Amorbacher Nibelungenring

Reuenthal, den 27. März 2020 – Kontaktsperrenbedingt gibt es nur eine Alternative: Ab in den Wald – vorzugsweise auf Premiumpfaden. Planungsträger war dabei der Nibelungensteig – eine der schönsten Wanderwege in unseren Landen. Der zweite Teil der Nibelungenringpassage setzt dabei in Reuenthal, ein Sackgassenweiler des Marktes Weilbach im unterfränkischen Kreis Miltenberg, ein.

So gilt es zunächst die Hauptpassage auf dem Nibelungensteig bis nach Ottorfszell zu bewältigen, um dann den Rückweg auf ausgesuchten Pfaden als Ringwanderung abzuschließen. Klar auch die coronaseuchenbedingten Konventionen: Meide Stadtbesichtigungen, Sitzaufenthalte an öffentlichen Plätzen und Annäherungskontakte zu allen Zweibeinern. Es wäre schon blöde an einem Marktbrunnen die Rucksackbrotzeit auszupacken.

Reuenthal – aus den Tiefen dieser Spessartregion stammte einer der bedeutensten und produktivsten Minnesänger Deutschlands, Nithard von Reuenthal, dessen Grabmal am Wiener Stephansdom eingebracht ist. Ohne Minnengesangbegleitung geht es moderat aufwärts zum knapp zwei Kilometer entfernten Gotthardsberg, dort wo in exponierter Lage eine dreischiffige Pfeilerbasilika über Amorbach trohnt.

Start in Reuenthal kurz vor Sonnenaufgang
Warm up am frühen Morgen – einmal mehr geht es aufwärts
Während man in anderen Regionen sorgsam Trockensteinmauern setzt, arbeitet man hier grobkörniger. Abgeworfene massige Sandsteinboliden erfüllen auch ihren Zweck
Unkonventionell auch die Erschließung dieses Jägersitzes
Auf dem Weg zur Gotthardsruine ein Blick hinab nach Amorbach
Im achten Jahrhundert wurde hier eine Burg errichtet, dreihundert Jahre später geschliffen um anschließend ein Kloster zu errichten, welches 1714 ausbrannte. Seit 1956 wird die Ruine durch ein Dach geschützt und ist in der Region als einzig obertägig sichtbare Landmarke ein wichtiges Element regionaler Identität

Vom Gotthardsberg geht es auf schönen Pfaden hinab nach Amorbach eine der schönsten Barockstädte Deutschlands. Unter normalen Umständen wäre eine ausgedehnte Besichtigung der unterfränkischen Stadt angezeigt. Jedoch man kommt nicht in Versuchung, denn der Nibelungensteig selbst führt am nordöstlichen Zipfel von Amorbach vorbei, dort wo einWeltmarktführer rund um die Uhr OWA-Deckensysteme produziert. OWA steht dabei für Odenwald Werk Amorbach. Unterdess kann man sich entlang des Steiges über den Stein der Region, den Sandstein, weiterbilden.

Ab jetzt sind 10 Stunden Sonnenschein angesagt
Im hessischen und bayrischen Odenwald gibt es 60 Qualitätsrundwanderwege
Sandsteinkunde erstes Semester: Eine ausladende Infotafel des Geoparks informiert über die Bedeutung der Toneinschlüsse in den Sandsteinboliden – eine 250 Millionen Jahre alte Erdgeschichte
Wandern bildet. Vorbei geht es an der “Amorbacher Zaunpfostengalerie” Hier kann man einen Querschnitt der Bearbeitungstechniken der Steinmetzte studieren, wie die hier mit einem steinernen Kröneleisen bearbeiteten Pfeiler
Tag und Nacht schloten die Schornsteine der OWA-Werke
Sandstein drittes Semester: Einst wurden lange Reihen von Stellsteinen aus Sandstein längs eingegraben, ein bevorzugter Schutz um Wildschäden zu vermeiden

Hinter Amorbach setzt eines der schönsten Abschnitte des Nibelungensteigs ein. Auf allerfeinsten Pfaden geht es durch das Morretal ohne nennenswerte Steigungen zur Zittenfeldener Quelle. Der Weg, Labsal für die Seele. Denkt man vier Wochen weiter, dann wenn Ende April die Blüte vollumfänglich einsetzt, wäre das Wanderglück perfekt. Vom Amorbach bis nach Beuchen ist der Weg gespickt mit zahlreichen Informationstafeln des Geoparks rund um die Nibelungensage und das Nibelungenlied. Angeblich soll die idyllische gelegene Zittenfeldener Quelle Schauplatz des Mordes an Siegfried dem Drachentöter gewesen sein. So streiten sich bis heute Amorbach, Grasellenbach, Hiltersklingen, Lautertal und Lindenfels über den wahren Meuchelmord.

