Eimol öm Kölle röm – Der Kölnpfad

Köln im Februar 2022 – Köln, oder Kölle, wie die Rheinländer zu sagen pflegen, ist, wie landläufig bekannt, eine außergewöhnliche Stadt mit einem besonderen Flair. Jedoch, die Stadt auf den Bereich zwischen Domplatte und Heumarkt zu reduzieren, dort wo unter einer köllschgeschwängerten Dunstglocke rheinländische Frohnaturen zu den Klängen von Bläck Fööss und Höhner mit einem lockeren Move durch die Innenstadt ziehen, ist zu kurz gedacht. So ist es mehr als empfehlenswert, wenn nicht gar dringend anzuraten, die Stadt, sofern man es will, in einer größeren Dimension zu entdecken.

2008 hatte der Kölner Eifelverein zunächst einen 158 Kilometer langen Rundweg entwickelt, der später mit einem Ausflug in die Höhenzüge des Bergischen Landes auf insgesamt 171 Kilometer erweitert wurde. Immerhin 86 Stadtteile zählen zu Köln und der konzipierte Rundweg bietet Gelegenheit den südöstlichen Teil der Kölner Bucht, die lagebedingt auch zu den wärmsten Regionen Deutschlands zählt, intensiv zu ergründen. Allerdings, mit einem Malus muss man leben: die Kölner Innenstadt wird auf dieser Passage regelrecht gemieden und weiträumig umrundet.

Tour 1: Rodenkirchen-Bocklemünd

Offiziell startet der Kölnpfad an der Rodenkirchener Brücke, just am Bootshaus “Alte Liebe”, dort wo sich die sogenannte kölsche Riveria befindet. Dem Rodenkirchener Leinpfad folgend geht es zunächst am Rheinufer entlang, vorbei an der neuen und alten Kirche St. Maternus, die auf den Namen des ersten Kölner Bischoffs geweiht wurden. Die Passage führt entlang der Rheinauen durch das schmucke Auenviertel, dort wo opulente Villen zwar in bester Premiumlage liegen, die jedoch immer mit einem drohenden Hochwasser-Damoklesschwert behaftet sind. Hinter einem Campingplatz steigt man in den Weißen Leinpfad ein, um entlang des “Weißen Bogens” zu wandern. Bereits hier gilt: ein Genuss für Auge und Seele.

Kölnpfad Kilometer 0 an der Rodenkirchener Brücke, die die Stadtteile Rodenkirchen und Poll verbindet
Die “Alte Liebe” bei Rodenkirchen. Die einst beliebte Schiffsgastro ist wegen Eigentümerwechsel und Sanierungsnotwendigkeiten bereits seit zwei Jahren geschlossen
St. Maternus, der erste Bischoff von Köln. Dargestellt mit drei Mützen, da der Kirchenmann für drei Bistümer verantwortlich war.
Ob Fährhaus oder Treppchen – nahe am Rhein kann man in traditionsreiche Wirtshäuser einkehren. Mächtige Stahlwände sind zudem als erste Verteidigungslinie für den Hochwasserschutz installiert.
Die aufgehende Sonne legt sich über die Rheinauen im Villenviertel
Rheintypische Kreuzungsgefahren
Das rheinnahe Gedenkkreuz erinnert an den Sohn des Stadtmüllers, der im Februar 1758 im zarten Alter von 21 Jahren ermordet und in den Rhein geworfen wurde.
Der Weiße Bogen – nicht nur für Jogger ein Paradies
Baumgarage
Muschelparadies Rhein? Durch Ballastwasser großer Schiffe wurden insbesondere Körbchenmuscheln aus Nordamerika und Asien eingeschleppt
Kunstvolles wird am Triftweg ausgestellt

An der Fährstation Weiß/Zündorf schwenkt man in nordwestliche Richtung, um nach einem Marsch durch ein kleines Waldgebiet den südlichen Teil von Rodenkirchen zu umrunden. Zwischen Hahnwald, Rodenkirchen und dem Autobahnkreuz Köln-Süd eingekesselt, kann man sich auf das nächste Highlight dieser Etappe freuen, den Forstbotanische Garten sowie den gegenüberliegende Friedenswald (nicht Friedwald!). Der offizielle Streckenverlauf des Kölnpfads führt zwischen den beiden Abschnitten durch, jedoch sollte man sich Zeit nehmen um die Gartenanlagen zu besichtigen. Sicherlich ist der Februar nicht zwingend prädestiniert für eine botanische Exkursion, jedoch für einen ersten Eindruck gibt es nie einen falschen Zeitpunkt.

