Füssen, den 6. Mai 2023. Premiere! Erstmals wagte der Macher des mittlerweile seit zehn Jahren etablierten Veranstaltung “Bavaria Königsmarsch rund um den Starnberger See” den Sprung in eine neue Dimension. Michael Raab, der aus der Läuferszene kommt, hat erstmals zu einer einzigartigen “Kult(ur)-Natur-Wanderung vor majestätischer Kulisse rund um die Königsschlosser in Füssen” eingeladen. 163 sportlich ambitionierte Wanderinnen und Wanderer folgten dem verlockenden Angebot auf der Marathondistanz, die mit sportlichen 1.200 Höhenmetern im voralpinen Bereich unterlegt war, um einzutauchen in eine der attraktivsten Regionen Deutschlands.
Bereits um 6.30 Uhr stülpte sich eine aromatische Kaffeeglocke über den Stadtbrunnen im Herzen der Stadt Füssen. Es war angerichtet. Die Kellner des Eiscafes Dolomiti jonglierten emsig die ersten Cappuccini, Espressi und Kaffees an die Tische, dort wo sich die angekommenen Wanderer bereits mental auf das Wanderevent einstimmten, während sich gegenüber die peu a peu eintreffenden Neuankömmlinge registrierten. Selbst der Bürgermeister Füssens begrüßte just zur frühen Morgenstunde die Teilnehmer, freute sich über den Zuspruch und ergänzte dass er heute noch gerne an die am selben Ort stattfindende legendäre Veranstaltung “24 von Bayern”, die bereits vor zehn Jahren durchgeführt wurde, zurückblickt.
Streckenauszeichnung? – Fehlanzeige! Karte? Überflüssig! Im digitalen Zeitalter wurden die Teilnehmer bereits vorab mit dem Routenplaner Komoot nebst Bezugsgutschein für die Regionalkarte ausgestattet – und los ging es auf die Wanderpiste. Vorbei am markanten Hohen Schloss der Stadt führte die Strecke zwischen dem bewaldeten Baumgarten und dem Lech über den Oberen Kobelweg stadtauswärts zum Weißensee. Tage zuvor waren noch schwere Regenfälle und Gewitter angekündigt. Jedoch mit ein wenig Timing sollte man sogar am langen Ende die ganze Distanz trocken absolviert haben können.
Nach fünf Kilometern ist der erste von insgesamt sieben Seen (!) erreicht, die sich entlang der Strecke aneinanderreihen. Am östlichen Ausläufer einsetzend führt die Passage zunächst entlang des schmalen Uferweges des Weißensees. Der ausgewählte Abschnitt ist mithin der Attraktivste, den hier wandert man auch durch das kleine Felsentor, einem der beliebtesten Foto-Hotspots der Region.
Die Verschnaufpause am See kann man kurz halten, denn just nach zwei weiteren Kilometern hat die Wanderschar bereits den nächsten Alpensee, den Alatsee erreicht. Der Alatsee gilt als einer der geheimnisvollsten Seen des Alpenraums. Wanderer die in den See gezogen werden und in Erdspalten verschwinden, geheime Erdspaltengänge durch die man nach Österreich gelangt, esoterische Kraftfelder, versenkte Goldschätze der Deutschen Reichsbank, ein mysteriöses Fischesterben und..und..und. Gesichert ist jedenfalls eine Erkenntnis: das positive Kraftfeld, welches das Seerestaurant Alatsee ausstrahlt, denn hier steht nach acht Kilometern die erste Einkehr zu einem Weißwurstfrühstück nebst Weißbier an.
