270 Erlebnispunkte

Bad Salzig, den 28. April 2021 – Erlebnispunkte sammeln, durchaus eine motivierende Inspiration für alle, die diese Welt zu Fuß entdecken möchten. Erlebnispunkte, erfunden vom Deutschen Wanderinstitut in Marburg und integrativer Bestandteil eines ausgeklügelten Bewertungssystems. 34 Hauptkriterien, granuliert in über 200 Merkmalen, werden dabei zur Zertifizierung entsprechender Premiumwanderwege herangezogen. Mittlerweile sind 650 Wanderwege, vornehmlich in Deutschland, zertifiziert. Vierzig davon haben dabei eine Punktzahl von über 80 und zwölf davon mehr als 90 von 100 möglichen Punkten erreicht. Auf dieser Tour wurden drei hochprämierte Wege zu einer außergewöhnlichen Premiumwandertour verknüpft. Die Rede ist dabei von der Traumschleife Rheingold, zertifiziert mit 83 Erlebnispunkten, der Traumschleife Elfenlay, bewertet mit 82 Punkten, sowie der Traumschleife Marienberg, die mit einer Traumnote von 95 Punkten bedacht wurde.

Startpunkt dieser speziellen Tour ist der Kurpark in Bad Salzig, dort, wo man kurstadtunüblich kostenfreie Parkplätze in der Salzbornstraße vorfindet. Die erste Traumschleife dieser Exkursion ist die Traumschleife Rheingold, die man von Bad Salzig aus über ein Teilstück der Traumschleife Fünfseenblick mit Marschrichtung gen Weiler erreichen kann. Hinter dem Bopparder Ortsbezirk Weiler geht es vorbei an der Weilerbachmühle und aufwärts zum Niederwald, dort wo die Reste einer Keltenringwallanlage vorzufinden sind.

Was ein Tagesstart. Während über dem Taunus die Sonne aufgeht…
schwebt gegenüber der illuminierte Supermond (erdnaheste Entfernung) über den Hunsrück
Ein Fall für das künftige Corona-Museum: Einbahnstraßenregelung auf dem Wanderhighway
Ein aus Quarzsteinen eingelassenes Kreuz in einer Bruchsteinmauer im Weilerer Bachtal, dort wo vor einhundert Jahren ein Reiter abstürzte
Hinauf zur ersten Traumschleife
..namens Rheingold. Der Rundweg selbst ist 10,7 Kilometer lang und mit 677 Höhenmetern ausgestattet
Der Gipfel der Keltenringanlage ist erreicht und der Baumwuchs veranschaulicht einmal mehr, dass hier der Wind mehr oder minder stetig vom Taunus in den Hunsrück hineinbläst

Schon vor zweihundert Jahren wußte der Dichter Friedrich Schlegel zu berichten, dass hier der Rhein am schönsten sei. Und fürwahr – schönste Panoramablicke auf den Vater Rhein erinnern an diesen historisch belegten Eindruck. Nicht umsonst ist diese Traumschleife 2016 zum drittschönsten Wanderweg Deutschlands gewählt worden und nicht umsonst wurde hier eine Heimatschnulze gedreht, wie auf eine der hier zahlreich angebrachten Informationstafeln zu entnehmen ist. Oberhalb des Patelsbach und unterhalb von Rheinbay wandert man durch schöne Wald- und Wiesenabschnitte nach Holzfeld, dort wo im Tempusbachtal um diese Jahreszeit die hier angebauten Kirschbäume in voller Blüte stehen.

Blick vom Aussichtspunkt Niederwald auf die Kulturlandschaft des Oberen Mittelrheintals
Die Schönheit dieses Landstrichs begeisterte auch Filmemacher
Hier blühen die Mittelrheinkirschen, ob Süß- Sauer- oder Bastardkirschen
Vom Wingertsberg blickt man auf das unten gelegene Hirzenach und rechter Hand liegt Kestert
Und im gegenüberliegenden Flurstück “Am Gaul” wird schon seit Jahrhunderten Stein abgetragen.

Hinter dem Aussichtspunkt Elberheide wandert man durch die vielleicht eindrucksvollste Passage dieser Traumschleife. Gemeint ist nicht der Blick auf den Rhein, sondern der Gang durch den steil abfallenden Eichenniederwald, dort wo von den Bäumen die Lohenrinde (die Rinde der Eiche) zu Gerbzwecken regelmäßig abgeerntet wurde. Es folgt die Europakanzel, ein weiterer markanter Aussichtspunkt auf die untenliegende Rheinlandschaft. Nach einem munteren auf und ab führt die Traumschleife auf felsigem Untergrund hinauf zum Probsteiberg zu weiteren Aussichtsplattformen wie den Bocksberg und die Ploweslay, um nach knapp elf Kilometern die sehr beeindruckende Traumschleife Rheingold zu vollenden.