Vorbei am Vier-Linden-Kreuz – einer historischen Wegemarke
Ob Heidelandschaft, Rhododendron-Schlucht, Japanpark….
..oder Pfauenwiese, der Forstbotanische Garten hat einiges zu bieten
..und im benachbarten Friedenswald sind 142 Bäume und Sträucher mit Landesflaggen gekennzeichnet, zu denen Deutschland in den 80er Jahren diplomatische Beziehungen unterhielt
Hier gibt es viele Wasserschutzzonen, denn hier wird auch im ufernahen Bereich versickertes und filtriertes Rheinwasser gezogen

Zufälle gibt es. Just an diesem Morgen begegnet mir am Autobahnkreuz A555, dort wo Deutschlands erste Autobahn gebaut wurde, ein Wandertrupp der mit dynamischen Schritt auf dem Kölnpfad unterwegs ist. “25K Kölnpfadwandern im 4/4 Takt“, so eine vom Veranstalter ausgelobte Wanderveranstaltungen, wo zwischen Februar und Mai monatlich an vier Samstagen insgesamt 100 Kilometer zu maßvoll getakteten 25 Kilometern angeboten werden. Die Autobahndrehscheibe querend führt der Kölnpfad durch einen Grüngürtel vorbei am Kalscheurer Weiher zum Eifeler Tor, dem zweitgrößten Containerumschlagsbahnhof Deutschlands. Durch den bereits 1903 auf dem Gebiet einer ehemaligen Kiesgrube angelegten Klettenbergpark wandert man anschließend Richtung Decksteiner Weiher, dort wo das sportliche Herz des Kölner Kultvereins, der 1. FC Köln schlägt. Allemal empfohlen wird, abweichend vom Kölnpfad, die schicke Vereinsgaststätte, das Geißbockheim, für eine gepflegte Mittagsrast aufzusuchen. Nach der Rast ist vor der Rast. So geht es weiter durch den grünen Ring der Stadt zur Zwischenstation Fort VI. Köln war schon von je her eine befestigte Stadt. Historisch kann man vier Befestigungssysteme nachweisen: eine römische Stadtmauer, ein mittelalterlicher Schutzwall, sowie einen inneren und einen äußeren Befestigungsgürtel. Das auf dem Weg liegende Fort VI legt dabei Zeugnis ab, dass Köln einst die bedeutendste preußische Festungsstadt war.

Wanderkontakt der besonderen Art: 79 Teilnehmer der “25K Kölnpfadwandern im 4/4 Takt” wandern an diesem Tag vom Eifeltor nach Rodenkirchen
1932 wurde die heutige A555 von Köln noch Bonn, die damals noch als Kraftwagenstraße firmierte, als erste erste deutsche “Autobahn” vom damaligen Kölner OB, Konrad Adenauer, eingeweiht
Das offizielle Emblem des Kölnpfads
Jedoch für die Wegeführung wird eine besondere Zeichensprache verwendet. Grundbasis ist der weiße Kreis auf schwarzem Spiegel, mit teilweise eigenwilligen Richtungswegezeichen
Entlang des Oberen Kormarweges unterquert man den mächtigen Containerumschlagsplatz Köln Eifeltor
Ein schmucker Stadtpark – der Kletterbergpark
Angeblich das beliebteste Kölsch in Kölle. Wenn es schon der Haus- und Hoftrunk im Geißbockheim des 1.FC Köln ist, dann muss durchaus etwas dran sein……
Reste von Fort VI – einer ehemaligen preußischen Befestigungsanlage die am Decksteiner Weiher zu finden ist
Und hinter dem Fort kann man einen Felsengarten erkunden

Weiter wandert man und quert die riesige Hundefreilauffläche Stadtwald Lindenthal und weiterführend zum Adenauer Weiher. Vor dieser Freizeitanlage hat man den Kölnpfad links herum geführt – jedoch wohlgefälliger und sonnenreicher ist die Streckenführung die rechter Hand um die Uferbefestigung zur Schankstube Club Astoria führt. Spätestens hier bemerkt man, dass Köln die heimliche Sporthauptstadt Deutschlands ist. Jogger fluten die Wege und aufwändige Fitnessparkcours die auf dem Areal der Jahnweise (benannt nach dem gleichnamigen Turnvater) installiert wurden, werden eifrig genutzt. Gegenüber erblickt man das Müngersdorfer Stadion, nebenan diverse Kampfbahnen und die größte Sportuniversität der Welt. Sport ist hier omnipräsent und wer sich hier nicht tummelt ist zumindest als Kampfkölschtrinker in diversen Schankstuben unterwegs. Gegenüber der Fußballarena ist zudem Deutschlands ältester Reitverein beheimatet. Der Rest dieser Tagestour führt mit einem erfolglosen Abstecher über Fort IV (der Zapfhahn im Alten Poststadion war hochgeklappt) zum S-Bahnhof Bocklemünd.

