Edinger-Eller am 04. November 2025 – Finale! Ein Finale hat etwas Endgültiges. Sicherlich, es sind noch einundvierzig Tage bis zum offiziellen Winteranfang. Jedoch, die Geschäfte quellen über mit überteuerten Schokoladenweihnachtsmännern, die ersten Weihnachtsmärkte starten in zwei Wochen, Großstädte haben schon gewaltige Weihnachtsbäume an exponierten Plätzen aufgestellt und die Farbenpracht des goldenen Herbstes hat ihren Rubikon zwar überschritten, aber mangels Frosttage ist der bunte Herbst noch präsent. Wenn sich zudem ein Wetterfenster Anfang November öffnet und den ansonst tristen November mit den Attributen eines goldenen Monats ausstattet, dann gibt es nur eine Alternative. Raus auf die Wanderpiste – am besten dorthin wo es besonders attraktiv ist – nämlich an den Steilhängen der Mosel.
Gestartet wird in Beilstein, dort wo vor drei Jahren eine farbenprächtige Moselsteig-Weinlagenwanderung endete, über die im Beitrag “Farbenrausch im Wingert” auf diesem Blog berichtet wurde. Gerne bezeichnet man Beilstein auch als “Dornröschen der Mosel – und das zu Recht. Gerade einmal 140 Einwohner hat die kleine Ortschaft, aber die Präsenz ist beeindruckend Eine Vielzahl historischer Gebäude, verwinkelte Gassen und die Burgruine Metternich haben dazu beigetragen, das die Moselsiedlung schon öfters als Filmkulisse in Anspruch genommen wurde.





Mächtig ins Zeug gelegt hat sich der Nachbarort Mesenich mit dem aufwändig gestalteten Kulturweg Steinreichskäpp, der im Jahr 2006 eröffnet wurde und seitdem ständig mit in Stein gehauenen Kunstobjekten erweitert wird. 2014 wurde der Weg mit dem 2,50 Meter hohen Steinreichskopp bereichert, einen eindrucksvolles Kunstwerk. Bedeutende Winzerfamilien der Region, lokale Prominenz, aber auch “sagenhafte” Gestalten, wie der Hakenmann, eine in der Mosel lebende Sagengestalt, der gerne Kinder in den Fluß hinabzog, oder das Telligenmännchen, ein Unhold der Wanderer auflauerte und erschreckte, aber auch viele Weinsprüche sind in Steingemeißelt worden. Kurzum der Weg eine gelungene Bereicherung am Moselsteig.





Zwischen Mesenich und Senheim verdampfen die letzten Nebelschwaden und legen die Mosel nebst Weinberge vollends frei. Bei Senheim wird die Moselbrücke gequert. Ursprünglich eingeplant war die Wanderung nach Ediger-Eller auf dem Moselsteig fortzusetzen. Jedoch die aktuelle Lage vor Ort schreit nach Planänderung. Denn einerseits ist die Streckenführung des Moselsteiges zwischen Nehren und Ediger-Eller profan, denn er verläuft auf den flachen Ausläufern der Weinlage Ediger Elzhofberg und so ist der Wanderweg direkt an der Mosel durch das Ediger Laach vielversprechender, was auch die farbliche Opulenz, die noch in den Moselauen vorherrscht, einmal mehr bestätigt.









Ediger-Eller ist auch die Einstiegsforte zur Königsetappe am Moselsteig, dem Calmont, (lateinisch: heißer Berg). Der Calmont hat es wahrlich in sich. Der steilsten Weinberg Europas (manche Quellen behaupten sogar der Steilste der Welt), dort wo schon die Römer im zweiten Jahrhundert ein Bergheiligtum errichteten, dort wo ein besonders guter Riesling gezogen wird, und dort wo ein Klettersteig für Expertern ein besonderes Wanderfeeling vermittelt. Schon der Weinkenner Johann Wolfgang von Goethe beschrieb den Calmont als „Natur-Amphitheater, wo auf schmalen vorragenden Kanten der Weinstock zum allerbesten gedeih“. Kein Wunder. Mit einer Steillage von bis zu 65% gedeiht hier der Wein, der mit viel Muskelkraft und Handarbeit angebaut wird, besonders gut. Über den Moselsteig läßt sich der Calmont sehr gut erschließen und ist man auf der Höhe kann man die Bergflanke, die sich über mehr als zwei Kilometer erstreckt hervorragend zu Fuß erschließen, wobei man immer wieder an exponierten Stellen schöne Aussichtsmöglichkeiten einsammeln kann.

















Vom Bergmassiv des Calmonts geht es bequem abwärts, die Ortschaft Bremm umrundend zur Moselbrücke Neef. Wer vom Calmont geplättet ist, kann in Neef am Bahnhof die Moseletappe beenden. Anonsten ist es nicht verboten weiter nach Bullay zu wandern. Hinter der Moselbrücke geht man über die Himmelsleiter die Treppenstufen aufwärts zum Gipfelkreuz. Von hier aus kann man rechter Hand den Calmont-Einstiegspunkt bei Ediger-Eller aus einer anderen Persketive ausmachen und den gesamten Streckenverlauf über das Calmont-Massiv nachverfolgen und linker Hand hinter der Moselschleife den weiteren Streckenverlauf gen Süden studieren. Oberhalb von Neef wandert man weiter mit Blick auf das gegenüberliegende Sankt Aldegund über die höchstgelegene Mosel-Bergweinstube Onkel Toms-Hütte (die leider erst wieder im April die Flaschen entkorkt) weiterführend nach Bullay.









