
Schwarzwald – 19. August 2025 – Ein Finale der Superlative. Auf dem Weg, quer durch Deutschland von Nord nach Süd, ausschließlich über die Deutsche Mittelgebirgsschwelle und dem südwestdeutschen Schichtstufenland war der krönende finale Abschluß eine Wanderung durch den Mittleren Schwarzwald und dem Hochschwarzwald bis zur Schweizer Grenze bei Waldshut-Tiengen. Frei nach dem Motto “Das Beste zum Schluß” war diese Tour wahrlich nicht das Sahnehäubchen, sondern die gewaltige Sahnehaube, dieser außergewöhnlichen Deutschlandquerung. 206 eindrucksvolle Schwarzwaldkilometer, 6.630 Höhenmeter im Anstieg, 7.150 Höhenmeter im Abstieg, darunter eine Extremtour mit 60 Leistungskilometern und dem härtesten Abstieg auf dem gesamten Deutschen Mittelgebirgs-Trail (DMT).

Unterstmatt – Kniebis
Gestartet wird in Unterstmatt, eine insbesondere im Winter bei Skifahrern und ansonsten bei Motorradfahrern beliebte Häusergruppe auf 928 Meter Höhe. Theoretisch ideal der Ausgangspunkt, denn bereits nach knapp vier Kilometern hätte man einen der schönsten Aussichtspunkte des Nordschwarzwaldes die 1.164 Meter hoch gelegene Hornisgrinde, abgepflücken können. Hätte. “Einzigartig die Panoramen” bekommt man überall vorgeschwärmt, jedoch an diesem Morgen stellen die Regenschauer des Vortages eine Rechnung aus – ein störrischer Nebeleintrag ummantelt den kahlen Bergrücken, der auf seiner Höhe ein Moor trägt.











Just am Hochplateau setzt das Hochmoor auf der Hornisgrinde ein und trotz fehlender Aussicht begeistert insbesondere bei den aktuellen Wetterverhältnissen der Gang durch das Moor. Hier oben befindet sich auch der Fürstenstein, eine repräsentative Felsplatte, die 1722 zur Markierung der endgültigen Grenzen zwischen den Markgrafschaften Baden, dem Herzogturm Württemberg und dem Fürstbistum Strassburg herangezogen wurde. Vom Hochmoor geht es steil abwärts und es bietet sich regelrecht an, trotz Wetterlage dem Mummelsee einen Besuch abzustatten. Von diesem Karsee geht es auf der Gegenflanke gen Süden wiederum aufwärts um hinter der Darmstädter Hütte oberhalb des Wilden Sees in die westlichen Ausläufer der Kernzone Nationalpark Schwarzwald einzusteigen.














Kopflastig wird es auf den nächsten Kilometern. Vogelskopf, Schliffkopf, Schurkopf, Plonkopf, Sandkopf – so die Namen der Anhöhen die man auf diesem Höhenweg passiert. Hinter dem Nationalparkzentrum am Ruhestein geht es wiederum aufwärts, hinauf zum gleichnamigen Skistadion. Bis zum Weiler Zuflucht wandert man entlang einer wunderschönen Hochheidelandschaft weiterführend bis zur Alexanderschanze und der “um die Ecke liegende” Ortschaft Kniebis – dem Ziel der ersten Tagesetappe.








Kniebis – Hausach
Es gibt Wanderstrecken, die nicht wirklich spektakulär sind und hier muss man auch seine eigene Erwartungshaltung ab und an reduzieren. “Auf stillen Wegen durch eine alte Kulturlandschaft” so das Credo des DMT-Wegeentwicklers Frank Gerbert. Und in diese Schublade kann man durchaus diesen 35 Kilometer langen Tagesabschnitt verbuchen, der zudem mit einem abschließenden Quälfaktor verbunden ist. Von Kniebis geht es zunächst auf stillen Waldpfaden entlang der Regierungsbezirksgrenze Freiburg hinüber zum Schnepfenmoos und zum Glaswaldsee, bevor man auf den Panoramaweg oberhalb von Bad Griesbach gelangt. Zwei auf der Strecke liegende Vesperstuben haben natürlich an diesem Tag geschlossen, jedoch wenn man als Langstreckenwanderer unterwegs ist, dann ist man für solche Eventualitäten immer gerüstet.