Rechts herum sollte man entlang des Adenauer Weihers wandern
Im Sportlerviertel: Erinnerung an die Kölner Legende Flocke – Heinz Flohe – am Müngersdorfer Stadion…
…..nebenan kann man sich beim S.C. Colonia 06 die Kinnlade massieren lassen….
..im ältesten Reitverein Deutschlands dem Pferdesport frönen…
..elektrisch gestützt den Radsport pflegen…
..oder sportlich ambitioniert vorhandene Stelen verunzieren
Gedenkstätte Deportationslager Köln-Müngersdorf
Per Gleis ist es von hier aus nicht weit bis nach Antwerpen
171 Kilometer Kölnpfad lassen sich etappenweise hervorragend mit den ÖVM erschliesen

Tour 2 BocklemündMühlheim

Frühstart am zweiten Tag des Kölnpfades. Just eine Stunde vor Sonnenaufgang ist es noch zu früh dem tatsächlichen Streckenverlauf des Kölnpfades, der rechter Hand der Militärringstraße zum Rande des ehemaligen Fluggeländes Butzweilerhof verläuft, zu folgen. Es macht jedoch wenig Sinn durch den dunklen Waldabschnitt zu wandern, zudem im sehr zu empfehlenden Wanderführer des Eifelvereins darauf hingewiesen wird, dass man sich hier auf den ersten Kilometern im wandertechnischen Diaspora befindet. So gesehen folge ich dem Radweg neben den Bahngleisen um am nördlichen Ende von Bocklemünd wieder auf den Kölnpfad zur Pecher und Escher Seenplatte einzuschwenken. Die ehemaligen Baggerseen wurden renaturiert und sind mittlerweile als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Man quert das östliche Esch von Süden nach Norden und zumindest in den ersten beiden Dritteln der Kommune keimt das Gefühl auf, dass man sich durch eine Retortenstadt ohne Flair bewegt. Geklonte Backsteinneubauten dominieren dabei das Bild der Straßenzüge. Einzig das Gebiet am anderen Ende, dort wo die romanische Kirche steht, vermittelt ein Stück Ortsgeschichte.

Die Pescher und Escher Seenplatte
Saubande
Legobausteinartig sind die Escher Straßenzüge gestaltet
Die romanische Kirche St. Martinus…
..und nebenan kann man einen wunderbar kreativ gestalteten Friedhof besichtigen. Zum Sterben schön…

Hinter Esch quert man die A57 um vor Volkhoven/Weiler nach Roggendorf/Thenhoven zu wandern, um anschließend in den Worringer Bruch einzusteigen. Hier bewegt man sich auf historischem Boden, denn 1288 tobte hier eine furchtbare Schlacht, deren blutiger Ausgang mit 1.000 Opfern der Stadt Köln den Weg zur freien Reichstadt ebnete. Heute kann man sich hier als Wanderer nur noch schlammige Stiefel einhandeln, denn man bewegt sich hier auf feuchtem Grund und die Wege sind in aller Regel gut eingeschlämmt. Kein Wunder. Studiert man die Karte so erkennt man noch deutlich den historischen Verlauf des Altrheins an dieser Stelle. Am Ende des Worringer Bruchs wandert man hinüber zu den Rheinauen Worringen-Langel, um bis zur Rheinbrücke Leverkusen dem Flussverlauf zu folgen.

Wenn Tünnes auf Schäl trifft – spätestens hier wird man wieder an die Kölner Kultur erinnert
Jetzt bräuchte man ein 16mm Objektiv um den formvollendeten 180 Grad Regenbogen komplett einzufrieren
Skurril. Eine Straße – zwei Kommunen. In der Quettingstraße 56 wohnt man in Roggendorf – in der gegenüberliegenden Hausnummer 53 in Thenhoven
Im Worringer Bruch
Blick hinüber nach Hitdorf, einem Stadtteil von Leverkusen..
…während das gegenüberliegende Langel zu Köln gehört
Schon länger her dass man Casselberg und Köln mit “C” schrieb
Blöd gelaufen: seuchenbedingt reaktiviert das beliebte Ausflugslokal Kasselberger Gretchen erst im März wieder den Zapfhahn
Auf Höhe der Wuppermündung blickt man auf den mächtigen Leverkusener Wasserturm

