Bad Wildungen, den 14. September 2018 –
So ändern sich die Zeiten! Pilgerten bereits im 16. Jahrhundert die ersten Patienten nach Wildungen, um mit dem hier entspringenden Heilwasser ihr Blasenleiden zu kurieren, traten mehr als 400 Jahre später 281 sportlich ambitionierte Wanderfreunde zu einer Langstreckenwanderung an, um sich vielleicht unfreiwillig die ein- oder andere Blase einzufangen. Ein kleines Jubiläum in 2018! Bereits zum fünften Mal richtete die Edersee Touristic GmbH eine 24-Stunden-Wanderung mit einem eingebetteten Wandermarathon aus. Das Erfolgsgeheimnis dieser Veranstaltung ist trivial: Man öffene die Wanderkiste und kombiniere eine zweckdienliche Rundstrecke aus dem schier unermesslichen Angebot von drei zertifizierten Qualitätswegen, zwei Premiumwegen und insgesamt 80 markierten Rundwanderwegen, die hier im Naturpark und Nationalpark Kellerwald Edersee vorzufinden sind. Alleine schon die Tatsache, dass man zwangsläufig immer wieder das Epizentrum des Weltnaturerbeareals touchiert, ist Anreiz genug, die Ederseeveranstaltung als Pflichtprogramm in das jährliche Wanderprogramm aufzunehmen.
Auch in fünften Jahr wurde wiederum eine neue Variante des Streckenverlaufs angeboten. Wie bereits bei der Erstveranstaltung in 2014 begrüßte das bewährte Team Claus Günther, Geschäftsführer der Touristic GmbH, Ute Kühlwind vom Bad Wildunger Stadtmarketing und Wandertitan Thorsten Hoyer die Teilnehmer in der Bad Wildunger Wandelhalle im Kurpark. „Geht Euren Schritt, laßt Euch Zeit, genießt das Umfeld und habt Spaß“ so die aufmunternden Worte von Thorsten Hoyer, als gebürtiger Frankenauer ein Bub der Region, der jährlich mit Freude die Veranstaltung in “seinem Wohnzimmer” seit Anbeginn begleitet.
Ausgezeichnet waren die Wetteraussichten für die nächsten 24 Stunden. Der scheinbar nicht endend wollende Sommer 2018 legte eine Kurzpause ein, um das Ederseeareal mit bestem Wanderwetter von bis zu 21 Grad in der Spitze auszustatten. Nach zwei Stunden löste sich das über Nordhessen hängende Wolkenband auf, um im Tagesverlauf für ein angenehmes Sonne-Wolken-Intermezzo zu sorgen. Durch das weitläufige Kurparkareal ging es zunächst weiter, den benachbarten Ortsteil Reinhardshausen querend, um am benachbarten Schieferkopf in das Areal des Wölfetals einzusteigen, dort wo der Kellerwaldsteig entlang läuft. Hier verläuft unter anderem auch der Kunstwanderweg Ars Natura, was einige Objektinstallationen, die man unterwegs ergründen konnte, belegen.
Nach rund neun Kilometern war die Erste von insgesamt zehn Verpflegungsstationen, das holländische Pfannkuchenhaus an der Hüddinger Hütte erreicht. Eine schöne Idee des Veranstalters, von der noch viele Wanderer im Verlaufe der Tour noch schwärmten.
Wohlgestärkt ging es nach der gelungenen Wanderouvertüre weiter auf einem gemäßigten Höhenprofil, vorbei an Albertshausen über das Naturschutzgebiet Paradies Richtung Gellershausen, dort wo nach weiteren acht Kilometern die zweite Raststation eingerichtet war.
Auf ein Neues ging es zunächst in westlicher Richtung unterhalb des Dürrenberges weiter, dem Hauptweg des Sauerländischen Gebirgsvereins X6 zur Quernstkappelle, wo eine kleine Getränkestation eingerichtet war. Thematisch passend das Leitmotiv der sakralen Stätte: „Wir kommen aus dem Alltag, halten inne und erahnen jenseits der Kapelle das für uns Ungewohnte – eine entstehende neue Wildnis. Behaftet mit diesem Gedanken führte die Passage weiter, dem SGV-Wanderweg X16 folgend, durch den Kellerwald-Nationalpark zur Doppelstation in Kleinern. Nach der längsten Teiletappe von insgesamt vierzehn Kilometern am Stück war eine Pause zweckmäßig und wohlverdient. Ehrennamtliche Helfer sorgten sich, wie auch an den anderen Stationen, rührend um die eintreffende Wanderschar.