Nach erwanderften zwanzig Kilometern, ab Höhe der Vesperstube Harkhofs, lockert das Landschaftsbild auf – der Schwarzwald öffnet sich und es entfaltet sich eine wohlgefälliges Atmosphäre. Das Highlight des Tages: der Brandenkopfturm. “Bei guten Sichtverhältnissen tauchen die Rheinebene, die Vogesen, das Pfälzer Bergland oder das Jugendland von Neckar und Donau mit der dahinter steilaufragenden Schwäbischen Alb auf. Nicht selten schließt im Süden die schneebedeckte Alpenkette von der Zugspitze zum Mont Blanc den grandiosen Rundblick ab.” – so die bewerbende Botschaft des Schwarzwaldvereins. Daher lohnt sich allemal ein Gang auf den 33 Meter hohen Turm, auch wenn sich einmal mehr die Alpenkette hinter dem Dunst des Tageslichtes versteckt. “Der Abstieg ist wirklich brutal” so die offenen Worte des Hausacher Pensionswirtes der sich am späten Nachmittag mein Gejammere anhören muß. Und tatsächlich am langen Ende waren am Ende des Tages 1.400 Höhenmeter Abstieg zu verbuchen, wobei die Schlußpassage bis zum Vorderen Benzenhof schlichtweg unanständig war.







Hausach – Furtwangen
Die Härteste aller vierunddreißig DMT-Etappen durch die Deutsche Mittelgebirgslandschaft. Am Ende des Tages standen 40 Kilometer, 1.750 Höhenmeter im Anstieg und 1.130 Höhenmeter im Abstieg auf dem Tacho. Startend in Hausach, welches gefühlt fast auf Meeresspiegelniveau liegt, gibt es auf den ersten vierzehn Kilometern nur eine Perspektive – stramm aufwärts, denn auch an diesem Tag gilt es einmal mehr, die 1.100 Meter-Marke zu knacken. Die Wege selbst – Westweg typisch beplankt. Steinbeladene Aufstiegspassagen, knackige Wurzelwege, glücklicherweise hochbewaldet, was bei sommerlichen Temperaturen durchaus ein Segen ist. Ein weiteres Erschwernis an diesem Tag – der Fixpunkt zur Streckenhälfte, das Höhengasthaus Wilhelmshöhe hat an diesem Tag die Stühle hochgestellt. Jedoch Jammern ist der Gruß der Kaufleute und nicht der Wanderer, so gibt es nur eine Perspektive: bei besten einstelligen Temperaturen zeitig vor Sonnenaufgang hinein in den Black Forest. Kurz vor der Gemarkung Bäracker, dort wo auch ein Wellnesshotel in exponierter Lage betrieben wird, geht es hinauf zu einer historischen Stätte, dem Hauenstein, dort wo am sogenannten Karlstein bis 1805 ein Vierländereck markiert war.













Hinter dem Waldgasthof Wilhelmshöhe wird es wieder spannend, denn es geht hinein in das kleine Blindenmoor ein kleines aber feines Naherholungsgebiet auf dem Höhenplateau. Entgegen des Flussverlaufes der Elz wandert man hinauf zur Europäischen Wasserscheide, dort wo, je nach Himmelsrichtung, das hier abgehende Wasser entweder über den Rhein in die Nordsee, oder über die Donau in das Schwarze Meer abfließt. Am Weiler Martinskapelle wird wird es rummelig. Kein Wunder, denn per Busse und Autos frequentieren Tagesgäste das hier befindliche touristische Highlight, die Donauquelle. Ein unmittelbar an der Quelle angedocktes Höhengasthaus bietet darüber hinaus den ankommenden Gästen eine passable Einkehrmöglichkeit. Just einen Kilometer weiter führt ein kleiner Abstecher zu den Granitansammlungen des mächtigen Günterfelsens. Vorbei am Brentturm findet diese mehr als ausgedehnte Tagespassage ihr Ende in Furtwangen.






Furtwangen – Hinterzarten
Nach der Gewalttour des Vortages ist heute eine Genuß- und Entspannungswanderung angesagt. Furtwangen selbst ist die Eingangspforte in den Hochschwarzwald. Am langen Ende bleibt man mehr oder minder auf der Höhe, und man hat Gelegenheit in eine wunderbar blühende Heidelandschaft einzutauchen. Zunächst geht es von der Industriestadt Furtwangen auf moderaten Waldpfaden hinauf zur Kalten Herberge, ein schön gelegener Höhengasthof in dessen Nähe ein einhundert Meter langes Förderband für Skifahrer installiert ist. Obschon offizieller Ruhetag und nur für Hotelgäste geöffnet, ist ein warmer Empfang in der Kalten Herberge für einen Kaffeeaufenthalt angezeigt.