Auf den nächsten Kilometern wird es streckenbedingt öde – so ist es eben wenn man eine Großstadt umrundet. Zwangsläufig muß man dabei auch Areale queren, die von Industriezonen dominiert werden. Parallel zum Autobahnstrang der A1 passiert man die Ford-Werke Köln und den gegenüberliegenden Industriepark Köln-Nord. Optisch bereichert wird die Industriezone durch das sich anschließende Seenareal Fühlinger See. Hier wurden sogar vor 24 Jahren Ruderweltmeisterschaften ausgerichtet. Hinter der Blackfoot Beach, einem beliebten Strand- und Erlebnisparadies, wandert man durch einen schönen Waldabschnitt um am Ende des Industrieparks Köln-Nord in das weitreichende Hafengebiet von Köln Niehl einzuschwenken. Jährlich werden hier knapp 10 Millionen Tonnen Fracht umgeschlagen. Auch wenn in Duisburg viermal soviel Frachtaufkommen abgewickelt wird, ist Köln damit der zweitgrößte Binnenhafen Deutschlands. So wandert man zwischen Cranachwäldchen, Containerhafen und Heizkraftwerk über die Mühlheimer Brücke, um nach 40 Kilometern und spektakulären 120 Höhenmetern die Tagesendstation, den Wiener Platz in Köln/Mühlheim, zu erreichen.

Konrad Adenauer und Henry Ford I legten hier 1930 den Grundstein
Sieben Seen und eine Regattabahn
Hier wurde schon eine Ruderweltmeisterschaft ausgerichtet
Von wegen Sonnenhopfen. Gaffels mit Abstand das Kölsch mit einer besonders herben Note – für weißbierkalibrierte Gaumen eher nicht geeignet
Alte Gullys werden als dekoratives Landschaftselement eingesetzt
Der Winkelturm – ein außergewöhnlicher oberirdischer Luftschutzbunker
Die Kantine – ein bekannter Kölner Schüttelbunker für die Ü-30 Generation
Übernachtungsgelegenheiten in Industriegebieten sind oft mit einer eigenen Note ausgestattet
Das Hauptquartier von Bäcker Merzenich, der Deutschlands erste “Kaffebud” erfand
Am Rheinpanoramablick hat meinen acht Kilometer langen Überblick von Leverkusen flußaufwärts bis nach Mühlheim
4,3 Millionen Dollar hat Andreas Gursky,s Aufnahme Rhein II, welche in Düsseldorf-Oberkassel fotografiert wurde, bei einer Auktion erzielt. Angebote für das hier erstmals präsentierte Werk Köln/Niehl-Rhein I werden ab sofort entgegengenommen
Über die Niehler Hafenbrücke
500 Container werden hier jährlich umgeschlagen….
Und die Bewohner von Köln-Stammheim genießen gegenüber die maritime Atmosphäre
Wenn man über die Mühlheimer Brücke wandert, die 1929 die weitgespannteste Hängebrücke Europas war……
…so erblickt man einen der schönsten Sakralbauten dieses Erdballs

Tour 3 MühlheimBensberg

Vielleicht die härteste Tour der viertägigen Kölnpfadexpedition. Mit einer Verdreifachung der zu absolvierenden Höhenmeter einschließlich eines grenzüberschreitenden Ganges in das Bergische Land wird man auf dieser Etappe mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Die Einstimmung des Wanderführers ist nicht gerade herzerfrischend. “Die Etappe auf rechtsrheinischen Boden gehört nicht zu den attraktivsten Strecken. Mühlheim besitzt eben nicht das mondäne Flair von Rodenkirchen. Mühlheim ist bodenständiger, Mühlheim ist Maloche.” So ist es schriftlich niedergelegt und man spricht in diesem Kontext auch im Allgemeinen von der “schäl Sick” – der falschen Rheinseite. Jedoch als Nichtkölner ist man gut beraten wertfrei auf die Strecke zu gehen um unbelastet Eindrücke aufzunehmen. Vom quirligen Wiener Platz geht es durch die Buchheimer Straße vorbei an der Liebfrauenkirche und St. Clemens um rheinabwärts vorbei am Alten Schlackehafen und dem alten Wasserturm zum Skulpturenpark Stammheim zu wandern.