Kleinern-Hemfurth, so die 5,1 Kilometer lange Schlußetappe für die Marathonwanderer und die Teiletappe zur Halbzeitrast für die Extremwanderer. Den Kellerwaldsteig folgend erreichte man nach einer Stunde die Anhöhen des Oberbeckens des Pumpspeicherwerkes Hemfurth. Hier steht man auf eine der größten von Menschenhand geschaffenen Höhlen der Welt. 100 Meter lang, 50 Meter hoch, 34 Meter breit, so die Daten der Kaverne.
Hinab nach Hemfurth zum dortigen Dorfgemeinschaftshaus, dort wo die End- bzw. Zwischenstation eingerichtet war, führte die nachfolgende Passage entlang des Zubringerweges zum Urwaldsteigs über die begehbare Ederseetalsperre. Erschreckend einerseits, faszinierend auf der anderen Seite. Die sich langsam senkende Nachmittagssonne hebte den fjordähnlichen Charakter des aktuell wasserarmen Edersees besonders hervor. Der aktuelle Füllstand: besorgniserregende 15%,. Die Stützung der Weser bereits seit vierzehn Tage eingestellt und reduziert auf die Mindestabgabe von 6 Kubikmeter pro Sekunde, quasi Rinnsalcharakter. Während die Wassersportler Tränen in den Augen haben, freuen sich Tagestouristen, die mittlerweile das Edersee-Atlantis auf dem Radarschirm haben und auf den Spuren der versunkenen Städte sind.
Von Sperrmauer West hinüber zu Sperrmauer Ost und weiter den Radweg oberhalb des östlichen Ederseeareals folgend hatte man mehr als ausreichend Gelegenheit den wasserarmen Zustand der Edersee auf sich wirken zu lassen. Für Angler eine sichtbare Strapaze, den man muss mittlerweile wesentlich tiefer absteigen um die Angelruten im Gewässer auszuwerfen. Selbst Schuld wer Fisch isst. Bei Kilometer 49 war die Bergstation der Waldecker Bergbahn rechtzeitig vor dem Sonnenuntergang erreicht. Zeitig vor Eintritt der Dunkelheit, damit man die Chance hatte einen der schönsten Abschnitte des gesamten Trails noch bei Tageslicht in Augenschein zu nehmen. Die Rede ist vom Urwaldsteigabschnitt zwischen Waldeck und Nieder-Werbe, eine Strecke die immer wieder gerne begangen wird.
Nachdem man das Bärental durchschritten hatte kann man sich unterhalb der Mühlecke visuell anfüttern für weitere Urwaldsteigpassagen, wie beispielsweise entlang des gegenüberliegenden Kahle Hardt am Knorreichenstieg. Bizarre Baumskulpturen, die sich regelrecht in die schieferhaltigen Steilhänge eingekrallt haben bieten ein besonderes Erlebnis für Wald- und Baumliebhaber. Hochgradig zu empfehlen ist diese Passage des Urwaldsteiges zur Herbstzeit, wenn die Blätter in den Indian-Summer-Modus wechseln. Trotz Nachteinbruch war Hochbetrieb an der Sommerrodelstation in Nieder-Werbe zu verzeichnen. Bei lauen Temperaturen freuten sich die Ederseegäste die beleuchtete Blechröhrenbahn hinterzujagen, während die Extremwanderer ein wohlverdientes Päuschen einlegten.
Ab jetzt war Nachtmodus angesagt. Von Nieder-Werbe nach Waldeck, so der Wanderauftrag des nächsten Teilabschnittes. Auch wenn vom Edersee hinaufblickend Schloß Waldeck omnipräsent mächtig über den Edersee tront, der Anstieg selbst ist sehr überschaubar und durchweg als moderat bis gemächlich zu bezeichnen. Bald waren die Höhenzüge von Waldeck erreicht. Der Gang durch die Ortschaft, wo gefühlt mit Eintritt der Dunkelheit die Betriebssysteme zurückgefahren werden, führte zum Schloßpark unterhalb des Schlosses, dort wo die achte Rastation eingerichtet war.
Nach der Pause war vor der Pause, sprich Stirnlampenmodus war angesagt. Zurück nach Hemfurth ging es wiederum entlang des Kellerwaldsteiges. Bezüglich der Wegekennzeichnung war im Starterpaket als Orientierungshilfe eine exzellent gestaltete Roadmap hinterlegt,, wo auf welchen Wanderwegsabschnitten die Route verläuft. Sicherlich kann man damit den nicht unerheblichen Markierungsaufwand zweckdienlich gestalten. Jedoch sollte man künftig verstärkt darauf achten, die Nachtstrecke an der ein- oder anderen Stelle mit Beruhigungskennzeichen zu versehen, da nicht jeder Teilnehmer mit einem GPS-Gerät ausgestattet ist. Tagsüber bietet dieser Abschnitt exzellente Aussichten, im Nachtmodus kann man sich den Edersee herbeidenken. Am Uhrenkopf, versteckt hinter einem Strommast, hatte man die Chance die nächtlich illuminierte Sperrmauer zu bewundern, ein Highlight auf der Nachtpiste. Tendentiell abwärts gehend war nach sechs Kilometern ab Waldeck erneut die Station in Hemfurth erreicht. Spannend das zur nächtlichen Stunde das begehrteste Getränk ein bayrisches Weißbier, verabreicht in homöopathischer Dosis zu 0,3l war. Jedoch zwei 0,3er ergeben auch eine Halbe……..
