
Edersee, 19. September 2025 – Das Geheimnis einer gelungenen Wanderung? Sei zur rechten Zeit am rechten Ort – das ist schon die halbe Miete. Beste Unterstützung hierzu erfährt man im Vorfeld der Planung am Edersee. Ein Blick auf das täglich aktualisierte Dashboard, beinhaltend die aktuellen Pegelstände nebst den wasserstandsbedingt freigelegten markanten Bauwerke und Bodenerhebung, genügt. Zur Abrundung ist ein telefonischer Gegencheck bei der Edersee Marketing GmbH empfehlenswert, ob das markanteste Bauwerk von Edersee Atlantis, die Brücke von Asel, komplett freigelegt ist. Kompetent die Auskunft des Mitarbeiters der auf den Dezimeter genau zu berichten weiß, dass man fußläufig über die Brücke von der Asel-Bucht nach Asel Süd queren kann, was nämlich die Grundvoraussetzung für diese außergewöhnliche Rundtour ist.

Edersee Atlantis – eine Zeitreise in die Vergangenheit, denn bei entsprechendem Niedrigwasser tauchen versunkene Brücken und Dörfer wieder auf, die vor über 111 Jahren, als die Edertalsperre die zur Wasserversorgung der Weser und des Mittellandkanals errichtet wurde, aufgegeben und geschliffen wurden. Deutlich früher als sonst sank der Pegel in diesem Jahr auf aktuell 12 Prozent Wasserstand und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Die Gründe liegen auf der Hand: Die Talsperre ist in diesem Jahr mangels ausreichender Niederschläge nie richtig voll geworden und die anhaltende Trockenheit beschleunigte das Absinken des Pegels.
Zwar hat man einen Flyer “Edersee Atlantis” für interessierte Besucher aufgelegt, jedoch gibt es explizit keinen Atlantis-Wanderweg. So lag es auf der Hand eine Rundwanderung zu konzipieren, um die markanten Atlantis-Standorte unter die Wandersohle zu nehmen. Sinnvollerweise startet man an der Aselbucht um über das spektakulärste Atlantisbauwerk zu wandern. Nur wenn man über die Aselbrücke das andere Ufer erreicht, dann funktioniert dier hier aufgezeigte Rundwanderung.

Über die vierbogige Ederbrücke quert man den traurigen Rest des Edersees. Die Brücke selbst wurde 1890 fertiggestellt und ist ausgezeichnet in Schuss. Kein Wunder, denn 1989 wurde das Bauwerk letzmalig saniert, und ansonsten konserviert Wasser das bekannteste unter dem Wasser liegende Bauwerk.



Traurig sieht es auf der anderen Seite der Brücke in Asel Süd aus. Wasserstandsbedingt herrscht Ebbe. Der Tretbootverleih hat seinen Betrieb eingestellt, am Campingplatz mit dem illusteren Namen “Ederseeparadies” ist es noch ruhig und frühmorgendliche Nebelschwaden wabern um den Ederseehöhenweg, der sich hier entlang der Aselschleife gen Bringhausen verzieht. Jedoch, aus der Wanderbrille betrachtet ideale Voraussetzungen für den frühmorgendlichen Einstieg. So wirkt zwangläufig, der Ederseehöhenweg mangels Wasser noch höher als sonst, und ein Blick nach oben verdeutlicht, dass die Kraft der Sonne sich langsam durchsetzten wird und das Himmelsblau die Regentschaft für die nächsten Stunden übernehmen wird. Zum Ederseehöhenweg gesellt sich zudem der spektakuläre Urwaldsteig, und trotz oder sogar vielleicht gerade wegen der Wetterlage entfaltet sich eine beeindruckende Atmosphäre oberhalb des Stausees.











Nach acht Kilometern ab der Aseler Brücke wird es atlantistechnisch wieder spannend. Dann ist Alt-Bringhausen erreicht. Der Fährverkehr, der hier normalerweise betrieben wird, eingestellt. 1196 wurde Alt-Bringhausen erstmalig erwähnt, bevor im Zuge des Sperrmauerbaus die Kirche abgetragen und die vorhandenen Höfe geschliffen wurden. Einzig die Gräber, die man vor Befüllung des Staudammes mit Beton versiegelte, erinnern in aller Deutlichkeit an die Menschen, die sich hier einst in dieser Region niedergelassen haben. So mag es sicherlich für die Angehörigen der betroffenen Familienstämme ein außergewöhnliches Erlebnis sein, wenn man Gelegenheit hat, den ansonsten unter Wasser gelegenen Grabstätten einen Besuch abzustatten, wie auch einige niedergelegte Steine in Herzform eindrucksvoll dokumentieren. Aber auch als nicht betroffener Besucher ist man berührt von der außergewöhnlichen Atmosphäre.
Zieht sich das Wasser zurück dann annektiert sofort die Natur das Areal. Es grünt und es blüht am Grund des Edersees an allen Ecken und Enden. Kein Wunder, der Boden ist durchfeuchtet und damit herrschen optimale Voraussetzungen für eine Entfaltung der Natur.



