Was in Frankfurt die Wasserhäuschen, sind in Kölle die Büdchen. Man sagt, dass Köln mit seinen 1.000 urbanen Biotopen sogar Deutschlands Büdchen-Hauptstadt ist
Prägnant streckt sich der Kirchturm der Liebfrauenkirche in den Februarhimmel
Das Partei-Office von King Karl, dem amtierenden Gesundheitsminister, macht einen verranzten Eindruck
Neben erhebt sich der Kirchturm von St. Clemens unterhalb der Mühlheimer Brücke
Und der heilige Nepomuk blickt stoisch auf die “richtige Rheinseite”
Ein Haus mit Seltenheitswert. Mühlheim wurde im zweiten Weltkrieg mehr oder minder dem Erdboden gleichgemacht
Kunst aus Stein – der Stadtbrunnen Mülheimia
Und nebenan ein hängender Erinnerungsposten an die einst hier durchfahrende Pferdestraßenbahn
Besser kopflos als hirnlos
Eine dunkle Ecke der Kölner Zeitgeschichte
Von wegen “schäl Sick”. Am Wasserturm soll ein neuer architektonischer Hotspot entstehen
Zahlreiche Kunstobjekte sind im Stammheimer Schloßpark zu besichtigen
Regelmäßig werden Führungen durch den Skulpturenpark angeboten

Hart an der Grenze zum Chempark Leverkusen erreicht man am Ortsrand des noch zu Köln gehörenden Stadtteils Flittard den optischen Telegrafen Nummer 50. 1832 übermittelte man auf einer 550 Kilometer langen Strecke via 64 “Telegrafstationen” mit einer codierten Holzlatten-Zeichensprache Nachrichten von Koblenz bis nach Berlin. Flittard in östlicher Richtung querend wandert man durch eine Baggerseenlandschaft, um am Grenzweg Leverkusen/Köln in ein waldreiches Areal einzusteigen.

Der optische Telegraf. Die Übermittlung eines Telegramms von Köln nach Berlin dauerte zwei Stunden
Am Grünen Kuhweg schneidet sich der 51. Breitengrad mit dem 7. Längengrad
Golfspieler sind im Gegensatz zu Wanderern mit Zeitdruck unterwegs. Seltsam nur, dass der Leverkuserner Golfkurs auf Kölner Grund und Boden liegt
Am Hornspottweg – ein schönes Naturschutzgebiet

Wenn man an einem besseren Wochentag zu einer günstigeren Jahreszeit unterwegs wäre, so könnte man am Gasthaus am Waldbad Dünnwald oder in der benachbarten Diepenschrather Mühle auf eins, zwei oder drei Kölsch einkehren. So bleibt es aber beim wäre. Einzig die Originalstreckenführung zwischen Waldbad und der Diepenschrather Mühle erscheint nicht zweckmäßig. Hier empfiehlt sich eher der Gemarkungsschneise Dünnwald/Dellbrück zu folgen. Hinter dem gewaltigen Pferdegehöft der Diepenschrather Mühle steigt man anschließend ein in den Thielenbruch und Thurner Wald um den historischen Bahnhof Thielenbruch, dort wo seit 1906 ein Straßenbahndepot eingerichtet ist, anzusteuern. Jedoch der Tagesfluch scheint sich auch hier fortzusetzen – die hier eingebrachte Gaststätte nebst Straßenbahnmuseum ist an diesem Tag geschlossen.

Nach offizieller Etappenrechnung sind bis dato acht Kölnpfad-Etappen absolviert
Energiebrisanz am Kölnpfad. Ab 2026 wird die niederländische L-Gas-Ferngasanbindung gekappt. Um russisches H-Ferngas zu beziehen wird hier der Kölnpfad aufgebohrt um neue Rohre zu verlegen
Hier fällt zentnerweise Pferdemist an – an der Diepenschrather Mühle
Einer von insgesamt 86 Stadtteilen
Eine Kampfansage an die Tristesse des Alltags
Der historische Bahnhof in Thielenbruch

Regulär müsste man in Dellbrück abdrehen, denn hier endet das Kölner Hoheitsgebiet. Jedoch hatte ein erfahrener Wanderführer des Eifelvereins ein Sahnehäubchen aufgesetzt – ein Ausflug nach Bensberg im Bergischen Land. Drei Gründe waren hierfür ausschlaggebend. Zum einen – endlich einmal eine ordentliche Steigung, zum anderen eine herrliche Waldstrecke und als Bonus obendrauf ein markanter Blick gen Kölner Dom. Recht hatte er, der Wandermeister, denn diese Passage ist wahrlich eine der schönsten Abschnitte entlang der gesamten Passage. Von Thiehenbruch folgt man zunächst dem Limbach, quert den Weiler Gierath, der bereits zu Bergisch-Gladbach gehört, um durch den gleichnamigen Wald den nördlichen Zipfel von Refrath zu queren. Paradox auch hier, denn hier im Bergischen Land ist der Golf- und Landclub Köln beheimatet. Scheinbar spielen für Golfsklubs geopolitische Aspekte keine Rolle. Ein Streckenhighlight ist dabei die Grube Cox, ein ehemaliger Tagebau wo Dolomit abgebaut wurde.

