Michelstadt, den 26. Mai 2020 – Auf der zweiten Etappe der Alemannenringwanderungen steht der südöstlichste Zipfel des Alemannenweges im Fokus. Seit zwölf Jahren ist der Weg als Qualitätsweg Wanderbares Deutschland geadelt. Zunächst war als Start-Zielpunkt Michelstadt-Steinbach fixiert, später wurde der Startpunkt nach Erbach verlegt. Einzig die logische Verknüpfung von Michelstadt nach Erbach fehlt. In den neusten topographischen Karten ist die Verbindung bereits eingearbeitet, im Material des Tourismusverbandes und in der Streckenkennzeichnung fehlt jedoch noch dieser Abschnitt. Wir starten am Wanderparkplatz der historischen Wegscheide Vierstöck um über einen Bypass, parallel der Nibelungenstraße folgend, die Tour als Rundstrecke zu verbinden. Auf der Höhe von Spreng verschwenkt der Alemannnenweg in östlicher Richtung, um nach einen acht Kilometer langen Waldgang die Einhardsquelle zu erreichen.
Hinter der Einhardsquelle öffnet sich der Wald und legt herrliche Panoramen in die Senke der Odenwälder Städte Michelstadt und Erbach, die schon regelrecht verschmolzen sind, frei. Der Alemannenweg führt hinab nach Steinbach zur Einhardsbasilika und dem Schloß Fürstenau. 828 errichtete der Berater von Karl dem Großen, Einhard, eine dreischiffigen Pfeilerbasilika, um dort mit seiner Frau Imma den Lebensabend verbringen. Einhards Sekretär Ratleik reiste 827 nach Rom um zur angemessenen Kirchweihe entsprechende Reliquien zu beschaffen, ursprünglich gelockt von Versprechungen eines römischen Diakons. Nachdem sich diese als leeres Gerede herausstellten, schritt man zur Tat, drang nach Odenwälder Faustrecht in eine Kirchengruft an der Via Appia ein, und entwendete Gebeine der beiden prominenten Kanonheiligen Marcellinus und Petrus um diese nach Michelstadt zu verbringen. Bedingt durch zahlreiche Traumerscheinungen seiner Diener und das „Blutschwitzen“ der Gebeine kam Einhard zu der Erkenntnis, dass sich die heiligen Gebeine hier aber nicht wohl fühlten. Am 16./17. Januar 828 wurden die Reliquien daher nach Seligenstadt verbracht. Hier begann Einhard, mit dem Bau einer prächtigen karolingischen Pfeilerbasilika. Weiterhin lohnt ein Gang zum gegenüberliegenden Schloß Fürstenau, eine ehemalige Wasserburg aus dem 14. Jahrhundert, einst als Mainzer Schutzburg gegen die Kurpfalz errichtet, heute alsPrivatgemächer der adeligen Familie Erbach-Fürstenau genutzt.
Wir folgen der noch nicht offiziell ausgeschilderten Querverbindung, die dem Qualitätsrundweg Michelstadt/Erbach folgt und am Einstieg zum Wildpark Brudergrund anknüpft. Konsequenter wäre es gewesen den Verlauf des Alemannenweges durch die bemerkenswerte Michelstädter Altstadt zu führen und über den gegenüberliegenden Höhenzug von Dorf-Erbach über das Erbacher Schloß durchzuschleifen. Wir wählen diesmal einen Umweg über die Erbacher Innenstadt um nach einer kurzen Rast den Einstieg in das Wildtiergehege Brudergrund aufzunehmen.
Vom Erbacher Marktplatz wandert man Richtung Bahnhof um westwärts gehend den Wildpark, der im zwei Kilometer langen Brudergrundstreifen eingebettet ist, zu erreichen. Vermutlich um aus Zertifizierungsgründen den Asphaltanteil des Qualitätswanderweges zu minimieren, führt der Alemannenweg über eine dröge Waldschleife hinauf zur Mossauer Höhe. Empfehlenswert ist es geradeaus die Passage über die Aussiedlergehöfte von Roßbach zu nehmen, insbesondere dann, wenn das Getreide im vollen Saft steht, denn dann sind wunderbare Aussichten vorprogrammiert. Am Knotenpunkt Mossauer Höhe kreuzen sich eine Vielzahl von Hauptwanderwege. Letztendlich ein idealer Ausgangspunkt um wandertechnisch in alle Himmelsrichtungen auszuschwärmen. Von der Höhe aus führt der Alemannenweg eine Schleife rund um Ober-Mossau, dort wo seit 1780 die Privatbrauerei Schmucker beheimatet ist. Groß scheint jedoch die Not bei dieser Brauerei nicht zu sein, das schmucke Brauereigasthaus ist lediglich samstags und sonntags geöffnet. So bleibt es zwangsläufig bei dem Notfallprogramm: “Wasser aus dem Rucksack”.
Auf schönen Pfaden geht es von Ober-Mossau hinauf zum Lärmfeuer, eine der zahlreichen Anhöhen des Odenwaldes wo man seit dem dreißigjährigen Krieg ein großräumiges Signalnetz vom Rhein bis zum Krähberg anlegte. Heutzutage werden einmal jährlich spektakuläre Signalfeuerveranstaltungen in der Region durchgeführt. Weniger spektakulär gestaltet sich von hier aus der Rückweg zum Vierstöck. Zwar bereichern noch einige Informationstafeln des Geoparks den Höhenweg, jedoch kann man den Beine getrost auf Autopilot stellen, um nach sieben Kilometern den morgendlichen Ausgangspunkt Vierstöck zu erreichen. Um die Attraktivität dieses Abschnittes zu erhöhen, sollte es nicht verboten sein über eine partielle Verschwenkung auf der Höhe von Rohrbach mit Blick in das Ostertal und zurück zum Steinernen Tisch nachzudenken. Alles in allem eine interessante 38 Kilometer lange Passage, unterlegt mit moderaten 840 Höhenmeter.
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