Bad Homburg, den 10.Juli 2016 –
Friedrich Hölderlin – einer der größten Dichter unseres Landes, ein begnadeter Wanderer, den es zu Fuß bis nach Frankreich und in die Schweiz verschlug und wohlweislich Frankfurts erster Einpendler. Jeden ersten Donnerstag machte sich der Lyriker vor über 200 Jahren von Bad-Homburg nach Frankfurt auf den Weg, um Schlag zehn Uhr morgens am Sommersitz der reichen Kaufmannsfamilie Gontard, den Adlerflychthof, seine Geliebte Susette Gontard zu treffen. Drei Stunden benötigte der Dichter für die einfache Strecke um, damals noch ohne A5 und A661 queren zu müssen, nach Frankfurt zu gelangen.
200 Jahre später hatte der Regionalpark Rhein-Main einen Wanderweg in Gedenken an den liebestollen Wanderer angelegt. Gestartet wird am Schloß von Bad Homburg, unweit des Sinclair-Hauses in der Löwengasse 15, dort wo Hölderlin immerhin zwei Jahre verbracht hatte. Vorbei am Bahnhof, durch das nördlich gelegene Industriegebiet geht es zunächst der Markierung folgend auf den Pfaden des Regionalparks die A661 unterquerend das ehemalige Bergwerk Gnade Gottes passierend, dort wo von 1830 bis 1926 Braunkohle gefördert wurde. Musste sich Friedrich Hölderlin 1798 noch nach den Himmelsrichtungen orientieren, so fällt es dem Wanderer des 21. Jahrhunderts relativ einfach, auf die schon von weitem sichtbare Frankfurter Skyline zuzugehen.
Richtung Kalbach passiert man vor dem Regenrückhaltebecken am Kätcheslachweiher ein Neubaugebiet mit postmoderner Schachtelbauweise, die eher an Legehennenbatterien erinnern, als an komfortabler Wohnraumgestaltung. Den Kalbach folgend passiert man am Ortsende von Kalbach ein großes Industriegelände. Hier produziert seit den 20er Jahren die Firma Carbone Kohlebürsten – ergo eines der wichtigsten Bestandteile für die Motorenherstellung.
Rasch ist der alte Flugplatz an der Nidda erreicht. 1952 errichtet, mittlerweile als Naherholungsgebiet umfunktioniert und ein beliebtes Naherholungsziel mit dem integrierte Towercafe am Rande des Frankfurter Grüngürtels. Nur kurz der Pfad entlang der Nidda. Entlang der Homburger Landstraße, dort wo im Jahre 2000 mehr als 230 Linden gepflanzt wurde, geht es hinauf zum Frankfurter Berg. Vorbei an einem ehemaligen Militärgelände, welches heute von der Bundespolizei genutzt wird, führt der ausgeschilderte Pfad durch schöne Grünstreifen zum Dornbusch, dort wo der Hessische Rundfunk beheimatet ist. Die hier gebaute große Rotunde des HR,s sollte 1948 den Deutschen Bundestag aufnehmen – man entschied sich jedoch gegen Frankfurt – und Bonn erhielt den Zuschlag.
Von hier aus ist es nicht mehr weit zum Holzhausenpark mit seinem adretten Wasserschloß und nachfolgend dem ehemaligen Areal des Adlerflychhofs, dort wo sich die beiden Liebenden wöchentlich trafen. Weiter führt die Passage, vorbei am Eschenheimer Turm, an dem auch Hölderlin vorbeischritt zum Großen Hirschgraben. Hier im ehemaligen Stadthaus „Weißer Hirsch“ war der große Dichter von 1796 bis 1798 Hauslehrer im Hause Gontard. Neben den Kindern betreute er auf seiner Weise auch die Hausherrin Susette Gontard so intensiv, so dass er vom Hausherrn hochkant hinausgeworfen wurde und Zuflucht im Hause Sinclair in Bad Homburg, dort wo der gleichnamige Diplomat und Staatsmann wohnte, suchte. 1802 verstirbt Susette, 1806 wird Hölderlin nach Tübingen eingewiesen, für verrückt und unheilbar erklärt und bis zu seinem Tode 37 Jahre lang gepflegt. Allemal zu empfehlen ist die informative Wanderbroschüre „In naher Ferne“ kostenfrei zu beziehen über die Frankfurter Stadtverwaltung. Die Strecke selbst, angenehm zu gehend, mit weitreichenden Ausblicken in den Taunus und auf die Skyline von Frankfurt bei angenehmen 25 Kilometern mit zu vernachlässigenden….. Höhenmetern. Zurück geht es übrigens bequem per S-Bahn – Linie 5 ohne Umstieg zurück nach Bad Homburg. Hölderlin ost damals noch zurückgelaufen……….
“Leb wohl, leb wohl, nahe oder ferne doch immer bei mir. Und so mit mir verwebt bist Du, daß nichts Dich von mir trennen kann, wir sind beisammen wo wir auch sind, und bald hoffe ich Dich wiederzusehen.” Aus Hölderlins Briefen an Susette.
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