Die umtriebigen Wandergesellen aus Alt-Hürth, die regelmäßig sportliche Wanderungen anbieten, haben auch hier ihre Spuren hinterlassen
Die alte Kirche in Refrath
Eingewachsen seit mehr als 50 Jahren
Grube Cox

Ungewohnt aber wahr – von nun an geht es bergauf. Vorbei am Schloß Lerbach, ein ehemaliges Herrenhaus, welches in einer englischen Parkanlage eingebettet ist und nun als 5-Sterne Hotel aufgebohrt wurde, wandert man aufwärts zu einer alten Pestkapelle, der Rochuskapelle, die kurz vor dem östlichsten Wendepunkt des Kölnpfades auf einer Anhöhe bei Breite steht. Die Kölner Tiefebene liegt zu Füßen und die Anhöhen des Bergischen Landes bestimmen das Landschaftsbild. Man wandert weiter, durch den kleinen Weiler Breite um auf der Gegenflanke zur Grube Blücher zu maschieren, dort wo in Grubennähe des bewirtschaftete Naturfreundehaus Hardt liegt. Jedoch auch hier schlägt Murphys Gesetz gnadenlos zu. Die Zapfhähne sind an diesem Tag ebenso stillgelegt. So bleibt nur der Gang abwärts zur Tagesendstation nach Bensberg, dort wo ein mächtiges Schloss und Deutschlands außergewöhnlichstes Rathaus besichtigt werden kann.

Vorbei an Schloß Lerbach
..und hinauf zur Rochuskapelle bei Breite
Mit einem 600mm Objektiv könnte man Richters Fensterscheiben am Dom heranholen
Der östlichste Punkt des Kölnpfades ist erreicht
Auf den Spuren unserer Vorfahren von Bensberg nach Duisburg – auch nicht schlecht
Schloß Bensberg
Spätestens hier erkennt man, dass man nicht mehr auf Kölner Hoheitsgebiet wandert
Aus dieser Perspektive macht Burg Bensberg einen wohlgefälligen Eindruck
Steht man jedoch im Innenhof zu offenbart sich Unglaubliches. Der Kölner Stadtanzeiger sprach von der Bensberger Akropolis, internationale Berichterstatter von einer Zementburg, beziehungsweise vom schönsten Rathaus Deutschlands. Bensberger sprechen vom Affenfelsen und bei Gerüstniederlegung sei der damalige Bürgermeister seinerseits zu Tode erschrocken. Allemal liefert das Bensberger Rathaus das 1969 für 7,5 Millionen Mark errichtet wurde, auch heute noch für Gesprächsstoff

Tour 4 BensbergRodenkirchen

Der Kölner Kreis schließt sich, Finale ist angesagt. Am Bahnhof Rodenkirchen investiert man 3,85 Euro um nach einstündiger Transferdauer mit einmaligem Umstieg per S-Bahn den Startpunkt von Bensberg zu erreichen. Von Bensberg geht es, die A4 querend, in ehemaliges fränkisches Besatzungsgebiet. Einst okkupierten rheinfränkische Könige das Gebiet und so erklärt sich auch der bis heutige gültige Flurname Königsforst. Der Wolfsweg der gleichzeitig als Kreisschneise den Kölner Bezirk vom Rheinisch Bergischen Kreis begrenzt, führt zur höchsten Erhebung in der Kölner Gemarkung, dem Monte Troodelöh. Scheinbar feiert man an 365 Tagen im Jahr Fastnacht in Köln – meint man zunächst. Jedoch die Namenssschöpfung hat einen belegbaren Ursprung. 1999 machten sich drei städtische Mitarbeiter namens Troost, Dedden und Löhmer als kommunale Sherpas auf den Weg um die höchste Erhebung der Stadt zu ergründen. Man wurde fündig, installierte zunächst ein Gipfelkreuz durch den Alpenverein, welches später durch einen Findling nebst Gipfelbuchablagekasten ersetzt wurde. Seitdem ist Köln um eine Attraktion reicher. Die in der Region engagierten Wandervereine haben zudem keine Kosten und Mühen gescheut um mit aufwändiger Beschilderung auf den für Kölner Verhältnisse ungewohnten Höhenzug hinzuweisen. Behutsam abwärts geht es vom Kölner Everest zu einem zwei Kilometer entfernten Wegekreuz, dort wo am erweiterten Giesbach eine natürlich gespeiste Wassertretstelle eingerichtet wurde. Gebirgshöhenzüge und Wasserfälle am Kölnpfad – hier kann man Wandern als Erlebnisfaktor noch bestens vermarkten. Auf schönen Waldwegen quert man den Königsforst und touchiert den Flughafen Köln/Bonn. Im Gegensatz zum Frankfurter Stadtwald ist der Fluglärm hier jedoch deutlich reduzierter. An der Alten Kölner Straße verschwenkt der Kölnpfad Richtung Autobahnkreuz der A59. Die Wegeführung hier ist nicht zu empfehlen, attraktiver ist es im Areal der Schwedenschanze durch die dortige Heidelandschaft gen Grengel zu wandern.