Nach einem Kurzanstieg zur bewaldeten Weißtannenhöhe steht wandertechnisch ein entspanntes Tagesfinale an. Vorbei an zahlreichen Aussiedlerhöfen schleift der Weg hinab zum wohl bekanntesten See im Schwarzwald, dem Titisee. In den Schwarzwälder Bauernstuben erzählte man sich jahrhundertlang furchterregende Sagen, die sich um das ursprüngliche Gletschergewässer drehten. Den Tagesgästen ficht dies nicht – jährlich zählt man hier zwei Millionen Besucher aus aller Welt. Rational betrachtet ist, wenn man auf stillen Pfaden des Deutschen Mittelgebirgs-Trails unterwegs ist, es ein Sakrileg, den Titisee einzuschleifen. Jedoch, wenn man eh schon da ist und mehr Zeit als Kilometer im Budget hat, dann bietet sich ein Abstecher in das touristische Epizentrum an, und sei es nur um die Bestätigung für sich selbst einzuholen, dass man jenseits des Rummels besser verortet ist. Nach der Stippvisite am See wandert man im gebührenden Abstand hinüber in das benachbarte Hinterzarten, dort wo Olympiasieger herkommen und dort wo ein kleiner attraktiver Kurort durchaus zu einem längeren Aufenthalt animiert.






Hinterzarten – Sankt Blasien
Spannend der nächste Wandertag der hinauf zum 1.494 Meter hohen Feldberg führt und den “Dom des Schwarzwaldes” zum Tagesendziel hat. Aufstieg zum Feldberg – es hört sich dramatischer an als es ist. Von Hinterzarten kommend lässt sich der Aufstieg zur höchsten Erhebung Baden-Württembergs angenehm erschließen. Im Hinterzimmer von Hinterzarten ist das Wanderwegsareal kurparkähnlich gestaltet. Angenehm die Pfade, die über den Kesselhofweiher zum idyllisch gelegenen Häuslebauernhof führen. Von dort wandert man auf einem breiten Wirtschaftsweg zunächst hinüber zum Rinkensattel, bevor es behutsam auf einem schönen Höhenweg aufwärts zur Zastler Hütte geht.














Vom Feldberg geht es den Franz-Klarmever-Weg folgend hinab zum Feldbergpass. Hier parken Tagesgäste gerne und lassen sich für 4,50 Euro zur Bergstation unterhalb des Bismarckdenkmals hochliften und anschließend herunterschaukeln. Für die Gäste eine wunderbare Gelegenheit den höchsten Zipfel Baden-Württembergs beschwerdefrei zu erschließen. Wer hingegen gut zu Fuß ist, der wandert abwärts und steigt auf der Gegenflanke hinauf zur dritterhöchsten Erhebung des Ländles, dem 1.416 Meter hochgelegenen Herzogenhorn. Hinter der Anhöhe wandert man auf landschaftstypisch angenehmen Pfaden tendentiell abwärts ziehend auf einem schönen Höhenweg oberhalb der Stadtteile von Bernau. Ab der Menzenschwander Brücke ist auf der insgesamt 36 Kilometer langen Strecke Pflichtprogramm angesagt. Auf einem unspektakulären Wirtsschaftsweg wandert man oberhalb einer Landstraße strukturell abwärts nach Sankt Blasien, dem Übernachtungsziel dieser Tagestour.








Sankt Blasien – Waldshut-Tiengen
Die Schlußetappe des DMT-Trails – am langen Ende ein entspannter Auslauf. Auf schönen Pfaden geht es gemäßigt aufwärts nach Höchenschwand einem adrett herausgeputzten Kurort, der auf 1.000 Meter Höhe liegt. Hier oben könnte man sogar bis zum Mont Blanc blicken, aber die Eidgenossen mauern nach wie vor und geben auch an diesem Tag den Alpenblick nicht frei. Spannend wird es hinter dem Kurort, den hier setzt der zweiundzwanzig Kilometer lange Wolfssteig ein.











