Frankfurt, den 1. Januar 2022 – Ungewöhnlich – aber spannend, so der diesjährige Start in das neue Wanderjahr 2022. 48 Stunden zuvor lag als Steilvorlage für diese Tour ein Zeitungsartikel über eine abendliche Lichtkunstveranstaltung im 22 Hektar großen Frankfurter Palmengarten auf dem Tisch. Der Rest – pure Fleißarbeit. Rasch war eine vorgeschaltete Wanderung durch die Mainmetropole Frankfurt zusammengestellt, der ein einziges Leitthema zugrunde lag: die Zahl 22 als Metapher für das neue Jahr und eine inspirierende Alternative um eine vertraute Umgebung unter einem neuen Blickwinkel aufzunehmen.
Neujahrtag 07:45 Uhr. Die Finanzmetropole liegt noch im Koma. Regelrecht ausgestorben sind die Straßenzüge der Stadt. Autoverkehr: Fehlanzeige, Hundegänger und Jogger: Fehlanzeige. Selbst die städtischen Reinigungsfahrzeuge sind nicht auf der Piste da mangels Feuerwerksböllerei besondere Reinigungseinsätze nicht erforderlich sind. So geht es vom Startpunkt, dem Stadtteil Bockenheim, zunächst Richtung Norden auf die Jagd nach der magischen Zahl 22, die in spirituellen Kreisen auch als Engelszahl bekannt ist und nach Einschätzung von Experten höchste Schwingungsenergien besitzt. So geht es eben mit morgendlichen Schwung auf eine Entdeckungswanderung der besonderen Art.
Über die Kleingärtenanlagen die im Schatten des Europaturms liegen, geht es die A66 unterquerend in südlicher Richtung stadteinwärts. Dabei geben die markanten Hochhausboliden im neuen Europaviertel, allen voran der prägnante Messeturm, die Marschrichtung vor. So ist es grundsätzlich relativ einfach sich in Frankfurt zu orientieren.
“Fixer konsumieren ihre Drogen auf offener Strasse, Hotels werden zu Puffs, und Restaurants brauchen private Sicherheitsdienste” schrieb Mitte letzten Jahres die NZZ. Auch wenn das Bahnhofsviertel in den letzten Jahren durch teure Eigentumswohnungen und hippe Szenenlokale partiell neu definiert wurde, rund um die Wasserstraßen (Elbstrasse, Moselstraße,Weserstra´ße) gehen die Frankfurter nicht wirklich gerne flanieren, auch wenn die Frankfurter Stadtevents versuchen durch sogenannte Schlüssellochtouren dem Ganzen einen abenteuerlichen Flair aufzusetzen. Besonders kontrastreich ist die Hauptstraße des Viertels, die Kaiserstraße. Vom Hauptbahnhof kommend startet die Kaiserstraße mit dem Kaisersack, ein Sammelbecken subversiver Gestalten und am anderen Ende wandelt sich die Straße in einen wertig sanierte Prachtboulevard. Frankfurt ist eben eine Stadt der Gegensätze – und das macht sie allemal spannend.
Vom Bahnhofsviertel geht es in die Innenstadt Frankfurts, dort wo die geballte Finanzwelt ihre gebaute Omnipräsenz in beeindruckender Weise zur Schau stellt. Frankfurt hat sich sehr bewusst für eine metropolartige Hochhausentwicklung entschieden, die bei weitem noch nicht abgeschlossen ist. Vertiefende Urbanisierungsansätze lassen zudem eine proaktive Stadtentwicklung erkennen. Dies hat natürlich auch alles seinen Preis, wie man auch bei dieser Stadttour in Erfahrung bringen kann.
Raus aus der Innenstadt – und weiter in nordöstlicher Richtung, hinauf zum Hausberg der Frankfurter dem Lohrberg, dort wo sogar Wein angebaut wird, dort wo im MainÄppelhaus die Ebbelwoikultur hin- und ausreichend gepflegt wird, dort wo die Lohrbergschänke als beliebtes Ausflugsziel Ziel vieler Besucher aus der Region ist, und dort wo man allerbestens, sofern erlaubt, das Frankfurter Silvesterfeuerwerk genießen könnte. Zurück geht es im Anschluss durch den Stadtteil Seckbach, über die längste Einkaufsstraße der Stadt (nicht die Zeil) Richtung Osthafen.