Bizarr geformte Eichen im Eichenniederwald
und auf der Europakanzel ist ein 24-Stunden-Posten anzutreffen
Eingestreut sind auch gut gangbare Felspartien..
..als Ergänzung zu den naturbelassenen Pfaden
Darum ist es am Rhein so schön…..
Neben Flußpanoramen genießt man auch blühende Aussichten
Fürwahr ein Premiumwanderweg vom Feinsten

Auf dem Weg zur Traumschleife Marienberg folge ich zunächst der Traumschleife Fünfseenblick, die selbst mit immerhin 79 Erlebnispunkten zertifiziert wurde, jedoch nicht im heutigen Fokus steht. Zunächst geht es auf die etwas unspektakuläre westliche Trasse der Traumschleife Marienberg, die zunächst als Durchgang zur nachfolgenden Traumschleife Elfenlay genutzt wird. Oberhalb von Boppard/Buchenau setzt die Traumschleife Marienberg ein, führt zum Pützblick und weiterführend steil hinauf über das Mittelbachtal, den Kasselinger Berg umrundend, zum Marienberger Park. Nach einem Flankenwechsel und einer taktischen Querung von Boppard steht zunächst die komplette Traumschleife Elfenlay auf dem Radarschirm um anschließend die Traumschleife Marienberg auf ihrer beeindruckendsten Passage zu finalisieren. Klingt komplex ist jedoch eine durchaus sinnvolle Variante um die Traumschleifen zu verbinden, wobei im Nachgang betrachtet sich auch die Richtungswechsel (einmal gegen, einmal im und einmal gegen den Uhrzeigersinn) als vorteilhaft erwiesen haben.

Eine vierte Traumschleife als temporärer Bypass
Fehlt nur noch, dass der arme Jupp einen Hut in seiner Laube aufstellt….
Traumschleife Marienberg, die 95 Punkte abgeräumt hat
1869 entdeckte ein Wünschelrutengänger diese Quelle und ermöglichte, dass ein hier um die Ecke liegendes Forsthaus schlussendlich mit Wasser versorgt werden konnte
Noch liegt Boppard in der Ferne
Blühende Kirschbäume, summende Bienen – der Frühling zeigt sich von seiner besten Seite
Ein sehr gut verstecktes Brücken-Chronogramm. Addiert man die im Satz besonders hervorgehobenen römischen Ziffern, dann ergibt die Summe das Baujahr der Brücke
Quer durch das Welterbe

Die Traumschleife Elfenlay selbst ist 10,4 Kilometer lang, angereichert mit 707 Höhenmetern, bedacht mit 82 Erlebnispunkten, bestückt mit der größten Rheinschleife der Welt und mit einem Viadukt der Hunsrückbahn bereichert. Zwischendurch und zur Abrundung kann man immer wieder wunderschöne Ausblicke auf den Rhein genießen. Schon der Einstieg in diese Traumschleife ist spektakulär. Vis a vis blickt man hinüber zum Vierseenblick-Lift, der hinauf zum Hirschberg führt. Von dort oben kann man vier Rheinschleifen erkennen , die durch den Verlauf des Flussbetts zwischen den Höhenzügen von Hunsrück und Taunus wie Seen wirken. Wer jedoch einen Fünfseenblick genießen möchte, der sollte sich die gleichnamige Traumschleife unter die Schuhsohle nehmen. Allemal ist der Blick die Rheinschleife Bopparder Hamm der vielleicht eindrucksvollste Ausblick der gesamten Passage.

Im wahrsten Sinne des Wortes ein Traum von Schleife…
Blick hinüber auf den Hirschberg
Der Ausblick des Tages…….der Bopparder Hamm
..aber auch die Ausblicke in den Hunsrück sind nicht zu verachten

Einmal mehr geht es aufwärts, diesmal hinauf zum Elfenlay oberhalb des Kalmuttals, auf den Spuren der steilsten Eisenbahnstrecke Deutschlands. Seit 1908 rumpelt hier die Hunsrückbahn durch und bewältigt auf einer Strecke von sechs Kilometern einen Höhenunterschied von 338 Metern. Oben an der Liesenfeld,s Hütte kann man seine Blicke über die Hubertusschlucht und das hier eingelassene Viadukt schweifen lassen. Zurück geht es durch das Brudermichelstal zum Marienbergteich um dort die Restetappe der Traumschleife Marienberg zu absolvieren.

