Neckargerach, den 8. April 2018 –
Prädikat „spannend“, so die Erkenntnis nach Absolvierung der dritten und letzten Etappe auf dem 126 Kilometer langen Neckarsteig der in 2012 als Qualitätswanderweg zertifiziert wurde – und das zu Recht. Im letzten Abschnitt des Trails verändert sich das Landschaftsbild zusehend. Je weiter man sich vom Geopark Bergstraße-Odenwald entfernt, desto mehr öffnet sich das Neckartal und legt spannende Blickachsen bis in das Heilbronner Land frei.
Die Tour beginnt mit einem spektakulären Auftakt. Vom S-Bahnhof Neckargerach führt zunächst eine Höhenpassage mit Blick auf das untenliegende Neckartal zur drei Kilometer entfernt liegenden Margarethenschlucht. Zu beachten ist, daß diese Passage ausschließlich bei trockenem Wetter begangen werden soll. Andernfalls hat man die Option just einen Kilometer vor dem Aufstieg in die Schlucht einen 1,4 Kilometer langen Bypass zu nehmen.
In der Margarethenschlucht stürzt sich der Flursbach von einem 100 Meter hohen Felsplateau über Felsvorsprünge hinab Richtung Neckar. Die Steigführung ist attraktiv ausgelegt und mit Schlappseilen gesichert, so dass bei normalen Wetterbedingungen eine gefahrlose Begehung möglich ist. Bei starken Regenfall ist es an mehreren Durchgängen jedoch nicht möglich zu passieren. Zahlreiche geologische Informationstafeln, die entlang der Strecke aufgestellt sind ersetzen dabei ein Erstsemester Geologiestudium.
Oben angekommen kann man zunächst die Weiten der Agrarlandschaft genießen, bevor man den Schreckberg mit einer kurzen aber nicht schrecklichen Steigung erklimmt. Die ausgewiesene Wegführung des Neckarsteigs umrundet einen auf dem Plateau gelegenen Segelflugplatz. Es ist jedoch zu empfehlen die direkte Passage zum Segelflugplatz zu wählen um parallel zur Start- und Landebahn den am Ende der Piste liegenden Bismarckturm anzusteuern.
Durch das Naturschutzgebiet Hamberg gelangt man nach zehn Minuten zu einem Aussichtsturm oberhalb von Mosbach, wo man sich idealerweise zu einem zweiten Frühstück aus dem Rucksack niederlassen kann.
Etappenwanderer, die ausschließlich die 14 Kilometer umfassende 7. Etappe des Neckarsteigs auf der Agenda stehen haben, sind herzlich geladen nach Abstieg vom Hamberg zum Industriegebiet Mosbach nach knapp 500 Meter wiederum aufzusteigen zur weiterführenden Flanke des Henschelbergs. Long-distance-walker können jedoch getrost darauf verzichten, denn die Ausblicke von dem fortgesetzten Gebirgszug des Hambergs werden dadurch auch nicht besser. Man könnte vermuten, dass hier Qualitätswanderwegspunkte gesammelt wurden, um den ein oder anderen Asphaltmeter der sich zwangsläufig entlang des Steiges ergibt zu kompensieren.
Streckentechnisch ist der direkte Gang entlang der Elz in die sehenswerten Altstadt zu bevorzugen. Die Große Kreisstadt des Neckar-Odenwald-Kreises fasziniert durch das Fachwerkhausensemble in der Altstadt in dessen Zentrum das mächtige Renaissance-Rathaus mit einem 34 Meter hohen Turm steht, welches seinerseits auf den Fundamenten einer Kirche errichtet wurde. Just gegenüber kann man das prächtigste Gebäude der Stadt, das Palmsche Haus bewundern, ein geballter Ausdruck des damaligen mittelalterlichen Wohlstandes, der hier anzutreffen war.
Sonntags sollte man sich jedoch gegen 10.30 Uhr keine große Hoffnung auf eine Kaffeerast in Mosbach machen. Hier im Badischen ticken die Uhren etwas anders. Die Stadt fährt erst langsam ihre Systeme hoch. Reich an Gastronomie – jedoch nicht zwingend zu früher Morgenstunde präsent.
So geht es weiter in südwestlicher Richtung auf der Gegenflanke hinauf zur ehemaligen Neckarelzkaserne, die bis 2010 von der Bundeswehr betrieben wurde. Erwandert man Steige dann gilt das alte Prinzip: „Ein Steig ist ein Steig, weil man steigt! Einmal auf, dann wiederum ab.“ So auch auf dem Neckarsteig. Munter das „Auf und Ab“. Steil aufwärts hinauf zur Kaserne, steil abwärts hinab zum Lutterbach um dann wiederum aufwärts maschierend um Burg Hornberg anzusteuern.
