Fischbach, den 23. Mai 2021 – Nassauisches Allgäu – eine Mogelpackung? Es kommt auf die Sichtweise an. Zumindest das Tourenbild des Tages – eine Fotomontage. Die Berge muss man sich wegdenken, dann kommt man der Sache schon näher.
Zunächst sei dem Tourismusbüro von Bad Schwalbach ausdrücklich gedankt, denn als Dreingabe zu einer Wispertalwanderbroschüre lag ein DIN A3-Plan “Nassauisches Allgäu” bei, für mich ein weißer Fleck auf der Wanderlandkarte. Nach den Worten einer Projektinitatorin habe sich die Wortschöpfung in einem Gespräch mit einem Gastwirt ergeben. Die Anmut von Wiesen und (Mittel)gebirge und die offene Landschaft mit viel Grün, Schafen, Rindern und Pferden waren am langen Ende Quell dieser Inspiration. So hat man insgesamt neun Rundwegerwege und zwei Panoramawege entwickelt, wobei der Bad Schwalbacher Ortsteil Fischbach im Zentrum dieser Taunusrunden steht.
Vollumfänglich entdeckt man eine Region, wenn man sich ihr aus allen Himmelsrichtungen nähert. Entsprechend einfach gestaltete sich die Wegeplanung. Nord, Süd, Ost, West – vier Rundwege zu einer Tagestour verknüpft mit dem Weiler Fischbach im Zentrum. Gestartet wird mit der Rundtour “Hausen vor der Höhe” in südlicher Richtung. Da Fischbach in einer Talsenke liegt, ist für diese Tour eine zusätzliche Herausforderung einzuplanen, denn steigungslos wandern kann man sich abschminken. Entweder geht es aufwärts oder abwärts, so kann man am besten den facettenreichen Wispertaunus mit Allgäufeeling entdecken.
Der erste Rundwanderweg führt durch das hügelige Fischbacher Wiesental und verschwenkt in südlicher Richtung in das drei Kilometer entfernte Hausen. Der Gang zum Nachbarort, ein netter Panoramaweg, einzig der Rückweg unterhalb des Hörhecks ist derzeit nicht für zartbesaitete Gemüter geeignet. Der Borkenkäfer hatte hier zugeschlagen, der Waldbestand ist deutlich dezimiert und schwere Harvester und die massiven Regenfälle der letzten Tage haben den Wanderpfad zu einer regelrechten Schlammpiste verwandelt.
Die Bärstadtrunde führt zunächst zu den Grambacher Weihern und weiterführend rund um den Ochsenberg hinüber zum Galgenkopf, von wo aus man in westlicher Richtung über die Taunuslandschaft bis hin zu den höchsten Erhebungen dieses Mittelgebirges blicken kann. Oberhalb von Bärstadt verbindet ein Panoramaweg die Anhöhen Galgenkopf und Hundskopf. Zurück und tendentiell abwärts führt die Bärstadtrunde wieder nach Fischbach, um am dortigen Ortsrand in den längsten Rundwanderweg, die Ramschiedrunde, einzuschwenken.
Unterhalb des Naturschutzgebietes Ochsenberg wechsele ich zur Ramschieder Runde, der längsten Einzelrunde dieses Wanderparadieses. Wie alle anderen Runden ist auch diese Tour waldlastig. Freunde gepflegter Waldwanderungen sind hier bestens aufgehoben. Durchatmen und Sauerstoff tanken, fernab jeglichem Zivilisationslärmes, Balsam für Körper und Geist. Wer Entschleunigung sucht, hier ist man bestens aufgehoben. Auf der Bad Schwalbacher Höhe kann man sich zu einer Brotzeit niederlassen und die Blicke über das untenliegende Bad Schwalbach bis hinüber zum Feldberg im Taunus schweifen zu lassen, bevor das benachbarte Ramschied umrundet wird. Hier ist auch der nördlichste Punkt dieser Himmelwegsrichtungstour erreicht. Erneut gilt es, den Rundwegen folgend, einen weiteren Bogen zu laufen. Südlich abwärts gen Fischbachtal um auf der gegenüberliegenden Flanke wiederum aufwärts, diesmal Richtung Langenseifen zu wandern. Zwischendrin trifft man partiell auf Wegeabschnitte der sehr zu empfehlenden Wispertaltrails, die allsamt als Premiumwanderwege klassifiziert wurden.
