Hennweiler, der 22. Juni 2019 –
Alljährlich werden im Bundesgebiet mehr als fünfzig 24-Stunden-Wanderevents angeboten. Dabei ist die 24-Stunden RLP eine besondere Veranstaltung der Superlative mit einem hervorzuhebenden Alleinstellungsmerkmal. Bereits zum siebten Mal hat der Förderverein Hunsrück Schiefer- und Burgenstraße e.V. zum Wanderhalali geblasen, wobei neben dem Wanderevent die Einsammlung von Spendengeldern im Vordergrund steht. Dank der Beteiligung zahlreicher Sponsoren kann der Löwenanteil des Startgeldes an verschiedene Hilfsorganisationen als Spendenleistung abgeführt werden. So haben seit 2013 insgesamt 2.678 Teilnehmer die stolze Summe von 195.000 EURO eingebracht. Als Gegenleistung schnürt der Veranstalter alljährlich ein attraktives Wanderangebot in einem wunderbar wanderbaren Umfeld der Hunsrücker Schiefer- und Burgenstraße. Erfahrene Wanderer wissen wohlweislich die Qualität dieser Region zu schätzen. Ob Soonwald-Steig, Saar-Hunsruck-Steig, Sironaweg, die vier Vitaltouren oder der frisch aus der Taufe gehobene Pilgerweg St. Hildegard – wandertechnische Entfaltungsmöglichkeiten gibt es hier zur Genüge, um die mehr als 400 Millionen Jahre alte Schiefergebirgslandschaft, die mit Burgen und Schlössern kulturell garniert ist, zu entdecken.
Kein Wunder, dass auch bei der diesjährigen Veranstaltung viele Wiederholungstäter am Start waren, was der ganzen Veranstaltung auch einen gewissen familiären Touch verleiht. Bewährt hat sich dabei das Wandermarktplatzkonzept. Im Angebot sind dabei drei Schleifen: eine Tagesschleife über 32 Kilometer, eine Dämmerungsschleife über 20 und eine Nachtrunde über 22 Kilometer. Traditionell ist dabei der Wandermarktplatz in Hennweiler angesiedelt, was schon lagebedingt eine Herausforderung ist. Ob von Süden, Norden, Osten oder Westen wer von Hennweiler aus Touren plant, muss zwangsläufig davon ausgehen, dass anspruchsvolle An- und Abstiege auf der Agenda stehen.
Wer, wie ich gewohnt ist, zu früher Morgenstunde (sinnigerweise eine Stunde vor Sonnenaufgang) auf die Piste zu gehen, um die frische Luft und herrliche Lichtverhältnisse zu genießen, muß im Hunsrück seinen Wanderbiorhythmus rekalibrieren. So wurde die Wanderschar samstags ab 6.30 Uhr zunächst mit einem opulenten Frühstücksbuffett begrüßt, bevor der Veranstalter pünktlich um 9 Uhr das Wanderevent offiziell eröffnete. Wurde man seinerseits bei den 24-Stunden-von-Bayern traditionell mit einer Blaskapelle herausgeblasen, übernehmen im Hunsrück heimische Musikgruppierungen diesen Part. Dieses Jahr bereicherte eine Mainzer Dudelsackband die Veranstaltung und verbreitete bei wohlvertrauten Klängen wie „Amazing Grace“ oder „Scotland Brave“ eine fast schon volksfestähnliche Stimmung am Wandermarktplatz.
Bei bestem Wanderwetter startete die Tagespassage zunächst über den Römerweg vorbei an Wiesen und Feldern Richtung Oberhausen. „Weitblicke“ so vielleicht die treffende Überschrift für die Tagespassage. Weitreichende Blicke über den Hunsrück und den Soonwald verdeutlichen wie attraktiv diese Mittelgebirgslandschaft ist. Auch wenn die Mittelgebirgszüge von ihrer Textur durchaus sanfthügelig erscheinen, teilweise durchziehen ausgeprägte Talsenken die Landschaft, was die Attraktivität des Landstrichs unterstreicht.
Am Ende des Römerweges führte der Weg auf dem Wildgrafenweg weiter in Richtung Karlshof und Waldhof. Rechter Hand erhebt sich auf einer Gegenflanke die im 13. Jahrhundert errichtete Stiftskirche von Sankt Johannisberg und das Nahetal. Angesichts dieses Panoramas konnte man den Eindruck haben, dass man sich im Voralpen Bereich bewegt.
Weiter ging es über einen geologischen Lehrpfad durch ein Waldareal bergab mit Blick auf Schloss Dhaun nach Simmertal und wiederum bergauf nach Horbach zur ersten Verpflegungsstelle.