Es geht einem schon auf den Geist wenn man auf Schritt und Tritt an die Seuche erinnert wird
Der Böttcher Bach mäandert durch den Königsforst
Den 260 Kilometer langen Bergische Weg, gehostet vom Sauerländischen Gebirgsverein, kann man auch auf der Pfanne haben
Spätestens hier kann man sich einrüsten für den gewaltigen Aufstieg zum Monte Troodelöh
Obschon der Borkenkäfer hier den Wald geputzt hat, auf dem Monte Troodelöh sind die Fernsichten sehr eingeschränkt und eine Kölschquelle sucht man hier auch vergebens
Aufwändig gestaltet sind die Wegekennzeichnung des Kölner Eifelvereins
Ein Schmuckstück – die Wassertretstelle im Königsforst
Klare Ansage
Greta freut sich: Mit dem Radel zum nächsten Flieger……

Den Stadtteil Grengel querend wandert man auf schmalen Pfaden durch den Bieselwald um entlang der drögen Tangente von Wahn zum gleichnamigen Schloß zu laufen. Hier hat die theaterwisssenschaftliche Fakultät der Uni Köln den Nachlaß von Willy Millowitsch eingelagert. Das Schloß selbst ist in Privatbesitz, aber gegen Zahlung einer Aufwandsgebühr von 700 Euro kann man sich hier auch trauen lassen. 700 Euro lassen sich jedoch sparen, indem man ungebremst weiterwandert und die Schnellbahnstrecke Köln/Rhein-Main quert, um zum kleinsten Stadtteil, dem Weiler Libur einzuschwenken. Auch wenn im Wanderführer des Eifelvereins beschrieben wird, dass ab hier nur noch “Agrarsteppen, die über große monotone Produktionsflächen namens Felder führen” dominieren, kann man ab hier weitreichende Blicke einsammeln. Das Siebengebirge im Rücken, Woelkis Wohnzimmer zur Rechten, Colonius, den Fernsehturm als Landmarke nebenan im Blick, und die Schlote der Shell Company in Wesseling linker Hand – am langen Ende fehlt nur noch die Blickachse nach Rotterdam.

Schloß Wahn – im Regelfall hermetisch abgeriegelt
Der Gang gen Kölle ist durchaus kreuzbelastet
Blick auf das Siebengebirge
Und gegenüber kann man das gewohnte Kölner Stadtpanorama sichten
Eindeutig – Köln ist auf Sand gebaut. Hier gibt es demnächst wieder Spargel ohne Ende

Sorgsam ausgearbeitet und wohlüberlegt ist im Generellen die Streckenführung des Kölnpfades. Jedoch gibt es ab und an gute gute Gründe von der offiziellen Streckenführung abzuweichen. So beispielsweise am Ortseingang von Langel. Hier verschwenkt der Kölnpfad in einem Bogen um gegenüber von Wesseling in den Rheinbogen einzuschwenken. Jedoch die Macht der hörbar rauschenden Zapfhähne in Langel ist eindeutig mächtiger. So gibt es mindestens drei gute Gründe a 0,2L direkt nach Langel einzuschwenken, ohne das Gefühl zu haben etwas verpasst zu haben. Anschließend folgt man frisch gestärkt dem Rheindamm gegenüber dem Sürther Leinpfad zur nächsten Bastion, den am Groov gelegenen Zündorfer Marktplatz. Zündorf ist Kult und ein beliebter Platz für die Kölner zum Abhängen. Die Februarsonne arbeitet intensiv, das Barometer ist mittlerweile über zehn Grad geklettert, die Außengastro gut frequentiert und es gibt keinen wirklich plausiblen Grund hier eiligen Schrittes von dannen zu ziehen. Zudem in einer Weinwirtschaft!!!!! eines der besten Kölsche ausgeschenkt wird.

