Auf Römerpfaden in die Wetterau

Seligenstadt, den 6. Januar 2022 – Die zweite Wanderung entlang des römischen Grenzwalls führt von Seligenstadt Richtung Norden, dort wo der Main als “nasse Limesgrenze” durch einen gebauten Grenzwall bestehend aus drei Meter hohen Palisaden und hölzerne Wachtürme, die später durch steinerne Bauten ersetzt wurden, abgelöst wurde.

Die Seligenstädter Mainfähre bremst zunächst frühmorgens die Aufnahme der offiziellen Wegeführung des Limeswanderweges aus, denn hierzu müsste man zunächst den Main queren, um auf der östlichen Seite dem Flußverlauf folgend Richtung Großkrotzenburg zu wandern. So bleibt man zunächst für acht Kilometer auf der hessischen Seite um bei Kleinkrotzenburg die Querung der dortigen Bootsschleuse zu nutzen.

Eine Stunde vor Sonnenaufgang ist die historische Altstadt von Seligenstadt unter deren Fundamente Reste eines römischen Kastells liegen noch wie ausgestorben
Einhardsbasilika so nennt man im Volksmund die Seligenstädter Basilika St. Marcellinus und Petrus, die gleichzeitig auch Ruhestätte seines Erbauers Einhard, dem Berater von Karl des Großen, ist
Das wäre die Fähre zum Limesweg gewesen……..
Ungewiss ist ob bereits Kaiser Barbarossa im 12. Jahrhundert in Seligenstadt die am Mainufer gelegene Pfalz errichten ließ. Gesichert gilt eher die Errichtung im 13.Jahrhundert zur Zeit vom Kaiser Friedrich dem II. Heute stehen stehen nur noch die Mauern an der Mainseite des einstigen Palas, welcher 140 durch einen Brand zerstört wurde
Die Mainauen sind geflutet…
..und der Mainpegel bei Klein-Krotzenburg liegt nur noch 70 Zentimeter unter der Meldestufe I

Vor Großkrotzenburg erinnert eine steinerne Stele an den ursprünglichen Standort einer römischen Steinpfeilerbrücke, die bereits in den dreißiger Jahren des 2. Jahrhunderts errichtet wurde. Hinter der Kirche sind zudem noch heute Reste eines ehemaligen Kohortenkastells zu sehen. Hier beschäftigte man auch sogenannte Auxiliartruppen , also Bewohner der Grenzprovinzen, die als einzige Truppe des römischen Militärs in Obergermanien in einer Militärziegelei Bauziegel herstellte. Wer sich in die römische Geschichte vertiefen möchte kann darüber hinaus das hier ansässigen Limes-Informationszentrum des Main-Kinzig-Kreises besuchen. Großkrotzenburg wird in nördlicher Richtung verlassen, um im nachfolgenden Naturpark des Hessischen Spessarts das Hanauer Kreuz an der A45/A66 zu queren. Die Fluten des Mains haben es bereits angekündigt, in der Gemarkung Erlensee werde ich just 800 Meter vor dem gleichnamigen See mit feuchten Tatsachen konfrontiert. Die wassertragende Kinzig hat das gesamte Waldgebiet komplett geflutet, ein vermeintlicher Bypass über eine Kleingartenanlage scheitert ebenso, die Gartenhäuschen stehen auch im Wasser. So gilt es einen Umweg über die Gemarkung Rodenbach zu nehmen, dort die Autobahnstränge zu queren, um in der Stadt Erlensee die römische Fährte wieder aufzunehmen.

