Orscholz, den 18. August 2018 –
„Grenzgänger“ – das perfekte Leitmotto des Veranstalters um die wesentliche Botschaft des Saarschleifenlandes zu transportieren. Dort wo Luxembourg, Frankreich und Deutschland im Dreiländereck zusammenkommen, dort wo Mosel- und Saartal das Landschaftsbild prägen, dort wo die Saarschleife als spektakulärer Hotspot den Nukleus der 24h-Stunden-Veranstaltung bildet, dort wo Deutschlands beste Wanderwege wie der Moselsteig, der Saar-Hunsrücksteig und eine Reihe von Traumschleifen die Region durchziehen, dort wo herausragende Weine angebaut werden, genau dort ist der idealtypische Rahmen für eine derartige Veranstaltung gegeben.
Sinnerweise hatte sich der Veranstalter, die Saarschleife Touristik GmbH, nach zwei verregneten 24-Stunden-Wanderveranstaltungen in den Vorjahren, entschlossen dieses Jahr in den August zu wechseln. Pünktlich um 08.00 Uhr begrüßte Anna Lena Koster 105 Teilnehmer. Ein Viertel der Wanderfreunde hatte sich dabei für die Einsteigervariante, der 57 Kilometer langen Tagesstrecke eingebucht. „Mit großer Wahrscheinlichkeit wird es heute nicht regnen“ so die entspannte Begrüßung von Anna-Lena. Noch der Mörderhitze der vergangenen Wochen waren gemäß Vorhersage angenehme 25 Grad Tagestemperatur und nächtliche Tiefstwerte von 13 Grad angezeigt. Alles in allem optimale Voraussetzungen für ein tolles Wandererlebnis.
Wohlweislich wandertauglich präpariert auch die gesamte Strecke. Erstmals hatte der Veranstalter die gesamte Strecke aufwändig und mit hoher Sorgfalt separat ausgeschildert, obschon oftmals die bereits bestehende Infrastruktur der Qualitätswanderwegsauszeichnung selbsterklärend war. Vom architektonisch spannend gestalteten Cloef-Atrium Orscholz startete der Wandertross hinein in den Naturpark Saar-Hunsrück, um auf den Maria-Croon-Weg, benannt nach der gleichnamigen Schriftstellerin, der entlang der Leuk führt, zu stoßen. Bei diesem Weg handelt es sich um einen der 19 Saar-Lor-Lux-Kulturwanderwege.
Bald war die Kollesleuker Schweiz erreicht. Mächtige und teilweise bizarre Buntsandsteinboliden, die steil in die Höhe ragen flankieren den Maria-Croon-Weg – Prädikatswandern auf einem hohen Niveau.
Nach sieben Kilometern war die erste Raststation von insgesamt sieben !! Verpflegungsstationen auf der 57 Kilometer langen Tagesstrecke erreicht. Der Veranstalter hatte keine Mühen gescheut und ein aufwändig gestaltetes Roadbook mit akribischer Streckenbeschreibung veröffentlicht. Im Booklet war eine Stempelseite integriert, vermutlich als leistungsspezifischer Nachweis, um den Daheimgebliebenen ordnungsgemäß zu dokumentieren, dass man tatsächlich auf dem Trail war und nicht im Biergarten herumlungerte.
Nach einer kurzen Rast ging es auf schönen Pfaden, die Ortschaft Kollesleuken passierend, um nach weiteren sieben Kilometern den Angelweiher Trassem zu erreichen, dort wo der Veranstalter eine Frühstücksstation eingerichtet hatte. Saxophonklänge waberten über das Fischteichareal – Details, die einmal mehr veranschaulichten mit welcher Hingabe die Vorbereitung für diese Veranstaltung vorgenommen wurde.
Lobend hervorzuheben auch der Umstand, dass der Ausrichter auf fast allen Versorgungsstationen die Droge Kaffee im Angebot hatte – ein immer wieder gern aufgenommenes Aufputschmittel.Die Raststation war durchaus mit Bedacht gewählt, denn just nach dem Frühstück ging es stetig aber letztendlich moderat aufwärts, immer den Moselsteig-Zuweg durch den Trassemer Wald folgend. Über Feld und Wiesenweg führte die Passage nach Portz und weiter nach Merzkirchen, Weitblicke über das Saartal und das Moseltal eingeschlosssen. Auf dem Pfaden einer alten Römerstraße, dort wo Moselsteig und eine der unzähligen Jakobswege verschmelzen, war bei Kilometer 23 die dritte Verpflegungsstation eingerichtet.
Mit Blick auf das gegenüberliegende Luxembourg führte der weitere Wegeverlauf in das sechs Kilometer entfernte Kreuzweiler, dort wo die Langstreckenwanderer das Highlight der 24-Stunden-Tour erschließen konnten. Als Jause- und Raststation hatte der Veranstalter das Lanz-Bulldogmuseum ausgewählt. Beeindruckte bereits vor zwei Jahren die Lokation einer historischen Schmiede, so hinterließ dieser außergewöhnliche Ort einen besonders nachhaltigen Eindruck.
