Heidelberger Burgen- und Blütenwegrunde

Heidelberg, den 15. Mai 2020 – “Zum Schluß das Beste?” Eine Million Besucher, die sich pro Jahr zum Heidelberger Schloß aufmachen, können nicht irren. Jedoch, für uns wird auch die letzte Etappe der insgesamt fünf Burgensteig-Blütenwegrunden nach der bewährten Erkenntnis “Der Weg ist das Ziel” im Fokus stehen und die Einstiegsfrage wird zum Ende dieses Beitrages zu beantworten sein.

Die Strahlenburg oberhalb von Schriesheim ist der Startpunkt dieser Exkursion. Unterhalb des Ölbergs, einem stillgelegten Steinbruch, der heutzutage bei Klettersportlern sehr beliebt ist, zieht sich der Burgensteig durch die oberste Reihe der Weinberge. Bewährt die Aussicht in die Rhein-Neckar-Ebene, hinüber in das Großstadtkonglomerat Ludwigshafen/Mannheim und die sich dahinter erhebende Pfalz. Nach knapp drei Kilometern ist die Burgruine Schauenburg erreicht. Im 13. Jahrhundert errichtet, zweihundert Jahre später geschliffen, im 19. Jahrhundert zu Hausbauzwecken systematisch abgetragen. Heute erfreuen sich Wanderer über den fragilen Zustand und die Aussichtsmöglichkeiten – ein typischer Werdegang einer Burg in unseren Landen.

Start an der Strahlenburg, die Heinrich von Kleist einst als Schauplatz für das “Käthchen von Heilbronn” heranzog.
Die prägnante Kennzeichnung des Burgensteiges
Von den Weinbergen führt der Neue Burgweg zur Schauenburg
Die Burganlage gegenüber des in 2002 stillgelegten Steinbruchs Vatter

Ein Höhenweg zieht eine ausladenden Schleife in das wasserreiche Waldgebiet. Mantelbach, Brenkenbach, Mühlbach, Eisbach, Höllenbach -alles Gewässer die irgendwann via Neckar und Rhein in der Nordsee entwässern. Studiert man die Namen einiger Schneisen, wie beispielsweise der Sargweg, über den der Burgensteig führt, so wäre es durchaus spannend die damit verbundene Geschichte in Erfahrung zu bringen. Im Wegverlauf verändert sich das Gestein, immer mehr Sandstein setzt sich auf dem Gang nach Heidelberg sichtbar durch. So erheben sich entlang des Hellenbachtalweges diesbezüglich beeindruckende Steinformationen.

Nicht alle Bäume sind gerade gewachsen
Der Stein der Region – Sandstein
…hier im unbehauenen Zustand…
Von wegen toter Stein – auch hier entfaltet sich die Natur
..und Steindiebe treiben hier ihr Unwesen

Wir touchieren Handschuhsheim am östlichsten Zipfel, ein Ort der uns noch auf dem Rückweg beschäftigen wird, um den steilsten Aufstieg des Tages zum Heiligenberg in Angriff zu nehmen. Im Gegensatz zu den ansonst an der Bergstraße verteilten Burganlagen ist Schloß Heidelberg nicht offenkundig sichtbar an der Abrißkante der Bergstraße drapiert, sondern tatktisch eingehaust zwischen den beiden Heidelberger Hausbergen, dem Heiligenberg und den auf der gegenüberliegenden Neckarseite sich erhebende Königstuhl. Eine keltische Ringwallanlage, sakrale römische Stätten und Klosterbauten aus der Karolingerzeit belegen die besondere Bedeutung des Heiligenbergs. Die Nationalsozialisten vereinnahmten den Berg und ließen hier eine mächtige Versammlungsstätte nach griechischem Vorbild errichten. Heute ist der Heiligenberg ein beliebtes Naherholungsgebiet mit phantastischen Aussichtsmöglichkeiten. So hat man am Zollstock fernab von japanischen, amerikanischen und Offenbacher Tagesgästen als Burgensteigwanderer die exklusive Möglichkeit, Erstsichtkontakt mit dem Heidelberger Schloß aufzunehmen.

