Winningen, den 29. Oktober 2016 –
Wieder einmal mehr Prädikat “Spitzenklasse”. Alljährlich, wenn der Volkssportverein “Schnelle Füße” aus Koblenz am letzten Wochenende im Oktober zum Wanderhalali bläst, ist man gut beraten, dem Ruf Folge zu leisten. Eine herausragende Wanderinfrastruktur im Mosel-Rhein-Lahndelta garantiert jedesmal ein Wandererlebnis auf Höchstniveau. So auch wieder in diesem Jahr, auch wenn der Beginn durch einen organisatorischen Fehlstart bei manch einem Teilnehmer etwas eingetrübt war. Ursprünglich sollten die Teilnehmer per Fähre auf die südliche Seite des Moselufers übergesetzt werden. Wegen Ausfall der Fähre wurde ein Bustransfer organisiert, wobei die Taktung jedoch nicht funktionierte, was den Startbeginn deutlich verzögerte. So vergingen für uns zwischen Einreihen in die Warteschlange zur Registrierung und Ankunft am Startpunkt grenzwertige 1 Stunde und 20 Minuten, was sich im Nachgang jedoch als Vorteil herausstellen sollte.
Gestartet wurde an der Schmitsemühle hinein in das Konderbachtal. Permanent, aber sanft ansteigend führte die Passage entlang des Eschbaches hinauf nach Waldesch. Von dort durch Hünenfeld hindurch, den Scheitelpunkt des Mosel/Rheinplateaus erreichend, hinab in die Bopparder Gemarkung. Gut beraten war, wer an der Hedwigseiche statt der Marathonalternative die Streckenführung der 50-Kilometerstrecke wählte. Muskel- und wadenstärkend führte die Passage zunächst steil hinab durch das Schlaningtal zum Ortsrand von Boppard um hier an der gegenüberliegenden Seite einzusteigen in den Aufstieg hinauf zum Hirschkopf entlang des Kyffhäuser Pfades – ein wunderbarer Premiumpfad.
Als Belohnung winkte die phantastische Aussicht auf die größte Rheinschleife, am Gedeonseck. Das ‚Gedeonseck‘ verdankt seinen Namen dem Bopparder Pfarrer und Heimatdichter Johann Baptist Berger Er war von 1833 bis 1888 Pfarrer der St. Severuskirche und trat unter dem Dichternamen „Gedeon von der Heide“ auf. Oft verweilte er bei seinen Ausritten an diesem Ort, um sich zu neuen Gedichten inspirieren zu lassen. Fußkranke haben natürlich auch die Möglichkeit via Seilbahn von Boppard aus sich komfortabel zum Hirschkopf liften zu lassen. Ein absolutes Muß auch der einhundert Meter entfernte Gang zum Vierseenblick, dort wo der Blick auf die Rheinschleife vier “Rheinseen” projeziert, da die Schleife von diesem Blickwinkel aus nicht in formvollendeter Gänze wahrnehmbar ist, sondern nur partiell.
Lohn des Spätstarts; die Oktobersonne drückt sich immer mehr durch und vollendet das herbsttypische Farbspiel im sich lichtenden Blätterwald. Auf schönen Pfaden geht es vorbei am Gutshof Jakobsberg, dort wo HARIBO-Chef Hans Riegel ein Golfresort errichtete. Oberhalb der Rheingoldstraße wandern wir durch die Weinberghänge des Bopparder Hangs und genießen die herbstlichen Rebhänge die ein breitgefächertes Farbenspektakel entfalten. Sinnigerweise hat der Veranstalter unterhalb des Rothenbergs eine Kontrollstelle installiert. Bei einem Gläschen 2012er Dornfelder entwickelt sich ein regelrechtes Urlaubsfeeling – und das auf einer 50-Kilometer-Passage.
Am Ohleberg wird das Spayer Plateau gequert, um, vorbei an der Muttergotteskapelle nach Brey einzuschwenken. Auf dem gegenüberliegenden Rheinufer reckt sich die Marksburg empor, die beeindruckend restauriert mit ihrem heutigen Aussehen als Blaupause für viele Phantasieburgen, insbesondere für Spielzeugburganlagen dient. Augenfällig sind die drei Schornsteine auf dem Berg Pankert, direkt hinter der Burg. Hierbei handelt es sich um die Rest der Braubacher Blei- und Silberhütte.
Hinab nach Brey und von hier aus den Rheinweg von Rheinkilometer 581 bis 584 folgend entwicklet sich die Tour zu einer regelrechten Genußwanderung. Realistisch betrachtet könnte der Veranstalter für diese Passage Kurtaxe verlangen. Vorbei an Rhens und der gegenüberliegenden Lahnsteiner Martinsburg schwenken wir ein auf das direkt am Rheinburgensteig gelegene Schloss Stolzenfels. Bereits das Viadukt am Schloßeingang markiert die Mächtigkeit der Schloßanlage. Schon die Klause, an der man beim Aufstieg vorbeikommt, ist mehr als beeindruckend, genauso wie der imposante Ausblick von der Burganlage. Ein imposantes Wandgemälde am Palas vor dem Zwinger macht schon nach außen hin sichtbar, welch edles Schloß man betritt. Klar erkennbar die Handschrift von Karl-Friedrich-Schinkel, der hier für Friedrich Wilhelm einen preußischen Sommersitz am Rhein errichtete. Wem Potsdam und Berlin zuweit entfernt ist, kann hier preußische Baukunst direkt am Rhein vortrefflich studieren.
Weiter geht es durch eine Waldpassage untgerhalb der Augustahöhe hinauf zum Hasenbergund über das Siechhaustal zur gegenüberliegenden Moselseite auf den Karthauser Panoramaweg. Beeindruckend der Panoramablick auf das Moselstädtchen Güls. Die Restpassage ein Genuß für Herz und Seele. Strahlend blauer Himmel, eine warme und kräftige Nachmittagssonne, die die Gelbtöne der Weinrebenblätter fulminant zur Geltung bringt. Am Moselufer entlang gehend quert man am Läusberg die Straßenseite um entlang der Winninger Steilhänge nach neun Stunden, 48 Kilometern und guten 1.200 Höhenmetern den Zielort Winningen zu erreichen.
Eine grandiose Wandertour ist zu Ende. Man darf gespannt sein, auf die nächstjährige internationale Wanderolympiade, die die Wanderfreunde in Winningen ausrichten. Man rechnet mit mehr als 13.000 nationalen und internationalen Wanderfreunden. Beeindruckend das Wanderprogramm. Am 7. Juni kann man zum Lahntalmarathon starten, tags darauf zum Moseltalmarathon und freitags geht es von der Loreley entlang des Rheinsteigs nach Koblenz mit stolzen 60 Kilometern zum Weltkulturerbemarsch. Und vier Monate später kann man sich den 50 Kilometer-Marsch am 28./29.10. als dicke Empfehlung im Wanderkalender vormerken. See you in Koblenz 2017!
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