Otzberg/Breuberg, den 13. September 2015
1-2-1 – die Erfolgsformel für eine gelungene Wanderung. Man wähle einen Rundweg, baue zwei Burgen ein und setze zum krönenden Wanderabschluss ein Brauhaus -fertig ist eine bemerkenswerte Wandertour. Perfekt wird das Ganze, wenn man die aufgehenden Sonne westwärts gehend im Rücken weiß, und das vor einem liegende Mittelgebirgspanorama mit einem goldgelben Licht regelrecht flutet wird.
Gestartet wird in der Mitte, der Weininsel Groß-Umstadt, am neu gestalteten Bahnhofsareal. Richtung Schwimmbad gehend geht es durch eine Unterführung der B45 hinauf zum Areal der Aussiedlerhöfe Am Schöllkopf. Bereits hier, drei Kilometer außerhalb der Stadt, genießt man weitläufige Panoramablicke. Bergstraße – Odenwald – Otzberg – Roßberg – Moret – Dieburger Bucht – Bachgau – Maingau – Frankfurt – Spessart – Stachelberg – Binselberg – Burzelberg – so das 360 Grad Panorama auf dieser bemerkenswertem Anhöhe – noch unter 200 Höhenmeter liegend.
Magisch das Licht am frühen Morgen – bis eine Stunde nach Sonnenaufgang sind die günstigsten Konstellationen um die Lichtimpressionen aufzunehmen. Südwestlich gehend fallen zwei Fixpunkte auf. Rechter Hand die außergewöhnliche weiße Kirchturmspitze der Kommune Lengfeld und linker Hand die auf einem Vulkankegel liegende Veste Otzberg mit ihrem weißen Turm, im Volksmund auch “weiße Rübe” genannt.
Vom Flurstück Zauberhecke kommend und Richtung Fasanenhof in Lengfeld gehend, hat man Gelegenheit die Schokoladenseite von Otzberg/Hering inklusive Veste zu genießen. Über den Galgenberg erreicht man zügig das ehemalige Wahrzeichen des Altkreises Dieburg, die Veste Otzberg. Urkundlich 1231 erstmals erwähnt, und vermutlich gen 1100 als Amtssitz derer von Fulda gegründet. 1390 wurde die Veste als kurpfälzische Amtsburg, ab 1711 nur noch als Invalidenkaserne und in der hessischen Zeit bis 1818 als Gefängnis genutzt. Die Gebäude befanden sich jedoch in einem so schlechten Zustand. 1826 erging eine Verfügung des Finanzministeriums in Darmstadt einige von ihnen auf Abbruch zu versteigern. 80 Jahre später wurde eine Jugendherberge errichtet und seit den 50er Jahren hat sich eine durchaus zu empfehlende Gaststätte hier oben angesiedelt.
Allemal empfehlenswert die Rundumsichten vom Aussichtsturm. Vorbei an dem am Fuße der Festung liegenden Basaltsäulen geht es zunächst abwärts durch den Weiler Hering. Hier lohnt ein Abstecher zum alten Friedhof , wo sich einige historische Grabsteine befinden. Durch den Waldabschnitt Fraubörnchen gehend folgen wir zunächst der Radwegbeschilderung 2-Burgenweg, die uns nach und durch Wiebelsbach führt. Den Pferdsbach und die B 45 querend verlassen wir die markierten Wege und orientieren uns in südöstlicher Richtung gehend auf wenig begangenen Schneisen durch das Heghölzchen.
Verschlungene Wege führen uns auf den Pfad der oberhalb der Sandsteinbrüche an Burzelberg bei Frau Nauses verläuft. Auf bequemen Pfaden geht es die Alte Frankfurter Straße querend hinab nach Sandbach um am St. Marien Waisenhaus vorbeigehend die 368 Meter hoch gelegene Burg Breuberg zu erklimmen.
Die Burg ist bautechnisch eine Besonderheit, denn sie wurde aus dem Sandstein errichtet, der aus dem Berg abgetragen wurde, auf dem sie erbaut wurde. 1160 ließ hier der Abt zu Fulda eine Vogteiburg zur Sicherung des neu gegründeten Augustinerinnenklosters in Höchst errichten. 1497 wurden die Grafen von Wertheim alleiniger Besitzer. Diese bauten das Anwesen zu einer landesfürstlichen Festungsanlage mit einem prächtigen Renaissancebau für die Hofhaltung aus. Über die Jahrhunderte hinweg wurde sie immer wieder einem anderen Nutzen zugeführt. So war sie Vogteiburg, Residenz gräflicher und fürstlicher Familien, aber auch Landratsamt, Lager für Fremdarbeiter im 2. Weltkrieg und sogar Sitz einer Spielzeugfabrik. Nach vielen gräflichen Eigentumswechseln ging 1949 die Burg an das Land Hessen über. Die Tatsache, dass die Burg immer bewohnt war, erklärt den heute noch respektablen Zustand der Anlage. Heute befindet sich eine der schönsten Jugendherbergen, eine Gaststätte und das Breuberg-Museum auf der Burg.
Nach 19 Kilometern vom Start Groß-Umstadt bietet sich eine Einkehr in der Burgschänke an. Das Interieur hat nicht zwingend den urigen Charakter einer Burganlage, das Preis/Leistungsverhältnis ist bescheiden aber noch tolerabel. Zurück geht es zunächst dem Wegekennzeichen “Rotes X” folgend (Hauptwanderweg Seligenstadt Bad-Rappenau) in nördlicher Richtung. Hier verläuft auch der Radweg des Einhardsweges von Michelstadt nach Seligenstadt. Oberhalb der Ernst-Ludwig-Klinik vorbeigehend führt der Weg durch den Groß-Umstädter Stadtwald zur Sausteige. Hier befindet sich ein derzeit wasserloser sandsteingefasster Brunnen unterhalb einer mächtigen dreihundert Jahre alten Eiche. Hier wurden einst die Schweine zur Eichelmast hergetrieben. Moderart der Anstieg zum nächsten Fixpunkt im Umstädter Stadtwald – dem Rödelshäuschen, einst ein Waldarbeiterquartier, benannt nach dem Förster Wilhelm Rödel, der im 19. Jahrhundert hier wirkte. Vom Rödelshäuschen geht es hinab zum viereinhalb Kilometer entfernten Groß-Umstadt.
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