An der Bergstraße gedeihen schon die ersten Kirschen
Strack aufwärts geht es hinauf zum Zollstock
Man kann getrost den alten Wegweisern folgen
Blick auf das Heidelberger Schloß vom Zollstock aus
Fitter Rentner: hoch mit dem Mountainbike – dann am Zollstock ein paar Züge pumpen
Das Geheimnis des blauen Handschuhs – Fortsetzung folgt
Bereits die Kelten liesen sich hier nieder
Platz für 20.000 Menschen……..
..die sich hier 1935 anläßlich der Eröffnung des Thingstätte durch den Reichspropagandaminister einfanden.
Im 11. Jahrhundert wurde hier ein Benediktinerkloster gegründet

Mit Blick auf die Altstadt von Heidelberg schlängelt sich der Burgensteig am südlichen Hang des Heiligenbergs hinab und mündet im Philosophenweg. Schon früh flanierten hier Heidelberger Studenten. Die synonyme Verwendung der Worte Student und Philosoph stammt aus den Zeiten, in denen jeder Student vor Beginn seines Fachstudiums zunächst Philosophie studieren musste. Heutzutage ist der Philosophenweg ein bei Heidelbergern und Tagestouristen beliebter Ort, um Heidelberg von einer anderen Seite zu genießen. Steil abwärts führt der sich anschließende, in Stein gehauene Schlangenweg hinab zur Alten Brücke, dort wo man auf die Eingangspforte der Heidelberger Altstadt stößt.

Auf schönen Pfaden geht es abwärts Richtung Heidelberg
..immer wieder mit Blick auf die historische Altstadt
..vorbei an Sandsteinwänden…
und dem vielleicht häßlichsten Bismarkturm dieser Republik
Hier flanierten schon berühmte Studenten
Seit 130 Jahren gibt es hier mehr als 750 Wegweisersteine mit 40.776 Buchstaben die von Ehrenamtlichen gepflegt und nachgezogen werden
Best place in town: Ein Palmenhain am Philosophenweg
Aufmunternde Erkenntnis am Philosophenweg
Über die Alte Brücke geht es in die Heidelberger Innenstadt
Eine Millionen Touristen wollen jährlich ausgestattet werden
Saisonware 2020
Das nächste Ziel im Visier – das Heidelberger Schloß

Mag sein, daß man als Odenwälder eine andere Sichtweise hat. Wir fragen uns, während wir die mehr als 300 Stufen hinauf zum Heidelberger Schloß absolvieren, was eigentlich der Reiz dieser Burgruine ausmacht, die als Inbegriff der deutschen Romantik stehen soll. Paris, London, Amsterdam, Heidelberg, Rom so der achtägige Europamarathon fernöstlicher Gäste. Bewaffnet mit Handy, Selfiestick und Bratwurst ziehen die ausländischen Gäste im Eilschritt hinauf, um Minuten später die sozialen Medien mit den digitalen Sequenzen zu fluten. Japanisch, Koreanisch, Englisch und Arabisch  – so die Reihenfolge der digitalen Sprachführer – und der Deutschlandbesucher Mark Twain berichtete nach dem Anblick des Schlosses: ” Die Natur versteht es, eine Ruine zu schmücken, um die beste Wirkung zu erzielen. ” Letztendlich ist es den Franzosen, die 1693 das Gemäuer in die Luft jagten, zu verdanken, daß sich das Areal zu einem weltweit bekannten touristischen Hotspot entwickelt hat.

Mehr als 300 Stufen führen hinauf zum Schloß
Und der Schloßtiger beäugt kritisch jeden Ankommenden
Zahlreiche Verbindungshäuser sind hier in allerbester Lage untergebracht
Der fragile Zustand des Schlosses übt schon einen gewissen Reiz aus
Interessante Kunstobjekte sind hier über das Schloßgelände verteilt..
..insgesamt 23 Stück an der Zahl
als temporäre Ausstellung bis Oktober dieses Jahres

Offiziell endet der Burgenweg in Heidelberg, während der parallel verlaufende Blütenweg bis nach Wiesloch führt. Wenn man sich schon auf die Anhöhen des Schlosses begeben hat, dann empfiehlt es sich die Tour ein wenig zu erweitern, um einzutauchen in das Heidelberger Arboretum, dort wo oberhalb der Molkenkur mächtige Mammutbäume bereits 1876 angepflanzt wurden. Mag das Heidelberger Schloß weltweit Begeisterung auslösen, am langen Ende beeindrucken uns die größten Lebewesen dieses Planeten eindeutig mehr.

