Volkach, den 20.Oktober 2019 –
Erdig die Weine, sanfthügelig die Landschaft, blauweiß der Himmel, herbstlich bunt die Rebstöcke. Beste Voraussetzungen also um das Epizentrum der fränkischen Weinkultur zu Fuß zu entdecken. Die Rede ist vom Maindreieck, dort wo für Liebhaber der fränkischen Weinkultur klangvolle Ortsnamen wie Volkach, Sommerach, Escherndorf und Nordheim vorzufinden sind.Sonnengeflutete Talhänge bestimmen das Landschaftsbild des Maindreiecks, welches sich zwischen Würzburg, Schweinfurt und Gemünden befindet. Der Absenkung des Oberrheingrabens ist es zu verdanken, dass in dieser Muschelkalkregion vorzugsweise Weißweine, die eine dichte Mineralität aufweisen, auf die Flaschen gezogen werden.
Wandermöglichkeiten gibt es hier ohne Ende. Einschlägige Wanderführer empfehlen üblicherweise Touren bis zu einem Level von fünfzehn Kilometern, wohlweislich im Blickfeld habend, dass der Weingenuss nicht zu kurz kommen sollte. Für Langstreckenwanderer bietet sich die Kombination mehrerer Abschnitte an, was den Vorteil bietet unterschiedliche Perspektiven in einem engen Radius auf diese außergewöhnliche Kulturlandschaft aufzunehmen.
Gestartet wird an der Mainbrücke, die Volkach mit Astheim verbindet, dort wo man auch am Campingplatz kostenfrei parken kann. Jedoch der Prolog setzt nicht im Weinberg, sondern im Dschungel ein. Unterhalb der Brücke folgt man der Mainschleife zunächst in westlicher Richtung, vorbei an der dem Main vorlagerten Mitterwehrseen, bevor man den nördlichen Mainhang der Vogelsburg erreicht. Hier setzt der „Maindschungel“ ein, der sich bis nach Kaltenhausen zieht. Uferbegleitend geht es entlang von Steilhängen durch einen naturbelassenen Waldabschnitt. Bedingt durch anhaltende Niederschläge tags zuvor hatte sich der Pfad jedoch in eine nahezu unpassierbare Schlammpiste verwandelt. Im Nachgang betrachtet ist bei derartigen Verhältnissen dringendst von einer Streckenbegehung abzuraten!! Wie ich später in Erfahrung gebracht habe ist auf dieser Strecke bei ähnlichen Wetterverhältnissen vor vier Monaten eine Wanderin mit dem Feuerwehrboot und THW-Einsatz gerettet werden. Nicht umsonst wurde diese Strecke im Volksmund mit der Bezeichnung „Dschungelpfad“ versehen.
Om Ortsrand von Kaltenhausen schwenkt man in östlicher Richtung ein und folgt einem Naturlehrpfad der hinauf in die Weinbergshänge führt, dort wo eine der bekanntesten fränkischen Weinberglagen, der Escherndorfer Lump, vorzufinden ist. Schon Goethe orderte fässerweise Weine aus dieser Lage. Extrem die Temperaturunterschiede die man an diesen Hängen schon gemessen hat. Die Bandbreite reicht dabei von minus 24 Grad bis plus 37,8 Grad. Bis zu 2.188 Sonnenstunden und ein fulminantes Mostgewicht von 265 Grad Oechsle sind mehr als beeindruckende Parameter, die man hier aufgezeichnet hat. Fulminant auch die Aussichtsmöglichkeiten auf dem langgezogenen Rücken des Eschendorfer Berges. Zwischen Escherndorf und Nordheim mäandert der Main durch die Weinberge. Kennt man bei Boppard am Rhein den bekannten Vierseenblick, kann man hier durchaus einen Drei-Seen-Blick erkennen.
Rasch rückt Kloster Vogelsburg als nächste Landmarke in das Visier. Im 13. Jahrhundert gegründet, heutzutage mit einem Restaurant und einem Hotel bestückt. Prädikatsweine vom Würzburger Juliusspital kann man hier käuflich erwerben und nebenbei atemberaubende Blicke von der prachtvollen Aussichtsterasse geniessen. Einziges Manko: vor zwölf Uhr, aus Wandersicht also am frühen Nachmittag kann man nicht einmal eine Tasse Kaffee käuflich erwerben. So bleibt es, sich am vorbeiziehenden Kaffeeduft des Hotelgästefrühstücks zu laben.