Die Schlote der Rheinland Raffinerie – eine weitere Orientierungsmarke
Der Rhein in seiner Hybridfunktion: schiffbar einerseits
..fischbar andererseits
Köln Zündorf in Sicht
…hier ist immer etwas los…
Gute Stimmung am Marktplatz
…und dieses lecker Kölsch erhält man nur in ausgewählten Schankstuben

Es fehlt schwer sich vom Schanktisch zu lösen, dort wo Mühlenkölsch kredenzt wird. So gilt es dennoch elanvoll die zehn Kilometer lange Schluaaetappe unter die Wandersohle zu nehmen. Ungebremst die Strahlkraft der Februarsonne, trotz fortgeschrittener Stunde. Von Zündorf wandert man entlang dem Porzer Rheinknie, vorbei am Zündorfer Wehrturm. Eindringlich warnt der Wanderführer vor der seelenlosen Porzer Innenstadt, die Dank postmoderner Städteoptimierung ihren Charme gänzlich verloren hat. So ist man gut beraten das Rheinufer zu genießen, um vorbei an den Westhovener Auen die 567 (!) Meter lange Rheinbrücke zu queren um an der “Alten Liebe” in Rodenkirchen wiederum die Kilometermarke “0” des Kölnpfades zu erreichen.

Der alte Zündorfer Zoll- und Wehrturm
Der “Yachthafen” des Porzer Wassersportclubs
Die Kraniche kehren zurück
Immerhin bereichern Platanenhaine das Porzer Rheinufer
Verzweifelte Versuche einer städtebaulichen Aufwertung
Die riesige Rodenkircher Rheinbrücke
Von der Brücke blickt man auf das allseits bekannte Panorama
Karneval 2022: Ein Bild mit Seltenheitswert – ein versprengter Fastnachter
Hochgradig zu empfehlen ist der Wanderführer des Kölner Eifelvereins. Mit einer herzerfrischenden rotzig-frechen Schreibe sind Geschichten, Eindrücke und Anekdoten rund um den Kölnpfad auf 240 Seiten niedergelegt. Und wenn man nebenbei noch ein herrliches Kölsch zieht, hat man eine perfekte Einstimmung und optimale Vorbereitung für diese bemerkenswerte Tour

Eimol öm Kölle röm – was eine Tour. Offiziell ist der Rundweg in elf handsamen Etappen eingeteilt, wobei die längste Tour mit 13 Kilometern eingepreist ist. Wer jedoch ein tagesfüllendes Programm vorzieht, dem sei die hier vorgestellte viertägige Exkursion, die streckenoptimiert am langen Ende mit 166 Kilometern auslief, zu empfehlen. Wer zudem mit der Region bestens vertraut ist kann natürlich die nächste Dimension beschreiten. So bietet ein Veranstalter, im Regelfall einmal jährlich, eine Köln-Ultra-Wanderveranstaltung an. 171 Kilometer, ergo die Gesamtstrecke in 48 Stunden, inklusive Besteigung des Monte Troodelöh. Wie auch immer, der Kölnpfad ist eine ausgezeichnete Möglichkeit Köln aus anderen und auch unbekannten Sichtachsen zu erleben und das zu jeder, aber wirklich zu jeder Jahreszeit. Einen großen Dank an den Eifelverein, der diesen Weg konzipiert hat, aktiv betreut und hegt und pflegt. Der Kölnpfad ist ein Paradebeispiel dafür, welche Möglichkeiten es gibt im urbanisierten Raum wanderbare Erlebnisse zu realisieren, als absolute Bereicherung für die Region.

166 Kilometer wohldosiert in vier Etappen

2 Kommentare

  1. Danke für den tollen Wanderbericht! *Daumen hoch*
    Lese schon einige Zeit deinen tollen Blog und bin positiv überrascht, das du bei mir „vor der Haustüre“ unterwegs warst.
    Hoffe es hat dir hier gefallen.

    Gruß aus Bensberg
    Paul

    PS.: Im Niehler Hafen werden schon ein paar mehr Container umgeschlagen. 😉

    • Herzlichen Dank Paul. Wie bereits berichtet hat mich Eure Region schwer beeindruckt und ich habe schon einige Ideen für einen Nachschlag mitgenommen. Beste Grüße aus dem Vorderen Odenwald -Martin-

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