Burg Hornberg, dessen berühmtester Besitzer ein gewisser Götz von Berlichingen war, wurde vermutlich im 11. Jahrhundert errichtet und beherbergt heute ein Burghotel nebst einem Restaurant mit gehobenen Ambiente. Allemal lohnt sich hier eine Einkehr – ein Platz direkt am großen Panoramafenster bietet weitreichende Ausblicke auf die anstehenden Wanderziele der nächsten Stunden. Doch das Auge kann täuschen. Schräg gegenüber der Burg blickt man zunächst auf Haßmersheim. Schier zum Greifen nahe erscheint das dahinterliegende Gundelsheim und die gegenüberliegende Burg Guttenberg. Jedoch ein Kontrollblick auf die Karte verdeutlicht, daß sich zwischendurch der Neckar in Omegaform durch das Tal mäandert. So kann das Nahe auch noch Fern liegen.
Nach der Mittagsrast geht es abwärts Richtung Gundelsheim. Tagesteappenabsolventen können hier getrost im Rahmen eines Verdauungsspazierganges die Schleife um die Schlucht des Steinbachs erwandern. Für Powerwalker ist dagegen ein wenig begangener Stich der sich um die östliche Burgseite legt zu empfehlen um dann gegenüber von Haßmersheim durchzustarten und wohlgestärkt den Anstieg auf den Michaelsberg anzugehen.
Idyllisch liegt eine Kapelle auf dem Bergzipfel und nicht minder idyllisch nebenan ein Landgasthof. Pech nur wer am Weißen Sonntag wandert und mit dem Schild „Geschlossene Gesellschaft“ konfrontiert wird. Nichts mit dem eingeplanten Weißbier. Leicht unterhopft geht es weiter auf einer wunderschönen Passage – der Himmelsleiter hinab durch die Weinberglage Himmelreich. Beeindruckend der Blick auf das imposante Schloß Horneck, welches heute als Alten- und Pflegeheim genutzt wird und die Altstadt von Gundelsheim abschirmt.
Tagesetappengeher ist durchaus ein Schwenk nach Gundelsheim anzuraten. Optional wird die Bundesstraße gequert um das letzte Drittel der Passage anzugehen. Schon vom Weiten kann man Burg Guttenberg erblicken – jedoch noch liegt eine Schleife von rund fünf Kilometer vor dem nächsten Zapfhahn der sich oben auf der Burg befindet.
Die Neckarbrücke, die Gundelsheim und Neckarmühlbach verbindet, passierend, geht es auf guten Wegen zunächst am Waldesrand und dann durch den Wald gehend hinauf zur im 12. Jahrhundert errichteten Staufferburg, die seinerseits die Kaiserpfalz in Wimpfen sichern sollte. Hier oben ist auch die Deutsche Greifenwarte angesiedelt. Nach einer wohlverdienten Rast führt eine vier Kilometer lange Waldpassage zu einem Jüdischen Friedhof. Mit 1.137 Gräbern ist er eine der größten seiner Art in unserem Lande.
Der Rest – ein geruhsamer Auslauf von acht Kilometern über eine Bergkirche, vorbei am Schloß Heinsheim, hinab zum Neckarufer und entlang des Neckarufers zum Bahnhof von Bad Wimpfen. Nach 39 Kilometern und guten 1.150 Höhenmetern ist das Tagesziel und das finale Ziel des Neckarsteigs erreicht. Würde nicht die Bahnrückfahrt, die je nach Verbindung zwischen 1 Stunde 10 und 1 Stunde 40 Minuten andauert, anstehen, so wäre auf jeden Fall noch eine Stadtbesichtigung von Bad Wimpfen anzuraten gewesen.
Der Neckarsteig, ein wahrer Qualitätsweg mit insgesamt 125 Kilometern und 3.750 Höhenmetern, gut gangbar in drei Etappen. Jede Etappe mit ihren besonderen Reizen und speziellen Highlights. In der Nachbetrachtung wäre jedoch eine Erschließung von Bad-Wimpfen nach Heidelberg durchaus zu bevorzugen, da man dadurch die Textur der Landschaft noch besser erschließen kann und die Gesamtpassage mit dem eindrucksvollen Heidelberger Schloß gekrönt wird. Dies lässt sich jedoch durchaus nachholen, denn auf dem erweiterten Radarschirm steht der 206 Kilometer lange Rhein-Neckarweg, der von Gundelsheim via Heidelberg bis nach Mainz führt. Ausgeschildert durch den Odenwaldklub mit einem Roten „R“ auf weißem Spiegel -.
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