Schlangenbad, den 13. Dezember 2015
„Advent, die besinnliche Zeit und beste Gelegenheit sich in die eigenen vier Wände zurückzuziehen und bei Kerzenlicht und wohliger Wärme das heimische Umfeld zu genießen“ rieselte es gegen 6.45 Uhr aus den Autolautsprechern auf der Fahrt nach Eppstein im Taunus, dort wo die dritte Etappe des Taunushöhenwegtrails einsetzt. Nicht gerade die zweckdienstliche Art der HR1-Moderatorin, den Organismus in den Zustand zu versetzen, den man Motivation nennt.
Noch sackedunkel ist es, wie man im Odenwald zu sagen pflegt, gegen 7.20 Uhr im Main-Taunus-Kreis-Städtchen. Die Burgruine verschluckt vom Dunkel der Nacht. Stirnlampe sei Dank geht es vom S-Bahnhof hinauf zum Clara-Hild-Felsen aufwärts Richtung Wurzelhof. Der unten liegende Eppsteiner Ortsteil Vockenhausen schlummert im sonntäglich nebelverhangenen Dezemberdunkel vor sich hin.
Entlang des 410 Meter hohen Judenkopfes schlängelt sich der Taunushöhenweg in das drei Kilometer entfernte Wildsachsen, der kleinste Stadtteil von Hofheim. Aus dem Eppsteiner Forst kommend hat man hier bei klarem Wetter einen wunderbaren Ausblick auf Wiesbaden/Mainz und die dahinter liegende Rheinebene bis in den Ried/Bergstraße hinein.
Durch den Steinwald, die Kreisgrenze Wiesbaden/Main-Taunus-Kreis querend, geht es unterhalb der A3 an einem unter Autofahrern markanten Rastpunkt nach Medenbach, welches nördlich gequert wird. Hart Kante vorbei an dem bereits zur Landeshauptsstadt Wiesbaden zählenden Auringen passiert man die Auringer Mühle und folgt zunächst unspektakulär der Kreisstraße 661. Im Gegensatz zur ansonsten ausgezeichneten Wegekennzeichnung ist hier die Streckenmarkierung nicht vorhanden. Schlichtweg urig und naturbelassen ist die folgende Wegführung durch das Alsbach-Tal. Rechter Hand des Alsbaches ist nachweislich seit Längerem kein Zweibeiner gegangen. Erhebliche Spuren der Schwarzkittelfraktion legen jedoch Zeugnis ab, dass im von Totholz domestizierten Areal durchaus Leben stattfindet.
Entlang des Ortsrandes von Wiesbaden-Naurod quert man die Zubringerschleifen der B455 um von nun an stetig bergauf gehend den 474 Meter hoch gelegenen Kellerskopf anzusteuern. Hier oben befindet sich ein 15 Meter hoher Aussichtsturm, der allerdings zur frühen Morgenstunde genauso wie das angegliederte Ausflugslokal noch geschlossen hat. Mangels Kaffee keine Kaffeepause, sondern weiter steil abwärts durch den Kellershohl zum Trockenbornweg. Zur schlagenden Zeit, dort wo Holzrückmaschinen bei durchnässten Waldboden tiefe Schlammrillen in die Wirtschaftswege hineinfräsen ist der mitteleuropäische Sonntagsspaziergänger durchaus gut beraten dieses Areal zu meiden.
Mittlerweile zieht Nebel auf und verzeichnet den weitläufigen Taunuswald. Auf dem Weg zur Platte begegnet nach immerhin 18 Kilometer der erste Zweibeiner. Nach 20 Kilometern ist die Platte erreicht. Die bewaldeten Anhöhen an den Taunushängen oberhalb der Landeshauptstadt mit einem ungehinderten Blick auf das Rheintal waren bereits im 18. Jahrhundert fürstliches Jagdrevier und der bevorzugte Aufenthaltsort der Landesherren. Hier befindet sich das gleichnamige Jagdschloss Platte, 1826 erbaut, im Zweiten Weltkrieg zerbombt, Ende der 1980er Jahre wieder aufgebaut und 2003 architektonisch mit einem markanten Glasdach angereichert. Mittlerweile hat sich das Jagdschloß als ausgefallener Veranstaltungsbereich bestens etabliert. Just in time um 11.30 Uhr öffnet die nebenan befindliche Restauraration ihre Pforte. Obschon das Lokal komplett ausgebucht ist und nachrückende Gäste ohne Reservierung abgewiesen werden müssen, erbarmt sich die freundliche Bedienung eines Odenwälder Exilwanderers und ermöglicht eine Kurzrast. Nach dem Motto „Der frühe Vogel…“ dampft bereits nach fünfzehn Minuten ein kleines Mittagsmenü am Tische. Service und Ambiente perfekt und nach Validierung der Speisekarte sehr zu empfehlen.
Auf der Platte touchiert man den Rheinhöhenweg der auf einer Länge von 240 Kilometer von Alsheim nach Bonn führt und nicht mit dem Rheinsteig zu verwechseln ist. Stetig aufwärts geht es nun südlich der Eisernen Hand zur 618 Meter hochgelegenen Hohen Wurzel, an dessen Südhang das Stadtgebiet von Wiesbaden seinen höchsten Punkt erreicht. Von diesem Scheitelpunkt geht es stetig abwärts nach Georgenborn oberhalb von Schlangenbad gelegen.
Nach weiteren zwei Kilometern ist die das in einer Talsenke liegende Schlangenbad erreicht. Schlangenbad trägt mit Würde seinen Namen, da hier Äskulapnattern beheimatet sind, die sich in diesem warmen fast schon mediterran anmutenden Flecken sehr wohl fühlen. Auch Menschen genießen die Wärme, und hier speziell die Wärme der Thermalquellen, die Mitte des 17. Jahrhunderts in Schlangenbad entdeckt wurden. Allerdings sieht man der Ortschaft an, dass die Blütezeit der ältesten hessischen Heilbades vorbei ist. In der Ortsmitte Schlangenbads tauchen übrigens erstmals Wegemarkierung des Rheinsteiges auf, der in Wiesbaden einsetzt und nach 320 spektakulären Kilometern in Bonn endet.
Eppstein – Schlangenbad – zwei offizielle Wegetappen des Taunushöhenweges, gut gangbar als 33 Kilometer Wanderung. Übertrieben sind die semioffiziellen Höhenangaben, die mit knapp 1.600 Höhenmeter auslaufen. Tatsächlich sind knapp unauffällige 1.000 Höhenmeter zu absolvieren. Mit Bus/Bahn ist man nach zweimaligen Umsteigen in 1 Stunde und 40 Minuten am Ausgangsort in Eppstein zurück, wobei es zu beachten gilt, dass sonntags der öffentliche Busverkehr Schlangenbad nur im Zwei-Stunden-Rhytmus bedient. Fortsetzung des Höhenweges ASAP – as soon as possible…
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