Fronhausen, den 25. September 2016 –
Beste Bedingungen in jeglicher Hinsicht. Der Herbst noch jung, der Sommer als langanhaltender Altweibersommer noch sattelfest verankert, abwechslungsreiche Wanderwege mit markanten kulturellen Highlights auf der Passage zwischen Fronhausen und Wetzlar, das ganze unterlegt mit hin- ausreichenden Einkehrmöglichkeiten – Wanderherz, was begehrst Du mehr?
Gestartet wird am Bahnhof in Fronhausen. Von dort aus führt der Zubringerweg zum 2,5 Kilometer entfernten Lahnwanderweg, der in gewohnt guter Qualität gekennzeichnet ist. Natürlich wurde der Rat des Wanderführers nicht befolgt, nicht zu früh zu starten, um gen 11.30 Uhr zur Brotzeit in der Schmelzmühle einzukehren. Sicherlich eine nachvollziehbare Empfehlung für Kurzwanderer, die die elf Kilometer lange Strecke von Fronhausen nach Lollar im Visier haben. So geht es zu früher Morgenstunde ohne Rasteinlage vorbei am weitläufigen Areal der Schmelzmühle, hinein in einen ansehnlichen Taleinschnitt der Salzböden, dort wo einst acht Mühlen entlang der 28 Kilometer langen Salzböde in Betrieb waren. Bald erreicht man die Gemeinde Salzböden, dort wo neben der Schmelzmühle das zweite Mühlengasthaus, die Schönemühle, betrieben wird, jedoch natürlich noch nicht geöffnet zu früher Stunde. Ungewöhnlich allemal ist der Name Salzböde für einen Süßwasserbach, auch wenn nach Deutung des Pflanzenbewuchses man hier im Boden einen erhöhten Mineral- und Salzgehalt feststellen konnte, und nach einem hartnäckigen Volksglaube das Wasser doch etwas salzig schmeckt.
Gemäßigt ansteigend geht es hinauf zum 299 Meter hoch gelegenen Altenberg. Von hier aus kann man weitreichende Blicke genießen, wenn nicht wie an diesem Tage die Morgendiesigkeit eine Schleierglocke über die Lahnlandschaft legt. Zwei Kilometer weiter erreicht man den Zuweg Richtung Lollar. Gefolgt wird jedoch der Hauptpassage Richtung Krofdorf–Gleiberg. Die gut gangbaren Waldwegen wandernd erreicht man bald das Naturschutzgebiet Wißmarbachtal. Auch wenn Ende September die Blütezeit längst vorbei ist, kann man aufgrund der bestehenden Gräser darauf schließen, dass hier artenreiche Feucht- und Sumpfgebiete vorzufinden sind.
Vorbei an einer weitreichenden Fischteichanlage geht es hinauf zu einer Waldeslichtung. Bald eröffnet eine neue Sichtachse einen spektakulären Blick auf die Burg Gleiberg. Jedoch sind noch gute sieben Kilometer zu absolvieren, bis die markante Burganlage erreicht ist. Auf sehr schönen, gut gangbaren Pfaden umrundet man Gleiberg um von hinten kommend den 308 Meter hohen Basaltkegel nebst Burganlage zu erklimmen. Reich die Historie der Burganlage, die im Jahre 1000 errichtet wurde. Allemal rentiert es sich den Burgturm zu erklimmen, um die Blicke vom Feldberg im Taunus, dem Hoherodkopf im Vogelsberg, bis hin zu den Anhöhen des Westerwaldes und dem Gießener Becken zu genießen. Rentierlich auch eine Einkehr in das Burgrestaurant – angesichts der großartigen Wetterlage bietet es sich selbstredend an, sich im schmucken Biergarten niederzulassen.
Von der Burg Gleiberg liegt zum greifen nahe, die 1,7 Luftlinienkilometer entfernte Burg Vetzberg. Tatsächlich wurde die Burg Vetzberg von den Gleiberger Grafen 150 Jahre später als Zweitburg errichtet. Schon damals war man clever. So führte man seinerseits die Burgtrasse rechts um die Berg herum, damit die Angreifer ihre rechte Seite, die nicht durch ein Schild geschützt war, dem Besitzer zuwenden mussten. Einer Sage zufolge waren beide Burgen durch einen unterirdischen Gang verbunden, der jedoch bis heute nicht gefunden wurde. Auch auf der Burg Vetzburg kann man einkehren und vortrefflich die Blicke über die Gießener Lande schweifen lassen.
Einzig unlogisch ist die Streckenführung zur Burg Vetzberg. Zwar proklamiert der Wanderführer, dass man unbedingt die Burg Vetzberg erklimmen solle, jedoch führt die Wegekennzeichnung einmal rundherum um von hinten per Zubringerweg auf die Veste zu führen. Sicherlich dem Zertifizierungswahn des Wanderinstitutes geschuldet um nach Möglichkeit keinen Meter Asphalt zuviel entlang der Wegeführung anbieten zu müssen. Pragmatischer ist es jedoch direkt die Fährte hinauf zur Burg aufzunehmen.
