Im Wandercheck: Aarway to heaven -extended-

Rückershausen, den 05. April 2025 – Genaues ist nicht wirklich bekannt. Der erste Ansprechpartner in der Region, das Taunus-Informationszentrum in Oberursel, berichtet dass die Wanderrouten teilweise noch in der Konzeptionierung sind und eine vollständige Übersicht über die geplanten zehn Aarschleifen, die die Region im Westtaunus für Wanderer qualitativ bereichern sollen, noch nicht vorliegt. Die offizielle Homepage der Westtaunustouristik, der touristischen Arbeitsgemeinschaft von fünf Kommunen im westlichen Untertaunus, ist per Passwort abgeriegelt, jedoch hat man bereits vor drei Jahren im Rahmen von sogenannten Pionierwanderungen die ersten angedachten Routen sukzessive vorgestellt.

Jedoch, die erste Aarschleife, die unter dem spektakulären Namen “Aarway to heaven” firmiert und sogar als Premiumwanderweg zertifiziert werden soll, ist nun komplett ausgeschildert und soll offiziell am 13. April 2025 im Rahmen einer Veranstaltung eingeweiht werden. Grund genug daher die nun fertiggestellte Aarschleife unter die Wandersohle zu nehmen, wobei, damit sich die Anfahrt auch rentiert, es sich angeboten hat, eine zweckmäßige Streckenerweiterung einzuplanen, frei nach der sinnstiftenden Erkenntnis: “carpe diem”, da die neue Schleife sich gerade einmal über elf Kilometer erstreckt.

Gestartet wird im Marktflecken Rückershausen, einem Ortsteil der Gemeinde Aarbergen. Im Umkreis werden die Anwohner in der Historie gerne als Riggerschhäuser Sauerwasserfichs benamt, als sprachlicher Verweis auf den seit Jahrhunderten im Ort befindlichen Sauerbrunnens, der zudem nach wenigen hundert Metern die erste Anlaufstation der neuen Aarschleife ist.

Offizieller Startpunkt ist das Bürgerhaus in Rückershausen…
…dort wo auch eine Streckenübersicht installiert wurde
Die markante Aarschleifenmarkierung ein Doppel-A mit einem mäandernden Band als Methapher für den namensgebenden Fluß. Optimal die Farbwahl, denn blau ist mit Abstand die auffälligste Farbe für Wegemarkierungen im Naturraum
Linderung bei Katarrh des Magens, Leiden an der Blase und der Harnwege sowie bei Stoffwechselkrankheiten verspricht die Zusammensetzung des Antoniussprudels. In besten Zeiten exportierte man dieses Wasser bis in die USA und Kanada. Noch heute zapfen bereits am frühen Morgen die ersten Rückershäuser das Wasser ab. Einzig der metallische Nachgeschmack ist gewöhnungsbedürftig

Sprudelwassergestärkt geht es knapp hundert Höhenmeter aufwärts zur ersten Panoramabank unweit des Kreuzes am Rückershäuser Wasserhaus dort wo man die erste Weitblicke über das Aarteil und die hügelige Landschaft über das Hessisch/Rheinland-Pfälzer Grenzgebiet genießen kann. Gemächlich verzieht sich die Aarschleife über Flurwege hinauf zum Aarhöhenweg, ein schöner Weitwanderweg, der über eine Länge von knapp 65 Kilometern Gelegenheit bietet, die Region von der Aarquelle bis zur Mündung in die Lahn intensiv zu entdecken. Den Höhenweg folgend streckt sich die Aarschleife bis zum südlichsten Zipfel, dort wo man auf das benachbarte Hausen über Aar aus exponierter Lage herabblicken kann.

Auch wenn der Schleifenname “Aarway to heaven” etwas anderes suggeriert, die Anstiege sind mit 250 Höhenmetern entlang der offiziellen Schleife moderat und gut gangbar
Schöne Aussichten, wie hier oberhalb von Rückershausen gen Norden, sind auf dieser Strecke garantiert
Aarway to heaven – bis zur Himmelspforte sind noch einige Meter zu bewältigen…….
Nicht nur Kurzsichtige profitieren hier von den Weitblicken die entlang der Streckenführung ermöglicht werden
Punktuell sind mehr als vier Meter hohe Holzstelen für die Wegekennzeichnung angebracht, obschon es im direkten Umfeld zweckmäßigere Befestigungsmöglichkeiten gibt
Der angehende Premiumwanderweg ist mit hochwertiger Möblierung versehen…..
..einzig über die Notwendigkeit kann man hier diskutieren, da in unmittelbar Nachbarschaft über dem Weiler Hausen bereits zwei intakte Sitzbänke vorhanden sind
Aartalpanoramen oberhalb von Hausen über Aar