Sicherlich man muss schon einen Spleen haben um freiwillig 24 Stunden zu wandern. Einen besonderen Spleen pflegen aber auch die Gastgeber Robert und Martina Willkommen, die mit dem Bulldog- und Landmaschinenmuseum ein unglaubliches Areal geschaffen haben. Voller Stolz – und das zurecht- berichtet Robert Willkommen über sein Hobby, welches er bereits seit 35 Jahren pflegt. Vor 18 Jahren hatte das Ehepaar in fünfjähriger Arbeit eine urige Holzscheune aus massiven Fichtenholz errichtet. Natürlich wurde dabei eine Sägemaschine aus dem Jahre 1923 zur Bearbeitung der massiven Baumstämme verwendet. Mehr als 40 Landmaschinen und weiteres historisches Gerät kann man auf dem Gelände besichtigen. Bulldogs, die bereits in Südamerika im Einsatz waren, Gerätschaften die zu Militärzwecken zweckentfremdet wurden, Motorräder und landwirtschaftliche Historikas ein schier unermessliches Sammelsurium wurde hier zusammengetragen. Man könnte hier ohne Probleme 24 Stunden am Stück verbringen und den Erzählungen von Robert Willkommen lauschen. Spektakulär die Geschichten hinter den Objekten. Der Treppenaufgang zum ersten Stock stammt beispielsweise aus einer alten Mühle, deren ehemaliger Besitzer über eine historische Landmaschine verfügte, die wiederum in der sorgsam zusammengetragenen Sammlung zu finden ist. Abenteuerlich auch die Geschichten, wie manch ein Objekt den Unterstand im Bulldogmuseum fand.
So fiel es schwer sich von dieser gastlichen Stätte loszureißen. Beeindruckt von der immensen Arbeit die hier geleistet wurde ging es weiter auf schönen Pfaden mit herrlichen Ausblicken auf das gegenüberliegende Frankreich und Luxembourg, den Weiler Wochern querend, um vom Moselsteig auf den Saar-Hunsrück-Steig zu wechseln.
Obligatorisch natürlich in der Region, dass auch in hinreichender Art und Weise, einem der wichtigsten Kulturgüter der Gegend, dem Weinanbau gewürdigt wird. So wurden auf der nächsten Raststation edle Tropfen von den saarländischen Top-Weingütern Herber in Perl und Ollinger-Gelz in Perl-Sehndorf von der Mosel kredenzt. Kein geringerer als der saarländische Staatssekretär für Umwelt- und Verbraucherschutz, Roland Krämer, übernahm mit sichtlicher Freude die Aufgabe den vorkommenden Wanderern die hervorragenden saarländischen Rebengewächse zu offerieren. Natürlich blieb es nicht bei einem Glas. Ein Plausch mit den Standbetreuern, ein feines Stöffchen zwischendurch, ohne Hatz und Eile, denn am langen Ende war es nicht Zielsetzung Streckenrekorde zu brechen, sondern Natur und Kultur mit allen Sinnen zu genießen.
„Hoffentlich ohne Schwips passieren wir die B 407 zwischen Perl und Borg“ war in der Wegebeschreibung des Roadbooks zu lesen. So ging es nach der ausgezeichneten Weinpause dynamisch weiter auf sehr schönen Pfaden des tollen Saar-Hunsrücksteiges. Wandern auf hohem Niveau unter besten Voraussetzungen. Nur sechs Kilometer nach der Weinpause wartete schon die Mannschaft der Freiwilligen Feuerwehr Oberleuken auf die eintreffenden Wanderer mit einem regelrechten Rund-um-Wohlfühlpaket. Kaffee, Schwenksteak, Bratwurst, hopfenhaltige Getränke und die Krönung, wer wollte konnte eine zehnminütige Massageeinheit für Wadeln und Nacken genießen. Betreutes Wandern auf höchstem Niveau!
Die restliche Passage – die Kür. Im Schein der untergehenden Abendsonne führte der letzte Abschnitt der Tagesstrecke zurück nach Orscholz, vorbei an einem großen Munitionsdepot der Bundeswehr. Für die Tagestourenteilnehmer war das Ziel erreicht, für die 24 Stunden Wanderer Gelegenheit im Atrium Material und Kleider zu wechseln, sich zu erfrischen und zu präparieren für die Nachtstrecke.