Von Hippdebach geht es nach Dribbdebach wie die Frankfurter zu sagen pflegen. Man wechselt das Mainufer von Norddeutschland kommend (hüben des Baches – hipp de Bach) und wechselt nach Süddeutschland dort wo sich ein Schleier des Apfelkeltergetränkes sich wie eine Dunstglocke über den Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen legt. Bunt das Viertel, immens das gastronomische Angebot. Nach einem Rundgang durch Sachsenhausen geht es zurück in die gute Stube Frankfurts, dem Römer, vorbei an historisch beladenen Stätten und weiterführend durch das Frankfurter Westend zum Palmengarten, dort wo das abendliche Event ansteht.
Nach dem ausgiebigen Stadtrundgang und Einbruch der Dunkelheit ist just in time der Frankfurter Palmengarten erreicht. Das 22 Hektar große Areal ist zu jeder Jahreszeit ein Besuch wert. Regelmäßig zum Jahreswechsel wird zudem hier mittels aufwändiger Lichtobjekte, Klang- und Videoinstallationen der prachtvolle botanische Garten in ein buntes Spektakulum verwandelt.
Ein Jahresauftakt der besonderen Art. Außergewöhnlich, erlebnis- und erkenntnisreich. 45 prallgefüllte Wanderkilometer, belegt mit einem nicht alltäglichen Leitthema. Wandern nach Zahlen – in diesem Fall die diesjährige Jahreszahl. Die Kernbotschaft dieses Beitrages: Anreize und Anlässe die Welt zu Fuß zu entdecken gibt es mehr als genug. Abseits der markierten Wanderwege und ausgetreten Pfade ist es wohlweislich eine Bereicherung und wohltuend jenseits des Alltagstrottes neue Sichtweisen zu entdecken. Die Story hinter der Story, ein Blick hinter die Oberflächlichkeiten des Alltags. In Zeiten wie diesen kann man an der Gegenwart ersticken, oder crea(k)tiv die Welt entdecken. In diesem Sinne allen wanderinteressierten Leserinnen und Leser dieses Blogs ein spannendes, erfolg- und abwechslungsreiches Wanderjahr 2022.
Steinheim, den 4. Januar 2020 – Kein Thema polarisierte in 2019 mehr als die Vielzahl der …for Future-Bewegungen mit „Friday for Future“ an der Speerspitze. „Walking for Future“ als Leitthema zum Start in ein neues Wanderjahr – kein Alibibeitrag sondern eine Anregung zur Weiterentwicklung der natürlichsten Bewegungsformen des Menschens unter Schärfung der persönlichen Achtsamkeit. Thematisch begünstigt die seit 2011 eingerichtete Klimaroute des Regionalparks Rhein Main sich wandernd mit den vielschichtigen Aspekten der Klimaveränderung auseinanderzusetzen. Entwickelt wurde die Klimaroute entlang des Mains mit Designern und Künstlern der Hochschule für Gestaltung in Offenbach, die sich auf kreative Weise der Visualisierung von Klimaphänomenen widmeten. Unterstützt durch Planer und Umweltexperten der umliegenden Städte und dem Deutschen Wetterdienst war es ein Anliegen komplexe naturwissenschaftliche und gesellschaftlichen Themen des Klimawandels verständlich zu machen. Obschon die Klimaroute offiziell in Mühlheim-Dietesheim einsetzt, lohnt ein Einstieg an der S-Bahn-Station des Hanauer Stadtteils Steinheim um das neue Jahr mit einem Wandermarathon starten zu können. Von der S-Bahn-Station sind es einige hundert Meter bis zum Main, der thematisch diese Tour begleiten wird. Noch in den siebziger Jahren galt der Fluss mit einer Wasserqualität „Gewässergüteklasse IV“ als einer der am stärksten verunreinigten Flüsse Europas. Auch wenn sich im Laufe der Jahre die Qualität verbessert hat – baden im Main bleibt weiterhin ein sommerlicher Traum. Angler dagegen stufen den Verzehr von im Main lebenden Fischen als unproblematisch ein, da die Schadstoffkonzentration für den gelegentlichen Verzehr unbedenklich seien. Fraglich könne es höchstens bei sehr alten Fischen werden, (die ältesten Fische sind in etwa 20 [read more…]
