Albstadt, den 03. Oktober 2022 – “Im Penthaus der Schwaben, dort wo man Landschaftskino vom Feinsten genießt”. Gerne verwenden Marketingexperten blumige Beschreibungen um Produkte und Leistungen zu bewerben. In diesem Fall jedoch könnte man sogar von einer Untertreibung sprechen. Die Rede ist von den Traufgängen rund um Albstadt, acht Stück an der Zahl, allesamt Premiumwanderwege, die in einer von insgesamt sieben deutschen Premium-Wanderregionen eingebettet sind.
Traufgänge an der Albtraufkante. Die spektakulären Wanderwege führen entlang der Abriss -und Bruchkante die das karstige Hochplateau der Schwaben Alb vom sanften Albvorland absorbiert. Wacholderheiden, lichte Buchenwälder die von Felsen durchsetzt sind, atemberaubende Tiefenblicke, Fürstenlogen die Fernblicke bis in die Alpen ermöglichen, kurzum ein Traum für Wanderer.
Für alle, die nach dem carpe-diem-Prinzip wandern, wird in diesem Bericht eine Wegekombination vorgestellt, die es erlaubt acht Traufgänge mit insgesamt 111 Kilometern (inklusive Transferwege) und mehr als 3.200 Höhenmetern in drei Wandertagen zu absolvieren.
Traufgänge Zollernburg-Panorama und Wiesenrunde
Diese Tour verspricht Postkartenblickgarantie. Empfohlen wird am Berggasthof Zollersteighof zu starten, knapp 1,5 Kilometer vom markantesten Aussichtspunkt aller Traufgänge, dem Zeller Horn entfernt. Der Grund ist trivial: bereits zur frühen Stunde kann man die mächtige Burg Hohenzollern zur Einstimmung bewundern und zum krönenden Schluss im Rahmen einer kleinen Extrarunde nochmals am späten Nachmittag bei besten Lichtverhältnissen den Kameraverschluss quälen.
Vom Zeller Horn geht es zurück, den Wegekennzeichen des Traufgangs Zollernburg-Panorama folgend zur ersten markanten Traufkante die gleichzeitig als Gemarkungsgrenze zwischen Albstadt und Hechingen herangezogen wurde. Traufkanten sind beeindruckend, Traufkanten sind aber auch gefährlich. Entgegen deutscher Gepflogenheiten an allen Ecken und Enden mit DIN-genormten Absturzsicherungen zu arbeiten kann man sich mit den Schuhspitzen ungehindert bis zur Traufkante vorarbeiten – Tiefenrauschfeeling inbegriffen. So führt der Wanderweg auf exzellenten Pfaden dicht an den Traufkanten entlang und markante Felsformationen hat man zudem mit klingenden Namen wie Backofenfelsen oder Hangender Stein benamt.
Hinter der östlichen Traufkante schleift der Traufgang zunächst in südöstlicher Richtung durch eine Wacholderheidelandschaft vorbei an einer Skihütte hinauf zum bewirtschafteten Nägelehaus dort wo auf 956 Meter Höhe der Raichbergturm am gleichnamigen Berg steht. Der Turmaufstieg ist obligatorisch, die 360-Grad-Aussicht sensationell. der Ausblicke im Prinzip kurtaxenpflichtig.
Berauscht von den Ausblicken geht es turmabwärts, durch die Heidelandschaft, vorbei am Lifthaus Onstmettingen durch ein kleines Naturschutzgebiet, dort wo die Schmiechau sich durch die Senken zweier Albtraufen schlängelt. Am Parkplatz Stich führt der Traufgang Zollernburg-Panorama normalerweise zurück zum Ausgangspunkt. Jedoch bietet es sich an hier die Fährte zum nächsten Traufgang, der Wiesenrunde, aufzunehmen. Der Waldschneise Musmehlwegle (den Namensursprung zu kennen wäre auch interessant) folgend erreicht man nach zwei Kilometern den Parkplatz Zitterhof, einen offiziellen Einstiegspunkt des zweiten Traufganges. Auch dieser Weg – eine Extraklasse für sich. Insbesondere im goldenen Oktober explodiert die Landschaft förmlich. Saftig grüne Wiesen – ein bunter Blätterreigen, markante Baumformationen, prägnante geschwungene Talhänge nebst Fernsichten gen Balinger Berge und den Schwarzwald – pures Wandervergnügen.
Der Traufgang Wiesenrunde eine abwechslungsreiche und perfekte Ergänzung zum Traufgang Zollernburg-Panorama, dessen Fährte wiederum am Parkplatz Stich aufgenommen wird. Die Rückpassage führt an der sehenswerten Traufkante die rund um den Heiligenkopf und den Blasenberg führt zurück zum Zollersteighof. Der Abschluss, wie bereits empfohlen, eine Zusatzschleife nochmals hinüber zum Zeller Horn. Im Gegensatz zur frühen Morgenstunde ist dieser fotografische Hotspot, nun bei besten Lichtverhältnissen gut besucht. Kein Wunder – der Standort das absolute Highlight der gesamten Passage.
