Ein Wandertraum

Mörsdorf, den 06. Juni 2022 – Es gibt Prädikatswege, Qualitätswanderwege, Premiumwanderwege. Und wenn man zwei mit Bestnoten zertifizierte Premiumwanderwege kombiniert und zusätzlich mit einem Sahnehäubchen garniert, dann kann man sich auf eine spektakuläre Hammertour einstellen.

Gestartet wird in Mörsdorf, ein bis zum 3. Oktober 2015 beschaulicher 600-Seelen-Hunsrückweiler. Die Zeitwende setze zu diesem Zeitpunkt ein, als eine Schweizer Spezialfirma mit einem Kostenaufwand von 1,1 Millionen Euro die damals längste Hängeseilbrücke Deutschlands fertigstellte. Rechnete man in einer Machbarkeitsstudie mit jährlich 180.000 Besucher, so wurden seit Einweihung bereits 1,7 Millionen Hängebrückenbegeher gezählt. Der Preis der Popularität: Mörsdorf hat vermutlich die höchste Dichte an Absolute-Halteverbots-Schilder pro Straßenzug. Jeder Straßenmeter ist für Gebietsfremde tabu. Über ausgewiesene und kostenpflichtige Parkzonen wird als Quasimaut die Hängeseilbrücke unterhalten.

Von der Hunsrücker Hochebene wandert man abwärts in einen regionaltypischen Taleinschnitt. Bereits auf den ersten Metern bekommt man als Wanderer verdeutlicht, was die Faszination dieser Region als außergewöhnliche Wanderdestination ausmacht. Als vermutlich Erster von insgesamt 2.968 Besuchern an diesem Tag quere ich die Hängeseilbrücke die das Mörsdorfer Bachtal in der Gemarkung Geierlay quert.

Zwei Jahre lang konnte man den Titel als “Deutschlands längste Hängeseilbrücke” halten. Clever wie man im Hunsrück ist hat man umfirmiert……..
Eine Hängebrücke die ihren Namen verdient….
…..bestückt mit 360 laufenden Metern Holzplanken
..und wenn man in Echtzeit die Webcam, die am Brückenkopf Sosberg installiert ist aufruft, kann man ein wunderbares Selfie machen……

Von der Hängebrücke Geierlay geht es zunächst der Geierlayschleife als Transferweg folgend entlang, um nach zwei weiteren Kilometern in die Traumschleife Masdacher Burgherrenweg einzutauchen, die mit stattlichen 92 von 100 möglichen Punkten als Premiumwanderweg zertifiziert und 2018 sogar als Deutschlands schönster Wanderweg geadelt wurde. Günstig wenn man zu früher Stunde startet. Man genießt die Stille in den Bachtalsenken, die einzig von den leise vor sich hin murmelnden Bächen, die durch die Täler mäandern, unterbrochen wird, und lässt sich darüber hinaus vom visuellen Spannungsbogen, den moosüberwachsene und farnüberlagerte Schieferklippen erzeugen, faszinieren.

Ein Wandertraum zur frühen Stunde
Hier ist man international ausgerichtet: Walk at your one risk!
Die Streckenpräparierung ist vom Allerfeinsten
Von 1858 bis 1941 wurde hier im Erzbergwerg Apollo hart unter Tage gearbeitet

Man merkt auf Schritt und Tritt, dass man sich bei Konzeptionierung der Traumschleife Mühe gegeben hat. Dort wo sich die Möglichkeiten geben, verlässt man bestehende Wirtschaftswege, um auf schönen Pfaden in die Hunsrücker Landschaft einzutauchen. Vorbei an der Grube Apollo führt ein Zickzack-Pfad hinauf zum Winterberg und weiterführend zum Galgenturm, dort wo nomen est omen, im Mittelalter der Strick zur Rechtssprechung eingesetzt wurde, wie Skelettfunde makaber belegten.

