Vun allem ebbes………

………..wie die Pfälzer gerne sagen, und damit auch ein Stück Lebensgenuss beschreiben, den man sich insbesondere in diesem Landstrich nur schwer entziehen kann. “Von allem etwas”, wie man nördlich der Mainlinie zu sagen pflegt, beschreibt in diesem Beitrag ein wanderbares außergewöhnlich facettenreiches Kaleidoskop in einem zwanzig Quadratkilometer großen Areal an der rheinlandpfälzisch – hessischen Nahtstelle, dort wo die Ausläufer zweier Landeshauptstädte aufeinanderprallen.

Mainz-Mombach, den 07. Februar 2025 – Für erfahrene Wanderer nichts Neues. Die besten Parkplätze findet man an einem Friedhof, denn hier kann man im Allgemeinen lange und kostenfrei auch oberirdisch parken. So auch am Mombacher Waldfriedhof einem idealen Ausgangspunkt um in den “Mainzer Sand” einzutauchen. Vor 23 Millionen Jahren war das Mainzer Becken eine gewaltige Meeresbucht und 18 Millionen Jahre später ging das Meer zurück, der Ur-Rhein fräste sich durch die Landschaft und an den Flussterrassen häuften sich Sande und Kiese an, die später als Flugsand vom Wind hierher geweht wurden. Und wenn man just zum Sonnenaufgang startet, dann kann man sich bereits zu früher Stunde von einer mediterran anmutenden Landschaft verzaubern lassen.

Pünktlich zum Sonnenaufgang um 07:43 Uhr…..
..geht die große Lampe an
Schon seit 1798 wurde der Mainzer Sand militärisch genutzt – seinerseits von französische Truppen.
Strand- und Sandfeeling im Februar…….
Für Naturfreunde beinhaltet der Mainzer Sand eine europaweit einzigartige Steppenvegetation wie man sie nur noch in den in den Steppen Südrußlands findet

Hinter dem Dünenareal taucht man ein in den Lennebergwald ein beliebtes Naherholungsgebiet zwischen Gonsenheim und Budenheim. Forstwirtschaftlich ist der Wald kaputt, denn die vor siebzig Jahren eingebrachten Baumkulturen haben im trockenen Sandboden, gepaart mit den klimatischen Veränderungen, keine Überlebenschance. Im Auge des Betrachters entwickelt sich jedoch eine besondere Atmosphäre im morbiden Gehölz.

Der Anblick täuscht – totes Holz ist kein Störfaktor sondern ein wichtiger Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten 
Mitten im Wald – die Wendelinuskapelle
Die klassische Farbkombination der Natur: Grün und Braun ist daher auch bei Innenarchitekten sehr beliebt
Ein bedenklicher Hinweis mitten im Wald……
…..jedoch Entwarnung: Mitten im Wald gibt es samstags im Saloon Bier vom Fass, auch im 2-Liter-Pitcher, gewaltige Rindersteaks vom offenen Holzkohlengrill mit deftigen Bohnen. Und für besondere Fälle steht eine Kirche für Hochzeiten und ein Gefängnis für sonstige Belange zur Verfügung

“Vun allem ebbes” – der Lennebergwald steckt voller Überraschungen. Nach der der kleinen Westernstadt erreicht man nach zwei weiteren Kilometern den Lennebergturm, der jedoch nur in den Sommermonaten und dann auch nur sonntags geöffnet ist, was eigentlich schade ist, denn vom siebzehn Meter hohen Aussichtsturm könnte man wunderbar die Aussicht hinüber in das Rheinhessische rund um Eltville genießen. Quasi um die Ecke wandernd erreicht man ein weiteres architektonisches Juwel, Schloß Waldthausen, 1908 als repräsentative Villa von einem gewissen Freiherr von Waldthausen errichtet. Weiter westwärts wandernd quert man die A60 und erreicht Heidesheim am Rhein, dort wo im Umfeld ausladende Streuobstwiesenareale anzutreffen sind. Abermals die A60 querend dockt man auf der Höhe der Königsklinger Aue bei Rhein-Kilometer 511,5 am Grenzfluß, der Rheinland-Pfalz von Hessen absorbiert, an.

Auch ein netter Gedanke: Der Kleine Mainzer Höhenweg – eine 34 Kilometer lange Ringroute, die sich westlich um Mainz zieht
Der Lennebergturm – mehr zu als offen
Durch eine opulent gestaltete Eingangspforte…..
…gelangt man zum Schloß Waldthausen, welches aktuell zu einem Tagungshotel ertüchtigt wird
5,20 Meter breit, zwei Meter hoch, hier kann man Beine und Seele baumeln lassen
Und nebenan wird um Mithilfe gebeten: Taktische Entsorgung durch Wildknacker, Wildbratwurst und anderes
Klingt nach einem Ruhepol
Die sieben Weiher bei Finthen – im 20. Jahrhundert als Fischteiche terrassenförmig angelegt
Zaungast im Lennebergwald – ob stählern…
oder hölzern
Man tut sich schwer bei diesem Anblick die Jahreszeit zu verorten
Obstanbau – eine Domäne in der Region
An den Rheinauen…..
..bei Kilometer 511,5 dort wo ziemlich genau die Mitte des 1.036 Kilometer langen Flusses verortet ist
Für was alles ein offener Bücherschrank genutzt werden kann….
So wirklich erschließt sich der Sinn dieser bodennahen Kennzeichnung nicht

