Hirschhorn, den 29. Juli 2017
Haideruberuku, sagen die Japaner und Heidelbööörg die Amerikaner zu der Stadt am Neckar die als Sinnbild eines klischeehaften Deutschlandbildes steht wie kaum eine andere Stadt in unserem Land. Nur die wenigsten der 1,4 Millionen Übernachtungsgäste erschließen dabei Heidelberg zu Fuß, was jedoch sehr zu empfehlen ist. So bietet der seit 2012 als Qualitätswanderweg ausgezeichnete 126 Kilometer lange Neckarsteig die Möglichkeit, die Flußlandschaft des hessisch/baden-würtembergischen Flusses intensiv zu erschließen. Start/Endpunkt des Neckarsteiges ist entweder Heidelberg oder Bad Wimpfen.
Bei hochsommerlichen Temperaturen wurde jedoch ein unkonventioneller Startpunkt als Einstieg in den Neckarsteig gewählt. Gestartet wird im hessischen Hirschhorn, was mehrere Vorteile bietet. Erstens kann man kostenfrei an der dortigen S-Bahn-Station parken, zweitens verläuft die Passage permanent ansteigend Richtung Königsstuhl (andernfalls absolviert man die 1.200 Stufen der Heidelberger Himmelsleiter um dann dröge tendentiell permanent abwärts gehend Richtung Hirschhorn zu wandern), drittens hat man tendentiell die Sonne im Rücken und viertens hat man mit dem Heidelberg einen schönen Abschluss. Nicht zu empfehlen ist der ein Tag zuvor erworbene Wanderführer des Conrad-Stein-Verlages. Unsinnige Ratschläge (“Dieser Führer beschreibt den Weg neckaraufwärts, weil eine Wanderung entgegen der Fließrichtung dem Auge intensivere Eindrücke bietet” (dem Verfasser ist scheinbar entgangen, dass man nur in den seltensten Fällen entlang des Neckars wandert) überholte Einkehrmöglichkeiten und eine veraltete Streckenbeschreibung (Hirschhorn-Neckarsteinach) machen diesen Wanderführer überflüssig.
Vom Hirschhorner Bahnhof geht es direkt aufwärts. Man folgt der ausgezeichneten Wegekennzeichung (großes Lob an den Odenwaldklub – verlaufen ist unmöglich) und gewinnt rasch an Höhe unterhalb des Michelberges, vorbei an einem Freischärlersgrab Richtung Rotes Bild. Die waldreiche Passage ist regionaltypisch durchsetzt mit großen Brocken des regionaltypischen Buntsandsteins. Durch den Michelbucher Wald geht es entlang auf der Waldpassage (sehr zu empfehlen bei sommerlichen Temperaturen) zur südlichen Flanke des Hohen Darsberges, dort wo am Goethe-Blick ein markanter Aussichtspunkt schöne Aussichten auf den markanten Dilsberger Hügel und das weite Umland im Neckarland bietet. Ob der Dichter und Denker jemals hier hinabblickte sei dahin gestellt, jedoch der Panoaomablick ist beachtlich.
In langgezogenen Schleifen geht es hinab nach Neckarsteinach, der Vier-Burgen-Stadt. Dem Neckarsteig folgend erreicht man zunächst die außerhalb der Kommune gelegenen Hinterburg, anschließend geht es an der Mittelburg vorbei um dann entlang des Neckars (in Fließrichtung) zur Neckarsteiner Staustufe zu wandern, um dort die Doppelschleuse zu queren, die sich als einzige Staustufe des Neckars über zwei Bundesländer erstreckt.
Vom Neckarsteinach, welches seit 1803 zu Hessen zählt, geht es hinauf zum baden-würtembergischen Dilsberg auf der anderen Seite des Neckars. Imposant ist die Lage der 2.100 Seelen zählende Kommune, die auf einem Bergrücken oberhalb einer Neckarschleife liegt. Bis kurz vor Heidelberg hat man immer wieder Gelegenheit die exponierte Lage des historischen Stadtkerns zu bewundern. Auch der Schriftsteller Mark Twain beschrieb in seiner Erzählung „Ein Bummel durch Europa“ von seinem Besuch auf der Feste Dilsberg.
Südwestlich führt die Passage durch schöne Waldwege, die immer wieder gute Aussichten auf Dilsberg ermöglichen durch den Oberen Stadtwald nach Neckargemünd. Angesichts der strategischen Lage wurde die Neckarstadt immer wieder von Besatzungsmächten traktiert. Lohnenswert ist allemal ein Bummel durch die Altstadt und eine ordentliche Anzahl an gastronomischen Einrichtungen bietet Gelegenheit nach 25 Kilometern zu einer Mittagsrast einzukehren.
Frisch gestärkt geht es aufwärts zum Neckarriedkopf und weiterführend zum Melacpaß. Zahlreiche Wanderwege eröffnen weitreichende Möglichkeiten das Odenwälder Mittelgebirge zu ergründen. Abkürzungsfetischisten hätten auch hier die Chance den Weg nach Heidelberg deutlich abzukürzen. Jedoch auch hier gilt der alte Leitsatz „Der Weg ist das Ziel“ und so gibt konsequenterweise die Wegweisung des Neckarsteiges die Richtung vor.
Wunderschöne Passagen durch das abwechslungsreiche Areal führen rund um den Auerhahner Kopf vorbei am Buntsandsteinfelsenmeer und über den Wildschützenschlag hinauf zum Königstuhl, mit 567 Metern der höchste Berg Heidelbergs und der Bergstraße. Beste Sicht vorausgesetzt hat man von hier oben die Chance den Pfälzerwald, den Taunus und den Hunsrück zu erblicken.
Gefühlt 99,85 Prozent entscheiden sich die Dienste der seit 1907 in Betrieb befindliche Bergbahn zu beanspruchen, um mit geringstem körperlichen Einsatz in die Heldelberger Innenstadt zu gelangen. Bewegungsfanatiker wählen hingegen die steinerne Alternative, die Himmelsleiter. 1200 Sandsteinstufen umfasst die 1844 errichtete Himmelsleiter, eine vom Heidelberger Schloss zum Königstuhl führende Treppe aus grob behauenen Sandsteinen, um 270 Höhenmeter zu überwinden. (einschließlich der Stufen vom Kornmarkt zum Heidelberger sind es sogar 1.600 Stufen.So erreicht man die Rückseite des Heidelberger Schlosses und weiter abwärts gehend den Kornmarkt in der Innenstadt.
Zehn Fußminuten von hier entfernt kann man im halbstündigen Turnus via S-Bahn zurück nach Hirschhorn fahren. Dieser Trail – eine wunderbare und sehr gut gangbare Passage auf dem Neckarsteig. 44 Kilometer und wohlverteilte 1.400 Höhenmeter mit guten Einkehrmöglichkeiten, schönen Neckarstädtchen und dank S-Bahn einer exzellenten Verkehrsanbindung.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar