Rödermark, den 18. Februar 2018 –
Auch in der tristen Jahreszeit gibt es genügend Anreize für interessente Exkursionen. „Regionalpark Rhein Main“ so der Wanderauftrag der nächsten Wochen, auch wenn die seit 2011 bestehende 190 Kilometer umfassende Rundtour ursprünglich als Radroute konzeptioniert wurde.
Regionalpark – schon die Begrifflichkeit beinhaltet unterschiedliche Facetten, die es lohnenswert machen, näher betrachtet zu werden. Ende der 90er Jahre fanden sich mehrere Kommunen im Umlandverband Frankfurt zusammen, um das Rhein-Maingebiet als Wohnumfeld und als Naherholungsgebiet aufzuwerten. Kommunen, aber auch Wirtschaftsunternehmen, wie insbesondere der Flughafenbetreiber Fraport waren einerseits gesetzlich gezwungen aber auch moralisch verpflichtet entsprechende Ausgleichsflächen für die vollzogene Flächenversiegelung zu schaffen. Das Ergebnis kann sich mittlerweile sehen lassen. Aktuell sind 700 Kilometer von insgesamt 1.000 geplanten Regionalparkrouten realisiert, wobei die hier im Fokus stehende Regionalpark-Rundroute mit einer Länge von 190 Kilometern, der längste Routenabschnitt ist. So bietet es sich regelrecht an, den quasi vor der Haustüre vorbei führende Weg näher zu erkunden, getreu dem Credo dieses Blogs den kulturellen und naturkundlichen Lebensraums bewusst zu entdecken.
Offiziell startet die Rundroute bei Kilometer 0 an der Mainspitze bei Mainz-Kastel, dort wo sich Rhein und Main vereinen. Da es jedoch beim Rundkurs unerheblich ist, wo man beginnt, bietet sich ein heimatnaher Einstieg im benachbarten Ober-Roden/Rödermark an. Vom dortigen Bahnhof führt die Passage in das benachbarte Urberach hinauf zur Bulau, dort wo einer von insgesamt 43 Aktionspunkten entlang der Strecke vorzufinden ist. Neben diesen Punkten gibt es darüber hinaus noch eine Vielzahl von Informationsstelen, die Kurzinformationen zur Landschaft oder zu ortgeschichtlichen Hintergründen vermitteln.
Auf der Bulau, dem höchsten Punkt der Stadt Rödermark, geologisch eine eiszeitliche Flugsandanhäufung an der Rückseite des Dietzenbacher Hexenberges, ist eine kulturhistorische Stätte aufgebaut worden. Erinnerungsposten an die hier vorbeiführende römische Straße von Dieburg nach Heddernheim und an hier befindliche keltische Grabhügel verdeutlichen die reiche Geschichte des hiesigen Lebensraumes.
Langsam quält sich die Sonne durch den Dunstvorhang einer kalten Februarnacht und legt in einer durchaus mystisch anmutenden Grundstimmung den hier installierten keltischen Begräbniszug frei. Allemal ein spannender Einstieg in die Regionalparkrundroute. Der Wegekennzeichnung folgend geht es zunächst am Waldesrand weiter, dann vorbei am östlichen Rand des Dietzenbacher Industriegebietes zum Dietzenbacher Geschichtspfad, dort wo die reiche Geschichte der Stadt be- und ergreifbar gemacht wurde. Solche Investitionen verdeutlichen einmal mehr die Bestrebung den Regionalpark attraktiv auszugestalten.
Weiter geht es vorbei am ehemaligen Dietzenbacher Wasserwerk, dort wo eine Wasserwerkssäule, an den Lebensträger Wasser erinnert. Nach einem kurzen Waldabschnitt hat man drei Kilometer weiter das Hofgut Patershausen erreicht, dort wo einst im 9. Jahrhundert ein Benediktinerkloster gegründet wurde. Apropos Hofstationen. Seit 2013 bereichern eine Vielzahl von Erlebnishöfen, Hofcafes und Lernbauernhöfe den Rundkurs. Ein eigens dafür ausgebautes Leitkonzept bietet beispielsweise Radfahrern die Möglichkeit mehrere Hofstationen an einem Tag gezielt anzusteuern.