Allerfeinste Pfade Richtung Zittenfeldener Quelle
Nicht umsonst ist der Nibelungensteig ein Premiumwanderweg
Wegbegleitend führt die Morre durch das Tal, teilweise mächtig strömend..
…teilweise sanft durch das Tal mäandernd
Während dieses halbinvalide Gehölz standhaft bleibt..
..verriegelt dieser den Premiumwanderweg
Auf Schritt und Tritt kann man hier neue Impressionen einfangen
Die Nibelungensage begleitet hier auf den nächsten Kilometern
Von Weitem hört man es kräftig sprudeln
Zeit für eine Rast an der Zittenfeldener Quelle

Vom sonnendurchfluteten Morretal geht es aufwärts, den Müllerbrunngraben hoch und hinauf zur Amorbacher Rodungssiedlung Beuchen, die mit großen Hofreiten bestückt ist. Nibelungensteigtypisch geht es munter auf und ab um nach drei Kilometern eine der bedeutensten Burganlagen der Stauferzeit, die Burgruine Wildenberg zu erreichen. Im 12. Jahrhundert wurde die mächtige Burganlage errichtet. Gewaltige Prunksäle wurden hier eingerichtet, ausgestattet mit mehr als einhundert Kronleuchtern und monumentalen Kaminen. So sagt man einst im Odenwald, daß man so große Feuer wie auf der Wildenberg noch niemals gesehen hatte. Auch Wolfram von Eschenbach wärmte sich hier am Kamin und schrieb vor Ort am große Ritterepos “Parzival”.

Dieses Wegezeichen garantiert sattsame Steigung
Höhbergweg…….nomen est omen
Das Beuchener Hochplateau ist erreicht
Anschlag an einer Beuchener Scheune: Je nach Sichtweise gibt es zu diesem Thema sehr unterschiedliche Standpunkte
Angesichts der Steigungen auf dem Nibelungensteig vielleicht die sinnvollere Radnutzung…
Sehr abwechslungsreich gestaltet sich das Landschaftsbild entlang der Strecke
Vorbei an der Hofreite, dem tiefsten Punkt zwischen Beuchen und der Burg Wildenberg
Kreative Birkenholzgestaltung im Trend der Zeit
Viele Wanderwege führen über die Burg Wildenberg
Burgruine Wildenberg ein Eldorado für Geschichtsinteressierte
Hinter der Burg entdeckt man eine mächtige Felsanlage..
Die, wie die Rückseite belegt, ehemals ein Teil der Vorburg gewesen sein muß

Weiter aufwärts geht es von der Burgruine nach Preunschen, ein weiterer Meilenstein auf dem Nibelungensteig. In diesem Höhendorf befindet sich das älteste Odenwälder Bauernhaus welches im Jahre 1475 errichtet wurde. Bewegt im wahrsten Sinne des Wortes die Geschichte dieses Hauses. Der ursprüngliche Besitzer wollte wegen einem Neubau das historische Haus abreißen. So wurde es zweimal abgetragen und aufgebaut, bevor es seinen jetzigen Standort am Ortsrand von Preunschen fand und nun ein Heimatmuseum beherbergt.

Von Preunschen geht es es abwärts, steil abwärts – sehr steil abwärts. Trailrunner würden diesen Abschnitt in ihr Herz schließen und Wanderfreunde die von Zwingenberg nach Frankenberg wandern, werden diesen Abschnitt schon des öfteren verflucht haben. Aber ein Steig ist ein Steig weil er steigt, sowohl auf- als auch abwärts. Unten angegekommen erreicht man Ottorfszell, dem Wendepunkt der heutigen Nibelungenringtour. Von hier aus geht es auf schönen Wanderwegen zurück zum Ausgangsort.

Das älteste Bauernhaus des Odenwaldes
Ottorfszell hart an der Landesgrenze zu Baden-Württemberg gelegen
Das Kennzeichnungssystem ist schon genial. Der Nibelungensteig ist mit einem roten “N” gekennzeichnet. Wechselt die Farbe in das Grüne, so befindet man sich auf einem Zubringerweg
Ambivalentes Szenario. Grün die Landschaft, zweckgebunden der Einsatz des gesellschaftlichen Mülls

Von Ottorfszell aus führt ein schöner Wanderweg parallel zur Siegfriedstraße nach Markt Kirchzell. Den Weiler in nördlicher Richtung querend, erreicht man den Sonnenhang, der über eine Anhöhe bis zum Forsthaus Otterbach führt. Weiterführend empfiehlt es sich, nicht den Radweg, der nach Amorbach führt zu wählen, sondern den oberhalb verlaufenden Naturweg, der durch Streuobstwiesen verlauft und zum Schafhof führt, dort wo in einem ehemaligen Klostergut ein hochpreisiges Restaurant eingebracht ist. Auf dem Rückweg wird Amorbach in westlicher Richtung umrundet, um entlang der Mud nach Weilbach einzuschwenken. So umrundet man den Gotthardsberg, dort wo sich die gleichnamige Kirchenruine, die am frühen Morgen besichtigt wurde, befindet. Unterhalb des Heidebuckels folgt man dem Alten Weg nach Reuenthal, um nach 39 Kilometern und sportlichen 1.000 Höhenmetern wiederum eine ansprechende Nibelungenringpassage beendet zu haben.

Markt Kirchzell ist erreicht
Ein typisches Odenwaldidyll am Forsthaus Otterbach
Best of wandern…….
Schattiger Wald oder sonnige Wiese – das ist hier die Frage……..
Betagte Sitzgelegenheit
Zwischendurch kann man einmal mehr Sandsteinformationen bewundern
Superkreative Einbindung der hausnahen Bäume
Das Madonnenländchen erstrecht sich vom östlichen Odenwald bis in das nördliche Grenzgebiet von Baden-Württemberg und Bayern

Die Nibelungenringpassage, eine krisenbedingt zeitgemäße und ausgezeichnete Alternative für Einzelkämpfer, die gerne auf längeren Strecken unterwegs sind, eine sportliche Herausforderung suchen und die Muse haben sich mit der kulturreichen Region zu beschäftigen. Die nächste Passage der Nibelungensteigreihe wird über das Hesseneck führen und nicht minder spannend ausfallen.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*