Modautal, den 22. Mai 2020 – Weitblicke! Wer den Weitblick hat, hat den Überblick, je nachdem – geistig, philosophisch oder räumlich. Wunderbar wanderbare Weitblickmöglichkeiten bietet einmal mehr der Odenwald. Mehr als sechzig Qualitätsrundwanderwege hat der Odenwaldklub nach festgelegten Qualitätskriterien ausgearbeitet, geprüft und zertifiziert. Einer davon ist der Modautaler Qualitätsrundwanderweg “Modautaler Weitblick” der schöne Aussichten und idyllische Dörfer verspricht.
Auch wenn man bei Rundwanderwegen einstiegstechnisch freie Wahl hat, so empfiehlt es sich uhrzeit- tages- und jahreszeitenbedingt taktisch vorzugehen. Ideal wenn man zum krönenden Abschluß ein Weißbier ziehen kann, ideal wenn man sonnenstandsbedingt durch Lichtverhältnisse gute Aussichtsmöglichkeiten hat, ideal wenn zur Halbzeit der Wanderung eine exponierte Stelle erreicht wird. So starte ich am Rathaus in Brandau, dort wo eine regelrechte Tafelwand über die Vielzahl der Wandermöglichkeiten informiert.
Vor lauter Sonnenaufgangsdramatik verpeile ich den Anstieg zur Kriegsgräberstätte Brandau, eine kurze Schleife um den Geisberg heilt jedoch diesen Mangel. 1966 wurde hier nach aufwendigen Vorarbeiten eine Ruhstätte für 461 Kriegstote aus fünfzehn Nationen, die einst in 57 Kommunen Südhessens begraben waren, an diesem beeinddruckenden Ort eingerichtet. Man zuckt innerlich schon zusammen, wenn man die wenigen Lebensjahre der meist jungen Opfer nachvollzieht. Von der Gedenkstätte führt der Rundwanderweg zunächs in nördlicher Richtung, vorbei am Brandauer Kreuz. Das 800 Jahre alte Sandsteinoriginal wurde mittlerweile in das Rathaus geschafft, nachdem es mehrfach durch landwirtschaftliches Gerät beschädigt und gebrochen wurde. An den jetzigen Granitersatz trauen sich die Treckerpiloten scheinbar nicht mehr heran.
Vorbei am Modautaler Ortsteil Allertshofen, den man am südlichen Rand streift, legt sich der Qualitätswanderweg um die 405 Meter Hohe Tanne und führt zum schönsten Aussichtspunkt dieser Passage, den Sieben-Türme-Blick. Kreativ sind sie schon die Odenwälder. Auch wenn man schon ein wenig mit dieser Region vertraut ist – es ist ein Ding der Unmöglichkeit auf dem Weg zum markanten Aussichtspunkt sich sieben Türme zusammenzureimen. So bleibt bis zum Zielpunkt die Aussicht auf eine Einsicht beim Genuß der besonderen Weitsicht. Überwältigend die Aussicht am Sieben-Türme-Blick. Vom Felsberg, über den Krehberg zur Neunkirchner Höhe und weiter zum Lichtenberger Bollwerk, hinüber zum Otzberg. Solch ein Ausblick ist im Regelfall kurtaxenpflichtig. Ach ja… sieben Türme.. des Rätsels Lösung ist auf einer Holztafel an der Schutzhütte angebracht.
Weiter schlängelt sich der Weitblickweg durch einen bewaldeten Höhenzug, hinauf zur Neutscher Höhe, dem östlichsten Wendepunkt der Passage, dort wo mittlerweile die hier eingebrachten Windräder neben der Stromerzeugung als orientierungsgebende Landmarke eine nützliche Signalwirkung haben, da sie aus vielen Ecken des Odenwaldes sichtbar sind. Klug gewählt ist der Wegeverlauf, da abwechslungs – und aussichtsreich. Zwischen Meisenberg und Neutscher Irr schubt sich der Qualitätsrundweg zwischen Ernsthofen und Hoxhohl hinab nach Herchenrode. Beim Gang durch den kleinsten Ortsteil des Modautals fällt auf, daß im Modautal Pferdesport groß geschrieben wird. Ein Beleg hierfür dokumentiert ein ortsansässiger Gasthof der gar von einer Hochburg für Wandersmann und Reiter spricht. “Wo Pferde und Kühe weiden, da kann man bleiben”, so das erweiterte Credo des Wirtshauses.
In einer ausladenden Schleife wird Klein-Bieberau umrundet. Unweit des historischen Gutes Hottenbacher Hof, der quasi das Modautal vom Fischbachtal abflankt, geht es unterhalb der Felsformationsausläufer des Wildfrauenhauses auf feinsten Wanderpfaden über Webern zurück nach Brandau.
Wandern auf hohem Niveau. Der Modautaler Weitblickweg, eine sehr empfehlenswerte und gehaltvolle Passage, aussichts- und erlebnisreich, gespickt mit zahlreichen Einkehrmöglichkeiten, die sich auf 22 Kilometern und überschaubaren 560 Höhenmetern gut verteilen.
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