Hinab geht es in das zwei Kilometer entfernte Rodheim-Bieber, welches nicht zwingend zu einer näheren Besichtigung einlädt. Durch ein Schrebergartenareal geht es aufwärts zum Frauenkreuz, einem markanten Punkt auf der Strecke Richtung Wetzlar. Das Frauenkreuz, 1759 in einem Krieg zerstört und durch ein Replikat ersetzt, erinnert an eine Mordtat an eine Gleiberger Gräfin. Weiter geht es, den sagenumwobenen Königstuhl umrundend Richtung Waldgirmes. Jedoch auch hier ist die Routenführung inkonsequent. Geschickter wäre es gewesen den Königstuhl von Osten nach Westen zu überschreiten um der einstigen germanischen Gerichtsstätte einen Besuch abzustatten.
Bald verlässt man das Waldgebiet und es eröffnet sich ein wunderbarer Blick auf die gegenüberliegenden Lahnhöhen. Bei Kilometer 38 ist durchaus ein Abstecher in der nahegelegenen Haustädter Mühle zu empfehlen. Die A45 querend ist von hier aus bald die Lahnbrücke erreicht. Im Nauheimer Freizeitareal ist bei diesen Wetterkonditionen ein reger Betrieb zu verzeichnen. Ganze Familienverbünde haben sich hier niedergelassen, die Grillsaison ist scheinbar noch lange nicht beendet und der kreuzende Lahnradweg sorgt für entsprechende Frequenz auf den Freizeitpisten.
An den Lahnauen weist ein Verbotsschild darauf hin, dass wegen Flugbetrieb der hier beheimateten Seglerfreunde ein Asphaltbypass zu nutzen ist. So geht es Garbenheim querend, die letzte Tagessteigung angehend hinauf zum Bismarckturm, einem ehemaligen Wachturm. Hier oben kann man wunderbare Panoramasichten genießen. Der Rest – Auslauf in die Domstadt Wetzlar. Dem Lahnwanderweg folgend ist bald der mächtige Wetzlarer Dom erreicht. Der Dom der per se mangels Bischofssitz nie eine Kathedrale war, ist eine der ältesten Simultankirchen Deutschlands, da von Katholiken und Protestanten gemeinsam genutzt.
Gegenüber der Kirche war seit 1689 für mehr als 120 Jahre das Reichskammergericht ansässig, dort wo auch ein gewisser Herr Johann Wolfgang von Goethe als Praktikant eingeschrieben war, und als Opfer einer hoffnungslosen Liebe den Grundstein für das Weltliteraturstück „Die Leiden des jungen Werther“ legte. Alleine mit Wetzlar könnte man sich gut und gerne einen ganzen Tag beschäftigen.
So geht es durch die sehenswerte historische Altstadt über die alte Lahnbrücke mit der weitreichenden Wehranlage, flankiert von Biergärten jen- und diesseits der Lahn zum Bahnhof. Nach 45 Kilometern und knapp 1.100 Höhenmetern ist eine erlebnisreiche Lahnwanderwegstour zu Ende. Viel Stoff für eine Langstreckenwanderung – Genußwanderer die intensiver in die Natur- und Kulturlandschaft eintauchen wollen können diese Passage locker auf zwei Exkursionen strecken –gemäß Tourenguide umfasst diese Passage sogar drei Wanderabschnitte -jeder eben nach seinem Gusto.
Da hast Du ja wieder tolle Bilder reingepackt… Irre! Und mit Deiner Wanderung von der Quelle bis zur Mündung kommst Du wesentlich schneller voran als ich von der Mündung bis zur Quelle (wahrscheinlich weil ich durchschnittlich mehr bergauf gehe, grins). Melde dich wenn Du irgendwann in Limburg eintrudelst. Dann trinken wir ein Bierchen!
Lahntastische Grüße, Jörg
Danke Jörg, ist mir noch gar nicht aufgefallen, dass ich permanent abwärts wandere….:) See you in Limburg
Absolutely wunderbare Beschreibung eines Wanderwegs. Ich fuehle mich als ob ich gewandert waere. Ich lebe seit ueber 20 Jahre in Virginia and have zwoelf Jahre in Wiesbeaden als Krankenschwester gearbeitet. Wenn immer ich einen detailierten Bericht ueber den Lahnwanderweg lese fuehle ich mich daheim. Wunderbar.
Many thanks Dorothea – es freut mich dass der Lahnwanderweg Wellen bis nach Virginia schlägt. Fortsetzung folgt. Versprochen! So long Martin