Hinter Nöggenschwiel steigen mächtige Rauchzeichen aus südlicher Richtung auf. Die Wegemarkierung ist klar, dort wo es 7/24/365 mächtig qualmt, ist das Endziel des gesamten DMT-Trails erreicht. Waldshut-Tiengen. Man schlupft zwischen Nöggenschwiel und dem Weiler Indiekofen nochmals durch eine Talsenke, bevor man in einer abschließender Aufwärtsschleife über das Waldshuter Wildgehege das Rheinstädtchen erreicht.



Der Deutsche Mittelgebirgs-Trail – eine außergewöhnliche und bereichernde Entdeckungsreise durch unser Land. Einen großen Dank gilt zunächst dem Geologen, Germanisten und Reisebuchautor Frank Gerbert, der auf den trivialen aber auch genialen Gedanken gekommen ist, die geologischen Gegebenheiten Deutschlands zu nutzen, um auf einer zusammenhängenden Mittelgebirgsplatte, die quer durch Deutschland verläuft, und insgesamt neun Mittelgebirgsräume umfasst, eine steigungsintensive Langstreckentour zu entwickeln. Das Ganze wurde in Buchform gegossen und in 2022 publiziert. Gerbert konfektionierte den gesamten Trail in 50 angenehm gangbaren Tagesetappen, wobei nach seinen persönlichen Präferenzen der Streckenverlauf vom Schwarzwald bis in das Ithgebirge bei Hannover geplant wurde.

In der auf diesem Blog vorgestellten Variante, die insgesamt 34 Etappen (einschließlich einer Sondertour nach Goslar) umfasste, und sich auf 1.139 Kilometer gespickt mit 32.500 Höhenmeter im Anstieg und 32.200 Höhenmeter im Abstieg belief, wurde bewußt die umgekehrte Strecke von Norden nach Süden gewählt. Bis auf einige wenige Ausnahmen wurde dabei die Streckenführung der vom Autor entwickelten Route eingehalten. Persönlich betrachtet ist der Marsch gen Süden die schönere Variante, da als Krönung der gesamten Passage, der mächtige Schwarzwald mit seinen insgesamt 102 Bergen, die über der 1.000 Meter Marke liegen, einen beeindruckenden und würdigen Schlußakzent setzt.
Natürlich ist es am langen Ende egal in welcher Richtung und mit welcher Intensität man den Deutschen Mittelgebirgs-Trail angeht. Letztendlich entscheiden logistische Fragen, wie die Anbindung an öffentlichen Verkehrsmitteln, Übernachtungsgelegenheiten und Zeitbudget wie man sich dieser sportlichen Herausforderung nähern möchte. Die Steilvorlage von Frank Gerbert öffnet die Augen und schärft die Sinne, den Deutschen Mittelgebirgsraum aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und zu erfahren. Typisch für Langstreckenwanderungen erschließt man für sich selbst raum- und bundeslandübergreifende Zusammenhänge, entdeckt landschaftliche Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede, taucht ab auf abgelegenen Pfaden in punktuelle Landschaftsräume, die man im Zweifel ansonsten nicht wirklich in dieser Intensität entdecken würde. Herzerfrischend natürlich auch die zahlreichen Begegnung entlang der Strecke und spannend auch das Feedback wenn man erläutert, dass man eigentlich auf einem Weg unterwegs ist, den es so eigentlich nicht gibt, den es aber entdecken sollte – wenn man ihn entdecken möchte.
Links zu den jeweiligen Mittelgebirgspassagen über die auf diesem Blog berichtet wurde
Durch das Leineberger Land: Premiere – der Deutsche Mittelgebirgstrail
Vom Leineberger Land in den Harz: Viele Steine, müde Beine, Aussicht keine
Durch das Eichsfeld: GrenzWERTIGE Grenzgänge am DMT
Thüringer Wald: Auf dem DMT durch Thüringen
In der Rhön: Im Zentrum der Mittelgebirge
Vom Spessart über den Odenwald in den Kraichgau: 1.000 Hügel und zwei Gebirge
Der Nordschwarzwald: Ab in den Süden
Toll gemacht, sehr beeindruckend und macht einfach Lust, losezuziehen!
Herzlichen Dank für diese Eindrücke.
Aber herzlich gerne. Es lohnt sich diese Herausforderung anzunehmen