Man ist gut beraten der Streckenführung zu folgen, auch wenn dadurch einige zusätzliche Höhenmeter zu absolvieren sind
Hier fehlt der englische Untertertitel: zig-zag path
Albert Einstein wird diese weise Erkenntnis zugeschrieben
Das GPS-Gerät kann man getrost ausschalten, die Wegekennzeichnung ist ausgezeichnet und in Überzahl vorhanden
Am Galgenberg

Südlich von Mastershausen hat man Gelegenheit auf vier Kilometern die Aussicht in die Hunsrücker Hochebene zu genießen, bevor man wieder in einen Taleinschnitt abtaucht, dort wo der Mastershausener Bach, der Wohnrother Bach und der Mautzbach vor sich hinplätschern. Kein Wunder dass hier im 18. Jahrhundert zahlreiche Bauernmühlen betrieben wurden. Zahlreiche Schilder entlang des Premiumweges dokumentieren die ehemaligen Standorte der Mühlentriebe. Heute kann man nur noch die Reste der Grundmauern ausmachen. Bei Wanderkilometer 15 ist der “Höhepunkt” des Masdacher Burgherrenweges erreicht. Man tritt aus der Waldeslichtung und die gewaltigen Reste der Burgruine Balduinseck strecken sich eindrucksvoll in den Himmel. Angebrachte Visualisierungen veranschaulichen, wie prächtig die hochgotische Turmburg um 1350 ausgesehen haben muss.

Der Nachschub für die Bierproduktion entwickelt sich prächtig
Eine Bilderbuchpassage
Wasser als ständiger Wegbegleiter
Wendelinus – Schutzheiliger der Bauern und Hirten und neuerdings auch Patron für Natur- und Umweltschutz
Immer wieder quert man die Bachverläufe
Auch als Ruine beeindruckt die Burg Balduinseck
Noch heute kann man erkennen, wo Kamine und Wandschränke die herrschaftlichen Wohngemächer zierten

Von der Burgruine geht es in unveränderter Qualität weiter über Bachstege durch Auewälder und Felslandschaften hinauf zum markanten Burgberg, dort wo bereits die Kelten ihre Spuren hinterließen. Hinter der heute noch erhaltenen Kaspersmühle schwenkt man ein in den Saar-Hunsrücksteig, der auf den nächsten Kilometern als Transferstrecke für den nächsten Traumschleifen-Premiumwanderweg, der Traumschleife Layensteig-Strimmiger Berg eingeplant wurde. Auf halber Strecke zur nächsten Traumschleife füllt ein Gemurmel den Luftraum. Kein Wunder, denn hoch oben ist die Geierlaybrücke mittlerweile hochfrequentiert. Wohltuend die Erkenntnis, bereits zu früher Stunde die Touristenattraktion absolviert zu haben.

Eine klasse Idee. Der WanderCent – getragen vom Förderverein für heimatnahe Wanderwege e. V.
Mann kann sich die Kursgebühren für Waldbaden durchaus sparen – auf diesen Wegen kann man Waldatmosphäre im Überfluss genießen
Die Geierlaybrücke aus der Froschperspektive
Und wenn man dem Saar-Hunsrück-Steig folgt….
……wird man ebenso mit einer phantastischen Streckenführung belohnt
Der vielleicht idyllischste Liegeplatz des Tages

Von der Geierlay schmiegt sich der Saar-Hunsrücksteig zunächst an den Mörsdorfer Bach, dem man auf den nächsten Kilometern folgt. Bewährt und wandertechnisch auf hohem Niveau gestaltet sich dabei die typische Textur der Hunsrücker Landschaft. Naturbelassene Bachtäler, verschlungene Pfade, verlassene Schieferstollen und alte Abraumhalden prägen den Streckenverlauf. Punktabzug gibt es einzig an der Pulgersmühle im Flaumbachtal, dort wo sich ein kurzer Weissbierstop durchaus angeboten hätte – das Anwesen macht einen verlassenen Eindruck.