Die folgenden zehn Kilometer geht es entlang der Rheinauen zum Autobahnkreuz Mainz-Mombach, um über die Schiersteiner Brücke hinüber in die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden zu wandern. Nur schade, dass derzeit schweinepestgetrieben die flussnahen Auepfade entlang des Rheins mit elektronischen Zäunen abgeriegelt sind. Stolze 1.280 Meter spannt sich die mächtige und neu errichtete Schiersteiner Brücke über den Rhein, wobei in Kürze der unterhalb der Fahrbahn eingeflanschte Fuß- und Radweg freigegeben wird, so dass man künftig abgasfrei von Bundesland zu Bundesland wandern kann.

24 Stunden später wir das Tankschiff Bitumina II am Kölner Dom vorbeituckern, wie man auf vesselfinder.com nachverfolgen kann…
…was diesem Zweibeiner jedoch herzlich egal ist
So richtig lässt sich diese Meterangabe nicht wirklich nachvollziehen
Mitte der Schiersteiner Brücke geht es über die Landesgrenze
Insider hingegen benötigen kein Landeswappen – dort wo die Apfelallee Äppelallee heißt, muss zwangsläufig Hessen liegen
Mit der Wassergüteklasse II ist hier der Rhein mäßig belastet
..und die dahinterliegenden Rheinauen sind auch auf der hessischen Seite traditionell eingesumpft

Unterhalb der Schiersteiner Brücke taucht man auf der hessischen Seite ostwärts ab in die weitläufigen Rheinwiesen, wobei hier die Rettbergsaue den Ausblick auf die dahinterliegende Industriezone von Mainz Mombach absorbiert und somit ein durchaus beschauliches Umfeld vermittelt wird. Dort wo der Rheinpfad in die Uferstraße mündet setzt eine platanenbeplankte Flaniermeile ein, die zur feinen Stube der Stadt Wiesbaden, dem Schloß Biebrich führt. Ab Frühjahr empfiehlt es sich zudem dem dahinter liegenden Schloßpark einen Besuch abzustatten.

Platanen weisen den Weg Richtung Schloß Biebrich
Auch ein Gedanke für demnächst.. der 61 Kilometer lange Jubiläumsrundweg rund um Wiesbaden
Die Rheinwiesen ein idyllischer Rückzugsort
Biebrich – der größte Stadtteil der Landeshauptstadt
Trägt schon mächtig auf – Schloß Biebrich, seit 1734 am Rhein gelegen
..und auch knapp dreihundert Jahre später ein ausgezeichneter Standort um auf der Terrasse Anfang Februar die Biergartensaison zu eröffnen
……..während just am Nachbartisch die Fastnachtssaison eröffnet wird…..
..und nebenan die Froschkönigin 24/7/365 die Stellung vor dem Schloss hält

Der Rest der Strecke ist pure Fleißarbeit und am langen Ende der Preis der zu entrichten ist, um die Stippvisite in Wiesbaden-Biebrich in den Streckenverlauf zu integrieren. So hangelt man sich durch das Industrieareal von Mainz-Amöneburg über die Kaiserbrücke hinüber in die Industriezone von Mainz-Mombach, dort wo allesamt namhafte Firmen vertreten sind. Den nördlichen Rand von Mombach querend erreicht man nach 40 Kilometern und gelinden 500 Höhenmetern den morgendlichen Ausgangsort, den Mombacher Waldfriedhof. Wer hier liegt, liegt weich, denn hier ist man eingebettet im Mainzer Sand – frei nach der lithurgischen Formel: “Aus der Erde sind wir genommen, zur Erde sollen wir wieder werden”….

Hart an der Sollbruchstelle zwischen Winter und Frühjahr….
Der alte Wasserturm auf dem Dyckerhoff-Gelände
Und gegenüber befinden sich die Wärmetauschertürme die mittlerweile unter Denkmalschutz stehen
Auf zwei Uhr kann man den Mainzer Dom ausmachen
Auch in Industriezonen kann man architektonische Vielfalt bewundern
Steht auch unter Denkmalschutz: Der mächtige Erdal-Frosch in Mainz-Mombach
Zurück in Mainz-Mombach – dort wo die legendären Mombacher Bohnebeitel beheimatet sind, die dieses Jahr ihre Fastnachtskampagne unter das Motto: “Lach dich krank und du bleibst gesund” gestellt haben, das vielleicht wirksamste Rezept in unsteten Zeiten

Vun allem ebbes……… – ein herrlicher und ausgedehnter Rundumschlag, vielschichtig, abwechslungsreich und eindrucksvoll, ein Wandervergnügen der besonderen Art, und ideal um außerhalb der klassischen Wandersaison auf eine tagesfüllende Tour zu gehen

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*