Frankfurt, den 23. Dezember 2017 – Wenig beachtet wird das Potential von Stadtwanderungen. Schier unermesslich die Möglichkeiten urbanisierte Flächen mit immer einem anderen Fokus zu entdecken. So steht die Stadt Frankfurt wieder einmal mehr im Brennpunkt, diesmal mit der Zielsetzung den Untergrund der Mainmetropole zu entdecken. Das Resultat –eine ungewöhnliche Marathonwanderung mit ungewöhnlichen Einblicken – sofern man sie sehen will. 1968 wurde die Frankfurter U-Bahn als dritte U-Bahn in Deutschland nach Berlin und Hamburg und als 35. U-Bahn der Welt“ feierlich eröffnet. Heute besteht das Netz aus neun Linien mit 27 Tunnelbahnhöfen und 59 oberirdischen Stationen, wobei das U-Bahn-Netz von mehr als 300.000 Fahrgästen täglich genutzt wird. Ziel der Exkursion war es die unterirdischen Stationen zu erkunden, um ein Stück der jüngeren Stadtgeschichte aufzunehmen Gestartet wird, wie der einheimische Frankfurter zu sagen pflegt, „Drippdebach“ also südlich des Mains, dort wo die einzige unterirdische U-Bahn-Station vorzufinden ist, der Rest liegt „Hippdebach“ welches für manch einen Südhessen schon in Norddeutschland liegt, da im landläufigen Sprachgebrauch der Main eine klare Grenze darstellt – zumindest in Südhessen. Die erste U-Bahn-Station ist der Südbahnhof in Sachsenhausen, der Frankfurter Stadtteil der gewöhnlich von einer permanenten Apfelweindunstglocke überzogen ist. Der Südbahnhof 1873 unter der Bezeichnung Bebraer Bahnhof, gleichzeitig mit dem benachbarten Offenbacher Hauptbahnhof eröffnet, hat ein durchaus sehenswertes Empfangsgebäude welches 1914 eröffnet und im Jugendstil gehalten ist. Zum Bau des 1984 eröffneten unterirdischen U-Bahn-Anschlusses wurde seinerseits fast das gesamte Empfangsgebäude abgetragen und nach Ende der Tunnelarbeiten wieder errichtet. Die Wände des U-Bahnhofs sind mit historischen Bildern, unter anderem [read more…]
Frankfurt, den 05. Februar 2017 – Sonntag 6.45 Uhr: Status ausgestorben. Dort wo werktags unweit der Hauptwache der Verkehr brodelt, dort wo sich in der angrenzenden Zeil stündlich 14.250 Passanten (Platz 3 im Bundesgebiet) durchschieben und dort wo 60.000 Banker in den Finanztürmen täglich Millionenbeträge jonglieren herrscht eine ungewohnte wohltuende Stille. Die Katharinenkirche an der Hauptwache noch verschlossen, der Platz an der Hauptwache selbst noch verwaist. So führt der Lutherweg durch die Frankfurter Zeil. Sicherlich auch ein Alleinstellungsmerkmal, dass ein Pilgerweg mitten durch eines der belebtesten Konsumtempelareale unseres Landes führt. Der Name Zeil stammte übrigens aus dem 14. Jahrhundert, als zwischen zwei romanischen Stadttoren eine einseitige Häuserzeile (Zeil) errichtet wurde. Die Häuser sind längst Vergangenheit, der Name besteht nach wie vor. Der Markierung des Lutherweges folgend ist zwischen Nord-und Ostend via Friedberger Anlage rasch der Bethmannpark erreicht. Nach wenigen Minuten steht man vor der Martin-Luther-Kirche, ein markantes Sakralgebäude, welches aus einem neogotischen Turm eingerahmt von zwei Glaskörpern besteht. Der Martin-Luther-Straße folgend ist rasch die moderne Wartburgkirche erreicht. Der schlanke Kirchenturm ist gleichzeitig auch als Bienenturm deklariert, da im unteren Turmdrittel Bienenstöcke unterhalten werden. In östlicher Richtung geht es hinein in den Frankfurter Stadtteil Bornheim, dort wo die Silhouette eines Zwiebelturmes den Standort der barocken Johanniskirche preisgibt. Von Bornheim führt der Pilgerpfad zur vierten Kirche, in den Stadtteil Seckbach, die, obschon Sonntag, ebenso wie die anderen drei verschlossen ist, zumindest im Regelfall bis 10 Uhr, wie im Pilgerführer nachzulesen ist. [read more…]
2 Kommentare
Tolle Idee! Wie immer bild- und wortstark umgesetzt.
Ich wünsche Dir viele gute Touren und freue mich über die zugehörigen Berichte!
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Ich wünsche Dir viele gute Touren und freue mich über die zugehörigen Berichte!
Besten Dank Andreas, ich werde mir Mühe geben…