Neustadt An der Weinstraße, den 3. November 2018
Seitenwechsel – 50 Kilometer westwärts. Just eine Woche nach der spektakulären Felsenmeerrunde durch den Odenwald stand eine nicht minder faszinierende Tour – diesmal durch den Pfälzer Wald an der Südlichen Weinstraße an. Gestartet wird im Epizentrum der deutschen Weinkultur, in Neustadt an der Weinstraße. Alljährlich wird hier das Deutsche Weinlesefest ausgerichtet und alljährlich wird hier die Deutsche Weinkönigin gewählt. Mit 53.000 Einwohnern zählt die Weininsel zudem zu den zehn größten Städten von Rheinland Pfalz. Bereits bei Anfahrt kann man die zu erwartende Textur des Wanderwegverlauf studieren. Mit 136 Höhenmeter schmiegt sich die Kommune an den östlichen Rand des Pfälzer Waldes, dort wo es gleich steil bergauf geht, zu den höchsten Erhebungen des Pfälzer Waldes.
Vom Neustädter Bahnhof aus folgt man zunächst dem Pfälzer Weinsteig gen Süden Richtung Sankt Martin. Die herbstliche Jahreszeit vielleicht sogar die Schönste für diese Exkursion. Zunächst geht zügig aufwärts über den Nollensattel Richtung Zigeunerfels. Entlang des Römerweges passiert man ein gewaltiges Mauseleum der Familie Freytag. Conrad Freytag ein Sohn der Stadt, war im 19. Jahrhundert ein Pionier des deutschen Eisenbetonbaus. Vom 269 Meter hoch gelegenen Zigeunerfels, einer markanten Buntsandsteinformation, hat man eine wunderschöne Aussicht auf die umliegenden Pfälzer Mittergebirgslagen einschließlich der gegenüberliegenden Wolfsburg.
Weiter geht es moderat, aber ständig aufwärts hinauf zum 490 Meter hoch gelegenen Nollenkopf. Hier oben kann man drei beschriftete Sandsteine besichtigen, die 1697 in der Zeit des Pfälzischen Erbfolgekrieges angelegt wurden. Zweifelsohne hat dieser Ort eine magische Ausstrahlung.
Vom Nollenkopf führtendie nächsten Kilometer über eine ansehnliche Passage leicht abwärts durch ein dicht bewachsenes Krüppelkieferareal, zum nächsten markanten Aussichtspunkt, den Hambacher Bergstein. Markant trohnt der Felssporn auf dem Hohe Loog Massiv. Per Eisentreppe kann das Felsplateau begangen werden und ermöglicht einen Panoramablick auf das unterhalb liegende Hambacher Schloss und die weitläufige Rheinebene.
Weiter führt der Pfälzer Weinsteig auf herrlichen Wegen hinab zum Hambacher Schloß, zuvor lohnt jedoch eine Kurzabstecher zum gewaltigen Sühnekreuz, welches auf dem vorgelegten Plateau der Hohe-Loog-Ebene aufgestellt wurde. Das Hambacher Schloß ist eines der touristischen Hotspots der Region. Sinnbild der deutschen Demokratiebewegung, dort wo einst 1832 erstmals die schwarz-rot-goldene Flagge gehißt wurde. In Würdigung dieser geschichtssträchtigen Stätte ist das ganze Schloßareal in einen sehr ansehnlichen Zustand hergerichtet. Die postmodernen Zweckbauten – die Information und das hier angesiedelte Restaurant sind architektonisch passend in das Gesamtensemble eingebettet worden.
Nach einer Kurzbesichtigung des Areals geht es weiter, dem Weinsteig folgend zum 619 Meter hoch gelegenen Hohe-Loog-Haus – eine aus zweierlei Hinsicht vortreffliche Stätte zur Einkehr. Hier oben bewirtschaftet der Pfälzerwaldverein an Wochenenden und mittwochs die große Hütte mit landestypischer Kost. Saumagen oder Pfälzer Würste – beste Atzung für hungrige Ausflügler. Dazu eine Rieslingschorle, zweckmäßigerweise aus dem 0,5 Liter Glas. Eines ist gewiß: in der Pfalz muss niemand an Hunger und Durst leiden. Lohnenswert ist zudem sich an der großen Außenterrasse, die weitreichende Blicke ermöglicht, niederzulassen.