22 Kilometer, so der Auftrag für die Nachtschwärmer. Breit die Pfade und tendenziell nur abwärts zur Saar gehend, so die Perspektive für die ersten neun Kilometer. Immer wieder lohnte ein Blick aufwärts, denn der klare Sternenhimmel beeindruckte einmal mehr. Bei Saarhölzbach wurde die Saar erreicht. Bereits Kilometer zuvor schallte es mächtig durch den Wald. Während die 24-Stunden-Wanderer mit Stirnlampen durch den Wald frästen, tanzte in Saarhölzbach der Bär. Am Ufer der Saar wurde das Binnessenfest gefeiert. Die Hoffnung zerstob jedoch nach Saarquerung, dass „zufälligerweise“ der Trail über die Festmeile führte. Vermutlich hatte der Veranstalter unter der Direktive „Wehret den Anfängen“ hier schon einen Riegel vorgeschoben. So ging es durch die Ortschaft in östlicher Richtung steil aufwärts zur Verpflegungsstation Angelweiher Saarhölzbach. Wer wollte, der konnte hier ein indisches Reisegericht bzw. Pizza und natürlich neben dem obligatorischen Wanderwasser auch bleifreies Bier genießen.
Wohlgestärkt führte der Trail weiter über den Saar-Hunsrücksteig zu einer durchaus anspruchsvollen Passage. Die Abschnitt auf dem Steig war als Nachtstrecke herausfordernd. Selbst tagsüber ist Achtsamkeit angesagt. Vorbei an zahlreichen Felsformationen war der Steigweg mit Wurzeln und Steinen übersäht. Steil abwärts ging es auf dieser Basis hinab nach Mettlach. So war man durchaus gut beraten nicht die Festmeile in Saarhölzbach besucht zu haben, denn diese Passage erforderte höchste Achtsamkeit. Einmal mehr bewahrheitete es sich, solche Touren nur mit einem adäquaten Schuhwerk, sprich knöchelhohe Wanderstiefel der A/B-Kategorie, anzugehen.
Nach sieben Kilometern war der Marktplatz in Mettlach erreicht. Die letzte Versorgungsstation des Gesamttrails – Kaffee, Pizza, Waffeln so das Rundum-Sorglospaket. Am langen Ende genügte eine Dosis Kaffee als Vorbereitung für den Aufstieg zum Cloef-Saarschleifen-Aussichtspunkt.
Wenn auch zunächst die Vorstellung: „von unten Mettlach – hoch hinauf zum Saarschleifen-Aussichtspunkt“ etwas auf das Gemüt drückte – der Anstieg selbst war unspektakulär. Letztendlich auf den letzten beiden Kilometern waren einige Steinflanken und Wurzelwegpassagen zu absolvieren – der Aufstieg jedoch in toto sehr moderat und gut gangbar. Tendenziell viel zu früh, nämlich zweieinhalb Stunden vor dem Sonnenaufgang war der Punkt erreicht, wo die Tagestouristen tagsüber den spektakulären Blick auf die Schleife bestaunen. Natürlich wäre die Ankunft just zum Sonnenaufgang optimal gewesen, den die Blickrichtung gen Osten mit der aufgehenden Sonne im Hintergrund hat schon etwas für sich.
Nach insgesamt zwanzig Stunden waren wohldosierte 80 Kilometer und 1.675 Höhenmeter absolviert. Eine wiederum hervorragende Veranstaltung, akribisch und im Detail sehr aufwändig vorbereitet, mit einer Top- Verpflegung, einer wohldosierten Einbettung des saarländischen Kulturgutes und einer ausgezeichneten Streckenauswahl. Nicht zu vergessen die sehr gute Streckenausschilderung. Verlaufen unmöglich – GPS-Gerät und Kartenmaterial schlichtweg überflüssig. Man darf hier an dieser Stelle auch erinnern, wie hoch der Aufwand ist, eine 80 Kilometer lange Strecke in dieser Qualität auszuzeichnen.
Einzig betrüblich, dass die Resonanz auf diese Veranstaltung spärlich war. Man kann darüber spekulieren woran es liegt. Haben zwei vorausgehende Regenveranstaltungen dazu beigetragen? Liegt es an den Schmauchspuren der Vergangenheit die ein Klischeebild des Saarlandes projizieren, von Zechengräbern und Industriefriedhöfen bis hin zu trostlosen Regionen? Ist das Saarland zu weit von Deutschland entfernt? Nichts von alledem. Im Saarland sind mithin mehrfachst „Deutschlands schönste Wanderwege“ in Form prämierter Qualitätswege zu finden, ein Drittel des kleinen Landes ist mit Mischwald bedeckt, und was Essen und Trinken betrifft pflegt der Saarländer einen hohen Anspruch. So gilt durchaus die respektable Denkweise: „Fünf Bier sinn ech e Mahlzeit – awwer doo haschte nix debei getrunk“. Kurzum es bleibt zu wünschen, dass es wiederum eine Neuauflage in der Saarschleifenregion gibt und dass die Veranstaltung den Zuspruch erfährt, den sie wirklich verdient. Herzlichsten Dank an das Veranstaltungsteam – auf ein Neues in 2019!
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