Abwärts geht es bis hinab zur Uferböschung des Mühlbachtals um im Anschluß zur Liesenfeld,s Hütte aufzusteigen.
Die Hunsrückbahn auf den Gleisen von Deutschlands steilster Eisenbahnstrecke
..und das markante Viadukt überspannt die Hubertusschlucht
Blick hinab auf Boppard nebst Rhein

So bleibt noch das große Finale, die mit sage und schreibe 95 Punkten belegte Traumschleife Marienberg, die mit knapp zwölf Kilometern und 540 Höhenmetern aufwartet. Der Hinweg zur Mittagszeit war nicht sonderlich beeindruckend, so müsste, könnte man meinen, die Highlights auf der Rückpassage liegen. Vom Marienbergteich aus steht der steilste Tagesanstieg an, hinauf zum Eisenbolz. Vorbei an Thonets Höhe und Baedeker,s Ruh folgt man einem schmalen Pfad der direkt an der Geländekante von aufgegebenen Weinbergen und Obstgärten führt. Ab und an eröffnen sich wunderbare Blicke auf die Rheinlandschaft, jedoch mag es auch an der Reizüberflutung des vorausgegangenen Kilometer liegen, es erschließt sich nicht wirklich, wieso diese Traumschleife mit deutlichem Abstand die höchste Erlebnispunkte eingefahren hat. Die Streckenführung ist lebendig, teilweise sind anspruchsvolle Passagen zu bewältigen, die nicht unbedingt bei Starkregen begangen werden sollten. Vorbei am Teufelslay geht es nochmals aufwärts zum Friedenskreuz, dort wo die dritte Traumschleife in nordwestlicher Richtung zurück nach Boppard verschwenkt.

Auch der Transferweg von Schleife zu Schleife ist gut gangbar
Nach einem kräftigen Anstieg zum Eisenbolzkopf wird man an der gleichnamigen Hütte mit einem stimmungsaufhellenden Graffiti begrüßt
Schmale Pfade kennzeichnen den Rückweg der Traumschleife Marienberg
Deutsche Kriminalgeschichte entlang des Traumpfads
Der erste Reiseführer den Baedecker 1828 publizierte hieß “Rheinreise”
Blick auf Bad Salzig (rechts)
Auch auf den letzten Kilometern ist Achtsamkeit angesagt
Die letzte Traumschleifenstation, das Friedenskreuz oberhalb von Bad Salzig, ist erreicht

270 Erlebnispunkte auf drei Premiumwanderwege, die allsamt in der höchsten Kategorie zertifiziert wurden. Im Gesamten eine Wandertour der Superlative. Zu respektieren ist das Bewertungsverfahren des Deutschen Wanderinstitutes welches durchaus mit einem semiwissenschaftlichen Ansatz belegt ist. Ungeachtet dessen, ist unter der persönlichen subjektiven Wahrnehmung der Tagesfavorit die Traumschleife Elfenlay gewesen, hauchdünn, aber wirklich hauchdünn gefolgt von der Traumschleife Rheingold und mit gebührendem Abstand die Traumschleife Marienberg – quasi die Umkehr der offiziellen Bewertung. Wie auch im letzten Beitrag “Deutschlands schönster Wanderweg” beschrieben, können Eindruck und Zertifizierungsergebnis durchaus auseinanderklaffen, was jedoch nicht verwerflich ist. Am Ende zählt der persönliche Eindruck und die Freude an den Dingen die nicht immer einem Bewertungsschema unterliegen müssen. Ungeachtet aller Punkteskalen: wunderbar wanderbar, empfehlenswert und traumhaft sind sie durch die Bank weg alle.

Wer diese nicht alltägliche Kombination angehen möchte sollte ein Butterbrot mehr in den Rucksack einpacken, denn immerhin 47 Kilometer und 1.930 Traumschleifenhöhenmeter wollen angegangen werden. Bleibt einzig noch die Frage ob dieses Wanderspektakel getoppt werden kann. Es kann! “277 Erlebnispunkte”, so das Motto eine der nächsten Exkursionen, über die in diesem Blog berichtet werden wird.

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