Entlang des Faulenbaches geht es weiter entlang der bayrisch/österreichischen Grenze, vorbei an der Länderscharte. Für die meisten unbemerkt überquert man bei Kilometer 9,8 die A7, die, da untertunnelt, nicht sicht- und hörbar in die Fernpassstraße gen Reutte mündet. An diesem Punkt ist übrigens das südlichste Ende der längsten Autobahn Deutschlands erreicht. Bereits nach weiteren drei Kilometern ist See Nummer drei und vier in Sicht, der Obersee und der Mittersee, im gesamten ein beliebtes Naherholungsgebiet unweit des Füssener Stadtteils Bad Faulenbach. Über einen schmalen Wurzelweg führt die Passage hinüber zum König-Max-Steig, dort wo das ewige Brodeln das Wassersturzes des Lechs die Regie im Trommelfell übernimmt. Die Lebensader Füssens, der Lechfall, ist erreicht. Hier presst sich der Lech über eine bereits im 18. Jahrhundert angelegte Staustufe in eine enge Klamm, bevor der Fluss hinter der Engstelle vorbei an Füssen sprudelt. Fast im Fünfhundert-Meter-Takt geht es spektakulär weiter. Über den Auwaldpfad, der bei Hochwasser (welches bei Schneeschmelze gang und gäbe ist) führt die Wanderroute zum Walderlebniszentrum Ziegelwies, dort wo wir in den Baumkronenweg einsteigen und die Landesgrenze queren.
Runter vom Baumwipfelpfad, geht es nach erneuter Grenzüberquerung rauf zum Königssträßchen, einem Waldpfad, der unterhalb des Schwarzenbergs hinüber zum Schwansee führt, dort wo man erstmals Sichtkontakt zum gegenüberliegenden Schloß Neuschwanstein hat. Über den verwurzelten Fischersteig geht es vom Schwansee hinüber zum benachbarten Alpsee einem weiteren Highlight dieser Tour. Der See gilt als einer der saubersten Gewässer Deutschlands. Herrlich die Sichtachse zu den Schlössern von der südlichen Uferseite aus, und spektakulär das Panorama wenn man über den Oberen Winterzugweg aufwärts steigt, um die Schönheit der Region erst wirklich aufnehmen zu können. Zuvor jedoch ist eine Mittagsrast an der Mittagsstation Albseebad angesagt, bevor harte Arbeit am Berg ansteht.
Vom Oberen Winterzugweg geht es weiter auf dem Wasserleitungsweg, der hinauf zum 1.167 Meter hohen Berggasthaus Bleckenau führt, dem höchsten Punkt der gesamten Passage. Hier kann man bei einer Rast die vielschichtigen Eindrücke die man bis dato einsammeln durfte erst einmal gedanklich sortieren, bevor man dem insgesamt zehn Kilometer langen Wildbach, der Pöllat, folgt, die am Schlosss Neuschwanstein mit einer Fallhöhe von dreißig Metern in die Pöllatschlucht stürzt. Just vor Erreichen der Marienbrücke oberhalb der Pöllatschlucht erschüttern gewaltige Donnerschläge den Großraum Schwangau. Fluchtartig verlassen die meisten Besucher, die zuvor in Viererreihen die Marienbrücke besetzt hatten, die vielleicht berühmteste Aussichtsplattform unseres Landes. Gutes Timing – denn das Gewitter nebst Hagel entlädt sich über den Forggensee während man auf der entvölkerten Marienbrücke das Wettergeschehen in aller Ruhe beobachten kann. Minuten später wird der weißblaue Himmel wieder die Regie im Allgäu übernehmen – eben ein regionaltypisches Wetterintermezzo.
Viele Wege führen abwärts nach Hohenschwangau. Der Ausrichter hat den Waldpfad Rodelbahn gewählt, der abwärts führt zum Schloß Hohenschwangau, dort wo Pferdekutschen Besucher stilgerecht zum Schloß Neuschwanstein bringen, und dort wo der touristische Umschlagsplatz für Auto- und Busfahrer eingerichtet ist. Von Hohenschwangau folgen wir dem Kalten Bach, der zu den Schwanseeauen und weiterführend zurück zum Schwansee führt. Gut getaktet sind die Einkehrmöglichkeiten, denn am Schwanseekiosk kann man sich mit einem Espresso für den letzten Anstieg des Tages zum Kalvarienberg vorbereiten. Wer bis dato der Meinung war, die Messe sei gelesen, die spektakulären Punkte “abgearbeitet” – weit gefehlt.
