WARN- UND SICHERHEITSHINWEIS! Das Lesen dieses Beitrags gefährdet die Gesundheit. Insbesondere Wandernovizen sind einem erhöhten Infektionsrisiko durch den Befall mit dem Wanderbazillus des Virenstammes Wandersucht [Poriomanie] ausgesetzt. Eine eventuelle Nachahmung wird ausschließlich sach- und fachkundigen Wanderinnen und Wanderern empfohlen, die über eine entsprechende Expertise verfügen.
Beulich, den 08. Mai 2021 – Kann man Superlative toppen? Scheint machbar! Man öffne die Wanderkiste, suche sich das Beste vom Besten aus, verzahne und verdichte es zu einer mehr als außergewöhnlichen Tagesexpedition. Die Rezeptur liegt auf der Hand, beziehungsweise auf der Wanderkarte. Die Traumschleife Ehrbachklamm, 2015 zum zweitschönsten Wanderweg Deutschlands gewählt und vom Marburger Wanderinstitut mit sagenhaften 96 Punkten geadelt; die Traumschleife Murscher Eselsche, 88 hervorragende Punkte und Platz 4 im Jahre 2013; sowie die Traumschleife Baybachklamm, mit 95 Erlebnispunkten ausgestattet und 2011 als drittschönster Wanderweg Deutschlands ausgezeichnet, das Ganze verzahnt mit Transferstrecken auf dem Saar-Hunsrück-Steig der als Qualitätswanderweg selbst in der Wanderchampionsleague vertreten ist, fertig ist ein Wandermenue, von dem man noch im fortgeschrittenen Alter mit Genuss seinen Enkeln berichten kann.
Gestartet wird am Ortsrand von Beulich, einem kleinen Weiler der im Rhein-Hunsrück-Kreis gelegen, eingebettet im Hunsrücker Rhein-Mosel-Delta und zudem mit mit weitreichenden Panoramablickmöglichkeiten in alle Himmelsrichtungen gesegnet ist. Ein puristisches Holzschild verweist auf die Marschrichtung in nordöstlicher Richtung. Es geht abwärts, deutlich abwärts in die tiefe Talsenke, den Mühlchesbach querend, um auf einer Gegenflanke steil aufwärts zum Mermuther Eck aufzusteigen.
Das Mermuther Eck liegt oberhalb der offiziellen Traumschleife und nach einem weiteren Kilometer ist die wunderbare Welt der Ehrbachklamm erreicht. Kein Wunder, dass das Marburger Wanderinstitut diese Traumschleife mit 96 von möglichen 100 Punkten ausgezeichnet hat. Auf den nächsten 1,8 Kilometern entfaltet sich die Schönheit dieses Mosel-Seitentals. Der Ehrbach gurgelt durch das tiefe Tal und vor sich hin modernde Baumskelette und moosbehangenes Gestein flankieren die steilen Gebirgshöhenzüge, die sich links und rechts des Ehrbachs auftürmen. Der Traumschleifenweg durch die Klamm ist schmal, teilweise ausgesetzt und mit Stahlseilen fixiert. Bei hohem Wasserstand mag man sich hier durchaus auch nasse Füße holen – aber das ist eben Outdoor.
Am Wendepunkt der Klamm, dort wo ein Stichweg zur Rauschenmühle weiterführt, ist Kontrastprogramm angesagt. Es geht aufwärts, auf schmalen Felspfaden steil aufwärts durch spektakuläre Krüppeleichenformationen, welche sich an den Steilhängen rund um den markanten Aussichtspunkt, der Peterslay, festgekrallt haben. Der Gang durch die Klamm und der Aufstieg über die Steilformationen des aufgefalteten Hunsrückgesteins, eine Mixtur, die seinesgleichen sucht.
Von der Peterslay geht es abwärts, Richtung Oppenhausen, dort wo der offzielle Startpunkt der Traumschleife Ehrbachklamm vorzufinden ist. Vorbei an einem Waldkindergarten, der Beulslay und der Stierwiese verlasse ich am Kiesgrubenweg die erste Schleife um über gut gangbare Wald- und Wiesenwege unterhalb von Morshausen in die Umlaufbahn der zweiten Traumschleife, die Traumschleife Murscher Eselsche anzudocken. Der ungewöhnliche Name dieser Traumschleife klärt sich rasch auf. Zunächst geht es, von der Talsenke des Baybachtals kommend, steil aufwärts, dort wo eine Felsformation, als Namensgeber der Traumschleife herhielt. Ablagerungen von ehemaligen Meeressedimenten die durch die Kontinentalquetschung zu aufrecht stehenden Gesteinsformationen führten, bildeten eine Gesteinsformation aus, die mit viel Kreativität als Esel ausgemacht werden kann. So war das Murscher Eselsche geboren. Als Phantasiestütze führt eine Bildtafel dem vorbeiziehenden Wanderer in die sichtbar nicht ersichtliche Eselsfigur ein.
Aussichtsreich gestalten sich die nächsten Kilometer mit weitreichenden Blicken über den Hunsrück mit Ausblicken bis hinüber in die Eifel. Was folgt ist der Zechpfad, der den Spuren der ehemaligen Zecharbeiter, die vor 150 Jahren in der hier befindlichen Grube Theresia Erz abbauten, folgt. Heute ist der historische Grubenpfad integrativer Bestandteil dieser Traumschleife. Nach dem Grubenpfad folgt man der Traumschleife die nun eine Schleife zu einem weitläufigen Forellenzuchtareal schlägt. Hier begegne ich nach zwanzig Kilometern (!) erstmals Menschen an diesem Tag. Menschen die in stoischer Ruhe mit ihrer Angel am Teich sitzen und Traumschleife Schleife sein lassen – so frönt jeder nach seinem Gusto seine Hobbies.
