Hirschhorn, den 04.11.2017
Grenzwanderung von Burg zu Burg entlang eines Flusses der von einer spektakulären Entstehungsgeschichte geprägt ist – so könnte man die zweite Etappe auf dem Neckarsteig in Kürze beschreiben. Gestartet wird am S-Bahnhof in Hirschhorn. Über eine alte Brücke quert man den Lachsbach und erreicht in wenigen Minuten die kleine aber feine historische Altstadt des Neckarstädtchens. Noch vor 2000 Jahren floss hier, wo heute die Ortschaft liegt, der Neckar, der vor 55 Millionen Jahre durch Senkung des Oberrheingrabens entstand. Das alte Neckarbett liegt im heutigen nördlichen Oberrheingraben im hessischen Ried. Der Ur-Neckar passte sein Flussbett der sich ständig verändernden Landschaft an und fließt auch dadurch heute bei Mannheim in den Rhein und nicht wie früher bei Trebur.
So geht es die Altstadt Hirschhorns querend durch das Mitteltor der Klostergasse,vorbei an der Klosterkirche, hinauf zum Schloss Hirschhorn. 1250 errichtet, im 15. Jahrhundert militärisch gesehen die modernste Burg am Neckar und im 21. Jahrhundert ein beliebtes Ausflugsziel wo Tagestouristen sich auf der Neckarterasse des hier ansässigen Schloßhotels verwöhnen lassen.
Hinter der Burg führt der Neckartsteig in Serpentinen hinauf auf einen felsigen Bergrücken. Stimmungsvoll die Atmosphäre des bunten Restherbstwaldes der zu früher Stunde noch in der novembertypischen Nebelwand eingebettet ist. Blauer Himmel und Sonnenschein ist keineswegs erforderlich für ein gelungenes Wandererlebnis.
Nach fünf Kilometern ist eine historische Rastanlage erreicht, die Steinernen Tische, errichtet Ende des 18. Jahrhunderts, um den herrschaftlichen Jagdgesellschaften, die einst in der Burg logierten eine adäquate Raststätte zu bieten. Weiter geht es durch den Hinteren Haselwald zur Landesgrenze von Hessen und Baden-Württemberg. Hier ist man gut beraten nicht den weiteren Verlauf des Neckarsteigs zu folgen, der rund um den Tannenkopf auf geschotterten Wirtschaftswegen durch den Gretengrund führt. Besser ist es den historischen Grenzsteinen der beiden Bundesländer zu folgen, um vorbei am Streitbrunnen nach Igelsbach zu wandern. Igelsbach weist eine Besonderheit auf. Der südwestliche Teil des Weilers gehört zum hessischen Hirschhorn, der nordöstliche Teil zum badischen Eberbach.
Man folgt der Kreisstraße hinab zum Gretengrund und passiert den Bösen Berg an seiner südlichen Flanke um oberhalb des Neckars nach zwei Kilometern die sehenswerte Neckarstadt Eberbach zu erreichen. Reich die Geschichte der Stadt. So verlegte beispielsweise die Universität in Heidelberg wegen der seinerseits dort grassierenden Pest im 16. Jahrhundert mehrfach ihren Sitz nach Eberbach. Entlang der Neckarpromenade kann man einige Skulpturen besichtigen, die an die früheren Berufe in der Region erinnern. Vorbei am markanten Pulverturm quert man die mit einer reichen Gastronomie gesegneten Innenstadt, um über den Breitenstein den 378 Meter hohen Scheuerberg zu erklimmen. Für geologisch Interessierte empfiehlt es sich die Informationstafeln des Eberbacher Pfades der Flussgeschichte zu studieren.
An der Ludwig Neuer Hütte, oberhalb von Ebersbach hat man nochmals Gelegenheit den ursprünglichen Verlauf der Neckar zu besichtigen. Just nebenan wurde 1994 der Fussabdruck eines Erythrosuchus ( Übersetzt bedeutet Erythrosuchus “Rotes Krokodil”, weil die ersten Funde in Südafrika in rotem Gestein ähnlich unserem Buntsandstein gemacht wurden) gefunden. Steil hinauf geht es auf herrlichen Pfaden zum Scheuerberg um anschließend über das Hochplateau der Breitensteinäcker zur Teufelskanzel zu gelangen.
Die Teufelskanzel befindet sich oberhalb eines Buntsandstein-Steinbruches. Von hier aus hat man einen schönen Blick auf den Neckar mit der 3,5 Kilometer entfernten Staustufe Rockenau. Via Staustufe quert man den Neckar um an der Gegenflanke nach weiteren 1,5 Kilometern die Reste der ehemaligen Burg Stolzeneck zu erklimmen. 1200 als staufische Reichsburg errichtet, 400 Jahre in Betrieb und nun mehr seit 400 Jahren im Verfall. Wenn Steine sprechen könnten…..
Hinter der Burg gibt es zwei Möglichkeiten. Wer für seine Tagestour die Passage Eberbach – Neunkirchen gewählt hat, kann getrost dem Neckarsteigkennzeichen folgen. Wer die hier vorgestellte Passage Hirschhorn – Neckargerach erwandert, und damit drei offizielle Neckarsteigpassagen auf einem Schlag absolviert, sollte ab hier der gelben Markierung “R”, stehend für Neckarrandweg folgen. Nicht zwingend nachvollziehbar ist es, wieso die Väter des Premiumwanderweges die Ortschaften Neunkirchen, Neckarkatzenbach und Guttenbach in zwei ausladenden Schleifen integriert haben. Hier mögen Zertifizierungspunkte für den Premiumwanderweg im Fokus gestanden haben. Die 18 Kilometer lange Passage zwischen Neunkirchen und Neckargerach verläuft fast ausschließlich auf breiten Wirtschaftswegen ohne nennenswerte Highlights. Zum Zwecke der inneren Einkehr sicherlich geeignet, unter dem Gesichtspunkt einer abwechslungsreichen Erlebniswanderung eher nicht.
So geht es unterhalb des Kesselbacher Bergs dem Neckarrandweg folgen weiter, um am Förstelweg wieder auf den Neckarsteig zu stoßen. Nach vier Kilometern ist die Ruine Minneburg erreicht. Bemerkswert sind die Rundtürme an den Ecken der Burganlage, die an französische Burgen erinnern. Die Geschichte der Burg ähnelt der Historie der Burg Stolzeneck, 400 Jahre in Betrieb und seit 400 Jahren dem Zerfall ausgesetzt.
Der Rest der Tourwiederum optional. Zur Wahl steht eine sinnlose Schleife nach Neckarkatzenbach, einer Großkommune mit immerhin 150 Einwohnern, die die Passage nach Neckargerach um 8 Kilometer verlängert. Alternativ führt ein steiler Pfad abwärts zum Neckar um nach 1,5 Kilometern die Gaststätte zur Eisenbahn vis a vis der S-Bahn Station zu erreichen, wo die eingesparte Zeit für ein ein krönendes Wanderweißbier verwendet werden kann, bevor es mit der S1 Richtung Heidelberg zurück nach Hirschhorn geht.
Der zweite Neckarsteigtrail, 35 Kilometer mit knackigen 1.208 Höhenmetern. Die gewählte Strecke ist wandertechnisch gesehen sehr zu empfehlen. Inwieweit die aufgeführten und nicht begangenen Streckenerweiterungen aus der Wanderbrille betrachtet erbaulich sind, möge jeder für sich entscheiden. Die restlichen beiden Passagen nach Bad Wimpfen versprechen aber auch interessant zu werden. Fortsetzung demnächst….
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