Von der Terrasse des Hohe-Loog-Hauses kann man schon das nächste Etappenziel, den 673 hohen Kalmit, die höchste Erhebung des Pfälzer Waldes auf den Radarschirm nehmen. Über felsdurchsetzte Wurzelwege geht es zunächst den Zwergberg passierend hinab, um auf der Gegenflanke wiederum aufwärts auf knapp 700 Höhenmeter aufzusteigen. Auch hier am Kalmit ist ein sehr gut besuchtes Ausflugslokal angesiedelt. Allemal spektakulär ist der Blick auf die 500 Meter tiefer gelegene Oberrheinische Tiefebene. Gutes Wetter vorausgesetzt kann man von hier oben auch die Höhenzüge des Nordschwarzwaldes erkennen.
Wiederum gibt der Weinsteig die Marschrichtung vor um auf dem Grat des Hüttenbergs das Pfälzer Felsenmeer zu erreichen. Während der Pfälzer Weinsteig unterhalb des Felsenmeers vorbeiführt, ist es eher empfehlenswert auf markierten Wegen oberhalb durch das Felsenmeer zu wandern. Hier oben bieten sich immer wieder spektakuläre Einblicke in ein Stück Erdgeschichte an. Die Entstehungsgeschichte ist simpel. Der Rheingraben senkte sich ab, links entstand das Odenwälder Felsenmeer und rechts das Pfälzer Pendant. Hüben liegt Granitgestein, drüben trifft man auf Buntsandstein. Hüben richteten die Römer ihre Steinwerkstatt ein und drüben errichtete man römische Tretkelteranlagen. So wurde offensichtlich zu frühen Zeiten eine prägende Grundlage in den Regionen gelegt. Im Odenwald musste schon immer hart gearbeitet werden und im Pfälzer Wald verstand man es schon zu früher Zeit mit Freude dem Rebensaft zu frönen. Allemal sind aus Wandersicht beide Areale Wert intensiv erkundet zu werden.
Vom Felsenmeer geht es mehrere Kilometer stetig abwärts durch dichtbewachsene Nadelwälder entlang eines wurzel- und felsdurchsetzten Pfades, der eine perfekte Fußzonenreflexmassage garantiert. Nach fünf Kilometern ist St. Martin erreicht, nach Eigenwerbung eines der schönsten Dörfer Deutschlands. Keine Frage, geht man durch die Straßenzüge der 1.700 Seelen zählenden Kommune. so merkt man sofort, dass hier eine ausgeprägte Wein- und Genußkultur vorzufinden ist. Verbindet man Wandern, Wein, Wald und Wonnenpfade so liegt es auf der Hand sich näher mit dieser Region zu beschäftigen.
Das Hambacher Schloß vor Augen habend, geht es unterhalb des Wetterkreuzberges, vorbei am Schloßberg und dem Heidelberg durch das weitreichende Weinanbaugebiet, welches natürlich um diese Jahreszeit die ganze Farbenpracht entfaltet, zurück zum Ausgangsort Neustadt an der Weinstraße.
Nach einem Kurzrundgang durch die Neustädter Innenstadt ist eine außergewöhnliche und erlebnisreiche Exkursion durch die Pfälzer Felslandschaft nach 34 Kilometern und 1.250 Höhenmetern beendet. Wandern auf höchsten Niveau. Die logische Konsequenz – eine klare Vormerkung für die farbenfrohe Herbstzeit 2019. Der Pfälzer Weinsteig muss es sein. 172 Kilometer, über 6.000 Höhenmeter und eine noch nicht greifbare Anzahl von Weinverprobungen zwischen Bockenheim und Schweigen-Rechtenbach. Gute Aussichten für einen güldenen Herbst unter allerbesten Rahmenbedingungen.
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