So gestärkt ging es zur vorletzten Etappe, den Affoldener See umrundend, der als Unterbecken der Pumpspeicherkraftwerke dient, hinauf nach Kleinern, dort wo wir vierzig Kilometer zuvor zu einer Rast einkehrten. Einhelliger Tenor der hier Ankommenden: „Wer es bis hierher geschafft hatt, schafft auch den Rest“. Wahre Worte, denn der Rest, waren lockere acht Kilometer – ein netter Auslauf unter einem sternenklaren Himmel, Bad Wildungen stets vor Augen habend. Via Albertshausen und Reinhardshausen war bald das weitläufige Kurparkareal erreicht, dort wo tagsüber Kurgäste und –schatten entlang der hier eingerichteten Kuranlagen wandeln.
Nach 87 Kilometern und knapp 1.700 Höhenmetern war der Start- und zugleich Zielort Bad Wildungen wieder erreicht. Zum fünften Male eine hervorragende Veranstaltung, in bewährter Art ausgezeichnet organisiert. Wiederum viele bekannte Gesichter und Wiederholungstäter, was schon fast den Anmut eines Klassentreffens hat. Demgemäß kann man getrost für 2019 bereits heute einen dicken Merker in den Wanderkalender setzen, wenn es im September wieder heißt: „Wilkommen zur sechsten Extremwanderung am Edersee. Weiterhin lohnt es in der Langfristplanung den Edersee auf dem Radarschirm zu haben. Denn in 2020 ist Bad Wildungen die Deutsche Wanderhauptstadt. Denn vom 1. bis zum 6. Juli findet hier der Deutsche Wandertag statt. Die Wanderinfrastruktur gibt es her, dass die Region sich von der allerbesten Seite präsentieren wird. So gilt es wieder – bis bald am Edersee!
Lieber Martin,
wie immer ein toller Bericht über das 24h Wanderabenteuer am Edersee mit einmaligen Bildern. Danke an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, ihr habt wieder tolle Leistungen erbracht. Besonderer Dank gilt allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern an den Stationen, ohne die eine solche Veranstaltung nicht zu meistern wäre! Mit den besten Wandergrüßen – hoffentlich bis zum nächtsen Jahr am Edersee
Claus Günther
Allerbesten Dank Claus – es macht jedes Jahr Spaß in Euerer wunderbar wanderbaren Region unterwegs sein – und ich bin sicher, der “Wanderstoff” für die nächsten Jahre wird nicht ausgehen. Beste Grüße Martin
Hallo Veranstalter,
der Empfang nach 85 km in der Wandelhalle hätte besser ausfallen können. Hier mein Ratschlag für die zukünftigen Ereignisse. Spielt einfach eine Empfangsmelodie, die den Leistungen und Emotionen gerecht wird.
Ansonsten eine super Veranstaltung, die perfekt organisiert war und allen beteiligten meinen herzlichen Dank. Im nächsten Jahr bin ich wieder dabei.
Hallo Martin,
eine super Zusammenfassung des Wanderabenteuers und coole Fotos, die das einzigartige dieser Landschaft herausstellen. Ein großes Lob an die Veranstalter und alle Helfer, die sich so große Mühe gegeben haben. Wir sind hier zum ersten Mal 42 bzw. 85km mitgewandert und werden sicherlich “Wiederholungstäter” im nächsten Jahr.
Liebe Grüße von Julia & Gerold
Hallo Martin,ein toller Bericht,wieder einmal!!!Ich konnte leider diesmal nicht dabei sein,da ich in Thüringen bei der Hiking WM im Double-Marathon ( zwei Marathon an zwei Tagen,jeweils ca.1300 Hm)gestartet bin.Nächstes Jahr wieder….übrigens bin ich an beiden Tagen Erster gewesen,Gesamtzeit 11 Std.5 Minuten….Liebe Grüße aus Borken Oliver
Hallo mein lieber Odenwälder,
auch von mir großes Lob für den tollen Bericht. Aber das kennt man ja von Dir. Freue mich auf die nächste Tour. Liebe Grüße vom Wolf (Herbert) vom Edersee
Besten Dank Herbert! Auf ein Neues in 2019. Allerbeste Grüße Martin
Ich war mit meiner Schwester zum ersten Mal dabei. Vielen Dank für die tollen Bilder, da kann man die tolle Tour noch einmal Revue passieren lassen! Viele Grüße Kerstin