Die nächste Etappe führt von Bullay nach Reil, ebeso eine beeindruckende Mosel-Passage, die wiederum mit allen herbstlichen Attributen ausgestattet ist. Nebel am frühen Morgen, eine Novembersonne die sich zeitgerecht am Himmel durchsetzt, eine ausgezeichnete Streckenführung oberhalb der Mosel, und wiederum beeindruckenden Aussichtspunkte. Kurzum ein Rund-herum-Wohlfühlpaket für eine gelungene Wandertour. Von Bullay aus sind rasch die Höhenzüge auf dem Weg nach Zell bewältigt, dort wo man über die dortige Moselbrücke die Flanke wechselt.











Wäre man hier zur Mittagszeit unterwegs dann könnte man durchaus in Zell eine Pause einlegen, denn weinhaltige Stuben gibt es hier zur Genüge. Wer gerne flussnah unterweg ist, könnte alternativ bereits in Merl den Moselsteig verlassen um flußbegleitend hinüber nach Zell zu wandern. Nach Querung der Mosel setzt eine wunderschöne Passage ein. Der Moselsteig windet sich unterhalb der Ortschaft Barl, aber oberhalb der Weinberge, rund um die hier ausgeformte Moselschleife und führt über einen kreuzweguntypisch sanft verlaufenden Gebetsweg hinauf zur exponiert liegenden Marienburg. Am langen Ende verläuft hier eine regelrechte Genußpassage und man kann und sollte an den zahlreich eingeflanschten und möblierten Aussichtspunkten durchaus eine Rast einlegen. Einziges Manko: im Gegensatz zum Rheinsteig, dort wo in den Weinbergen zahlreiche Weindepots eingerichtet sind, wandert man am Moselsteig trocken. Schade, denn hie und da wäre zur gewogenen Zeit durchaus ein hervorragender Riesling eine sinnvolle Bereicherung auf der Strecke und eine sinnvolle Ergänzung zur Rucksackbrotzeit.











Studiert man die Karte so könnte man geneigt sein, dass eine Moselwanderung von Reil nach Kröv nicht wirrklich bereichernd ist. Denn die beiden Ortschaften, die allsamt auf der selben Moselseite liegen, sind mit einer fünrf Kilometer langen Kreisstraße verbunden. Jedoch, wählt man den Moselsteig als verbindendes Element, so kann man sich auf 22 Kilometer, gespickt mit 1.000 Höhenmeter einstellen. Allemal eine Streckenführung die Spannung verspricht und diese auch hält. Zudem ist mit der Zwischenstation Traben-Trarbach ein bekanntes Moselstädtchen in dieser Wanderung integriert und mit dem 305 Meter hohen Mont Royal zudem eine geschichtsträchtige Anhöhe eingeflanscht. Gestartet wird in Reil und just hier wird an diesem Tag die Mosel zum ersten Mal gequert. Moderat aber permament geht es nun auf den ersten zehn Kilometern schleicchend aufwärts, um bei Starkenburg den höchsten Punkt dieser Tagesetappe zu erreichen.











Vom Weiler Starkenburg wandert man via Bismarckhütte über schmale Moselsteigpfade zur Grevenburg, die sich oberhalb von Traben-Trarbach befindet. Wer von Traben-Trarbach aus den Weg umgekehrt angeht, wird die Faust in der Hosentasche kräftig ballen, denn es geht sehr steil aufwärts, während an diesem Tag, die hinteren Beinwaden überproportional im Abstieg belastet werden. Im Ortsteil Trarbach erreicht man die Moselbrücke um nach Querung den zweiten Ortsteil Traben zu erreichen. Im 19. Jahrhundert waren die beiden Gemeinden, die 1897 zusammengelegt wurden, nach Bordeaux der zweitgrößte Weinumschlagplatz Europas. Zahlreiche prachtvolle Jugendstilgebäude belegen heute noch den einstigen Wohlstand dieser Region. Von der weinseligen Ortschaft führt der Moselsteig aufwärts zum Mont Royal, dort wo auch der regionale Flugplatz angesiedelt ist. Hier oben ließ einst König Ludwig der XIV 1687 eine gewaltige Festung errichten. Eine Besatzung von 4.000 Mann sollte hier stationiert werden, jedoch die Geschichte ist bekannt und mit Beendigung des Pfälzischen Erbfolgekrieges mußte 1698 die gerade fetiggestellte Festung geschliffen werden. Dreihundert Jahre später annektierten Niederländer den Mont Royal und betreiben hier oben seit 1966 einen Ferienpark. Über den Festungsweg wandert man abwärts zum Bahnhof nach Kröv.










Der Moselsteig zwischen Beilstein und Kröv in der ersten Dekade des Spätherbstes – bei passendem Wetter eine Wanderempfehlung der Superlative. Sicherlich – man kann den Moselsteig ganzjährig erwandern, jedoch zu dieser Jahreszeit ist die Strecke besonders attraktiv. Die hier vorgestellte Passage ist dabei mit 80 Kilometern und 3.000 Höhenmetern attraktiv bestückt. Und wenn der goldene Oktober in den November verschoben wird, dann zeigt sich einmal mehr, dass am langen Ende die Wandersaison nie endet. Und ob das Herbstfinale wirklich ein Herbstfinale war wird spätetens wieder dann zu korrigieren sein, wenn sich irgendwo wieder ein Wetterfenster öffnen sollte….

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