Reuenthal, den 27. März 2020 – Kontaktsperrenbedingt gibt es nur eine Alternative: Ab in den Wald – vorzugsweise auf Premiumpfaden. Planungsträger war dabei der Nibelungensteig – eine der schönsten Wanderwege in unseren Landen. Der zweite Teil der Nibelungenringpassage setzt dabei in Reuenthal, ein Sackgassenweiler des Marktes Weilbach im unterfränkischen Kreis Miltenberg, ein.
So gilt es zunächst die Hauptpassage auf dem Nibelungensteig bis nach Ottorfszell zu bewältigen, um dann den Rückweg auf ausgesuchten Pfaden als Ringwanderung abzuschließen. Klar auch die coronaseuchenbedingten Konventionen: Meide Stadtbesichtigungen, Sitzaufenthalte an öffentlichen Plätzen und Annäherungskontakte zu allen Zweibeinern. Es wäre schon blöde an einem Marktbrunnen die Rucksackbrotzeit auszupacken.
Reuenthal – aus den Tiefen dieser Spessartregion stammte einer der bedeutensten und produktivsten Minnesänger Deutschlands, Nithard von Reuenthal, dessen Grabmal am Wiener Stephansdom eingebracht ist. Ohne Minnengesangbegleitung geht es moderat aufwärts zum knapp zwei Kilometer entfernten Gotthardsberg, dort wo in exponierter Lage eine dreischiffige Pfeilerbasilika über Amorbach trohnt.
Vom Gotthardsberg geht es auf schönen Pfaden hinab nach Amorbach eine der schönsten Barockstädte Deutschlands. Unter normalen Umständen wäre eine ausgedehnte Besichtigung der unterfränkischen Stadt angezeigt. Jedoch man kommt nicht in Versuchung, denn der Nibelungensteig selbst führt am nordöstlichen Zipfel von Amorbach vorbei, dort wo einWeltmarktführer rund um die Uhr OWA-Deckensysteme produziert. OWA steht dabei für Odenwald Werk Amorbach. Unterdess kann man sich entlang des Steiges über den Stein der Region, den Sandstein, weiterbilden.
Hinter Amorbach setzt eines der schönsten Abschnitte des Nibelungensteigs ein. Auf allerfeinsten Pfaden geht es durch das Morretal ohne nennenswerte Steigungen zur Zittenfeldener Quelle. Der Weg, Labsal für die Seele. Denkt man vier Wochen weiter, dann wenn Ende April die Blüte vollumfänglich einsetzt, wäre das Wanderglück perfekt. Vom Amorbach bis nach Beuchen ist der Weg gespickt mit zahlreichen Informationstafeln des Geoparks rund um die Nibelungensage und das Nibelungenlied. Angeblich soll die idyllische gelegene Zittenfeldener Quelle Schauplatz des Mordes an Siegfried dem Drachentöter gewesen sein. So streiten sich bis heute Amorbach, Grasellenbach, Hiltersklingen, Lautertal und Lindenfels über den wahren Meuchelmord.
Vom sonnendurchfluteten Morretal geht es aufwärts, den Müllerbrunngraben hoch und hinauf zur Amorbacher Rodungssiedlung Beuchen, die mit großen Hofreiten bestückt ist. Nibelungensteigtypisch geht es munter auf und ab um nach drei Kilometern eine der bedeutensten Burganlagen der Stauferzeit, die Burgruine Wildenberg zu erreichen. Im 12. Jahrhundert wurde die mächtige Burganlage errichtet. Gewaltige Prunksäle wurden hier eingerichtet, ausgestattet mit mehr als einhundert Kronleuchtern und monumentalen Kaminen. So sagt man einst im Odenwald, daß man so große Feuer wie auf der Wildenberg noch niemals gesehen hatte. Auch Wolfram von Eschenbach wärmte sich hier am Kamin und schrieb vor Ort am große Ritterepos “Parzival”.
Weiter aufwärts geht es von der Burgruine nach Preunschen, ein weiterer Meilenstein auf dem Nibelungensteig. In diesem Höhendorf befindet sich das älteste Odenwälder Bauernhaus welches im Jahre 1475 errichtet wurde. Bewegt im wahrsten Sinne des Wortes die Geschichte dieses Hauses. Der ursprüngliche Besitzer wollte wegen einem Neubau das historische Haus abreißen. So wurde es zweimal abgetragen und aufgebaut, bevor es seinen jetzigen Standort am Ortsrand von Preunschen fand und nun ein Heimatmuseum beherbergt.
Von Preunschen geht es es abwärts, steil abwärts – sehr steil abwärts. Trailrunner würden diesen Abschnitt in ihr Herz schließen und Wanderfreunde die von Zwingenberg nach Frankenberg wandern, werden diesen Abschnitt schon des öfteren verflucht haben. Aber ein Steig ist ein Steig weil er steigt, sowohl auf- als auch abwärts. Unten angegekommen erreicht man Ottorfszell, dem Wendepunkt der heutigen Nibelungenringtour. Von hier aus geht es auf schönen Wanderwegen zurück zum Ausgangsort.
Von Ottorfszell aus führt ein schöner Wanderweg parallel zur Siegfriedstraße nach Markt Kirchzell. Den Weiler in nördlicher Richtung querend, erreicht man den Sonnenhang, der über eine Anhöhe bis zum Forsthaus Otterbach führt. Weiterführend empfiehlt es sich, nicht den Radweg, der nach Amorbach führt zu wählen, sondern den oberhalb verlaufenden Naturweg, der durch Streuobstwiesen verlauft und zum Schafhof führt, dort wo in einem ehemaligen Klostergut ein hochpreisiges Restaurant eingebracht ist. Auf dem Rückweg wird Amorbach in westlicher Richtung umrundet, um entlang der Mud nach Weilbach einzuschwenken. So umrundet man den Gotthardsberg, dort wo sich die gleichnamige Kirchenruine, die am frühen Morgen besichtigt wurde, befindet. Unterhalb des Heidebuckels folgt man dem Alten Weg nach Reuenthal, um nach 39 Kilometern und sportlichen 1.000 Höhenmetern wiederum eine ansprechende Nibelungenringpassage beendet zu haben.
Die Nibelungenringpassage, eine krisenbedingt zeitgemäße und ausgezeichnete Alternative für Einzelkämpfer, die gerne auf längeren Strecken unterwegs sind, eine sportliche Herausforderung suchen und die Muse haben sich mit der kulturreichen Region zu beschäftigen. Die nächste Passage der Nibelungensteigreihe wird über das Hesseneck führen und nicht minder spannend ausfallen.
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