Traufgänge Felsenmeersteig und Hossinger Leiter
Man spricht von der Königsetappe aller Traufgänge. Die längste Einzeletappe, die schwierigste Passage, die steilsten Hügel, der tollste Ausblick und, wem das alles zu viel is,t der kann die 16 Kilometer lange Einzeltour auch in zwei Etappen unterteilen. Wer hingegen noch Nachschlag benötigt, für den eröffnet sich die Option zusätzlich den Traufgang Hossinger Leiter einzubinden – und so wird aus der Königstour eine Kaiseretappe. Sinnvollerweise startet man in Laufen an der Eyach und steigt zunächst in den Traufgang Felsenmeersteig ein. Schon der steile Anstieg offenbart, dass die Gesamtetappe durchaus knackig wird. Bereits nach zwei Kilometern ist das Felsenmeer mit seinen Felsentürmen erreicht. Bei Nässe ist es nicht zu empfehlen diese Passage zu nehmen – für diese Fälle, oder wer die Steilabstiege durch die Felsenlandschaft vermeiden möchte, haben die Streckenplaner einen gangbaren Bypass ausgeschildert.
Der offizielle Wegeverlauf führt vom Felsenmeer hinab zum Albstädter Ortsteil Lautlingen und weiterführend zum benachbarten Stadtteil Margretshausen. Wer nicht unbedingt die dortige Kneipp-Anlage besuchen möchte kann getrost auf den Abstieg und den Wiederaufstieg verzichten. Man verpasst nichts und wenn man alternativ den Unteren Heersbergweg folgt spart am persönlichen Körnerreservoir, welches für die 33 Kilometer lange Tagesstrecke mit mehr als 1.200 Höhenmetern gut beansprucht wird. Die Passage führt vorbei an schönen Aussichtsterrassen hinauf zum 964 Meter hohen Heersberg, weiterführend durch eine Wacholderheidelandschaft durch das Höhendorf Burgfelden, dort wo man in südwestlicher Richtung abdreht zum Böllat, der vielfach als schönster Aussichtspunkt aller Traufgänge bezeichnet wird.
Vom Böllat aus geht es sehr steil abwärts in das Wannental, dort wo 1864 auf Geheiß von König Wilhelm I. Mammutbäume gezogen wurden. So kann man die machtvollen Bäume, deren Samen aus den Sequoia National Park importiert wurden in der Schwäbischen Alb bewundern. Steil abwärts vom Böllat wandernd nimmt man Anlauf um auf der Gegenflanke aufwärts die Schalksburg zu erreichen, dort wo ein restaurierter Bergfried vorzufinden ist und dort wo ein markantes Felsenplateau keine zweihundert Meter weiter an der Traufkante wiederum eindrucksvolle Aussichten ermöglicht. Im bewährten Rahmen verläuft die weitere Streckenführung. Der Traufgang führt permanent und steil abwärts in das zwei Kilometer entfernte Laufen. Wer jedoch auf der Höhe bleiben würde könnte erneut durch das Felsenmeer oberhalb des Albstädter Stadtteils wandern.
Ungewohnt unspektakulär wandert man zunächst durch den Laubwald, den Wegweisern des zweiten Traufgangs folgend. Nach einem vier Kilometer langen Waldgang erreicht man den Schumacherfelsen, eine spektakuläre mächtige Felswand, die am Scheitelpunkt in eine Treppenlandschaft – der Hossinger Leiter – mündet. Noch vor 100 Jahren war die Trasse über die Leitern der einzige Zugang vom Albdörfchen Hossingen hinab zur benachbarte Talgemeinde Lautlingen, als kürzester Weg zur Bahn und zum Arbeitsplatz. Das obere Ende der Hossinger Leiter markiert eine Schutzhütte, die auf 945 Meter Höhe gelegen ist. Über einen schönen Wurzelweg wandernd erreicht man das Höhenplateau, dort wo sich am südlichen Hang des Heimbergs eine Heidelandschaft öffnet und Blicke auf Hossingen freilegt.
Der Rest – die Kür. Man wandert hinüber zum Gräbelsberg, den man umrundet und steigt abwärts zum Albstädter Ortsteil Laufen. Die 30 Kilometer lange Kombination der beiden Traufgänge ist anspruchsvoll und mit mit knapp 1.300 Höhenmetern unterlegt, wobei die Steigungen und die Abgänge teilweise sehr anspruchsvoll sind. Entschädigt wird man mit fantastischen Ausblicken und einer herrlichen Streckenführung.
Traufgänge Zollenberg Panorama / Wacholderhöhe/ Hexenküche
Zwei Traufgänge und ein Traufgängerle als Sahnehäubchen stehen bei dieser Tour auf dem Programm. Ein optimaler Startpunkt für die drei Premiumwanderwege ist das Ferienwaldheim Ebingen oberhalb von Albstadt, dort wo ein großes Freizeitareal nebst Kletterpark und Wildschweingehege anzutreffen ist. Die Abfolge der ausgearbeiteten Streckenkombination hatte sich im Nachgang als ideal erwiesen. Vom Ferienwaldheim folgt man zunächst dem Traufgang Schlossfelsenpfad für zwei Kilometer um hinter der Waldzone auf den Traufgang Wacholderhöhe zu wechseln, der gegen den Uhrzeigersinn begangen wird.