Hinter dem Forellenhof eröffnen sich neue Perspektiven, der Gang durch das Baybachtal, zunächst immer noch der Traumschleife Murscher Eselsche folgend. Vorbei am Alten Zechhaus passiert man zuerst die ehemalige Mohrenmühle und dann die Franzenmühle. Hinter der Franzenmühle verschwenkt die Traumschleife zurück Richtung Haacks-Köppsche. Ich folge jedoch ab nun auf den nächsten sechs Kilometern dem Saar-Hunsrücksteig, der sich vor den Traumschleifen in punkto Wegeverlauf und Wandererlebnis keineswegs zu verstecken braucht. Im Gegenteil. Die Textur des Weges – vom Allerfeinsten. So hat man Zeit Pläne zu schmieden, wie beispielsweise 410 traumhafte Saar-Hunsrück-Steigkilometer tranchiert in zehn Touren zu erwandern – ein heißer Kandidat für die persönliche Wanderbucketliste. Vor Steffenshof ist die dritte Traumschleife des Tages, die Traumschleife Baybachklamm erreicht. Im 20-Seelenweiler Steffenshof selbst kann man den Zertifizierungswahn von Premiumwanderwegen vortrefflich studieren. Zur Minimierung des Streckenasphaltanteils (der in toto nahezu bei Null liegt) führt die Traumschleife offiziell über einen zehn Meter entfernten Wirtschaftsweg um die kleine Ortschaft. Es sollte jedoch nicht verboten sein, den Gang vorbei an der kleinen Ortskapelle zu wählen. Umweg: 0,00 Meter.
Von Steffenshof taucht man ein in die nächste Waldpassage hinauf zum Schinkaul, dort wo noch im letzten Jahrhundert verendetes Vieh in einer Grube entsorgt wurde. Abwärts geht es zum “offiziellen Einstieg” der Traumschleife, zum Parkplatz Heyweiler. Im Gegensatz zu den ersten menschenleeren 30 Kilometern geht es nun, samstagmittagsüblich geschäftig zu. Die Fahrzeuge sind gewaschen, der Wocheneinkauf erledigt, die Gasse gekehrt, Zeit genug um bei guten Wetterbedingungen die erlebnisreiche Traumschleife Baybachklamm unter die Sohle zu nehmen. Vom Wanderportal führt die Traumschleife zur Aussicht Barreterley, eine luftige Felsklippe, die Premiumaussichten auf das unten liegende Baybachtal ermöglicht.
Abwärts geht es in die Baybachklamm. An einigen exponierten Stellen unterstützen Seilsicherungen den Gang abwärts. Mal quirlig der Wasserlauf des Baybachs, an anderer Stelle scheinbar in sich ruhend. Vorbei an markanten Felsformationen geht es durch die kleine Klamm bis zur Schmausenmühle, eine über die grenzen der Region hinaus bekannte und beliebte Raststation. Der Rest der Strecke – ein traumschleifenloser acht Kilometer langer Rückweg. Ein schmaler Waldpfad (den man suchen muß) oberhalb der kurvenreichen Zubringerstraße, führt hinauf zum Schorfelder Hof um weiterführend über den Roskerbachtalweg den morgendlichen Startpunkt Beulich zu erreichen.
“Kann man Superlative toppen?”, so die Eingangsfrage. Man kann! Drei Traumschleifen, die allesamt in den höchsten Punkteregionen als Premiumwanderwege zertifiziert wurden. Drei Wanderwege, die bei Wahl der schönsten Wanderwege Deutschlands vorderste Plätze erhielten. Drei Traumschleifen, die für sich schon in der Einzelbetrachtung Wandererlebnis pur bieten. Drei Premiumwanderwege die in Bündelung zusammen mit dem Saar-Hunsrücksteig ein Wandererlebnis auf allerhöchstem Niveau bieten. Kann man solch eine Superlative noch toppen? Schwierig. Die Vielschichtigkeit der Eindrücke dieser Tour loten die Grenzen massiver Reizüberflutungen aus. Am langen Ende fallen die 46 Kilometer und 1.630 Höhenmeter nicht ins Gewicht, da man zu sehr mit den gebündelten Eindrücken dieser hochgradig zu empfehlenden Tour mehr als beschäftigt ist.
Wow, sehr beeindruckend Dein Bericht, tolle Bilder und schöne Beschreibung für die bizarren Felsformationen. Macht echt Laune, weiter an den Wanderungen, wenn auch “nur” zum Genuss, in unserer Umgebung zu kredenzen. Wir haben übrigens tollen Lerchensporn gefunden, der typisch ist für das Baybachtal, außerdem verschiedenste Farne.
Danke Judith – wenn man mit Muse durch die Traumschleifen wandert, kann man natürlich schöne botanische Entdeckungen machen, was bei meinem Pensum eher auf der Strecke bleibt.
Was für eine tolle Wanderung! Besonders die Baybach- und Ehrbach-Klamm haben uns fasziniert. Abenteuerlich, abwechslungsreich und anstrengend zugleich! Die 46km sind sehr kurzweilig. Einfach TRAUMHAFT! Unser Start- und Zielpunkt war die “Schmausenmühle”, wo wir grandios nach der Tour geschmaust haben. Einfach spitze. Macht definitiv Lust auf mehr Traumschleifen.
Hallo Ihr Beiden, schön mal wieder von Euch zu hören und gut zu wissen, dass die Schmausenmühle ein Volltreffer war. Allemal ist es lohnenswert die Traumschleifen unter die Wandersohle zu nehmen. Beste Grüße Martin