Würzburg, den 26. Oktober 2019 –
„Wo die Früchte in die Flasche wandern“ ist eines der Themen welches sich findige Marketingexperten ausgedacht haben, um das neu aus der Taufe gehobene ZweiUferLand in den touristischen Fokus zu rücken. So hatten sich jüngst acht nordwestlich von Würzburg gelegene Gemeinden zusammengetan, um sich vom gefühlten Rockzipfel der unterfränkischen Residenzstadt abzunabeln. Gestarter wird zur weinseligen Zeit in Thüngersheim , welches mit rund 200 Hektar Rebflächen zu den größten fränkischen Weinanbaugebieten zählt. Just zu Wanderbeginn hat sich im Maintal eine zähe Nebelwand festgebissen, so dass in ersten beiden Stunden auf dem Panoramaweg das Panorama zunächst ausfällt. Allemal bemerkenswert ist jedoch die erkennbare Qualität des angelegten Weges mit aufwändig gestalteten Ruhezonen und einem informativen Weinlehrpfad.
Zweckmäßigerweise folgt man den Bocksbeutelweg der mit einem grünen Bocksbeutel auf einem weißen Spiegel gekennzeichnet ist und in das benachbarte Veitshöchheim führt. Veitshöchheim, mittlerweile bundesweit bekannt durch die legendäre fränkische Fastnachtsveranstaltung einerseits und geprägt durch das auch von Balthasar Neumann mitgestaltete Schloß andererseits. Hinzu kommt eines der schönsten Rokokogärten Europas, welcher dem Schloß angesiedelt ist. So wundert es nicht, dass die Region bestrebt war sich mit der Überschrift „ZweiUferLand“ neu zu definieren um das sehens- und erlebniswerte Areal herauszustellen. Trotz nebelbedingter Tristesse wird man auch in dieser Jahreszeit von der Anmut des Rokokogartens gefangen und kann getrost diesen Flecken Erden auf die Liste der irgendwann näher zu erkundenden Landstriche setzen.
Bei einschlägigen Wanderführern endet in Veithöchsheim die Welt, jedoch liegt es auf der Hand die hügelige Weinbergsinfrastruktur zu nutzen um dass nächste Top-Wanderziel, den Würzerburger Steinweinpfad, in diesen Trail zu integrieren. So quert man vom Hofgarten aus Veitshöchheim in südöstlicher Richtung um die Weinlagen am Roßberg zu erklimmen. Steil aufwärts geht es weiter über den sich anschließenden Ölberg um unterhalb des Flugplatzes Würzburg-Schenkenturm den Rand eines Truppenübungsplatzes zu queren.
Bald trifft man auf die Weinlagen oberhalb des Würzburger Stadtteils Unterdürrbach. Nach Querung der Weinlage und des Stadtteils erreicht man eine der berühmtesten Weinlagen Deutschlands, das Weinkulturerbe „Würzburger Stein“. Klöster, Spitäler und Stiftungen prägten die Würzburger Weinkultur. Steilhänge bis 80 Prozent gewährleisten bei sonnenverwöhnter Südwestlage beste Voraussetzungen zum Aufziehen einer exzellenten Rebenkultur. Hinzu kommt der Muschelkalkboden der die Mineralität des hier gezogenen Rebensaftes besonders charakterisiert. Weine vom Bürgerspital oder Juliusspital – allesamt absolute Spitzenweine, die mit dem Prädikat „VDP Große Lage“ ausgezeichnet sind prägten und prägen den Ruf des Frankenweines. In den Kellern des Bürgerspitals lagert der älteste authentische und noch trinkbare Weißwein der Welt – 1540 auf Flasche gezogen. Würzburger Tagestouristen nutzen gerne die Gelegenheit den knapp fünf Kilometer langen Panoramarundweg zu erschließen. Am Schloßhotel Steinberg läßt es sich vortrefflich aber auch teuer einkehren, am Literaturbalkon kannn man Literatur und Weinkultur vortrefflich verbinden und Würzburger Studenten beladen gerne Ihre Rucksäcke um hier oben in bester Aussichtslage mit Blick auf die gegenüberliegende Festung und dem zu Füßen liegenden Würzburg die Weinflaschen in bester Aussichtslage kreisen zu lassen.
Vom Literaturbalkon führt die Rotkreuzsteige schräg abwärts zum Weinhaus am Stein, dort wo sinnigerweise toskanische Weine in den dortigen Fenstern ausgestellt sind. In südlicher Richtung ist rasch die Schiffsanlegestelle Würzburg erreicht. Von hier aus könnte man auch auf dem Wasserweg nach Veitshöchheim zurückfahren, sofern man eine kürzere Passage in dieser Region einplant hat. Vorbei an der Alter-Kranen-Anlage ist der Würzburger Hotspot, die Alte Mainbrücke erreicht. Direkt an der historischen Brücke ist das Traditionsgasthaus, die Alte Mainmühle angegliedert. Den meisten Umsatz macht der Gastronomiebetrieb mit dem Straßenverkauf. Ein 0,25l Brückenschoppen für fünf Euro, damit bewaffnen sich Touristen und Einheimische, genießen Wein, Main und den Ausblick auf die gegenüberliegende Festung Marienburg. Entsprechend groß ist hier der Andrang – die Karlsbrücke in Prag läßt durchaus grüßen.