Auf dem Traufgang Wacholderheide wandert man auf einem herrlichen Hochplateau. Heidelandschaft wechselt sich mit Waldabschnitten ab. Am nördlichen Wendepunkt, dem Schützenhaus Tailfingen wandert man entlang der Traufkante oberhalb der Albstädter Stadtteile Tailfingen und Truchtelfingen hinauf zum Aussichtsspunkt Schloßberg bevor man Richtung Süden die erste Runde des Traufganges beendet, um nach einem Gang über die weite Wacholderfläche der Fährte des nächsten Traufgangs Schlossfelsenpfad im Uhrzeigersinn zu folgen. Selbst mit GPS-Unterstützung muss man sich öfters sortieren um die Planungsgrundlage in eine gangbare Variante umzusetzen.
Der Traufgang Schlossfelsenpfad setzt sich zunächst weiter fort mit weiten Ausblickmöglichkeiten über die großen Wacholderheideflächen während man den 901 Meter hohen Siechenbühl umrundet. In einem gemäßigten Auf und Ab wandert man zum südlichsten Punkt der gesamten Passage, dort wo oberhalb des größten Stadtteils von Albstadt, Ebingen, sich das Landschaftsbild verändert. Man ist zurück auf der Traufkante und sammelt Tiefenblicke ein. Vom Mühlenfels zum Galgenfels und weiterführend zur Schleicherhütte und zum Schlossfelsenturm. Zahlreiche Freiluftbalkone animieren immer wieder sich niederzulassen um die Aus- Weit- und Tiefenblicke zu genießen.
Schlossfelsenpfad und Wacholderhöhe zwei Traufgänge die sich ideal kombinieren lassen, zudem man am Schnittpunkt am Waldheim zu einer Rast einkehren kann, bevor man zur Abrundung nochmals eine Stunde investieren kann und sollte, um die dritte Passage, das Traufgängerle Hexenküche unter die Sohle nehmen. Zur Einbettung dieses Traufganges in die Gesamtpassage wird empfohlen zunächst in südlicher Richtung im Uhrzeigersinn zu wandern. Auf der Traufkantenseite begeistern gewaltige Felsformationen und Felshöhlen, die sich allesamt im Gemarkungsbereich der namensgebenden Hexenküche befinden. Naturbelassen die Wege die sich durch den Buchenwald schlängeln und in der Nordkehre bis zum Wildschweingehege führen. Die Runde endet wiederum am Kletterpark-Waldheim und ist ebenso mit 30 Kilometern aber wohldosierten 870 Höhenmetern eine Traufgangsvariante, der etwas anderen Art.
Traufgang Ochsenbergtour
Ein Traufgang fehlt noch – die zehn Kilometer lange Ochsenbergtour – die sich in diese Kombinationstrilogie nicht hat einbetten lassen. So kann, wie auch praktiziert empfohlen werden, diese Tour als Einstimmungsrunde am Anreisetag in die Schwäbische Alb genutzt werden. Beste Gelegenheit auf zehn Kilometern die Füße zu vertreten und erste Höhenluft zu schnuppern. Ein optimaler Startpunkt ist dabei der Wanderparkplatz Kälberwiese oberhalb von Albstadt-Ebingen. Man erspart sich den Aufstieg und startet bereits auf 900 Meter Höhe zu einer gemütlichen Einstimmugsrunde. Im Uhrzeigersinn wandert man entlang der Traufkante zum Schnecklesfels und weiterführend zum Martinsfels dort wo die Heidensteinhöhle liegt. Die Höhenmeter kann man vernachlässigen, da man mehr oder minder auf dem gleichen Niveau wandert.
Bei Streckenhalbzeit ist das Ochsenberghaus erreicht – hier könnte man wenn man nicht gerade wie an diesem Tage an einem Ruhetag ankommt gepflegt einkehren. Jedoch das gangbare eErsatzprogramm führt auf schönen Wegen rund um den 948 Meter hohen Katzenbuckel zurück zum Parkplatz Kälberwiese.
Acht Traufgänge in drei Wandertagen. Großes Wanderkino für alle Draufgänger, die es wagen raufzugehen und draufzugehen auf eine der spektakulärsten Wanderhotspots in Deutschland. Einziges Manko: wer am Klippenphänomen leidet und nicht schwindelfrei ist für den sind diese Touren nicht wirklich geeignet. Wenn die Schuhspitzen die Traufkante berühren und man teilweise mehrere hundert Meter senkrecht in die Tiefe blickt sollte man schon standfest auf beiden Beinen bleiben. Wer alle Traufgänge absolviert hat kann mit Fug und Recht behaupten sich einen kompletten Überblick über die Albstädter Region verschafft zu haben.
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