und sehenswerte Marburger Altstadt sind zu absolvieren, bis man das Ziel des Pilgerweges, die historische Elisabethenkirche erreicht hat.
Umso enttäuschender die Erkenntnis, dass das Gotteshaus, welches als erstes rein gotische Kirchenbau im deutschen Kulturgebiet, 1283 errichtet wurde und eines der wichtigsten Wallfahrtsorte im Mittelalter war, sonntags (!) bereits um 16.00 Uhr die Pforten schließt, und das in der achtgrößten Stadt Hessens mit immerhin 72.000 Einwohner. Pech eben, wenn man für 48 Kilometer und 1.200 Höhenmetern neun Stunden benötigt, mangels Infrastruktur ohne Einkehrmöglichkeit auf den Spuren der heiligen Elisabeth von Thüringen wandelt und unterwegs eine Vielzahl von sakralen Bauten nur von außen bestaunen kann. Jedoch auch hier gilt die triviale Wanderweisheit: “Der Weg ist das Ziel”.
Was bleibt ist die Erkenntnis, dass der Frankfurter Elisabethenpfad nach Marburg mit einer Gesamtlänge von 150 Kilometern und insgesamt 3.300 Höhenmetern gut in vier Etappen zu bewältigen ist. Insgesamt ist die Wegekennzeichnung gut, wenn auch teilweise inkonsistent. So wird zwischen Wetzlar und Marburg eine andere Wegekennzeichnung verwendet (weißes E auf schwarzem Spiegel) als auf den vorhergehenden Pfaden. Nicht gerade üppig sind in der Gesamtbetrachtung die Einkehrmöglichkeiten. Bemerkenswert ist zudem der Umstand, dass die meisten Kirchen entlang des Pilgerweges geschlossen sind. Immerhin ist in den Sommermonaten die Wallfahrtsstätte in Marburg bis 17.00 Uhr geöffnet. Hier empfiehlt es sich jedoch früher zu starten, oder weniger zu wandern. Würde man sich nach den einschlägigen Öffnungszeiten der Kirchen richten – so müsste man vermutlich den Pilgerpfad auf mindestens zehn Etappen einteilen.[
Tolle Bilder! Entlang der Lahn gibt es schon einige interessente Sehenswürdigkeiten
Hallo! Danke für die tollen Eindrücke und hilfreichen Hinweise zum Elisabethen Pfad von Wetzlar nach Marburg. Mich würde interessieren, ob Du den Weg auch noch auf Kartenmaterial hattest. Habe im Internet gesehen, dass es einen ganzen Wanderführer gibt
Mir würde aber eine Karte reichen. Bin vor ein paar Wochen von Wetzlar nach Frankfurt gegangen und da gab es auf Tanusinfo.de eine Karte. Danke im Vorraus fürs Antworten! Viele Grüße, Anna
Eine Karte hatte ich nicht zur Verfügung – jedoch ist der Elisabethenpfad in den neueren topographischen Karten eingearbeitet. Wenn Du einen GPX-Track benötigst, kann ich diesen gerne zumailen. Beste Grüsse Martin