Hinter dem Waldabschnitt Struth führt der Weg zu zwei sogenannten Runsen. Hier, im Wassereinzugsgebiet der Aar zwischen Wiesbaden und Limburg ist das Phänomen des historischen Grabenreißens zu beobachten. In Folge exzessiver Erosionsprozesse sind 242 Erosionsschluchten, die Runsen, im Einzugsgebiet kartographiert. Dies mag auch Anlaß gewesen sein, die Aarschleife am Wingertsgraben durch einen kleinen Schluchtenbypass zu führen, was zudem auch zu Pluspunkten bei einer anstehenden Wegezertifizierung führt. Auf stillen Pfaden führt die Schleife himmelaufwärts zum höchsten Punkt dieser Aarschleife, hinauf zum 332 Meter hohen Wehrholz um im Anschluß in nordwestlicher Richtung in eine Einbuchtung zu verziehen. dort wo sich eine neue Blickachse gen Rückershausen eröffnet. Ab nun gibt es nur noch eine Devise: Ausblicke ohne Ende, hinüber in das Limburger Becken, weiterführend gen Westerwald, und östlich den Taunuskamm ausmachend. Dynamische Landschaftsbilder, die einfach begeistern. Das Sahnehäubchen obendrauf ist natürlich der Blick hinüber zur Burg Schwalbach, die allgemein als eine der schönsten und besterhaltensten Burgen im Taunus angesehen wird.

Der Frühling im Spagat zwischen den Restanten der abgelaufenen Wintersaison
Abwärts in die Runse führt dieser kleine Bypass am Wingertsgraben
Nicht aufwärts in den Himmel, sondern immer weiter geradeaus…
Blick bis hinüber zu den Pfälzer Anhöhen hinter Rückershausen
Anzupassen wäre noch diese Beschilderung an die neuen Gegebenheiten: “Achtung Wild- und Wandererkamera…”
Zahlreich sind die Verwerfungen in der Landschaftstextur
Oft genügt schon ein Solitär um die Landschaft zu bereichern….
Burg Schwalbach und das Limburger Becken in Sicht
Raststation bei Kilometer 9. Oberhalb von Rückershausen und Schiesheim führt hier die Aarschleife offiziell zurück nach Rückershausen

Nach gerade einmal neun Kilometer ist man warmgelaufen und wenn man nicht zwingend darauf erpicht ist nur auf einem hochrangigen (noch zu zertifizierenden) Premiumwanderweg zu wandeln, dann bietet es sich förmlich an, die Wanderstrecke mit einer gehaltvollen Runde anzureichern, um sechzehn Kilometer später wieder unweit des Punktes anzudocken, wo man die Aarschleife verlassen hat. So geht es zunächst abwärts, hinab nach Burgschwalbach und auf der Gegenflanke aufwärts zur gleichnamigen Burg, dort wo auch der Aarhöhenweg verläuft, weiterzuwandern.

Gegenüber der Burganlage ein Horrorbild für Premiumswegzertifizierer (Kriterium 11 Wald: Punktabzüge für stark geschädigte bzw. hässliche Baumbestände)
650 Jahre nach Errichtung durch die Herren von Katzenelnbogen wird die attraktive Burg saniert und ist daher noch geschlossen
Magische Momente der Fotografie: Jede Baustelle lässt sich kaschieren -entweder durch eine geeignete Blickachse….
…oder mit Unterstützung von Schuhgröße 46…..

Hinter der Burg Schwalbach folgt man zunächst dem Aarhöhenweg, der in Folge nach Diez führt, um nach einer Waldpassage, dem Gertesheck abwärts nach Hahnstätten zu wandern. Leider ist der Botanische Garten von Schloss Bieberstein hermetisch abgeriegelt, der sich für eine Stippvisite angeboten hätte. So geht es durch das Naturschutzgebiet Hohlenfelsbachtal hinauf zum Welschmichelkopf, um das Hofgut Hohlenfels umrundend zur Domäne Hohlenfels und der gleichnamigen Burganlage zu wandern, alles in allem ein angenehmer Rückzugsort im Hinterzimmer von Hahnstätten.