Trotz Sonne – bei frostigen Temperaturen im Februar kann man natürlich nicht erwarten, dass der Biergarten im Hofgut Patershausen geöffnet hat. So geht es weiter, vorbei an der nahegelegenen Wüstung Renigishausen, um bald darauf das Schloß Schönborn in Heusenstamm zu erreichen. Hier wurde einst Weltgeschichte geschrieben. So weilte hier Kaiser Josef II. im Jahre 1764 um abzuwarten, ob in Frankfurt über seine Wahl zum König und Kaiser entschieden wird. Das Schloß des Geschlechtes Schönborns, errichtet im 17. Jahrhundert, ist wohlgefällig von der Vorderfront anzuschauen – grausig-gruselig jedoch der in den 80er Jahren errichtete postmoderne Anbau der im Innenhof angegliederten Rathauserweiterung.
Vom Schloß aus ist rasch der Offenbacher Stadtwald erreicht. Die A3 unterquerend folgt man dem Alten Heusenstammer Weg zum Offenbacher Stadtteil Tempelsee. Hier befindet sich einer von zwei Regionalparksportalen – der Offenbacher Wetterpark. Als Erinnerungsposten an den Deutschen Wetterdienst, der in Offenbach stationiert ist, hat man hier Exponatstationen installiert um das Thema Wetter im Allgemeinen und Wetterphänomene im Speziellen erlebbar und begreifbar zu machen. Eine gute Idee, interessant und anschaulich umgesetzt. Von März bis Oktober hat man darüber hinaus die Chance vertiefende Informationen im dann geöffneten und hier ansässigen Besucherzentrum einzuholen.
Vom Wetterpark geht es weiter zum höchsten Berg Deutschlands. Der höchste Berg Deutschlands? Der höchste Berg – der Bieberer Berg, dort wo die Lokalmatadoren, die Offenbacher Kickers, beheimatet sind. In den wilden Zeiten des Vereins, wo man ständig mit Auf- und Abstieg von und aus der Bundesliga beschäftigt war wurde der Spruch geboren: Am Bieberer Berg dauert ein Auf-und ein Abstieg ein ganzes Jahr.
Durch den Leonhardt-Eißnert Park wandernd passiert man die tatsächlich höchste Erhebung der Stadt Offenbach, den Schneckenberg, eine ehemalige Müllhalde, die nunmehr versiegelt, renatourisiert und mit Photovoltaikpaneelen verziert wurde. Gequert wird anschließend die 102 Jahre alte Laskabrücke, die offensichtlich nur noch von Rost zusammengehalten wird. Auf einer Skala von 1 bis 4 hat die Brücke mittlerweile einen Zustandskoeffizienten von 3,7, so dass mittlerweile der Schwerlastverkehr die Stahlkonstruktion nicht mehr queren darf.
Am Kuhmühlgraben schwenkt man ein und folgt dem Geleitsweg, einem historischen Zollweg, dort wo einst Kaufleute von Augsburg und Nürnberg unter gesichertem Geleit zur Messestadt Frankfurt anreisten. Nach weiteren vier Kilometern ist Schloß Rumpenheim erreicht. Das Gebäude selbst im 17. Jahrhundert als Herrenhaus errichtet und in der Zeitfolge als Schloß weiterentwickelt, war ein beliebter Treffpunkt des europäischen Adels. Mittlerweile sind im Schloß hochpreisige Eigentumswohnungen errichtet worden. Von der Schloßterasse blickt man auf die Mainfahre Rumpenheim. Von dort führt die Passage entlang des Mains um nach zwei weiteren Kilometern das Tagesziel, Mühlheim am Main, zu erreichen.
33 Kilometer mit 358 flachen Höhenmetern. Die erste Regionalparketappe allemal spannend und erlebnisreich. Auch wenn die Strecke primär für Radfahrer konzipiert wurde und dadurch der Asphaltanteil überproportional hoch ist, ist eine regionale Erwanderung der Regionalparks ist ausdrücklich zu empfehlen. Fortsetzung des Rundkurses – demnächst.
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