Auch in Heidelberg war die umtriebige Kaiserin, wie hier in einer Residenz oberhalb des Schlosses, zu Gast
Die Molkenkur, eine ehemalige Kuranlage, wo das Molke-Fasten praktiziert wurde. Heute kann man hier bei einem Heidelberger Dormenacker eine schmackhaftere Anwendung genießen
Einr regelrechte Holzwand…
in beeindruckenden Größen….
…und gewaltigen Durchmessern…
Breit aufgestellt…
..wie hier das Schmuckstück im Arboretum I

Über den Speyrerhof geht es hinüber zum Arboretum II, dort wo asiatische Pflanzen und Bäume eingebracht sind. Anschließend geht es bergab. Unterhalb des Ameisenbuckels nehmen wir die Fährte Richtung Blütenweg auf. Hunderte von Treppenstufen, diesmal steil abwärts, sind zu absolvieren, bis die Heidelberger Innenstadt wieder erreicht wird. Krach und Gestank als übliche Begleiterscheinung einer pulsierenden Stadt, kein Vergleich zu der wohltuenden Atmosphäre, die man unter den Mammutbäumen vor wenigen Minuten noch genießen konnte. Über die Theodor-Heuss-Brücke queren wir die Stadt, um am westlichen Rand des Heiligenbergs weiter den Blütenweg zu folgen. Via Radweg könnte man bereits nach 1,5 Kilometern, das nächste Ziel, Handschuhsheim, erreichen. Wir präferieren jedoch die lärm- und gestankfreie Blütenwegschleife, 150 Meter An- und Abstieg inkludiert. Hier löst sich auch das Rätsel des blauen Grenzsteins mit der weißen Hand, die eine Gemarkungsgrenze von Handschuhsheim am Heiligenberg markiert hat. Die Namensbezeichnung hat nichts mit dem Handschuh im Speziellen zu tun, vielmehr handelt es sich um eine sprachliche Mutation des Namens eines einst hier angesiedelten Gutsbesitzers. Außergewöhnlich ist der Standort der in der Ortsmitte befindlichen Tiefburg, übrigens die einzige Wasserburg der Bergstraße.

Abwärts über den Ameisenbuckelweg nach Heidelberg
2.440 Radler und zwei Burgen- und Blütenringwanderer, so die bisherige Frequenz dieses Tages
Seuchenbedingt herrscht noch Flaute auf dem Neckar
Weiter geht es auf dem Blütenweg Richtung Schriesheim
Zeugnisse der protestantischen Bewegung in der Handschuhsheimer Kirche
Die Handschuhheimer Tiefburg…..
…in der Ortssmitte gelegen
Vorbei an den Trockenmauern…
…führt der Blütenweg…..
durch die Rebstöcke der Region….
um nach 43 Kilometern und immerhin 1.400 Höhenmetern wiederum die Strahlenburg bei Schriesheim zu erreichen.

Zum Schluß das Beste? Die Eingangsfrage läßt sich so nicht bestätigen. Fünf außergewöhnliche, unvergleichbare und spannende Touren. In toto 210 Kilometer, 6.600 Höhenmeter in einer kulturell üppig ausgestatten Landschaft, gespickt mit 24 Burgen und Schlössern, gesegnet mit besten klimatischen Verhältnissen, gespickt mit aussichtsreichen Pfaden. Wer einhundert Prozent Bergstraße erleben möchte, dem sei hochgradig diese Exkursionsreihe an das Herz gelegt, angereichert unter Nutzung der vielfältigen gastronomischen Einrichtungen, die nach den coronabedingten Beschränkungen wieder aufgesucht werden dürfen.

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