Die Mainbrücke querend wird das nächste Ziel, die Festung Marienburg, angesteuert. Viele Wege führen hier hoch, da jedoch bei dieser Wanderung das fränkische Weingebiet im Fokus steht, wird die kürzeste, aber auch steilste Passage, die durch das Neutor führt, gewählt. Mit dem Festungsbau wurde bereits im Jahre 1200 begonnen – für eine explizite Erkundung ist jedoch eine separate Tour angebracht. So geht es unterhalb der mächtigen Befestigungsmauern durch die Würzburger Schloßberg-Rebenanlage. Bereits von hier aus kann man das gegenüberliegende “Käppele” gut erkennen.
Zunächst geht es jedoch steil abwärts um entlang des Mains die Fährte hinauf zum Nikolausberg aufzunehmen, dort wo das Würzburger Kapuzinerkloster nebst der Weinlage Spittelberg vorzufinden ist. Der Kreuzweg führt hinauf zu Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung, im Volksmund “Käppele” genannt. Der Kreuzweg, der in Gestalt von mit Plantanen bepflanzten Terrassen angelegt ist, ist der größte seiner Art in Deutschland. Der berühmte Balthasar Neumann plante die Wallfahrtskirche, die im Innenen mit einer spätbarocktypischen Opulenz überladen ist, und eine Faszination der besonderen Art ausübt. Zudem beeindruckt auch hier der Ausblick auf Würzburg und die gegenüberliegende Festung Marienburg.
Einige Meter oberhalb bietet es sich an im Nikolaushof zu einer Rast einzukehren, dort wo auch eine große Aussichtsterrasse in exponierter Lage vorzufinden ist. Wenn man schon hier oben angelangt ist, empfiehlt es sich der Markierung “Romantische Straße” zu folgen um zum höchsten Punkt der Stadt Würzburg, dem Nikolausberg, dort wo die Frankenwarte errichtet wurde, zu gelangen. Südöstlich geht es weiter entlang der Weinlage Spittelberg um steil hinab durch Steinbachtal zu den Würzburger Sportanlagen, die direkt am Main liegen, zu gelangen. Hinter den Sportfeldern quert man via Sebastian-Kneipp-Steg den Main um weiterführend entlang der Kurt-Schumacher-Promenade zu wandern, welche als Freizeitareal am Mainufer liegend entwickelt wurde.
Hinter dem Sportzentrum Feggrube quert man die Randersackerer Straße um in das nächste Weinanbaugebiet, der Würzburger Abtsleite einzusteigen. Von hier aus kann man schon das nächste Fernziel, Randersacker und die dahinter liegende Autobahntrasse A3 ausmachen. Autofahrer die auf der A3 Richtung Nürnberg fahren kennen die gegenüberliegenden mächtigen Weinberglagen, die sich oberhalb der Würzburger Mainebene erheben und sich als homogene Einheit darstellen. Wer jedoch zu Fuß unterwegs ist, macht die Erfahrung, daß dem nicht so ist. Um Randersacker zu errreichen sind teilweise kräftige An- und Abstiege erforderlich, da die Weinbergslagen Würzburger Abtsleite, Randersacker Teufelskeller und Randersackerer Pfülben und Lämmerberg durch nordöstlich einschwenkende Taleinschnitte abgregrenzt sind . Über den Altenbergsweg gelangt man durch die Wingerte hinab zur Maria-Schmerz-Kapelle. Dem Kreuzweg folgend erreicht man bal die Weinstadt Randersacker. Autofahrer, die regelmäßig die A3 frequentieren kennen die permanenten Meldungen “Stau bei Würzburg Randersacker” Allemal lohnt sich ein Abstecher in das schmuckende Weinstädtchen, verbunden mit der Hoffnung Randersacker in einem anderen Licht zu sehen.
Quer durch Randersacker geht es entlang der Lage Marsberg zum Randersacker Sonnenstuhl. Normalerweise sollte man den oberhalb gelegenen Sonnenstuhlturm auf jeden Fall einbeziehen. In Anbetracht des am Wochenende ausgedünnten Busfahrplanes geht es den Autobahnabzweig Würzburg/Randersacker unterquerend hinab zum Industriegebiet Eibelstadt um nach 39 spannenden Kilometern, angereichert mit knapp 1.100 Höhenmetern eine tolle fränkische Weinlagentour abzuschließen. Die Fortsetzung zeichnet sich schon ab. Tolle Weinstädtchen wie Sommerhausen, Ochsenfurt und Marktbreit, die allsamt an der Maindreiecksspitze liegen, wollen bei passender Gelegenheit erkundet werden.
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