Die offizielle Markierung des Limeswanderweges
An dieser Stelle schlugen die Römer gen 130 n.C. solch eine Steinbrücke über den Main
Spektakulär – in Großkrotzenburg kann man noch Originalreste einer Kastellmauer besichtigen.
Aufwändig gestaltet sind die Informationstafeln zur römischen Geschichte entlang des Wanderweges. Hier erfährt man beispielsweise woher der Begriff “Scheißhausgespräche” kommt, das es sich bei Urinsammler um einen ehrbaren Beruf handelte und dass die römische Order “Cacator calve matum” (Hüte dich auf die Straße zu kacken) ein signifikanter Beleg einer hochzivilisierten Gesellschaft war.
..und ein rostiger Römer
Positionsbestimmung Groß-Krotzenburg
Und in unmittelbarer Nachbarschaft schlotet der Steinkohleblock Staudinger noch bis 2025
Kreative Darstellung – die Viertelstundenbank
Das ehemalige Servitenkloster aus dem 15. Jahrhundert in der Gemarkung Erlensee
Selbst römische Streitwagen hätten hier kapituliert. Land unter auf dem Limesweg

Via Erlensee führt der Limesweg durch die Weiler Langendiebach und Ravolzhausen nach Marköbel, dort wo sich der Limeswanderweg mit der Regionalparkroute “Limes”, der Bonifatius-Pilgerroute und dem Hugenotten- und Waldenser-Pfad vereint. Zwischen der Gemarkung Hammersbach und dem Tagesziel Altenstadt wurden Hölzer der ursprünglichen Limespalisade gefunden und nach einer dendro-chronologischen Untersuchung auf 119/120 n.C. datiert. Zahlreiche Bodendenkmäler und Rekonstruktionen legen auf diesem Abschnitt Zeugnis von der römischen Besiedlungsgeschichte ab. Der Weg führt an Limeshain vorbei, die einzige Ortschaft, die den Namen der römischen Grenz- und Verteidigungslinie in sich trägt.

Die aufwändig gestaltete Kreiselinstallation in Erlsenseen veranschaulicht die historische Bedeutung dieses Kreuzungspunkt
An der Zwischenstation bei Kilometer 30 ist eher Sitz- als Fitnessrast angesagt….
1911 wurden im Rahmen einer Flurbereinigung noch vorhandene Wallkronen des Limes geschliffen. Heimatforscher ließen nach dieser kulturellen Barbarei einen Limesstein in der Gemarkung Hammersbach anfertigen dessen eingemeißelte Rille den Limesverlauf für nachfolgende Generationen veranschaulichen soll.
Links waren die Germanen, rechts die Römer angesiedelt
400 Jahre hat die blitzgeschädigte Drususeiche bereits auf dem Buckel, benannt nach dem großen Feldherrn, der als großer Bezwinger von Germanien galt und zu dessen Ehren ein monumentaler Ehrenbogen in Mainz errichtet wurde
In dreijähriger Arbeit wurde der Limeshainer Wachturm rekonstruiert. Stilgerecht weist ein Schild darauf hin: “Quisque hic pedem suum ponit, periculo suo facit” – in unserer Sprache: Betreten der Anlage auf eigene Gefahr
Eine rekonstruierte Palisadenwand des Limes
Und an dieser Stelle kann man noch heute die Wallkrone des Limes erkennen. Immer wieder sind im Streckenverlauf Bäume weiß markiert, die auf den Standort der ehemaligen Palisade hinweisen.
Schon römische Autoren nannten zahlreiche germanische Stammesgebiete. Hier in der Wetterau standen die Römer den Chatten gegenüber. Tacticus schrieb 30 n.C.: “Bei diesem Volk sind kräftiger die Gestalten, sehnig die Glieder, durchdringend der Blick und größer die geistige Regsamkeit. Für Germanen zeigen sie viel Umsicht und Geschick”
Nach 43 Kilometern ist das Ziel dieser Limeswanderung erreicht

Interessant ist der Limeswanderweg in mehrfacher Hinsicht. Abweichend von den ansonsten hier zur Genüge vorzufindenden Wanderwege entdeckt man, wenn man dem Limesverlauf folgt, die Landschaft in einem anderen Kontext. Deutlich erkennbar auch der finanzielle und ideelle Einsatz der 93 Kommunen, Landkreise und Touristikgemeinschaften, die den Limes mit erheblichen Aufwand als archäologisches Denkmal in Szene gesetzt haben. Erwanderbare Geschichte – eine ausgezeichnete Freizeitbeschäftigung für historisch Interessierte, die gut zu Fuß sind.

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