Zum dritten mal geht es abwärts nach Fischbach zur letzten Runde, diesmal in westlicher Richtung gen Obergladbach. Vorbei geht es am Fischbacher Sauerbrunnen, dort wo bereits seit 1581 eine Mineralquelle sprudelt. Nach einer Überlieferung wurde eine Frau, die sich einst sehnlich ein Kind wünschte erst schwanger, nachdem sie von diesem Wässerchen kostete. Eine letzte Auf- und Abstiegsrunde führt rund um den Rabenkopf, den Weiler Obergladbach querend, bevor es diesmal final zurück geht nach Fischbach.
Das Nassauische Allgäu – sicherlich mehr als ein Marketinggag. Man hatte ja sogar beim Patentamt angerufen um sich diesen Namen schützen zu lassen, was jedoch nicht erforderlich war. Die Landschaft im Hinterhof der Bäderlandschaft Bad Schwalbach und Schlangenbad ist eine stille und beschauliche Wandergegend. Frische Taunusluft und ausgedehnte Waldgebiete ermöglich hier stundenlange Wanderungen, die zwar nicht durch spektakuläre Landmarken geprägt sind, aber durch ihr Naturgebiet überzeugen. Wer Entschleunigung sucht, ist hier richtig aufgehoben, wie einmal mehr diese 42 Kilometer lange und mit 1.150 Höhenmeter gespickte Tour unter Beweis gestellt hat. Strukturell bietet es sich an die auf Fischbach zentrierte Wanderwegsinfrastruktur zu nutzen und durch ein überregionales Wanderevent in das Rampenlicht der Wandercommunity zu rücken. Ein Wandermarktplatz in Fischbach eingerichtet, Allgäuer Bier, Weißwurst und Bretzeln aufgefahren und fünf Wanderrundrouten – in der Spitze für Wanderkilometersammler bis zu 50 Kilometer im Angebot – fertig wäre eine öffentlichkeitswirksame Veranstaltung der besonderen Art. Und nach jeder Runde ein herrliches Weißbier in Fischbach…… was für Möglichkeiten…
Dieser Prospekt mit den Bergbildern stellt eine absolute Frechheit dar und hat mit dem Allgäu rein gar nichts zu tun. Das doppelt vorhandene Bild zeigt die Berge Patagoniens mit dem weltbekannten Cerro Torre. Auf dem anderen Bild sind auch keine Allgäuer Berge zu sehen. Dazu kommt noch, daß das Kloster Andechs am Ammersee und nicht im Allgäu zu finden ist.
Einen schönen Gruß sagt der Manne, ein “waschechter” Allgäuer.
Danke für die Resonanz eines waschechten Allgäuers! Die Touristeninfo in Bad Schwalbach muss ich ausdrücklich in Schutz nehmen. Die Bilder wurden in keinem Prospekt veröffentlicht – es wird ausschließlich von offizieller Seite der Namen “Nassauisches Allgäu” beworben. Wie im Blogbeitrag beschrieben sind die beiden Aufnahmen eigene Fotomontagen die richtigerweise nichts mit dem Allgäu zu tun haben, sondern als ironische Bereicherung zu der nicht alltäglichen Namensprägung der Wanderregion im Taunus zu sehen sind. Und dass das wohlschmeckende Bier vom Heiligen Berg vom Ammersee herhalten musste, war nur der Tatsache geschuldet, dass im Nassauischen Allgäu weder ein Irseer Klosterbräu, noch ein Engelbräu Rettenberg oder Sonthofener Hirschbräu aufzutreiben war. So musste eben das bajuwarische Bierschild, vorzufinden in Obergladbach, herhalten. Am langen Ende bleibt die Erkenntnis, dass das wahre Allgäu nicht kopierbar ist! In diesem Sinne allerbeste Grüße in den Allgäu, der paradiesischen Eintrittspforte in die Alpenregion, die übrigens dieses Jahr auch auf unserem Wanderplan steht.
Vielen Dank für den Beitrag über die Wanderung durch das “Nassauische Allgäu”. Fand ich sehr amüsant und unterhaltsam. Auch die Bilder haben mir sehr gefallen. Ich werde die Gegend auf jeden Fall erkunden …
Viele Grüße aus Wiesbaden-Biebrich
Ein Dank an den waschechten Biebricher von einem waschechten Odenwälder und viel Spaß an der Erkundung einer nicht immer waschechten nassauischen Allgäuregion. 🙂