Wetzlar, den 02. Juli 2021 – Wandern mit Erlebnisgarantie? Kann man haben. Man fahre in das mittelhessische Wetzlar, dort wo Goethe sich zwangsläufig zu den Leiden des jungen Werthers inspirieren ließ, dort wo 1925 erstmals die legendäre Leica in Serie produziert wurde und dort wo die Gebrüder Buderus Eisenerz im großen Stile verarbeiteten. Dazu kombiniere man zwei Wanderwege zu einer interessanten und abwechslungsreichen tagesfüllenden Tour – fertig ist einmal mehr ein eindrucksvolles Wandererlebnis.
Grundbasis der Wanderung ist zunächst die 27 Kilometer lange Bergmannsroute, die von Wetzlar nach Braunfels führt und Einblicke in die Geschichte des Eisenerzabbaus in der Region verschafft. Parkplätze sind in Wetzlar rar und zumeist kostenpflichtig. So empfiehlt es sich an den kostenfreien Parkplätzen an der Uferstraße zu parken, dort wo man auch unmittelbar in die Bergmannsroute einsteigen kann. Bereits auf den ersten Kilometern kann man seine Freude an der Streckenführung entwickeln. Die Wanderpfade überwiegend naturbelassen, der Asphaltanteil niedrig und die Wegeführung im Gesamten aussichtsreich. Zunächst folgt man auf den ersten vier Kilometern der Lahn, um am Ortsrand von Wetzlar-Dahlheim in der sanfthügeligen Landschaft weiter zu wandern. Unterwegs informieren zahlreiche aufwändig gestaltete Informationstafeln über die reiche Geschichte der einst hier angesiedelten Bergwerksindustrie.
Oberhalb der ehemaligen Grubengebiete erreicht man nach sechs Kilometern das ehemalige Kloster Altenberg, welches auf eine bewegte Vergangenheit zurückblickt. Geplündert, reformiert, enteignet, als Krankenhaus umgewidmet, abgebrannt, partiell restauriert und heute als kulturelle Begegnungsstätte reaktiviert – allemal lohnt es dem Areal einen Besuch abzustatten. Vom Klosterhügel führt die Bergmannsroute abwärts in das Kerngebiet des ehemaligen Erzabbaus. Im Zentrum steht dabei die Grube Fortuna, die als Besucherbergwerk ein attraktives Reiseziel für Freunde der Technik- und Industriegeschichte darstellt. Einmal mehr gilt für Early-Bird-Wanderer: “Wer zu früh startet, den bestrafen die Öffnungszeiten”. Ansonsten hätte man die Möglichkeit Untertage einzufahren, mit der Feldbahn durch das Gelände zu rumpeln, die technischen Gerätschaften des Grubenmuseums zu besichtigen oder einfach ein erfrischendes Weißbier im Biergarten des Zechenhauses zu genießen. So bleibt dem frühen Wanderer einzig die Aussicht auf informative Einsichten dank der zahlreichen Informationstafeln, die Gelegenheit bieten in die Geschichte der harten Bergwerksarbeit einzutauchen.
Rein kartenbezogen könnte man die Passage deutlich abkürzen, jedoch ist es hochgradig zu empfehlen, auf der gekennzeichneten Route zu bleiben. Abwechslungsreich und informativ beladen gestaltet sich die Streckenführung. Der Schäferberg und die nachfolgende Ortschaft Niederbiel wird umrundet, das nachfolgende Leun gestreift, die Lahn gequert und langsam schwenkt man in die Umlaufbahn der Stadt Braunfels ein. Die Stadt selbst, mit 750 Jahren noch relativ jung, begeistert mit seiner historischen Altstadt und seinem markanten Schloss, welches als Landmarke weithin in der Region auszumachen ist. Wer noch keine Gelegenheit hatte Braunfels zu erkunden, sollte ausreichend Zeit einplanen, die Stadt mit all ihren Facetten zu entdecken. Ansonsten bietet sich der markante Marktplatz, der neben zahlreichen eindrucksvollen Fachwerkhäusern auch mit einer lebendigen Gastrokultur gesegnet ist, für eine Mittagsrast an, um sich für den Rückweg nach Wetzlar, der nun über den Lahnwanderweg erfolgt, zu stärken.
Auch wenn der Lahnwanderweg, eines der attraktivsten Flusswanderwege Deutschlands, zwischen Braunfels und Wetzlar einen gebührenden Abstand vom drei Kilometern entfernten namensgebenden Gewässer hält, ist es immer wieder eine Freude, den Qualitätswanderweg zu erwandern. Pragmatisch gesehen hätte der Bergmannspfad entlang dieser Passage durchaus erweitert werden können, denn man passiert auch hier zahlreiche ehemalige Abbaugebiete. Ob Ferdinandstollen, Grube Prinz Alexander, Grube Margaretenhöhe oder die Grube Almanda, die Spuren der bedeutendsten Erzlagerstätte Deutschlands sind noch heute sichtbar. So kam der Rohstoff für Kruppstahl auch aus dieser Region. Auf der Höhe der ehemaligen Gruber Margaretenhöhe öffnet sich die Landschaft und weitreichende Aussichten gen Wetzlar markieren den weiteren Wegeverlauf. Kurz vor Wetzlar führt der Lahnwanderweg zur Burgruine Kalsmunt, dort wo man von einem Aussichtsturm ein eindrucksvolles Panorama über die Stadt ernten kann – jedoch den Weg kann man sich mittlerweile sparen. Der Aussichtsturm ist abgesperrt, ab Juli kann man jeweils sonntags zum Preis von 8 Euro !!! an einer einstündigen Besichtigung teilnehmen, so der Anschlag an der Turmtüre. Eine Abzocke der besonderen Art, was die Attraktivität dieses Areals nicht wirklich erhöht.
Vom Kalsmunt geht es steil abwärts zum Firmengelände des weltbekannten Kameraherstellers Leica. Vis a vis betritt man die Eingangspforte zum historischen Zentrum der sehenswerten Goethe- und Optikstadt. Analog Braunfels lohnt auch hier eine intensive Erkundung der Innenstadt.
Die Bergmannsroute im Lahntal mit integriertem Rückweg entlang des Lahnwanderweges. Herrliche 44 Kilometer (inclusive Stadtrundgänge) unterlegt mit sehr moderaten Steigungen von 875 Höhenmetern – eine perfekte Möglichkeit einen beeindruckenden Wandertag zu gestalten.
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