Es geht auf den Kalvarienberg. Besonders in Italien wurden im 15. Jahrhundert viele Kalvarienberge eingerichtet. Hierbei handelt es sich um lebensgroße Nachbildungen des Leidens Christi an einem erhöhten Ort. Auf dieser Grundlage ist im 19. Jahrhundert der Kalvarienberg in Füssen entstanden. Neben dem religiösen Hintergrund des hier errichteten Kreuzweges gibt es als Dreingabe eine umwerfende 360-Grad-Aussicht als Sahnehäubchen der gesamten Tour. Wem der 37 Kilometer lange Anlauf zum Kalvarienberg zu lang ist, der kann natürlich direkt von der Füssener Altstadt den Kreuzweg unter die Sohle nehmen.
Vom Kalvarienberg geht es abwärts in die Altstadt von Füssen. Zugegeben – man wandert schon mit geballter Faust in der Hosentasche auf dem Radweg dem gurgelnden Lech folgend. Start war in der Ortsmitte in Füssen, das Ziel liegt vier Kilometer außerhalb der Stadt am Festspielhaus Neuschwanstein. Logistisch nicht wirklich die galanteste Lösung. Mächtig rauscht der Lech in den Forggensee hinein um dahinter seine Reise Richtung Donau fortzusetzen. So geht es via Radweg zum Bootsanlagerplatz der Forggenseeschiffahrt hinüber zum Festspielhaus, dort wo Michael Raab die Zieleinläufer persönlich abklatscht. Die gedankliche Aussicht auf das Siegerweißbier und die Sichtachse zum gegenüberliegenden Alpenpanorama entschädigen die letzten Kilometer, und die Faust in der Hosentasche entspannt sich spätestens beim Zieleinlauf.
“Der Bavaria Königsmarsch goes Allgäu” so der offizielle Arbeitstitel der Veranstaltung. Keine Frage: die Premiere ist gelungen! Würde es eine Prämierung für Deutschlands schönste Wandermarathonstrecke geben, die vom Veranstalter konzeptionierte Route wäre ein heißer Kandidat für Platz 1. Genial die Strecke, außergewöhnlich die Dichte der attraktiven Stationen, ausgezeichnet die Kombination der Wanderwegetextur, mehr als ausreichend die Einkehrmöglichkeiten – und nicht zu verkennen: gut geplant auch optionale Ausstiegs- und Abkürzungsmöglichkeiten, die sich insbesondere bei Wettereinbrüche im voralpinen Bereich als sehr sinnvoll erweisen können. Überzeugend auch die “Betreuung” durch den Veranstalter vor Beginn der Veranstaltung. Regelmäßige Newsletters haben über Wochen hinweg die Teilnehmer bei Laune und auf dem Laufenden gehalten und dadurch auch den Spannungsbogen erhöht. Sicherlich, bei der Premiere gab es auch noch einige Kinderkrankheiten, die sich jedoch auflösen lassen. Allemal ist diese Veranstaltung hochgradig zu empfehlen, und wer eine sportlich ambitionierte Herausforderung mit kulturellen und landschaftlichen Highlights sucht, der sollte sich jetzt schon den 04. Mai 2024 vormerken, dann wenn die zweiten Runde der Veranstaltung “Bavaria Königsmarsch goes Allgäu” eingeläutet wird. Und wenn man schon im Allgäu ist, lohnt es noch eine weitere Tour anzuhängen, “Allgäuer Wandertrilogie: Von Füssen nach Füssen” – demnächst nachzulesen auf diesem Blog
das lesen und die Bilder haben mich angefixt. Ich habe mich gleich für 2024 angemeldet.
Glückwunsch Harald – eine ausgezeichnete Entscheidung, die Tour ist grandios. Bleibt nur zu hoffen, dass das Wetter passt.