Von der Vogelsburg könnte man, wenn man wollte, den treppengeführten Vogelsburger Bergweg der steil abwärts durch die Wingerte direkt nach Escherndorf führt nehmen, was jedoch angesichts der hervorragenden Wetterverhältnisse nicht zu empfehlen ist. So geht’s es aussichtsreich den Escherndorfer Berg hinab nach Astheim um entlang des Alten Maines die Astheimer Dürringswaasen zu umrunden, um weiterführend entlang des hier befindlichen Kiesbaggersees die Spur Richtung Nordheim aufzunehmen.
Hoch oben schwebt das Kloster Vogelsburg regelrecht über den Weinbergen. Nachdem Escherndorf südlich umrunded ist, erreicht man von der hinteren Seite die seilgeführte Mainfähre. Für einen Obolus von 70 Cent kann man nach Escherndorf übersetzen, dort wo der zweite Abschnitt der fränkischen Weinlagentour startet: „Rund um die Sommeracher Weininsel“. Jedoch „rund um“ ist nicht zwingend zu empfehlen, vielmehr lohnt es einen Bypass über den 288 Meter hohen Kreuzberg zu nehmen. An der höchsten Stelle der „Maininsel“ ist eine 360 Grad Aussichtsplattform angelegt. Weitreichende Aussichten bis in den Steigerwald hinein kann man von dieser Panoramaterrasse aus genießen.
Vom Kreuzberg könnte man wenn man wollte, in östlicher Richtung direkt zur Hallburg wandern, jedoch auch hier sollte man die Gunst des Wetters, die weitreichenden Aussichten und die Perspektive auf eine Weinverkostung zwischendurch nutzen um das schmucke Weinstädtchen Sommerach zu besuchen. Just am westlichen Ortseingang gelegen kommt man zwangsläufig an der Winzergenossenschaft vorbei, die über einen zweckmäßigen Außenbereich verfügt der regelrecht zu einer Pause verführt.
Gestärkt mit einem Frankenweinschoppen geht es wiederum aufwärts zur gegenüberliegenden Seite der Sommeracher Wein- bzw. Maininsel, die dank Altmain und dem Mainkanal in der heutigen Form ausgebildet wurde. Geologen gehen übrigens davon aus, dass der Fluß noch heute an seiner Verformung arbeitet und, wenn es zu keinen menschlichen Eingriffen kommen sollte, die Landenge zwischen Astheim und der Vogelsburg durchtrennen wird.
Nach guten drei Kilometern ist der Hallburger Schloßberg des Grafen von Schönborn erreicht. Der äußere Zustand ders Areals täuscht, denn hier wird bester Wein angebaut und in dem hier angesiedelten Weinrestaurant kann man vortrefflich einkehren.
Einen geordneten Rückzug Richtung Volkach kann man über die zum Schloss führende geteerte Straße vornehmen. Wanderfreunde der unkonventionellen Gangart können auch einem uralten Pfad, der offenkundig nur zweimal im Jahr begangen wird und der erst gefunden werden will und hinab zur Kreisstraße 29 führt folgen. Nach knapp achthundert Metern erreicht man eine über den Mainkanal führende Mainbrücke.
Den Mainkanal in nördlicher Richtung folgend erreicht man Volkach um von hier aus in den dritten Abschnitt der Weinbergstour einzusteigen. Einmal quer durch die sehenswerte Volkacher Altstadt, allerdings unter erschwerten Bedingungen, denn just an diesem Tag ist Herbstmarkt, die Gassen gefüllt, die Außenbereiche hochfrequentiert und eine Dunstglocke des fränkischen Rebensaftes stülpt sich über das ganze Geschehen. Wäre man nicht im Wanderflow müßte man sich regelrecht zwingen weiter zu laufen.
Von der Altstadt gelangt man direkt zum Kirchbergweg, der hinauf zur Kirche Maria im Weingarten führt. Die malerisch gelegene Wallfahrtskirche beherbergt ein bedeutendes Kunstwerk des Bildschnitzers Tilman Riemenschneider, welches einst gestohlen wurde und unter spektakulären Umständen wieder auftauchte.
Von Marienberg aus bietet es sich an eine Schleife in westlicher Richtung über den Kammerberg zu ziehen. Von hier aus hat man Gelegenheit die morgendliche Runde entlang des Escherndorfer Kirchberges aus nördlicher Blickrichtung nochmals Revue passieren zu lassen. Zurück geht es unterhalb der Wallfahrtskirche um auf die gegenüberliegenden Mainauen zu wechseln.
Nach 40 Kilometern und sehr moderaten 540 Höhenmetern ist eine in allen Belangen aussichtsreiche Weinbergstour zu Ende. Ansatzpunkte für vertiefende Exkursionen gibt es hier zur Genüge. Wein- und Wanderfreunde sollten auf jeden Fall diese Region auf den Radarschirm nehmen, im günstigsten Fall zur Weinlesezeit.
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