Via Brauweiler und der Bernhardinerhütte führte die Passage nach Weitersborn, dort wo eine deftige Suppe in den Suppentöpfen brodelte. Wohlweislich die Stärkung, denn es folgte eine steile Passage Richtung Schwarzerden und Brühler Hof. Der Lohn des Anstiegs: eine herrliche Weitsicht über das Kellenbachtal Hunsrück und Soonwald. Bekanntlich ist ein Berg ehrlich, dort wo es aufwärts geht, geht es irgendwann wieder abwärts. Offensichtlich hat der Hunsrück jedoch seine eigenen Gesetzmäßigkeiten. Gefühlt unter Meeresspiegelniveau führend setzte eine nicht endend wollende Abgangspassage nach Kellenbach ein. Wandertechnisch gesehen sind auf Dauer ausgerichtete leichte Steigungen die angenehmste Art der Fortbewegungen auf zwei Füßen. Auf Dauer gerichtete Abgänge, die über das konventionelle Winkelmaß hinausgehen, strapazieren jedoch Muskulatur und Gelenke überproportional. Nach Meinung von Schuhexperten sollte man für solche Fälle explizit die Wanderstiefel umschnüren. Nur – Hand aufs Herz – welcher Langstreckenwanderer beschäftigt sich mit einer permanenten Umschnürung seines Laufwerkzeuges. So muß man sich im Hunsrück tendenziell auf erhöhte Anforderungen an Mensch und Material einstellen.
Nach einem letzten Anstieg Richtung Forsthaus Lützelsoon war der Wandermarktplatz in Hennweiler wieder erreicht. Grundsätzlich war man gut beraten sich tendenziell an die vom Veranstalter vorgeplante Zeitfenster zu halten, da die einzelnen Verpflegungsstationen entsprechend präpariert werden. Highspeedwanderer die mit Priorität Strecke gegen Zeit abarbeiten müssen dabei natürlich Abstriche in Kauf nehmen. So stand zur Zeit der Sommersonnwende bereits ab 16.00 Uhr „Abendessen“ am Wandermarktplatz in Hennweiler auf dem Programm, wohlweislich im Hinterkopf haltend, dass man mehr als genügtend Zeit hatte um die zwanzig Kilometer lange Dämmerungsschleife locker im Hellen absolvieren zu können. Der Hunsrück im Speziellen ist eine sehr sympathische Region. Durchaus ähnlich zum heimischen Odenwald scheint die grundsätzliche Lebenskultur der Hunsrücker zu sein. Speis und Trank zu genießen hat einen hohen Stellenwert in diesem Landstrich, entsprechend ausladend war auch das abendliche Buffett angesetzt, als wohlweisliche Vorbereitung für die vielleicht schönste Passage der 24-Stunden-Tour.
Als Dämmerungsschleife hatte der Veranstalter die Streckenführung über die neu konzipierte Vitaltour der Stadt Kirn, den „Drei-Burgen-Weg“, gelegt. Unter der mächtig brennenden Nachmittagssonne ging es zunächst über die Agrarflächen des Hennweiler Umlands südöstlich Richtung Oberhausen um im Anschluß in die Dolomiten, die Kirner Dolomiten, einzuschwenken. Oberhalb von Kirm hat hier ein spektakulärer Quarzitrücken den Rheinischen Schiefer durchbrochen und bietet angehenden Kletteraspiranten hervorragende Trainingsmöglichkeiten in verschiedenen Schwierigkeitsstufen. Am Scheitelpunkt hat man dabei einen herrlichen Aussichtspunkt auf das unterliegende Kirn und die gegenüberliegende Kyrburg.
Steil abwärts führte die Passage hinab nach Kirn, dort wo der Reservistenverband eine Getränkestation eingerichtet hatte, bevor es wieder aufwärts Richtung Kyrburg ging, die jedoch bei dieser Veranstaltung diesmal nicht explizit in die Passage integriert wurde. Vielmehr wartete das nächste Streckenhighlight, das wildromantische Trübenbachtal als nächstes Wanderhighlight. Spektakulär der Wegeverlauf, eine regelrechte Genießerstrecke. Durchaus erholsam war ein kurzer erfrischender Regenguß, der größtenteils durch den dichten Blätterwald abgeschirmt wurde, als passende Begleitung durch dieses wasserführende Areal. So sanft der Anstieg durch das Trübenbachtal , so tückisch der Abstieg zur nächsten Pausenstation nach Kallenfels. Abwärts, steil abwärts, nur abwärts, wiederum gefühlt Unter-Tage-Niveau-erreichend. Tendenziell sind es diese Abstiege gewesen, die den in den Pausen angesammelte Körnervorrat wieder aufzehrten.
