Freinsheim, den 27. Januar 2024 – “Wenn die Weinberge im Herbst erglühen, wächst die Wanderlust – und die Vorfreude auf gute Tropfen …” berichtete im November 2020 das Outdoormagazin. Wer dies glaubt hat die Rechnung ohne die Pfalz gemacht. Dort wo Essen und Trinken essentieller Grundbestandteil der Pfälzer Lebenskultur ist, dort wo man an zwölf Monaten im Jahr immer eine Gelegenheit findet die Schoppengläser auszupacken um den urbanen Weitblick zu schärfen, dort wo eine Rieslingschorle üblicherweise in 0,5l Dubbegläser ausgeschenkt wird – genau dort startet alljährlich in Deutschland die Weinlagenwandersaison.
Es ist schon beeindruckend, was im Januar auf dem Freinsheimer Musikantenbuckel aufgefahren wird. Vierzehn Weingüter kredenzen Rotweine aus der heimischen Produktion und das kulinarische Spektrum ist immens. Ob Pfälzer Rotweingulasch vom Landrind, Wildsaumagen im Weck, Rieslingschinken, gefüllte Pfälzer Grumbeer, Hoorische Kartoffelknödel, Saumagenburger, Pfälzer Panini mit Honigsenf, Dornfelder Muffins und und und….. kein Wunder das man in der Pfalz den Grundsatz verinnerlicht: “Hauptsach Gudd gess…….”
Offiziell sind die Stände ab 11:30 Uhr geöffnet. Zeit genug um mit einem angemessenen Anlauf in die Freinsheimer Weinlagenrunde zu starten. Gestartet wird im zehn Kilometer entfernten Bad Dürkheim, dort wo in thematischer Verbundenheit das größte Weinfass der Welt steht. Den Kurpark streifend geht es vorbei am gewaltigen Gradierbau der ehemaligen Saline Philippshall. So kann es nicht schädlich sein, bevor man die Nase in die Freinsheimer Schoppengläser eintaucht, zunächst die Lungenflügel mit zerstäubter Salzluft zu fluten – wobei man in der Thüringer Kur- und Weinstadt Bad Sulza schon einen Schritt weiter ist, denn im dortigen Gradierwerk wird bei besonderen Anlässen Wein zerstäubt – Zutritt für Minderjährige und Schwangere hierbei verboten…..
Man hat keine Chance auf dem Weg von Bad Dürkheim nach Freinsheim dem Wein aus dem Weg zu gehen. Michelsberg, Fronhof, Fuchsmantel, Nonnengarten, Hochbenn, Rittergarten, Nußriegel, Bettelhaus, Osterberg und und und.. Weinlage reiht sich an Weinlage – und keine Frage, schmackhaft ist der Rebensaft, der hier gezogen wird allemal. Mineralhaltige Böden, ein mediterran-mildes Klima und ein geschicktes Händchen der hier ansässigen Winzer – fertig ist das Erfolgsrezept für Spitzenweine. Im Schnitt veranschlagt man 250 Arbeitsstunden pro Hektar im Jahr für die Hege und Pflege der Weinflächen in der Ebene. So wundert es nicht dass bereits Ende Januar reger Betrieb in den Wingerten zu verzeichnen ist.
Nach zehn Kilometern ist Freinsheim, oder “Fränsem” wie man hier sagt, erreicht. Freinsheim ist ein Kleinod und lohnenswert ist ein Rundgang im Inneren der nahezu komplett erhaltenen Stadtmauer. Versteckte Ecken und Nischen tun sich auf und sichtbar wird, dass der historische Kern im Gesamten in den letzten Jahrzehnten aufwändig restauriert und instandgesetzt wurde. Da die winterliche Rotweinwanderung mittlerweile ein fester Bestandteil im jährlichen Veranstaltungskalender der Stadt ist, wundert es auch nicht dass von der Ortsmitte aus eine akkurate Beschilderung hinauf zur Weinbergslage führt, dort wo eifrig die Gläser geschwungen werden.
Natürlich fällt es schwer sich dem weinseligen Geschehen zu entziehen, jedoch nicht minder attraktiv ist die gewählte Route die zurück nach Bad Dürkheim führt. Vom Weingelage bei Freinsheim geht es hinauf zum benachbarten Herxheim am Berg der höchstgelegene Ort der direkt an der Deutschen Weinstraße liegt. Eindrucksvoll die Ausblicke die man von hier oben genießen kann. Von Herxheim könnte man an der südöstlichen Kante über das obere Bärental direkt nach Bad Dürkheim zurückwandern. Attraktiver ist jedoch der Gang über den Felsenberg hinab zum Berntal, um am dortigen Talende am Ortsrand von Kallstadt, westwärts vorbei an Ungstein über die Weinlagen Herrnberg und Michelsberg zum morgendlichen Startort zurückzuwandern. Eindrucksvolle Panoramen über die Pfälzer Weinlandschaft bis hinüber zur gegenüberliegenden Bergstraße sind dabei inkludiert.
Eine eindrucksvolle Rotweinwanderung mit einem angemessenen Vorlauf zur ersten Rotweinwanderung in der Pfalz und einer sich anschließenden aussichtsreichen Rückpassage nach Bad Dürkheim. Mit 26 Kilometern und 450 Höhenmetern gut bestückt und wenn man es bei einem Gläschen Rotwein belässt, dann ist unter diesen Parametern diese Tour als formvollendete Genusswanderung zu verbuchen. Wer Nachschlag benötigt, dem kann geholfen werden. Freinsheim lädt Ende April zum Blütenfest ein, dort wo der neue Weinjahrgang präsentiert wird und nebenan in Herxheim am Berg steht vier Wochen später eine kulinarische Weinwanderung in der Weinlage Himmelreich an, jedoch sollte man zuvor schon die Pfälzer Mandelblütenfeste auf dem Radarschirm haben und dann steht noch als Vormerkung das größte Weinfest der Welt an… Gibt es eigentlich noch einen Grund sich außerhalb des Pfälzer Dunstkreises zu bewegen…..?
Hinterlasse jetzt einen Kommentar