IVV-Wanderer haben Hahnstätten als Wanderdestination in guter Erinnerung. Legendär beispielsweise der Aartalmarathon über den auf diesem Blog schon berichtet wurde
Buschwindröschen setzten die ersten Farbtupfer im Wald
Das nächste Schreckensszenario für Premiumswegzertifizierer: Kriterium 23: Minuspunkte für großflächige Industriebetriebe, wie hier in Hahnstätten, wobei unbeeindruckt dessen Schäferkalk seit 160 Jahren hochwertige Produkte erzeugt und international gut aufgestellt ist
Wem dies, stört lenkt seinen Blick auf die bunten Bögen der Sankt-Nikolaus-Kirche
Abgeriegelt – der Botanische Garten in Hahnstätten
Von St. Goarshausen kommend führte die Alte Hessenstraße über den westlichen Hintertaunus in das Aartal und weiter über den Taunuskamm bis nach Kassel
Einfach schön….
Blick auf die Domäne Hohlenfels und Burg Hohlenfels
Keine Schankgaststätte im Taunus sondern eine Gemarkung im NSG Hohlenfelsbachtal
Einst verlief oberhalb dieser Brücke eine Drahtseilbahn des Portland-Cement- und Tonwerk Zollhaus. Die Brücke schützte dabei die Anrainer der Domäne Hohlenfels vor herabfallenden Steinen
Zollhaus (Rhein-Lahn-Kreis) – ein kurioser Ort. Der Ort selbst ist aufgeteilt auf vier Gemeinden, schulpflichtige Kinder werden auf vier verschiedene Volkschulen verteilt, die sterblichen Überreste auf vier verschiedene Friedhöfe bestattet und Himmel und Hölle liegen dicht beieinander. Links
das katholische Pfarrhaus – rechts das Freudenhaus.
Außergewöhnlich auch die Litfassäule in Zollhaus

Vom Weiler Zollhaus geht es, den Palmbach begleitend zurück nach Burgschwalbach, um von dort aus nach einem überschaubaren Anstieg von 120 Höhenmetern wiederum an der neuen Aarschleife anzudocken. Der Rest, die Kür, führt hinab zur Alten Wehr von Rückershausen, die sich just an der Landesgrenze befindet und weiterführend zurück zum morgendlichen Startpunktr So abgerundet ist die erweiterte Aarschleifentour nach 27 Kilometern und immerhin 830 Höhenmetern zu Ende.

Es braucht nicht viel um gewöhnliche Ansichten facettenreicher erscheinen zu lassen
Hier hat man es deutlich übertrieben. Ob für die exzessive Ausschilderung gen Rückershausen zusätzliche Zertifizierungspunkte zu erwarten sind, ist nicht bekannt
Die Aar, im althochdeutschen noch als Arda bezeichnet, bedeutet “schnellfließendes Gewässer”. Und tatsächlich….
… es gurgelt mächtig am ehemaligen Wehr vor Rückershausen

Die Aarschleife im Wandercheck: Rundherum eine gelungene Premiere. Die Streckenführung ist toll, man ist unterwegs auf guten und aussichtsreichen Pfaden in einer eher noch etwas unberührten Gegend des Taunus. Stellenweise überzogen ist die Konfektionierung des Wanderweges in punkto Beschilderung und Möblierung, hier hat man geklotzt und nicht gekleckert. Sicherlich als anstehender und noch zu zertifizierender Premiumwanderweg sind die Ansprüche hoch, jedoch am langen Ende entscheidet die Textur des Weges und nicht die Frequenz von zusätzlichen Ausstattungsmerkmalen. Schade dass kommunikativ das Thema Aarschleifen verschleppt wurde, jedoch darf man gespannt sein, wie die restlichen neun Aarschleifen in den Großrraum Bad Schwalbach eingebettet werden. Obschon konzeptionell die Schleifen speziell für überschaubare Halbtagestouren ausgelegt sind, hat man als Langstreckenwanderer perspektivisch die Gelegenheit auch mehrere Schleifen zu einem gangbaren tagesfüllenden Wandererlebnis zu verknüpfen, oder mangels Masse, wie hier vorgestellt, mit der umliegenden Infrastruktur sinnstiftend zu verbinden. Wiedervorlage für eine bereichernde Aarschleifenkombination vielleicht 2026 oder 2027… man darf gespannt sein.

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