„Noch ein gewaltiger Anstieg dann ist Hennweiler bald erreicht”, so die Begrüßungsbotschaft der Pausenstandbetreuer in Kallenfels. Es waren ja alles liebe Leute und Helfer gewesen, die mit Herzblut und Engagement die Langstreckenwanderer verwöhnten, jedoch zu diesem Thema war diese Botschaft falsch adressiert. Nach dem vorausgegangenen Mörderabstieg war wieder Balsam für die Beine angesagt – endlich ging es wieder aufwärts, hinauf zum Schloß Wartenstein. Vergessen die mürbende Schinderei auf der Abwärtspassage. Über einen weiterführenden Höhenweg waren nach drei weiteren Kilometern wiederum der Wanderparkplatz Hennweiler erreicht, just eine Stunde bevor ab 23.00 Uhr die Mitternachtssuppe gereicht wurde.
Ausgewogen und auf überwiegend gut gangbaren Wegen war die 22 Kilometer lange Nachtschleigfe angelegt. Rational gesehen hätte man nicht vor 01.00 Uhr morgens starten dürfen, um sonnenaufgangsterminiert einen wunderbaren Zielleinlauf einzuplanen. Jedoch das alte Spiel. Wenn man im Wanderflow ist dann hat man seinen eingepegelten Rhythmus. Auch wenn der Veranstalter im umfangreichen Roadbook beschrieben hatte, dass die Nachttour über die Traumschleife „Hahnenbachtaltour“, prämiert als Deutschlands schönster Wanderweg 2012 führt, bei Lichte betrachtet sind nachts eben alle Traumschleifen dunkel, ob prämiert oder unprämiert. Nach elf Kilometern war die erste Raststation im Bundenbacher Sportlerheim erreicht. Spektakulär war die folgende Passage zum Forellenhof, die vorbei an der Keltensiedlung Altburg und durch zwei Felstunnel führte, bevor die Kaffeestation mit Lagerfeuerambiente bei Rudolfshaus erreicht war.
„Steil hinauf geht es zur nächsten Station, die drei Kilometer entfernt ist“. Jedoch auch dieser Anstieg, eine willkommene Abwechslung für die Beine. Rasch war der Ortsrand von Schneppenbach erreicht, dort wo wiederum ein Lagerfeuer nebst Kaffee auf die Wanderer wartete. Tendenziell viel zu früh war die Station erreicht. So bot es sich regelrecht an, eine 45 minütige Pause einzulegen um auf das langsam aufziehende Tageslicht zu warten. Die Nacht hatte verloren, die letzten Dunstschleier legten sich in die Talsenken und auf dem folgenden Höhenweg eröffneten sich Panoramablicke über die unterliegenden beleuchteten Ortschaften. Rational gesehen hätte man noch eine weitere Stunde zuwarten können und müssen um die schönsten Lichtverhältnisse des Tages einzufangen. Der Rest – die Kür. Über den Soonwald führte die Passage durch den Wehlenwald zurück zum Wandermarktplatz in Hennweiler, dort wo just in time Kaffeduft und der Geruch von Rührei mit Speck die Geruchssensoren aktivierten.
78 herrliche Wanderkilometer 1.840 wohldossierte Höhenmeter (und gefühlte 3.680 Meter Abstiege) so die Rückmeldung des GPS-Trackers. Die 24-Stunden von Rheinland-Pfalz, eine mittlerweile etablierte Wanderveranstaltung im Reigen der Langenstreckenwanderevents. Professionell organisiert, mit einer ausgezeichneten Verpflegungsstruktur und Dank kommunalübergreifender Zusammenarbeit als bemerkenswertes Aushängeschild der Region wahrgenommen. Mit Herzblut dabei die ehrenamtlichen Helfer von Kommunen, Verbände und Vereine, man fühlt sich einfach willkommen in dieser Region. So bleibt nur noch die Empfehlung, die achte Veranstaltung im Jahre 2020 vorzumerken – Zielmarke 225.000 EURO……..
vielen lieben Dank für diesen Blog. Für uns Helfer in Hennweiler ist es eine Ehre dieses Event zu veranstalten. Zufriedenheit auf beiden Seiten der Essen- und Getränkeausgaben motivieren uns auch für die nächsten Jahre. So macht das Ehrenamt Spaß. Liebe Grüße, bis zum nächsten mal, eure Young Humps e.V. (die etwas andere Band)
Besten Dank Alfred Wendling, man merkt dass Ihr mit Herzblut dabei seid – ohne Euer Engagement wäre eine solche Veranstaltung nicht möglich!