Winnweiler, den 20. März 2021 – Die Pfalz – eine Region der Superlative. Dort wo Weingläser größer sind als üblich, dort wo sich eines der größten Heidegebiete Süddeutschlands befindet und dort wo man den zweitgrößten Sakralbau der Pfalz besichtigen kann, dort bietet es sich an auf Basis eines bestehenden Prädikatswanderweges, dem Hinkelsteinweg, die Region, die im Randbereich des Donnersberges liegt, zu erkunden.
Wandertaktisch gibt es zwei gute Gründe in Winnweiler zu starten. Zum einen kann man zur Streckenmitte im historisch reizvollen Otterberg eine Mittagsrast einlegen und andererseits setzt man im zweiten Drittel mit der Mehlinger Heide dem Hinkelsteinweg noch ein zusätzliches Sahnehäubchen auf.
Just fünfhundert Meter von der Igelborner Hütte entfernt, dort wo zu normalen Zeiten ein Biergarten geöffnet ist, kann man sein Fahrzeug parken, ein idealer Ausgangsort zum Einstieg in den Hinkelsteinweg. So geht es zunächst durch einen Mischwald, die Igelborner Höhe nördlich umrundend auf guten Wirtschaftswegen tendentiell abwärts gen Westen. Am Waldesrand öffnet sich die Landschaft und man kann die Blicke über die dünnbesiedelte und sanft hügelige Landschaft schweifen lassen. Nach vier Kilometern ist der erste kleine Weiler, Höringen, erreicht.
Hinter Höringen verschwenkt der Hinkelsteinweg in den Staasforst Otterberg. Zwei Dinge prägen den weiteren waldreichen Streckenverlauf: eine Vielzahl von Grenzsteinen und eine stattliche Anzahl kreativer Waldkunstwerke. Was die Grenzsteine anbelangt, so bewegt man sich auf einem Territorium mit einer wechselhaften Geschichte. Vorderösterreicher, Franzosen, Bajuwaren – sie alle waren schon Besitzer dieser waldreichen Region. Heute markiert dieser Abschnitt die Landkreisgrenze zwischen Kaiserslautern und dem Donnersbergkreis. Zusätzlich haben Höringer Bürger den Streckenabschnitt durch sehr kreative Holzarbeiten bereichert. Augenscheinlich kommen immer wieder neue Arbeiten hinzu, wie frische Säge- und Bearbeitungsspuren belegen. Nach zehn Kilometern ist der 2,20 Meter große Namensgeber der Strecke, der Hinkelstein erreicht. Wechselhaft auch die historische Namensgebung des Brockens. Im ersten Jahrtausend wurde er als Römerstein dokumentiert, danach wurde er als Kremheldenstein benannt und in der neueren Zeitrechnung redet man vom Hinkelstein, da einer Sage zufolge man Hühner schreien hört, wenn man mit dem Kopf fest gegen den Stein knallt. So darf man auf weitere Namensschöpfungen im 21. Jahrhundert durchaus gespannt sein.
Offiziell ist der Hinkelsteinweg derzeit unterhalb des Maienhofs und dem Abzweig zum Drehenthalerhof gesperrt, da die verbindende Landstraße saniert wird. Mangels Bautatigkeit kann an Wochenenden jedoch den Baufortschritt prüfen und die Strecke unter die Wandersohle nehmen, ansonsten führ eine Umleitung mit dem passenden Flurnamen Betonweg auf kürzerer Strecke zum Ortsrand von Drehenthalerhof. Auf dem nachfolgenden Wegeverlauf geht es durch den Scheidwald, dort wo ein imposanter Sandsteinbruch freigelegt wurde. Das Areal ist auch ein idealer Rastplatz, seitdem die Kommune Otterberg den Buntsandsteinbruch mit einer Sitzgelegenheit aufgewertet hat. Otterberg selbst strahlt eine sympathische Wohlgefälligkeit aus. Der historische Ortskern einerseits und die städtebauliche Ausdehnung auf den umliegenden Hügeln des Stadtgebietes, die den Talkassel umrahmen andererseits. Lagetechnisch befindet man sich gerade einmal fünf Kilometer von Kaiserslautern entfernt. Kaum zu glauben ist, das in der Ortsmitte der zweitgrößte Sakralbau der Pfalz steht. Auffällig unauffällig ist die Abteikirche in die homogene Gebäudestruktur des alten Ortskerns eingemantelt. Erst wenn man das Kirchengebäude betritt wird man sich der Größe der Gebetsstätte bewusst.
Entlang des Aggenbachs führt der Hinkelsteinweg in die südlichen Gefilde der Stadt, wo es aufwärts zum Pfifferlingsberg geht. Für die nächsten Kilometer ist Waldstrecke angesagt. Unverständlicherweise verschwenkt der Prädikatswanderweg auf der Höhe der Ultes Rast weiter nordöstlich in den Wald hinein. So bleibt die Empfehlung, hier den Hinkelsteinweg zu verlassen, um nach einem knappen Kilometer in die Mehlinger Heide, dem Sahnehäubchen dieser Wanderung einzuschwenken. Hier wurde auf insgesamt 150 Hektar eine bilderbuchmäßige Heidefläche kultiviert. Es ist schlichtweg nicht nachvollziehbar wieso man die Heidefläche vom Wanderweg ausgeklammert hat. Auch außerhalb der Blütezeit ist ein Gang durch die Heide sehr empfehlenswert und kann als Bereicherung für die gesamte Tour verbucht werden.
Am jüdischen Friedhof endet die Heide und man trifft hier wieder auf den Hinkelsteinweg. Rechter Hand trennt die A63 das Areal von der Ortschaft Mehlingen und man wandert nördlich weiter, den Weiler Baalborn querend, bevor man wieder in den Pfälzer Mischwald eintaucht, um am nördlichen Ende von Drehenthalerhof Richtung Potzbach einzuschwenken. Hinter dem Husarenbrunnen erreicht man einen naturbelassenen Abschnitt, wo eine Vielzahl von Gräsern in einem Feuchtgebiet gedeihen. Potzbach querend und den nachfolgenden Ortsrand von Leithöfe touchierend schwenkt man auf den letzten beiden Kilometern am südlichen Hang der Igelborner Höhe ein, um nach 42 Kilometern und moderaten 880 Höhenmetern zum morgendlichen Startpunkt zurückzukehren.
Der Hinkelsteinweg – eine sehr angenehme Waldpartie im Pfälzer Hinterland, bereichert um eine Passage durch die Mehlinger Heidelandschaft ausgereift zum perfektes Wandererlebnis. Freunde betreuter Wanderungen können sich im Regelfall das letzte Wochenende im März vormerken. Dann lädt die Verbandsgemeinde Otterberg üblicherweise zum Hinkelstein-Marathon ein, der nächste Woche zum sechsten Mal veranstaltet worden wäre, wenn seuchenbedingt nicht die Notbremse gezogen wäre.
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