Idstein, den 31. Mai 2021 – Für die Römer waren sie unzivilisierte stinkende Barbaren, schwach bewaffnet aber tapfer im Kampf. Die Rede ist von den Mattiakern, ein germanischer Stamm, der in der Taunusregion angesiedelt war. Zum Schutz vor diesem Barbaricum errichtete das römische Imperium den Limes, dessen Spuren noch heute im Original bzw. als Rekonstruktion sichtbar sind. Auf Veranlassung der Taunus-Touristik wurde ein neuer Qualitätswanderweg konzeptioniert, der die Gelegenheit bietet auf römischen Spuren im Großraum von Wiesbaden zu wandern.
Gestartet wird am Bahnhof in Idstein, dort wo Weg namens “Via Mattiacorum” offiziell startet. Bereits nach Querung der ICE und A3-Trasse merkt man, dass die Streckenplaner bedacht waren eine attraktive Streckenführung zu wählen. Über den 402 Meter hohen Rügert schleift die Strecke zunächst durch den Taunuswald, um vor dem Weiler Niederaurorff durch ein Flußtal gen Oberauroff zu verschwenken. Kleine Weiler die im Regelfall abseits der Besucher stehen, die die die sehenswerte historische Altstadt von Idstein besichtigen.
Hinter Ehrenbach wandert man auf den Spuren der Römer. Der neue Qualitätswanderweg orientiert sich dabei an der vorhandenen Infrastruktur des Limeserlebnisweges. Zahlreiche Informationstafeln dokumentieren die hier einst befindlichen Anlagen, wie Wachtürme und das römische Kastell Zugmantel, von dem jedoch heute keine sichtbaren Spuren mehr zu erkennen sind.
Der Limesrundweg führt vorbei an der Aarquelle und schwenkt vor Neuhof über ausladende Ackerflächen in den gegenüberliegenden Waldabschnitt Lummach ein. Am südlichen Waldesrand blickt man auf die Sportstätten des SV Wehen/Wiesbaden. Kaum zu glauben dass hier im 7.000 Einwohner zählenden Ortsteil von Taunusstein schon Bundesligageschichte (2. Liga) geschrieben wurde. Wehen selbst wird am Ortsrand gequert um weiterführend und sukzessive ansteigend zum Wiesbadener Naherholungsgebiet Jagdschloß Platte zu wandern, welches bereits in anderen Tourenberichten auf diesem Blog beschrieben wurde.
Natur satt ist auf den nächsten Kilometern angesagt. Der Weg ist prädestiniert für den Sommer. Der Taunuswald, der zumindest in diesem Areal noch weitgehend intakt ist, spendet bei sommerlichen Temperaturen angenehmen Schatten. Auf schönen Waldpfaden geht es abwärts zum Rabengrund, ein weiteres Kleinod auf dieser grünen Wanderung. Der knapp 80 Hektar große Rabengrund ist als Natura-2000-Gebiet ausgewiesen und für Wiesbadener Flaneure ein beliebtes Rückzugs- und Naherholungsgebiet. Über die Leichtweißhöhle geht es hinauf zum Wiesbadener Hausberg, dem Neroberg, “die Aussichtsterrasse” der hessischen Landeshauptstadt.
Pandemiebedingt hat die Nerobergbahn, eine durch Ballastwasser betriebene Drahtseil-Zahnstangenbahn, Pause. Der Wanderweg “Via Mattiacorum” führt entlang der Nerobergbahngleise abwärts zum offiziellen Endpunkt des Qualitätswanderweges, dem idyllisch gelegenen Nerotal. Prachtvolle herrschaftliche Villen umrahmen dabei die Parkanlage, die einst im Stil eines englischen Landschaftsparks entwickelt wurde. Offiziell ist damit der 28 Kilometer lange Via Mattiacorum beendet – jedoch bietet sich noch eine passende Streckenerweiterung an.
Vom Nerotal geht es, der Taunusstraße folgend, zum Kochbrunnentempel, dort wo rund um die Uhr die heißteste Thermalquelle der Stadt brodelt. Vorbei am Sitz des Hessischen Ministerpräsidenten geht es weiterführend zum Kurhaus von Wiesbaden und dem angeschlossenen Kurpark der Stadt. So wandert man, mit Ausnahme der Taunusstraße, fast nahtlos durch das grüne Wiesbaden vom westlich gelegenen Neroberg bis zum östlich gelegenen Stadtteil Sonnenberg.
Dem Credo des Tages “Natur,Natur, Natur… ” entspechend geht es von der Burganlage Sonnenberg hinauf zu einem ehemaligen Steinbruch. Vom Steinbruch sind heute nur noch Spuren zu erahnen, heute ist der gesamte Bereich renaturiert. Auf schönen schmalen Pfaden quert man den eingewachsenen ehemaligen Tagebau, gerade einmal Luftlinie drei Kilometer von der mondänen Wiesbadener Wilhelmstraße entfernt. Hinter dem Steinbruch erreicht man Rambach. Auch hier bietet es sich an, eine schöne Trasse oberhalb der Ortschaft am Waldesrand zu nutzen, um zum Ende der Wanderung Anlauf zu nehmen für eine Gipfelerklimmung des 474 Meter hohen Kellerskopfs. Leider ist aktuell der Aussichtsturm geschlossen. Hier hätte man die Möglichkeit 360 Grad-Aussichten über den Taunus bis hin zum Odenwald, und den Pfälzer Wald samt Donnersberg zu ernten. So bleibt es diesmal dabei Höhenmeter gesammelt zu haben. Bergab geht es, dem schmalen Köpfchenweg folgend nach Niedernhausen, dort wo man mit der Regionalbahn im 20-Minuten-Takt zurück nach Idstein im Taunus fahren kann.
Via Mattiacorum – eine Strecke die überrascht. Römisch beladen, gesegnet mit schönen naturbelassenen Wegen und einschließlich Erweiterungstour durch die Gefilde der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden mit einem weiteren naturhaltigen Stempel versehen. Die Gesamtstrecke ist kurzweilig und abwechslungsreich und mit 46 Kilometern und 1.130 Höhenmetern das ideale Format für alle Wanderer, die sich für eine tagesfüllendes Tour begeistern können.
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