Haßfurt, den 02. März 2021 – Die vorerst letzte Mainpassage startet in Schweinfurt, dort wo die Haßberge einsetzen. Nähert man sich von Westen der Stadt Schweinfurt so prägt die Industrie das Stadtbild, während sich gen Osten ein unterfränkisches Kleinidyll breit macht. Spätestens wenn man auf die Obere Mainleite hinaufsteigt betritt man scheinbar eine andere Welt. Bei Schweinfurt endet das Maindreieck und offensichtlich bewegt man sich im Main-Niemandsland, denn erst ab Bamberg setzt nach einschlägigen Informationen bis zu den Mainquellen der Obermain ein. Vielleicht mag das auch ein Grund sein, dass der Steigerwaldklub den Mainwanderweg bewusst nicht durch diesen weißen Flecken des Mains geführt hat.
Am Ortsrand von Schweinfurt steigt man im Höllental ein, dort wo die Burg Peterstirn, einst als Sitz des Schweinfurter Markgrafen über dem Main tront. Heute werden die Räumlichkeiten von einem Weingut genutzt. Vorbei am gleichnamigen Weinberg führt die Passage oberhalb des Mains zum fünf Kilometer entfernten Weiler Mainberg, dort wo der Weltunternehmer Sachs auf einem Schloß residierte und dort wo Deutschlands bekanntester Playboy Gunter Sachs das Licht der Welt erblickte.
Über den Mainberger Schloßberg geht es abwärts nach Schonungen, und ab hier ist bis nach Haßfurt mehr oder minder landschaftliche Tristesse angesagt. Der schmale Main dümpelt vor sich hin, im Halbstundentakt zuckelt eine Regionalbahn, die zwischen Bamberg und Schweinfurt pendelt, durch die Lande. Wahlweise ist ein Wechsel der Mainseite angesagt um die Blickrichtung etwas zu verändern. Kleine Ortschaften am Flußrande, wie Gädheim, Untereuerheim, Ottendorf oder Untertheres verlieren sich in der flachen Mainebene. So ist mehr oder minder meditatives Wandern angesagt: Hirn ausschalten, Beine laufen lassen und die Sonne nebst Ruhe genießen. Einzig in Obertheres kommt visuelle Spannung auf, dort wo ein größeres Areal Neugierde weckt. Schloß Obertheres – einst ein Kloster, heute im gräflichen Besitz. Aber auch hier scheint offensichtlich die Zeit stehen geblieben zu sein. Betriebsamkeit ist hier nirgendwo zu entdecken.
Bei Kilometer sechsundzwanzig der heutigen Tour ist Haßfurt eine der ältesten Städte dieser Mainregion erreicht. Noch heute erkennt man die Grundstruktur der seinerseits als langgezogenes Rechteck angelegten Stadt, deren Hauptstraße von zwei mächtigen Türmen begrenzt wird. Allemal lohnt sich ein Gang auch durch die Nebengassen der historischen Stadt. Wie aus dem Ei gepellt, strahlt die älteste Wallfahrtskirche des Bistums Würzburg , die spätgotische Ritterkapelle eine neuzeitliche Sterilität aus, wie man sie ansonsten von nordamerikanischen Sakralbauten kennt. Man hat das Gefühl, jeder Stein wird wöchentlich mit der Zahnbürste bearbeitet und man ist fast geneigt, die Patina als sichtbares Zeichen der Geschichte zu vermissen.
Hinter Haßfurt wird die Landschaft lebendiger. Die Ausläufer der sich nach Nordwesten zentrierenden Haßberge rücken an den Main heran, und die mit Weinstöcken kultivierten Hügel ermöglichen eine flussbegleitende Wanderung auf erhöhtem Niveau. Hinter dem Flugplatz Haßfurt/Schweinfurt reihen sich zahlreiche Baggerseen auf. Nicht umsonst heißt eine hier am Main liegende Ortschaft Sand, die auf Sand gebaut ist. Sand so scheint hier, ist das Gold der Region. Vor dem Einstieg in die Wingerte geht es jedoch noch zunächst flach weiter in das fünf Kilometer entfernte Zeil am Main, eine kleine aber feine Ortschaft, wo Bier gebraut und Wein angebaut wird. Zahlreiche Fachwerkhäuser bereichern die Ortsmitte und oberhalb der Stadt markiert das Zeiler Käppele den Kapellenberg. Hinter Zeil am Main folgt man dem Abt-Degen-Steig, benannt nach dem Vater des fränkischen Weines. Vor dem dreißigjährigen Krieg wurde in der Region minderwertiger Wein angebaut. So besorgte der Gottesmann ordentliche Silvaner-Setzlinge aus dem Steiermark und hob die fränkische Weinkultur auf ein ordentliches Niveau. Weiter geht es auf aussichtsreichen Wegen über Steinbach zur Tagesendstation, dem Bahnhof Ebelsbach/Eltmann.
Nach 43 Kilometer Tagesstrecke auf der achtzehnten Mainwanderung im Einzelnen und 761 Kilometer ab Mainz im Gesamten ist zunächst logistische Pause am Main angesagt. Pause bis die Herbergen wieder aufsperren, um die restlichen 170 Kilometer in einer Vier-Tages-Tour bis hinauf zur Quelle des Weißen Mains am Ochsenkopf zu erwandern, dort wo die Europäische Wasserscheide vorzufinden ist. Das Ganze natürlich angereichert mit zweckdienlichen Biergarteneinschwüngen in Kulmbach und in Bamberg.
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