Wetzlar, den 09. September 2016
Kultur pur auf der fünften Etappe des Lahnwanderweges von Wetzlar via Braunfels nach Weilburg. Zwei sehenswerte mittelhessisches Städte mit reicher Geschichte wollen auf dieser Passage entdeckt werden, nachdem Wetzlar bereits auf dem letzten Trail besichtigt wurde Vom Wetzlarer Bahnhof wird die Pontonbröcke östlich der Alten Lahnbrücke gequert, um zunächst durch die Colchester Anlage, die nach der englischen Partnerstadt Wetzlars benannt wurde, entlang der Lahn zu wandern. Bootsanlegestellen für Lahnpaddler, Kunst im Park, Spielplätze und angeschlossene Biergärten machen dieses Areal zu einem beliebten Naherholungsgebiet. Unter der Alten Brücke hindurch erreicht man rasch das weitläufige Areal des Kameraherstellers Leica. Vorbei an einem historischen Tor der Vorstadt Silhofen geht es aufwärts zur Burgruine Karlsmunt einst von Friedrich Barbarossa errichtet. Hier genießt man die vielleicht schönsten Ausblicke auf Wetzlar und Umgebung bis hin zum Feldberg im Taunus, sofern klare Sicht gegeben ist.
Auf gut gangbaren Pfaden führt der Trail weiter in das Naturschutzgebiet Weinberg, wobei die Namensgebung unklar ist, da zumindest heute keine Weinberge mehr vorfindbar sind. Der artenreiche Borstgrasrasen wird gerne als Schafsweide genutzt. Das Gesamtareal hat den Anmut einer Heidefläche und bietet dabei weitreichende Blicke. Bald ist die Grube Armanda erreicht, die ertragsreichste Erzgrube im Wetzlarer Areal. Bis 1915 wurde das Erz via Seilbahn in die Buderushochöfen in die unten liegenden Wetzlarer Hochöfen verbracht. Nur noch fachkundige Kenner können heute die Spuren der damaligen Grubenanlagen erkennen. Vorbei am Aussichtspunkt Feldberg, der bei klarem Wetter gut sichtbar sein sollte, nähert man sich von Oberndorf aus östlicher Richtung kommend dem eindrucksvollen Luftkurort Braunfels.
Imposant wirkt sie schon – die gewaltige Anlage des Schlosses Braunfels, seit dem 13. Jahrhundert ausgewiesener Sitz der Graftschaft Solms. Überall sichtbar ist das gelb/blaue Löwenwappen der Grafenfamilie. Die sehenswerten und adrett restaurierten Fachwerkbauten bilden durchaus eine Symbiose mit der Schloßanlage. Klapperten im Mittelalter die Ritter mit ihren Rüstungen über den Marktplatz, so jagte James Bond 1982 in Octopussy durch Braunfels, da die Fachwerksarchitektur seinerseits die Produzenten sichtlich beeindruckte. London-Indien-Berlin-Braunfels schon spannend die Drehortvita des Plots. Unverkennbar die strategisch-architektonische Handschrift der Erbauer, wenn man die Stadtstruktur näher inspiziert.. Die historische Altstadt ist als eine Art Vorburg vor der Schloßanlage errichtet. Allemal lohnt ein Rundgang um die Burg – wer Zeit mitbringt hat auch die Gelegenheit an einer Burgführung teilzunehmen. Darüber hinaus ist auch eine Einkehr in einem der heimischen Wirtshäuser anzuraten, da auf der nächsten Passage Richtung Weilburg die Einkehrmöglichkeiten eher rar sind.
Frisch gestärkt und sichtlich beeindruckt führt der zweite Teil der heutigen Passage aus der Stadt hinaus in westlicher Richtung vorbei am Großen Weiher und von dort aus über eine gut gangbare Waldpassage zum veralgten Silbersee. Studiert man die Karte so ist man überrascht über die Vielzahl der Gruben mit zum Teil phantasievollen Namen. Würgengel, Wrangel, Quek, oder Gutglück um nur Einige zu nennen. Zwischen Bernbach und Hirschhausen erreicht man nach knapp zwei Stunden den Tiergarten Weilburg. Auf über 90 Hektar kann man hier mehr als 20 Tierarten, darunter Braunbären und Wölfe beobachten. Die Grafen des Hauses Nassau-Weilburg legten bereits Ende des 16. Jahrhunderts den Tiergarten an, der 100 Jahre später mit einer vier Kilometer langen Steinmauer eingezäunt wurde.
Nach zwei weiteren Kilometern ist Kristallhöhle Kubach erreicht, der man auf jeden Fall einen Besuch abstatten sollte. Einzuplanen ist eine Stunde, die für die Führung benötigt wird. 1974 wurde die Höhle erstmals entdeckt, anschließend als Schauhöhle ausgebaut. Mit einer Höhe von 30 Metern gilt sie als größter natürlicher untertägiger Einzelhohlraum, der besichtigt werden kann. Die einzige Calcitkristallhöhle in Deutschland ist umgeben von 350 Millionen Jahre altem Kalkstein und geschmückt mit unzähligen Kristallen und Perltropfsteinen.
Nach dem erdgeschichtlichen Ausflug geht es auf ruhigen Pfaden hinab in den nächsten Luftkurort namens Weilburg. Auch hier wird das städtebauliche Bild von einer imposanten Schloßanlage geprägt. 1540 begannen die Herren aus dem Hause Nassau mit der Errichtung der gewaltigen Anlage. Man kann nur erahnen wie gewaltig die 400 Laufmeter umfassende Länge des Areals ist. Imposant der Schloßhof, gewaltig der Viehhof, in dem heute bezeichnenderweise ein Vier-Sternen-Hotel betrieben wird, beeindruckend die weitreichenden Schloßgartnanlagen mit den beiden Orangerieen und einladend die Lahnterassen, die einen majestitischen Blick über Weilburg und der unten vorbeifließenden Lahn gewähren.
Eine mehr als beeindruckende Kulturpassage, auf insgesamt 38 Kilometern mit sehr moderaten 860 Höhenmetern. Zweifelsohne ist dieser Wanderabschnitt auf dem insgesamt 290 Kilometer langen Lahntrail ein besonderes Highlight. Durchaus anzuraten ist auch diese Passage auf zwei Touren zu verteilen und dem offiziellen Tourenguidevorschlag (Wetzlar-Braunfels und Braunfels-Weilburg) zu folgen, damit man genügend Zeit hat, die wunderbaren Städte in Ruhe zu besichtigen.