Mit grandiosen 90 Punkten wurde diese Traumschleife zertifiziert
Traumschleifen sind grundlegend mit einer Kilometerangabe versehen – eine ausgezeichnete Orientierungsgröße für die Besucher. Gewaltig zudem die Ausmaße der Ruhebank – mindestens 8 Wanderinnen und Wanderer können hier nebst Rucksack zusammensitzen
Verschlungene Pfade….
..die teilweise hart am Wasser vorbeiführen (bei Hochwasser gibt es jedoch eine Wegealternative)

Kurz vor der Pulgersmühle verschwenkt die Traumschleife in südlicher Richtung. Hier warten drei Highlights auf die Wanderfreunde. Drei Klettersteige, die man optional auch umgehen kann (dank eines nicht bestellten Platzregens musste die Option leider beim Schinnkaul-Klettersteig gezogen werden) bereichern dabei die Streckenführung.

Einstieg in den Burgberg-Klettersteig
Oben angekommen wird man mit schönen Höhenzügen belohnt…
Ein Postkartenidyll auf dem Klettersteig
Der Höhlenschlucht-Klettersteig – der längste von allen drei Klettersteigen
Eine tolle Wegeführung….
…prägt diesen Klettersteig
Ein gutes Trainingslager für das Elbsandsteingebirge

Nach den Klettersteigen wandert man durch das Waldgebiet vorbei an stillgelegten Schieferstollen und den Resten ehemaliger Wohnhäuser der hier einst tätigen Stollenarbeiter. Am Ortsrand von Mittelstrimmig, dort wo oberhalb die Schockkapelle steht, sollte man sich Zeit nehmen den weitreichenden 270 Gradblick zu genießen. Die Höhenzüge des Hunsrück, die Erhebungen der Eifel, die Ausläufer der Moselhänge – beste Gelegenheit, gerade als Gebietsfremder, das Areal neu zu ergründen. Von der Schockkapelle geht es nur noch bergab zum Mörsdorfer Bach. Kurz vor Zieleinlauf gibt es noch eine angenehme Überraschung, denn die mitten im Wald gelegene Fettsmühle eröffnet durstigen Wanderern, die an Wochenenden oder Feiertagen vorbeikommen, die Option auf eine erbauliche Rast.

Exzellente Streckenführung
Reste einer ehemaligen Stollenarbeiterwohnung
Von Cochem bis Koblenz inclusive Rückansicht der Burg Eltz und angedeuteter Senke der Kölner Bucht.
Und der Herr schickt ein Zeichen…….
WELKOM BIJ DE FETTSMÜHLE. Dan na een wandeling in de bossen van de Hunsrück even lekker zitten met een kopje koffie, warme chocolade melk, Glühwein, thee, een frisje of een biertje.  – Die holländischen Betreiber haben ein Herz für durstige Wanderer

Eine Hammertour – Wandern auf höchstem Niveau. Diese Kombination, ein tagesfüllendes Programm mit satten 47 Kilometern und 1.200 Höhenmetern -kein Spaziergang- aber ein lang nachhallendes Wandererlebnis. Und wer hier unterwegs ist, kann locker eine Übernachtung dranhängen, um in unmittelbarer Nachbarschaft eine nicht minder spektakuläre Tour, die in diesem Blog unter Traum-Traumschleifen vorgestellt wurde, unter die Wandersohle zu nehmen. Sollte man zudem jemals Deutschlands schönste Wanderregion wählen wollen – der Hunsrück wäre ein heißer Kandidat auf einen Spitzenplatz.

2 Kommentare

  1. Hallo Martin, das liest sich fantastisch!! Ich bin mehr als im Bann gefangen und würde Dich gerne bitten mir die Tourdaten als GPX zuzuschicken . Vielen Dank im Voraus und beste Grüße, Markus

    • Na dann schnür mal die Wanderstiefel Markus, der Track ist unterwegs. Viel Spaß auf dieser Tour – es lohnt sich! Gruss Martin

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