Zweifelsohne ist der Abschnitt in Bringhausen ein absolutes Highlight auf dieser Atlantis-Tour. Noch auf guten Pfaden geht es zum Ortsrand von Rehbach, bevor man an der Nordflanke des Kellerwaldes unterhalb des hier eingebrachten Wildtierparks Edersee nach Hemfurth-Edersee einschwenkt. Eingeplant war, die Sperrmauer zu queren um auf der gegenüberliegenden Seite Richtung Waldeck-West zu wandern. Jedoch wegen Dachsanierungsarbeiten an den Sperrmauertürmen ist der Durchgang derzeit nicht möglich. So war eine erweiterte Schleife über fünf zusätzliche Kilometer angezeigt um, die Ederbrücke am anderen Ortsende von Hemfurth-Edersee zu queren. Als Bonus erhält man einen nicht alltäglichen Blick auf die Rückseite der Sperrmauer. Einzig über die technisch bedingte Streckenführung zwischen Hemfurth und dem Waldecker Strandbad in Waldeck West muß man geflissentlich hinweg sehen. So wandert man auf dem kombinierten Rad/Fußweg entlang der Ederseerandstraße. Jedoch der Pegelstand des Edersees und das dadurch changierende türkise Wasser entschädigt allemal. An jeder Biegung ergeben sich neue Aus- und Einblicke, die beeindrucken.













Bei sommerlichen Temperaturen tanzt hier in Waldeck-West an der Strandpromenade normalerweise der Bär. Strandhäuser und Einkehrmöglichkeiten, Segellschulen und natürlich die Personenschiffahrt, allsamt Einrichtungen die die Attraktivität der Ferienregion Edersee unterstreichen. Jedoch bei der aktuellen Lage ist alles auf ein Minimum heruntergefahren. Ein Fahrgastschiff ist noch in Betrieb und dreht Kleinstrunden. Einige Angler sind mit Nußschalen unterwegs und können wahrscheinlich den Fisch per Hand aus dem See holen. So geht es am Ortsrand von Waldeck-West nach Alt-Berich, einer weiteren Siedlung, die aufgegeben werden mußte. Einst stand hier eine schöne gotische Kirche nebst Kloster. Heute kann man nur noch den alten Friedhof und einige wenige Grundmauern erkennen. Ein Vorteil hat der Wasserstand. Man muß nicht mehr entlang dem Radweg, der die Landstraße begleitet wandern, sondern kann den Seeweg wählen und so geht es zunächst Richtung Nieder-Werbe zur zweiten Staumauer des Edersees. Hier hatte man im Maßstab von 1:40 vor Errichtung der Sperrmauer ein Modell gebaut, um das Strömungsverhalten der Stauvorrichtungen zu erproben. Heute kann man das Modell nur noch bei extremen Niedrigwasserstand besichtigen.









Die Lage entscheidet über den Fortgang. So war ursprünglich hinter dem Sperrmauermodell die Fortsetzung der Passage über Nieder-Werbe und Basdorf zur Asel Bucht vorgesehen. Jedoch Pegelstand sei Dank eröffnete sich vor Ort eine wesentlich attraktivere, aber auch längere Alternative. Da die Werbe, ein kleiner Nebenfluss der im Edersee entwässert, sich solidarisch mit dem Stausee erklärte, war mehr oder minder eine relativ unproblematische Seegrundquerung möglich. Am nördlichen Ausläufer von Scheid geht es aufwärts in den Kahlehaardtweg hinüber in das Fürstental, dort wo man nach einer Einkehr in der Fürstentalklause erneut in den Urwaldsteig einsteigt, um unterhalb des spektakulären Knorreichensteigs hinüber zur Asel Bucht zu wandern. Gerade beim Niedrigwasserstand eröffnet diese Passage nochmals beeindruckende Ausblicke entlang der wunderschönen Wanderwege. So war diese zehn Kilometer lange Schlusspassage am langen Ende das Sahnehäubchen dieses außergewöhnlichen Trails.





Edersee-Atlantis – eine Tour der Superlative und das in mehrfacher Hinsicht. Mit 41 Kilometern und 780 Höhenmetern ist diese Passage durchaus ambitioniert. Unter der Prämisse, dass sowohl die Aselbrücke als auch die Sperrmauer begehbar sind kánn man als Alternative diese Tour auch auf 29 Kilometer eindampfen, allerdings muß man dann auf die attraktive Streckenführung hinter dem Sperrmauermodell verzichten. “Atlantis is calling” so lautete ein Hit aus dem Jahre 1986. Aber auch in 2025 und den folgenden Jahrensollte man dem Ruf “Atlantis is calling” folgen, insbesondere bei passenden Pegelständen und bei guter Wetterlage. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass die Region Edersee zu den Top-Wanderadressen unseres Landes zählt.

Wir sind zu dritt dieses Jahr den Urwaldstieg in 3 Tagen gewandert. Traumhafte Gegend. Die Brücken und Reste der Dörfer sind echt sehenswert.